Fühlen

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Das Fühlen oder Gefühl ist die mittlere der drei Seelenkräfte, die das menschliche Seelenleben prägen. Gefühle werden normalerweise nicht voll wach, sondern nur traumbewusst erlebt.

Begrifflich ist das Fühlen zu unterscheiden von der mehr triebhaft-willensartigen Emotion, obwohl diese Differenzierung im unmittelbaren Erleben oft nicht klar genug erkannt wird. Das Gefühl wird, wenn auch nur traumbewusst, durch das Ich geführt, was bei der blinden leidenschaftlichen Emotion nicht der Fall ist, in der mehr oder weniger direkt der Astralleib bzw. das Ego ungefiltert wirksam wird. Umgangssprachlich wird das Gefühl oft auch als Empfindung bezeichnet; in der Philosophie, Psychologie, Medizin und Biologie sind damit aber die durch Reizeinwirkung erregten Elementarvorgänge der sinnlichen Wahrnehmung gemeint, also die reinen Sinnesempfindungen.

Das rhythmische System als physiologische Grundlage des Gefühlslebens

Die unmittelbare physiologische Grundlage des Gefühlslebens ist das rhythmische System. Das Nervensystem ist nur insofern beteiligt, als wir die Gefühle in das Vorstellungsleben heraufheben.

„Dagegen ist ebenso unmittelbar, wie das Vorstellungsleben verknüpft ist mit dem Nerven-Sinnes-Leben, das Gefühlsleben des Menschen unmittelbar verbunden mit dem rhythmischen System des Menschen. Gefühlsleben als seelisches Leben pulsiert zugleich in Atmung, Blutzirkulation, Lymphzirkulation und ist ebenso unmittelbar mit diesem System verbunden, wie das Vorstellungssystem mit dem Nervensystem.“ (Lit.:GA 301, S. 30)

„In Wahrheit liegt die Sache so, daß die gesamte Gefühlswelt unmittelbar in die rhythmische Organisation eingreift, in jene rhythmische Organisation im weiteren Sinne, wie ich sie gestern charakterisiert habe. Und das Nervensystem dient nur dazu, der Vermittler zu sein, daß wir über unsere Gefühle Vorstellungen und Gedanken haben können. So daß also in Atmung und Blutzirkulation die Gefühlsimpulse unmittelbar eingreifen. Nur für das, was wir als Vorstellungen haben über die Gefühle, sind die organischen Vermittler die Nerven. Und ebenso wie in das rhythmische System die Gefühlswelt des Menschen eingreift, ebenso greift in das Stoffwechsel- Bewegungssystem der Wille unmittelbar ganz ein. Und dasjenige, was wir in den Nerven oder durch die Nerven haben, das sind nur die Vorstellungen des Gewollten, die Vorstellungen von dem Gewollten.“ (Lit.:GA 319, S. 56)

„Dagegen ist das Gefühlsleben des Menschen gebunden unmittelbar, nicht bloß mittelbar, an das rhythmische Leben im Menschen, jenes rhythmische Leben, welches einschließt das Atmungssystem, das damit zusammenhängende Blutzirkulationssystem, und das mit dem Träger des intellektualistischen Systems in einer eigentümlichen Art zusammenhängt, und zwar so: Wir haben in uns als wichtigsten Bestandteil unseres Gehirns das sogenannte Gehirnwasser. Unser Gehirn ist allerdings zunächst ein Nervenorgan, das weiterzuverarbeiten hat dasjenige, was durch die Sinne vermittelt wird. Aber dieses Gehirn schwimmt im Gehirnwasser. Und dieses Gehirnwasser, das ausfüllt unsere Haupteshühle, unsere Rückenmarkshöhle, es hat eine besondere Aufgabe. Atmen wir aus, senkt sich das Gehirnwasser von oben nach unten. Das Zwerchfell steigt in die Höhe, das Gehirnwasser steigt dadurch nach unten; umgekehrt beim Einatmen. So daß wir in einem fortwährenden Rhythmus des auf- und absteigenden Gehirnwassers drinnen sind.

