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Dialektik
Die Dialektik (griech. διαλεκτική (τέχνη), dialektiké (téchne) = "Kunst der Unterredung"; lat. (ars) dialectica = "(Kunst) der Gesprächsführung") war in der Antike und im Mittelalter eine auf strenge Logik gestütze Methode der verbalen Argumentation in philosophischen und theologischen Streitgesprächen. Der Begründer der dialektischen Methode soll Zenon von Elea, ein Freund und Schüler des Parmenides, gewesen sein. Im Mittelalter bildete die Dialektik zusammen mit Grammatik und Rhetorik das Trivium im Kanon der Sieben Freien Künste.
„Man wird die Bedeutung dieser Weltanschauung, die man die eleatische nennt (Parmenides und Zenon sind aus Elea), erkennen, wenn man den Blick darauf lenkt, daß ihre Träger mit der Ausbildung des Gedanken-Erlebens so weit fortgeschritten sind, daß sie dieses Erleben zu einer besonderen Kunst, zur sogenannten Dialektik gestaltet haben. In dieser «Gedanken-Kunst» lernt sich die Seele in ihrer Selbständigkeit und inneren Geschlossenheit erfühlen. Damit wird die Realität der Seele als das empfunden, was sie durch ihr eigenes Wesen ist, und als was sie sich dadurch fühlt, daß sie nicht mehr, wie in der Vorzeit, das allgemeine Welt-Erleben mitlebt, sondern in sich ein Leben - das Gedanken-Erleben - entfaltet, das in ihr wurzelt, und durch das sie sieb eingepflanzt fühlen kann in einen rein geistigen Weltengrund. Zunächst kommt diese Empfindung noch nicht in einem deutlich ausgesprochenen Gedanken zum Ausdruck; man kann sie aber als Empfindung lebendig in diesem Zeitalter fühlen an der Schätzung, welche ihr zuteil wird. Nach einem «Gespräche» Platos wurde von Parmenides dem jungen Sokrates gesagt: er solle von Zenon die Gedankenkunst lernen, sonst müßte ihm die Wahrheit ferne bleiben. Man empfand diese «Gedankenkunst» als eine Notwendigkeit für die Menschenseele, die an die geistigen Urgründe des Daseins herantreten will.“ (Lit.: GA 18, S. 57)
Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Dialektik immer mehr zu einer philosophischen Denkmethode zur Auffindung und Überwindung der Gegensätze in den Dingen und Begriffen, indem man von der These über die Antithese zur Synthese voranschritt, in der die Gegensätze auf höherer Ebene aufgehoben werden sollte. Diese Methode wurde insbesonders von Georg Wilhelm Friedrich Hegel zur Blüte gebracht.
„Dieses Bewegen in reinen Begriffen nennt man nun im Sinne des großen Philosophen Hegel die «dialektische Methode», wobei der Mensch nur in Begriffen lebt und sich fähig macht, einen Begriff aus dem anderen hervorgehen, gleichsam hervorwachsen zu lassen. So lebt der Mensch in einer Sphäre, in der er absieht von der äußeren, sinnlichen Welt, und wo er absieht von dem, was hinter ihr steht, von der übersinnlichen Welt. Es bewegt sich die Seele von Begriff zu Begriff, und die Kraft, die ihn forttreibt von Begriff zu Begriff, läßt den einen Begriff aus dem anderen hervorgehen. Diese Methode nennt man die dialektische Methode, die Methode des sich selbst bewegenden Begriffes.“ (Lit.: GA 108, S. 245)
„Sehen Sie, in der Vorbereitung, die man früher gehabt hat, damit die Menschen ein wenig in die geistige Welt auf die alte Art eindringen konnten, gab es auch eine gewisse Kunst. Man nannte sie die Dialektik. Das heißt: Man hat denken lernen müssen. Heute, wenn man jemandem zumuten wollte, er solle erst denken lernen - ja, der würde einem alle Haare ausreißen, denn jeder Mensch glaubt, er kann schon denken. Aber es ist schon so, wenn man in die früheren Zeiten zurückgeht, daß eben die Leute erst ein gewisses Denken lernen mußten. Dieses Denkenlernen nannte man die Dialektik. Da mußte man vorwärts, rückwärts denken, da mußte man auch die Begriffe in der richtigen Weise setzen lernen.
Und wodurch war das? Das war dadurch, daß man das Denken am Sprechen lernte. Ich habe Ihnen einmal gesagt, daß das Kind auch zuerst sprechen und dann denken lernt, aber natürlich ist das zunächst kindlich. Heute behält der Mensch das ganze Leben hindurch diese Kindlichkeit, aber sie taugt nichts mehr für das spätere Leben. Wenn man am Sprechen fortwährend denken lernt, dann kriegt man bei jedem Ausatmen und Einatmen die Luft richtig herein und hinaus. Denn das Sprechen hängt eben mit dem richtigen Atmen zusammen. Man kriegt die Luft richtig hinein und richtig heraus. Es hängt sehr viel davon ab, daß man sich einrichtet auf richtiges Sprechen, weil dieses richtige Sprechen einen auch auf richtiges Atmen einrichtet. Derjenige, der richtig atmen kann, kann lange sprechen; derjenige, der nicht richtig atmen kann, der ermüdet sehr bald, wenn er zusammenhängend lang spricht.
Durch diese Dialektik, durch diese Kunst hat man richtig sprechen und dadurch auch richtig denken gelernt. Heute können ja die Leute nicht richtig denken, denn sie stoßen alle Augenblicke mit ihrem Atem an ihrem Atmungsorgan an. Hören Sie manchmal irgendeinem heutigen Gelehrten zu, wenn er spricht. Nun, erstens sprechen die wenigsten, sie lesen meistens ab; da nehmen sie ganz andere Dinge noch zu Hilfe, die Augen und so weiter, durch dieses unterstützen sie sich. Aber hören Sie ihnen zu, wenn sie sprechen: Es kommt einem meistens vor, als ob die Leute kurzatmig wären und immer anstoßen würden an ihren eigenen physischen Körper.
Dadurch wird Ihnen alles zu einem Bild vom physischen Körper. Ob Sie nun hier im Gehirn eine kranke Stelle haben und dadurch Ihnen Ihre große Zehe zu einem Berg mit allerlei Berggeistern wird, oder ob Sie mit dem Atem immerfort anstoßen beim Denken, ihn nicht herauskriegen, das ist einerlei: Die ganze Welt kommt Ihnen als ein Physisches vor, weil Sie fortwährend mit Ihrem Atem am physischen Körper anstoßen. Wovon rührt denn das eigentlich her, dieser Materialismus? Der Materialismus rührt davon her, daß die Leute nicht richtig denken können, nicht richtig ausatmen, daß Sie anstoßen. Daher glauben sie, die ganze Welt besteht nur aus Stoß und Druck. Stoß und Druck - das haben sie nämlich in sich, weil sie sich vorher nicht durch ein richtiges Denken vorbereiteten. Und so könnte man sagen: Wenn heute einer Materialist ist, so ist er es deshalb, weil er nicht aus sich heraus kann, weil er überall innerlich an sich anstößt.“ (Lit.: GA 350, S. 192f)
Siehe auch
- Kategorie:Dialektik - Artikel in der deutschen Wikipedia
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Literatur
- Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie, GA 108 (1986), ISBN 3-7274-1081-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Rhythmen im Kosmos und im Menschenwesen. Wie kommt man zum Schauen der geistigen Welt?, GA 350 (1991), ISBN 3-7274-3500-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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