Blutkreislauf

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Der Blutkreislauf, auch Kreislauf, Zirkulation, Blutgefäßsystem oder Blutbahn genannt, ist das Strömungssystem des Blutes im Körper des Menschen und der meisten Tiere, ausgehend vom Herzen zu den Organen und wieder zurück zum Herzen. Herz und Blutkreislauf zusammen bilden das Herz-Kreislauf-System (kardiovaskuläres System). Seine Aufgabe ist die Versorgung der Organe mit Nährstoffen, Signalstoffen und anderem, die Entsorgung von Stoffwechselprodukten und bei den meisten Gruppen mit Kreislauf auch die Versorgung mit Sauerstoff und der Abtransport von Kohlendioxid. Je nach Tiergruppe können weitere Aufgaben hinzu kommen.

Blutgefäße, die Blut zum Herzen leiten, werden als Venen (Blutadern) bezeichnet, diejenigen, die Blut vom Herzen zu den Organen leiten, als Arterien (Schlagadern). Diese Bezeichnungen gelten unabhängig davon, ob das Blut im jeweiligen Gefäß sauerstoffarm oder sauerstoffreich ist. Je stärker sich die Blutgefäße verzweigen, desto kleiner wird ihr Durchmesser. Bei Tieren mit einem geschlossenen Kreislaufsystem werden Arterien zuerst zu Arteriolen und diese zu Kapillaren, in welchen der größte Teil des Stoffaustausches mit den Geweben stattfindet. Diese führen wiederum zusammen und bilden die postkapillären Venolen, die sich zu Venen vereinigen.

Bei Tieren mit einem offenen Kreislaufsystem ergießt sich die Flüssigkeit, die hier nicht Blut, sondern Hämolymphe genannt wird, aus arteriellen Blutgefäßen in die Körperhöhle, um die Organe zu umfließen. Durch die Körperhöhle fließt sie zu venösen Gefäßen oder direkt zurück zum Herzen.

Schema des Blutkreislaufs beim Menschen:
rot = sauerstoffreiches Blut
blau = sauerstoffarmes Blut

Verbreitung und Formen

Schemata verschiedener Kreislaufsysteme. Links offener Kreislauf, zum Beispiel bei Spinnen, danach geschlossene Kreislaufsysteme verschiedener Wirbeltiergruppen.

Bedingt durch die Entwicklungsgeschichte der Tiere gibt es unterschiedlich ausgeprägte Arten von Kreisläufen:

  • Die Tiergruppen der Schwämme, Stachelhäuter, Nesseltiere, Fadenwürmer und Plattwürmer besitzen kein Kreislaufsystem. So führt beispielsweise bei den Plattwürmern der Mund direkt in ein verästeltes Verdauungssystem, aus dem Nährstoffe wegen der Flachheit des Wurmes direkt in alle Zellen diffundieren können. Sauerstoff diffundiert aus dem Wasser in die Zellen.
  • Bei einer Reihe von wirbellosen Tieren wie den Gliederfüßern und Weichtieren (außer den Kopffüßern) findet man einen offenen Kreislauf, bei dem das Blut in den Körperhöhlen kreist. Hier wird die Körperflüssigkeit, die man als Hämolymphe bezeichnet, vom Herzen in kurze Gefäße und von dort in alle Körperhöhlen geleitet, bis es schließlich ins Herz zurückfließt. Die Hämolymphe fließt dabei langsam und mit geringem Druck.
  • Bei Ringelwürmern wie dem Regenwurm existiert ein geschlossener Kreislauf, bei dem die blutähnliche Körperflüssigkeit durch kontraktile Gefäße in Bewegung gehalten wird.
  • Wirbeltiere besitzen einen fast geschlossenen Kreislauf. Hier fließt das Blut durch ein weitgehend geschlossenes Netz aus Blutgefäßen, das alle Organe erreicht. Herz und Blutgefäße bilden das Herz-Kreislauf-System. Dieses hat sich im Lauf der Evolution der Wirbeltiere stark verändert.
    • Bei den meisten Fischen sind Herz und Kiemen in Serie geschaltet. Eine Vermischung von sauerstoffarmen mit sauerstoffreichem Blut findet nicht statt.
    • Der Australische Lungenfisch[1] und Landwirbeltiere besitzen einen separaten Lungenkreislauf. Bei den Vögeln und Säugern ist dieser vollständig vom Körperkreislauf getrennt, so dass in ihm ein sehr viel niedrigerer Druck herrschen kann.[2]
    • Bei den wechselwarmen (poikilothermen) Landwirbeltieren, also Amphibien und Reptilien, findet eine Vermischung von sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Blut im Herzen statt, weil nur eine oder zwei unvollständig getrennte Herzkammern vorliegen. Ursache ist, dass ihr „neues“ Atmungsorgan – die Lunge – aus dem sauerstoffverbrauchenden Organ Schwimmblase hervorgeht.
    • Bei den gleichwarmen (homoiothermen) Tieren, den Vögeln und Säugetieren, besteht das Herz aus zwei Vorhöfen und zwei Kammern, so dass eine vollständige Trennung von sauerstoffreichem und sauerstoffarmem Blut besteht.