Dieser Rhythmus des auf- und absteigenden Gehirnwassers ist der äußere Träger des Gefühlslebens im Menschen. Und durch die Wechselwirkung desjenigen, was die Gehirnnerven erleben, mit dem, was als solcher Rhythmus erfolgt durch das Gehirnwasser, entsteht das, was Austausch zwischen den Gefühlen und den Gedanken ist.“ (Lit.:GA 334, S. 51f)

Gefühl und Wesensglieder

Das Fühlen schwingt im ständigen Hin- und Herpendeln zwischen Ätherleib und Astralleib. Insofern im Astralleib die abbauenden Kräfte wirken, die den Organismus krank machen können, und im Ätherleib die gesundenden Lebenskräfte walten, die aber auch nicht zu stark wuchern dürfen, ist das Gefühl auch ein sensibler Indikator für sich ankündigende Krankheitserscheinungen.

„Nehmen Sie diesen astralischen Organismus, der fortwährend die Tendenz hat, irgendwie in einem Organ oder im ganzen Menschen den Menschen krank zu machen. Ja, Sie brauchen natürlich nur eine wirklich gesunde Selbstbeobachtung zu üben, so werden Sie darauf kommen, daß das so ist, denn es könnte kein Gefühl in Ihnen entstehen, wenn nicht dieser Astralorganismus da wäre. Das stellen Sie sich nur vor: der ätherische Organismus ist da, er entwickelt das Leben; der astralische Organismus ist da, er lähmt ab. Nun muß im wachen Leben - vom Schlafe werde ich noch sprechen - ein fortwährendes Hin- und Hergehen in einem labilen Gleichgewicht stattfinden zwischen Ätherischem und Astralischem. Dadurch fühlt der Mensch. Er würde nichts fühlen, wenn nicht dieses Hin- und Hergehen da wäre. Nun aber stellen Sie sich vor, die astralische Tätigkeit wird von der ätherischen Tätigkeit nicht sogleich zurückgeschlagen. Wenn sie zurückgeschlagen wird, wenn also im Status nascendi sogleich von der ätherischen Tätigkeit das Astralische zurückgewiesen wird, entsteht das normale Fühlen. Wir werden sehen im Physischen, wie das verknüpft ist mit der Drüsentätigkeit. Wenn aber die astralische Organisation mächtiger wird, so daß das Organ in seiner ätherischen Tätigkeit nicht genügend zurückwirken kann, dann wird das Organ von der astralischen Tätigkeit zu stark ergriffen, und statt daß ein Hin- und Herschwingen stattfindet, entsteht eine Deformation des Organes, und wir haben einfach dadurch, daß der astralische Leib über das Maß dessen, was er ablähmen darf - das heißt, was im Status nascendi wieder ausgeglichen wird -, ablähmt, in dem astralischen Leibe die Krankheitsursache gelegen. Und zwar hängt wirklich die Krankheit so zusammen mit dem Fühlen, daß wir sagen können, das Gefühlsleben des Menschen ist einfach die seelische Spiegelung des Krankheitslebens. Findet in der Zeit ein Hin- und Herpendeln statt, so liegt dem Gefühlsleben immer im Anfang, im Status nascendi, im Moment des Entstehens derselbe Prozeß zugrunde, der beim Überhandnehmen des Astralischen einen Krankheitsprozeß bedeutet. Nun kann aber auch das Astralische zurückbleiben, das Ätherische überhandnehmen, dann entsteht eine Wucherung, also eine Krankheit nach der andern Seite hin. Wenn Sie das Überhandnehmen des Astralischen sehen in dem Hervorrufen von entzündlichen Zuständen, so sehen Sie das Überhandnehmen des Ätherischen in dem Auftreten von Wucherungen. Und Sie haben zu sagen, im ganz normalen Gefühlsleben findet ein fortwährend labiles Gleichgewicht statt zwischen den Wucherungen und den Entzündungsprozessen. Das normale Leben des Menschen braucht die Möglichkeit, krank zu werden. Nur muß ein fortwährender Ausgleich stattfinden. Sehen Sie, das macht möglich, daß man überhaupt im Gefühlsleben des Menschen außerordentlich viel von dem sehen kann, wenn man richtig zu sehen vermag, was die Krankheitsprozesse darstellen. Man kann, wenn man solche Dinge beobachten kann, lange Zeit bevor die Krankheit physisch zu diagnostizieren ist, in dem Nicht-mehr-recht-Funktionieren des Gefühlslebens das Herankommen der Krankheit konstatieren. Die Krankheit ist nur ein abnormes Gefühlsleben des Menschen.“ (Lit.:GA 316, S. 33f)

Gefühl und Hierarchien

Mit seinem Gefühl lebt der Mensch - zunächst unbewusst - zusammen mit den geistigen Hierarchien.

„Wie wir, wenn wir in die physische Welt uns hineinstellen, eben diese physische Welt als die reale haben, wie da in dieser physischen Welt Mineralien, Pflanzen, Tiere sind und das der Boden ist, aus dem der Mensch zuletzt in der Menschenentwickelung herauswächst, so ist der Mensch mit seinem astralischen Leibe in der Welt der Wesen der höheren Hierarchien. Lebt er in dieser Welt, dann hat er für seinen astralischen Leib die entsprechende Widerlage. Aber er trägt dasjenige, was er durch die Geisteswissenschaft erst kennenlernen kann, doch immer in sich. Und er trägt es in sich als die Fähigkeit des Gefühls.

Alles, was wir in der Welt durch unser Gefühl, durch dieses innigste Leben der Seele, zu unserem Eigenen machen, das besteht in dem Wellen und Weben der Geister der höheren Hierarchien in unserem eigenen astralischen Leibe. Wenn wir uns bewußt werden unseres Gefühles, so ist dieses Bewußtsein vom Fühlen dasjenige, was der Mensch zunächst hat, aber in diesem Fühlen lebt das Weben und Wirken der Geister der höheren Hierarchien durch den Menschen. Wir können nicht das Seelische wirklich fassen, wenn wir nicht dieses Seelische getaucht empfinden in die Geistwelten der höheren Hierarchien.“ (Lit.:GA 225, S. 163f)

Christus - Buddhi und das Ewige im Gefühl

Das niedere, alltägliche Fühlen heftet sich an die vergängliche Welt; das höhere Fühlen, das „reine Fühlen“, das sich zum Ewigen erhebt und noch höher steht als das «reine Denken», schöpft aus dem Lebensgeist (Buddhi), in dem der Christus lebt:

„So wie nun der Gedanke erhoben werden kann in eine höhere Sphäre, so kann auch die Gefühlswelt in eine höhere Sphäre erhoben werden. Dasjenige, worüber wir Freude haben, was wir begehren, ist scheinbar eine niedrigere Welt als die Welt der Gedanken, aber wenn es in die höheren Regionen erhoben wird, dann steht es noch höher als der Gedanke. Das Ewige im Gefühl ist höher als der Gedanke. Wenn Sie das Gefühl emporheben zu den höheren Sphären, wie den Gedanken in der Mathematik, dann erleben Sie die zweite Wesenheit des Geistes. Die Universitätspsychologie kennt nur das niedere Gefühl. Sie tut so, als wenn alles mit dem niederen Gefühl erschöpft wäre. Aber in unserer Gefühlswelt lebt dieses Ewige als Keim, und die Theosophie nennt es die Buddhi. Ich habe ihm den Namen «Lebensgeist» gegeben, als der zweiten spirituellen Wesenheit des Menschen. Erheben Sie Ihre Gedanken bis zur Erfassung eines Ewigen, dann leben Sie in Manas. Erheben Sie Ihr Gefühl und Ihre Empfindung bis zum Charakter des Ewigen, dann leben Sie in Buddhi. Dieses Leben in Buddhi ist bei den gegenwärtigen Menschen nur in der Anlage vorhanden. Manasisch denken können die Menschen schon manchmal, wenn das Denken geregelt ist, den logischen Weltgesetzen unterliegt. Es gibt aber auch ein Denken, welches irrlichteliert, das heißt, einen Gedanken haben und gleich darauf wieder einen anderen, also immer wechselnd. Das ist das gewöhnliche Denken. Dann gibt es ein höheres Denken, das logisch ist, zusammenhängend, das von dem Ewigen sich nährt - nach Plato - und teilhaftig wird des Ewigen. Wenn nun ein Gefühl sich zu diesem Weltgebiet, zu einer solchen Weltgesetzlichkeit erhoben hat, dann lebt es in Buddhi. Das bedeutet nichts anderes als eine Art urewiger Gesetzmäßigkeit des Gefühls. Wer im gewöhnlichen Leben lebt, kann irren, kann auch mit seinem Gefühl abirren. Derjenige aber, welcher die urewigen Normen des Gefühls in sich erlebt, wie der Denker die urewigen Normen des manasischen Denkens erlebt, dieser fühlende Mensch hat in sich eine ebensolche Sicherheit und Klarheit des Fühlens, wie der Denker eine Klarheit des Denkens hat. Das ist es, was die Theosophie beschreibt als spirituellen Menschen, der in sich den Geist erlebt. Das ist dasjenige, was auch der tiefere Inhalt des Christus war. Der Mensch erlebt dann den Christus, lebt mit dem Christus, hat teil an ihm. Christus ist dasselbe wie Buddhi.“ (Lit.:GA 53, S. 212f)