Allgemeines zum geschlossenen Blutkreislauf

Aufbau

Der Blutkreislauf besteht aus dem Herzen und den Blutgefäßen. Blutgefäße, die zum Herzen führen, werden als Venen (Blutadern) bezeichnet, diejenigen, die vom Herz wegführen, als Arterien (Schlagadern). Je weiter die Blutgefäße vom Herzen entfernt sind, desto verzweigter werden sie und desto kleiner wird auch ihr Durchmesser. Arterien werden zuerst zu Arteriolen und diese zu Kapillaren, welche das Gewebe versorgen. Diese führen wiederum zusammen und bilden die postkapillaren Venolen, die zu Venen werden.

Blutgefäße

Blutgefäße werden aufgrund ihres Aufbaus und ihrer Funktion in mehrere Arten unterteilt. Die Arterien transportieren das Blut unter hohem Druck und mit hoher Fließgeschwindigkeit, deswegen besitzen sie eine dicke, muskuläre Gefäßwand. Durch sie gelangt das Blut aus dem Herzen in die verschiedenen Gewebe. Von den Arterien gehen die Arteriolen ab, sie dienen als Kontrollventile und haben deswegen starke muskuläre Wände, die die Gefäße verengen (Vasokonstriktion) oder weiten (Vasodilatation) können. Sie verzweigen sich weiter zu den Kapillaren, die den Austausch von Flüssigkeiten, Nährstoffen, Elektrolyten, Hormonen und anderen Stoffen zwischen Blut und Gewebe vornehmen und deswegen mit einer dünnen Gefäßwand (nur Endothel) ausgestattet sind, die für niedermolekulare Stoffe durchlässig (selektiv permeabel) ist. In einigen Organen (Leber, Milz) sind die Kapillaren erweitert und das Endothel wird diskontinuierlich, dann spricht man von Sinusoiden.

Venolen haben nur eine dünne Gefäßwand. Sie sammeln das Blut aus den Kapillaren, um es wieder den Venen zuzuführen, die es von der Peripherie zurück zum Herzen transportieren. Weiterhin dienen sie als Blutspeicher. Sie haben dünne muskuläre Wände, die das Weiten oder Verschließen der Gefäße erlauben. Ein Teil der Flüssigkeit tritt im Kapillargebiet aus den Gefäßen aus und wird über Lymphgefäße abtransportiert. Die großen Lymphsammelstämme münden nahe dem Herzen wieder in das Venensystem.

Benachbarte Blutgefäße mit gleichem Zielgebiet werden als Kollateralen bezeichnet. In fast allen Körperregionen gibt es Verbindungen zwischen diesen benachbarten Blutgefäßen, sogenannte Anastomosen. Diese sorgen dafür, dass bei einer Verlegung (etwa einer Thrombose) oder Verletzung eines Blutgefäßes die Versorgung vom Nachbargefäß übernommen werden kann. Arterien, die keine Anastomosen aufweisen, nennt man Endarterien. Kommt es zu einer Verlegung einer Endarterie, so wird der entsprechende Gewebsabschnitt nicht mehr mit Blut versorgt und stirbt ab (Infarkt). Die Anastomosen können aber auch zu schwach sein, um eine vollständige Kompensation eines Ausfalls zu ermöglichen. In diesem Fall spricht man von funktionellen Endarterien. Eine Verstopfung oder Verletzung dieser Arterien führt zu einer Minderdurchblutung (Ischämie).