Buddhi ist identisch mit dem, was Rudolf Steiner in seiner «Philosophie der Freiheit» als moralische Phantasie bezeichnet hat:

„Nun habe ich versucht, die allmähliche Hinauferziehung des Menschen, die Reinigung des Menschen aus dem Seelischen in das Geistige, in einem Buche darzustellen, das ich vor einigen Jahren geschrieben habe als meine «Philosophie der Freiheit», Was ich jetzt dargestellt habe, finden Sie dort in den Begriffen der abendländischen Philosophie ausgedrückt. Sie finden dort die Entwickelung des Seelischen vom Kama zum Manasleben. Ich habe dort Ahamkara das «Ich» genannt, Manas das «höhere Denken», reines Denken, und die Buddhi, um noch nicht auf den Ursprung hinzuweisen, die «moralische Phantasie». Das sind nur andere Ausdrücke für ein und dieselbe Sache.“ (Lit.:GA 53, S. 214f)

Das Gefühl im Wechselspiel von Sympathie und Antipathie

Alles seelische Erleben - und ganz besonders das Gefühl - entfaltet sich im Wechselspiel von Sympathie und Antipathie:

"Wir tragen die Kraft der Antipathie in uns und verwandeln durch sie das vorgeburtliche Element in ein bloßes Vorstellungsbild. Und mit demjenigen, was als Willensrealität nach dem Tode hinausstrahlt zu unserem Dasein, verbinden wir uns in Sympathie. Dieser zwei, der Sympathie und der Antipathie, werden wir uns nicht unmittelbar bewußt, aber sie leben in uns unbewußt und sie bedeuten unser Fühlen, das fortwährend aus einem Rhythmus, aus einem Wechselspiel zwischen Sympathie und Antipathie sich zusammensetzt.

Zeichnung aus GA 293, S 35
Zeichnung aus GA 293, S 35

Wir entwickeln in uns die Gefühlswelt, die ein fortwährendes Wechselspiel - Systole, Diastole - zwischen Sympathie und Antipathie ist. Dieses Wechselspiel ist fortwährend in uns. Die Antipathie, die nach der einen Seite geht, verwandelt fortwährend unser Seelenleben in ein vorstellendes; die Sympathie, die nach der anderen Seite geht, verwandelt uns das Seelenleben in das, was wir als unseren Tatwillen kennen, in das Keimhafthalten dessen, was nach dem Tode geistige Realität ist. Hier kommen Sie zum realen Verstehen des geistig-seelischen Lebens: wir schaffen den Keim des seelischen Lebens als einen Rhythmus von Sympathie und Antipathie." (Lit.: GA 293, S. 35)

Mitgefühl und Selbstgefühl

Die Gedankenwelt ist der Leichnam des vorirdischen Daseins. Im Mitfühlen mit der Natur und mit den Mitmenschen hingegen haben wir eine lebendige Nachwirkung des vorgeburtlichen Lebens. Mit dem Heruntersteigen ins irdische und aus geistiger Perspektive düstere Dasein ist aber auch Furcht verbunden. Daraus erwächst das Selbstgefühl und in weiterer Steigerung der Wille, der bereits keimhaft auf das Leben nach dem Tod verweist.

"Die Gedankenwelt ist der Leichnam unseres Geistig-Seelischen. So, wie die Erde den Leichnam verarbeitet, wenn wir ihn in die Erde legen, oder wie ihn das Feuer verarbeitet, wenn wir ihn verbrennen, so verarbeiten wir unser ganzes Leben hindurch den Leichnam unseres Geistig-Seelischen in unserer physischen Gedankenwelt. Also die physische Gedankenwelt ist im Grunde genommen das fortgehende Tote dessen, was als Wirkliches, als geistiges Leben vorhanden ist, bevor der Mensch in die physische Irdischheit heruntersteigt.

Das andere, was in den Menschen als Lebendes einkehrt von seinem vorirdischen Dasein, das kommt im physischen Menschen nicht durch die Gedankenwelt zur Geltung, sondern im weitesten Umfange durch alles dasjenige, was wir Gefühl nennen können, sowohl Mitfühlen mit den Menschen wie auch Mitfühlen mit der Natur. Also alles das, wodurch Sie sich fühlend, empfindend in die Außenwelt verbreiten, das ist ein Element, das die lebendige Nachwirkung des vorirdischen Daseins darstellt (siehe Schema S. 97).

Nicht in Ihren Gedanken erleben Sie auf lebendige Art Ihr vorirdisches Dasein, sondern in dem Gefühle mit den andern Wesen. Wenn wir eine Blume liebhaben, wenn wir einen Menschen liebhaben, so ist das im wesentlichen eine Kraft, die uns aus dem vorirdischen Dasein gegeben ist, aber in einer lebendigen Weise. So daß wir auch sagen können: Wenn wir zum Beispiel einen Menschen liebhaben, so haben wir ihn nicht bloß aus Erfahrungen im Erdenleben lieb, sondern auch aus dem Karma heraus, aus der Verbundenheit in früheren Erdenleben. Es wird etwas Lebendiges hinübergetragen aus dem vorirdischen Dasein, wenn die mitfühlende Sphäre des Menschen in Betracht kommt. Dagegen stirbt das, was lebendiges Geistelement zwischen dem Tod und einer neuen Geburt ist, in die Gedankenwelt hinein. Deshalb hat die Gedankenwelt während des irdischen Daseins dieses Blasse, Schattenhafte, dieses Tote an sich, weil es eigentlich den abgestorbenen Teil der vorirdischen Erlebnisse des Menschen darstellt.

Das zweite ist dann das, was man als Furcht bezeichnen muß, und auch das metamorphosiert sich so, daß es in zwei Elemente zerfällt. Das eine, also dasjenige, was wir vor dem Heruntersteigen in die irdische Welt als Furcht erleben, was die Seele ganz durchzieht und wobei sie die geistige Welt fliehen will, das wird etwas anderes, wenn es in den Leib einzieht, und das äußert sich zunächst im Inneren des Menschen als etwas, was ich bezeichnen möchte als das Selbstgefühl. Das Selbstgefühl ist wirklich die umgewandelte Furcht. Daß Sie sich als ein Selbst fühlen, daß Sie sich in sich selbst halten, das ist umgewandelte Furcht aus dem vorirdischen Leben.

Tafel 8 (GA 210, S 97)
Tafel 8 (GA 210, S 97)

Und der andere Teil, in den sich die Furcht verwandelt, das ist der Wille. Alles, was als Willensimpulse auftritt, was unserer Betätigung in der Welt zugrunde liegt, all das ist vor dem Heruntersteigen ins irdische Leben als Furcht vorhanden." (Lit.: GA 210, S. 96f)

Gefühl und Traum

Tafel 5 (GA 207, S 51)