Aufgaben und Funktionen

Blut erfüllt im Körper verschiedene Aufgaben. Es transportiert Sauerstoff aus den Lungen zum Gewebe und Kohlenstoffdioxid zurück. Weiterhin wird das Gewebe mit Nährstoffen aus dem Verdauungstrakt versorgt und von entstandenen Stoffwechsel- und Abfallprodukten befreit, die zu den Ausscheidungsorganen (Nieren und Leber) transportiert werden. Blut dient zudem als wichtiges Medium für den Transport von Hormonen zwischen einzelnen Organsystemen sowie von Komponenten der Immunabwehr und der Blutgerinnung zu Orten im Körper, an denen sie gebraucht werden.

Der Blutkreislauf dient demzufolge letztendlich dazu, es dem Blut zu ermöglichen, sich durch den gesamten Körper zu bewegen. Weiterhin spielt der Blutkreislauf eine wichtige Rolle bei der Thermoregulation. Über den Grad der Durchblutung der Haut wird die Wärmeabgabe über die Körperoberfläche reguliert.

Blutkreislauf der wechselwarmen Wirbeltiere

Siehe auch: Herz und Herzen der Wirbeltiere

Fische

Schematische Darstellung des Blutkreislaufs der Fische:
rot = sauerstoffreiches Blut
blau = sauerstoffarmes Blut

Das Herz der Fische ist unter den Wirbeltieren das am einfachsten gebaute. Es besteht aus vier Räumen, zwei einleitenden dünnwandigen, Sinus venosus und Vorhof, einer dickwandigen, muskulösen Kammer und dem abschließenden Bulbus oder Conus arteriosus. Zwischen Vorhof und Kammer befindet sich eine Klappe, die einen Rückstrom des Blutes verhindert. Ebenso wie das Herz ist auch der Blutkreislauf selbst relativ einfach strukturiert. Das venöse Blut wird aus dem Herzen in die Kiemen geleitet (Kiemenkreislauf), in denen es mit Sauerstoff aus dem Wasser angereichert wird. Anschließend wird das sauerstoffreiche Blut in den Körperkreislauf weitertransportiert. In den Kapillaren gibt es den Sauerstoff ab und nimmt dafür Kohlendioxid auf. Neben dem Herz nimmt auch die Muskulatur der Kiemen am Transportvorgang teil. Der Nachteil dieser Konstruktion ist, dass der Blutdruck im Kapillarnetz des Kiemenkreislaufs stark abfällt, der Blutstrom durch den Körper also relativ langsam ist. Zudem haben Fische ein geringes Blutvolumen. Es macht weniger als ein Zehntel des Körpergewichts aus. Außerdem liegt der Sauerstoffgehalt im Blut eines Fisches weit unter dem des menschlichen Blutes.

Amphibien

Doppelter Kreislauf

Schematische Darstellung des Blutkreislaufs der Amphibien:
rot = sauerstoffreiches Blut
blau = sauerstoffarmes Blut
rosa = Mischblut

Bei den Amphibien (Lurchen) besteht das Herz aus einer Kammer und zwei Vorhöfen. Der Gasaustausch findet sowohl in der Lunge als auch in der Haut statt. Die beiden Kreisläufe der Amphibien werden daher als Lungen-Haut-Kreislauf und Körperkreislauf bezeichnet. Da sie, im Gegensatz zu Fischen, nicht hintereinander geschaltet sind, spricht man von einem doppelten Kreislauf.

Der linke Vorhof empfängt mit Sauerstoff angereichertes Blut aus der Lunge, der rechte Vorhof eine Mischung von sauerstoffarmem Blut aus dem Körper und sauerstoffreichem Blut aus der Haut. Beide Vorhöfe leiten das Blut in die einheitliche Kammer. Diese Kammer besitzt einen Ausflusstrakt (Truncus oder Conus arteriosus), der sich in jeweils einen Stamm für die beiden Kreisläufe teilt. Eine leistenartige Erhebung im Ventrikel und im Lumen des Ausflusstrakts sorgt dafür, dass das Blut relativ „sortenrein“ durch das Herz fließt, das Blut aus den beiden Vorhöfen sich also nur wenig vermischt. Das sauerstoffreichere Blut wird zum überwiegenden Teil in die Halsschlagadern und die Aorta geleitet, während das sauerstoffärmere Blut in die Lungen-Haut-Arterie gelenkt wird. Wie Reptilien und Vögel besitzen die Amphibien bereits einen Nierenpfortaderkreislauf.