"Wir können, wenn wir in der Lage sind, Traumhaftes zu erleben beim Passieren des Ätherleibes, wenn wir also mit dem Ich und dem astralischen Leibe den Ätherleib passieren, wir können dann bildhaft das Traumhafte uns vergegenwärtigen. Die Bilder des Traumes müssen aufhören in dem Augenblicke, wo wir aufwachen, sonst würden wir den Traum in das gewöhnliche bewußte Wacherleben hineinnehmen und wachende Träumer sein, wodurch wir ja die Besonnenheit verlieren würden. Die Träume als solche müssen aufhören. Aber wer mit Bewußtsein die Träume erlebt, wer also jene Geistesgegenwart bis zurück zum Erleben der Traume hat - denn das gewöhnliche Erleben der Träume ist ein Reminiszenzerleben, ist eigentlich ein Nachher-Erinnern an die Träume; das ist ja das gewöhnliche Gewahrwerden des Traumes, daß man ihn eigentlich erst wie eine Reminiszenz erfaßt, wenn er abgelaufen ist - , also wenn der Traum erlebt wird beim Durchfluten des Ätherleibes, nicht erst nachher im Erinnern, wo er in Kürze erfaßt werden kann, wie er gewöhnlich erfaßt wird, wenn man ihn also erfaßt während er ist, also gerade beim Durchdringen durch den Ätherleib, dann erweist er sich wie etwas Regsames, wie etwas, das man so erlebt wie Wesenhaftes, in dem man sich fühlt. Das Bildhafte hört auf, bloß Bildhaftes zu sein. Man bekommt das Erlebnis, daß man im Bilde drinnen ist. Dadurch aber, daß man dieses Erlebnis bekommt, daß man im Bilde drinnen ist, daß man also mit dem Seelischen sich regt, wie man sonst im wachen Leben mit dem Körperlichen in der Beinbewegung, in der Handbewegung sich regt - so wird nämlich der Traum: er wird aktiv, er wird so, daß man ihn erlebt, wie man eben Arm- und Beinbewegungen oder Kopfbewegungen und dergleichen erlebt —, wenn man das erlebt, wenn man dieses Erfassen des Traumhaften wie etwas Wesenhaftes erlebt, dann schließt sich gerade beim weiteren Fortgang, beim Aufwachen, an dieses Erlebnis ein weiteres an: daß diese Regsamkeit, die man da im Traume erlebt, in der man nunmehr drinnensteht als in etwas Gegenwärtigem, daß diese untertaucht in unsere Leiblichkeit. Geradeso wie wir beim Denken fühlen: Wir dringen bis zu der Grenze unseres physischen Leibes, wo die Sinnesorgane sind, und nehmen die Sinneseindrücke auf mit dem Denken, so fühlen wir, wie wir in uns untertauchen mit demjenigen, was im Traume als innerliche Regsamkeit erlebt wird. Was man da erlebt im Momente des Aufwachens - oder eigentlich vor dem Momente des Aufwachens, wenn man im Traume drinnen ist, wenn man durchaus noch außer seinem physischen Leibe, aber schon im Ätherleib ist, beziehungsweise gerade hineingeht in seinen Ätherleib - , das taucht unter in unsere Organisation. Und ist man so weit, daß man dieses Untertauchen als Erlebnis vor sich hat, dann weiß man auch, was nun wird mit dem Untergetauchten: das Untergetauchte strahlt wieder zurück in unser waches Bewußtsein, und zwar strahlt es zurück als Gefühl, als Fühlen. Die Gefühle sind in unsere Organisation untergetauchte Träume.

Wenn wir das, was webend ist in der Außenwelt, in diesem traumwebhaften Zustande wahrnehmen, sind es Träume. Wenn die Träume untertauchen in unsere Organisation und von innen heraus bewußt werden, erleben wir sie als Gefühle. Wir erleben also die Gefühle dadurch, daß dasjenige in uns, was in unserem astralischen Leib ist, untertaucht in unseren Ätherleib und dann weiter in unsere physische Organisation, nicht bis zu den Sinnen hin, nicht also bis zu der Peripherie der Organisation, sondern nur in die innere Organisation hinein. Dann, wenn man dies erfaßt hat, zunächst durch imaginative Erkenntnis besonders deutlich erschaut hat im Momente des Aufwachens, dann bekommt man auch die innere Kraft, es fortwährend zu schauen. Wir träumen nämlich während des wachen Lebens fortwährend. Wir überleuchten nur das Träumen mit unserem denkenden Bewußtsein, mit dem Vorstellungsleben. Wer unter die Oberfläche des Vorstellungslebens blicken kann - und man schult sich zu diesem Blicken dadurch, daß man eben geistesgegenwärtig erfaßt den Moment des Träumens selber -, wer sich so geschult hat, daß er das beim Aufwachen erfassen kann, was ich bezeichnet habe, der kann dann auch unter der Oberfläche des lichtvollen Vorstellungslebens das den ganzen Tag hindurch dauernde Träumen erleben, das aber nicht als Träumen erlebt wird, sondern das immer sofort untertaucht in unsere Organisation und als Gefühlswelt zurückstrahlt. Und er weiß dann: Was das Fühlen ist, es spielt sich ab zwischen dem astralischen Leib, den ich hier schematisch so zeichne (Zeichnung S. 51, hell), und dem Ätherleib. Es drückt sich natürlich im physischen Leib aus (orange). So daß der eigentliche Ursprung des Fühlens zwischen dem astralischen Leib und dem Ätherleib liegt (rot). So wie der physische Leib und der Ätherleib in lebendiger Wechselwirkung ineinanderwirken müssen zum Gedankenleben, so müssen ätherischer Leib und astralischer Leib in lebendiger Wechselwirkung sein zum Gefühlsleben. Wenn wir wachend sind, erleben wir dieses lebendige Wechselspiel unseres ineinandergedrängten Ätherleibes und astralischen Leibes als unser Fühlen. Wenn wir schlafen, erleben wir, was der nunmehr außen lebende astralische Leib in der äußeren Ätherwelt erlebt, als die Bilder des Traumes, die nun während des ganzen Schlafens vorhanden sind, aber eben nicht wahrgenommen werden im gewöhnlichen Bewußtsein, sondern nur eben reminiszenzenhaft in jenen Fragmenten, die das gewöhnliche Traumleben bilden." (Lit.: GA 207, S. 53ff)

Gefühl und Inspiration

Tafel 12 aus GA 208, S 125

Hinter dem Gefühl steht unbewusst die Inspiration als eigentliche reale Geistestätigkeit, die das rhythmische System des Leibes, also vor allem Atmung und Blutkreislauf, ergreift.

"Jedesmal, wenn Sie ein Gefühl haben, haben Sie auch eine Inspiration. Aber geradeso wie beim Vorstellen einem die Imaginationen hinunterrutschen in die allgemeine Vitalität, so rutscht einem beim Fühlen die Inspiration hinunter in die Leiblichkeit, denn Sie brauchen sie dort unten. Sie brauchen sie zu der Atmungstätigkeit, zu der rhythmischen Tätigkeit. Da, mit der allgemeinen rhythmischen Tätigkeit verbindet sie sich. Also es rutscht in Ihre Atmungsvorgänge die Inspiration von Ihrem Gefühl ebenso hinein, wie von den Vorstellungen die Imagination in die allgemeine Vitalität hineinrutscht.

So daß ich sagen darf: Wir erleben weiter nach rückwärts in uns die Gefühle, und dadurch, daß wir in die Gefühle weiter eintauchen, haben wir das seelische Erleben, seelisches Erleben, aber träumend - aber wir haben darinnen eine verborgene Inspiration (siehe Zeichnung Seite 125). Eine verborgene Inspiration schlüpft in die Rhythmusbewegung, Rhythmustätigkeit. In Atmen und Blutzirkulation schlüpft das hinunter." (Lit.: GA 208, S. 126)

Denken, Fühlen und Wollen und Luzifer und Ahriman

Denken, Fühlen und Wollen liegt eine einheitliche Seelentätigkeit zugrunde, nur macht die luziferische Tätigkeit das Wollen jung und die ahrimanische Tätigkeit das Denken alt. Im Fühlen stehen Luzifer und Ahriman im Kampf miteinender.

"Die luziferische Tätigkeit macht das Wollen jung. Unsere Seelentätigkeit, durchzogen von Luziferischem, ist Wollen. Wenn das Luziferische in unserer Seelentätigkeit überwiegt, wenn in unserer Seele nur Luzifer seine Kräfte geltend macht, so ist das Wollen. Luzifer wirkt verjüngend auf den Gesamtstrom unserer Seelentätigkeit. Wenn Ahriman dagegen hauptsächlich seine Wirkungen äußert in unserer Seelentätigkeit, dann verhärtet er unsere Seelentätigkeit, sie wird alt, und das ist das Denken. Dieses Denken, dieses Gedankenhaben ist gar nicht möglich im gewöhnlichen Leben, ohne daß in dem ätherischen Leibe Ahriman seine Kräfte entfaltet. Man kann im Seelenleben, insofern es sich im Ätherleibe äußert, nicht ohne Ahriman und Luzifer auskommen.

Zeichnung aus GA 158, S 134
Zeichnung aus GA 158, S 134

Würde Luzifer sich ganz zurückziehen von unserem ätherischen Leibe, dann würden wir kein luziferisches Feuer haben zum Wollen. Würde Ahriman sich ganz zurückziehen von unserem Seelenleben, dann würden wir niemals die Kühle des Denkens entwickeln können. In der Mitte von beiden ist eine Region, wo sie miteinander kämpfen. Hier durchdringen sie sich, Luzifer und Ahriman, hier spielen ihre Tätigkeiten ineinander. Das ist die Region des Fühlens. In der Tat, so erscheint der menschliche Ätherleib, daß man darinnen wahrnehmen kann das luziferische Licht und die ahrimanische Härte. Wenn man den menschlichen Ätherleib überblickt, so ist das natürlich nicht so angeordnet, wie hier (auf der Zeichnung) symbolisch, sondern da ist ein Durcheinander. Da sind Einschiebsel, in denen der Ätherleib undurchsichtig erscheint, so, wie wenn er, ich möchte sagen, Eiseinschläge hätte. Figuren treten im Ätherleibe auf, die man vergleichen kann mit Eisfiguren, wie sie auf Fensterscheiben erscheinen. Das sind die Verhärtungen in dem Ätherleibe. An solchen Stellen wird er undurchsichtig. Das sind aber die Auslebungen des Gedankenlebens im Ätherleibe. Dieses Gefrieren des Ätherleibes an gewissen Stellen rührt von Ahriman her, der seine Kräfte da hineinschickt durch das Denken.

Zeichnung aus GA 158, S 135
Zeichnung aus GA 158, S 135

An andern Stellen des Ätherleibes ist es so, als wenn er Vakuolen, ganz lichte Stellen in sich hätte, die durchsichtig sind, die glänzend, lichtglitzernd sind. Da sendet Luzifer seine Strahlen, seine Kräfte hinein, das sind die Willenszentren im Ätherleibe. Und in dem, was dazwischen liegt, wo gleichsam fortwährende Tätigkeit ist im Ätherleibe, ist es so, daß man sieht, hier ist eine harte Stelle, aber nun wird sie sogleich von einer solchen Lichtstelle gefaßt und aufgelöst. Ein fortwährendes Festwerden und Wiederauflösen. Das ist der Ausdruck der Gefühlstätigkeit im Ätherleibe." (Lit.: GA 158, S. 133ff)

Allgemeines

C.G. Jung unterscheidet in seiner Typologie der Anpassungsfunktionen Empfindung, Intuition, Denken und Fühlen. Nach Jung sind Empfindung und Intuition irrationale Funktionen, Denken und Fühlen rationale Funktionen. Das Fühlen in diesem Sinne ist mit einem Werturteil verbunden, z.B. einem Geschmacksurteil, was in einer Situation passendes Verhalten sei, oder mit Bezug auf das eigene Wohlergehen, das Gefühl, ob einem der Besuch einer bestimmten Party am Wochenende gut tun würde.

Auch Rudolf Steiner thematisiert diese rationale Funktion des Fühlens, z.B. in "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" in der Vorrede: "Ein anderer Teil der geisteswissenschaftlichen Mitteilungen wird sich allerdings mehr oder weniger dem bloßen Verstandesurteile entziehen. Aber es wird unschwer derjenige ein rechtes Verhältnis auch zu diesem Teile gewinnen können, welcher einsieht, dass nicht nur der Verstand, sondern auch das gesunde Gefühl ein Richter über die Wahrheit sein kann. Und wo dieses Gefühl sich nicht durch Sympathie oder Antipathie für diese oder jene Meinung treiben lässt, sondern wirklich unbefangen die Erkenntnisse der übersinnlichen Welten auf sich wirken lässt, da wird sich auch ein entsprechendes Gefühlsurteil ergeben." (GA 10, VI)

Die Zwölfheit des Tierkreises läßt sich aufteilen in die Zeichen von Erde, Wasser, Luft und Feuer. Die Wasserzeichen gelten als die Gefühlszeichen. Daneben gibt es die Aufteilung der Tierkreiszeichen in Kardinal, Fix, und Veränderlich. Dies entspricht den Seelenqualitäten Wollen, Fühlen, und Denken. Entsprechend ist das Tierkreiszeichen z.B. Löwe ein "fühlendes" Zeichen, obwohl es nach der Elementzuordnung ein Feuerzeichen ist, das Tierkreiszeichen Fische ist ein "denkendes" Wasserzeichen.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.