Entwicklung

Amphibien haben ursprünglich vier paarige Kiemenbogenarterien, die zu beiden Seiten aus der Aorta entspringen. Bei ausgewachsenen Lurchen entwickelt sich die erste zur Arteria carotis, die den Kopf versorgt. Die Arterien des zweiten Bogens vereinigen sich zur Aorta descendens, der absteigenden Aorta. Die dritte Kiemenbogenarterie bildet sich zurück, und aus den vierten entwickelt sich der paarige Aortenbogen.

Reptilien

Schematische Darstellung des Blutkreislaufs der Reptilien:
rot = sauerstoffreiches Blut
blau = sauerstoffarmes Blut
rosa = Mischblut

Die zu den Reptilien zusammengefassten Taxa besitzen ein Herz, das ebenso aus zwei Vorhöfen und einer Kammer besteht. Diese ist jedoch nahezu vollständig durch eine Scheidewand in zwei Hälften geteilt. Aus dem Körper strömt sauerstoffarmes Blut in den rechten Vorhof, aus den Lungen mit Sauerstoff angereichertes Blut fließt in den linken Vorhof. Beide Vorhöfe leiten das Blut in die Herzkammer, aus der drei Schlagadern abgehen. In der rechten fließt sauerstoffarmes Blut zur Lunge, in der linken sauerstoffreiches Blut zum Kopf und in den Körper. Da die Trennung der Herzkammer jedoch nicht vollständig ist, kommt es zur Bildung von Mischblut (circa 10 bis 40 Prozent). Dieses fließt durch die mittlere Schlagader in den Körper.

Eine Besonderheit stellen die Krokodile dar, bei ihnen sind die beiden Herzkammern komplett getrennt. Zwischen der linken und der rechten Schlagader besteht bei ihnen mit dem Foramen Panizzae eine Verbindung. Dabei entspringt die linke Aorta an der rechten Herzkammer und die rechte an der linken. Durch das Fenster vermischt sich das sauerstoffreiche Blut der rechten Kammer mit dem sauerstoffarmen der linken Kammer im Bereich der rechten Aorta, so dass Mischblut in den Körperkreislauf geführt wird und dabei vor allem in die peripheren Bereiche des Körpers gelangt. Zugleich fördert die linke Aorta sauerstoffreiches Blut in den Körper und vor allem in den Kopf des Tieres. Beim Tauchvorgang schließt sich das Foramen Panizzae vollständig, so dass die rechte Aorta nur noch mit sauerstoffarmem Blut versorgt wird, der Kopf jedoch weiterhin sauerstoffreiches Blut bekommt.

Auch bei den Dinosauriern lag vermutlich eine vollständige Trennung der Herzkammern vor, was sie zu gewissermaßen gleichwarmen Tieren machen würde und somit deren langes Überleben erklären könnte (siehe Thermoregulation). Dies ergibt sich aufgrund ihrer Position im Stammbaum zwischen den Krokodilen und den Vögeln, die beide eine durchgängige Trennwand im Herzen besitzen.

Blutkreislauf der gleichwarmen Wirbeltiere

Schematischer Aufbau eines doppelten Blutkreislaufs:
rot = sauerstoffreiches Blut
blau = sauerstoffarmes Blut

Im Gegensatz zu den wechselwarmen Tieren ist das Herz der gleichwarmen Tiere, also auch das des Menschen, vollständig in vier Räume (Herzhöhlen genannt) geteilt. Deshalb kann es als in zwei Hälften geteilt betrachtet werden, obwohl es sich im gesamten um ein einziges Organ handelt. Jede dieser Hälften besteht aus einem Vorhof und einer Kammer, die jeweils als Einheit arbeiten. Während die rechte Herzhälfte das Blut durch den Lungenkreislauf (kleiner Blutkreislauf) leitet, der das Blut mit Sauerstoff anreichert, führt die linke Herzhälfte das Blut durch den Körperkreislauf (großer Blutkreislauf), um die Organe mit Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen.

Diese beiden Kreisläufe sind in Reihe geschaltet, so dass das gesamte Blut immer auch durch den Lungenkreislauf fließen muss. Im Unterschied dazu sind die Organe im Körperkreislauf parallel geschaltet.

Die Existenz zweier Blutkreisläufe (großer Körper- und kleiner Lungenkreislauf) hat wichtige Vorteile:

  • Der Druck kann in beiden Kreisläufen unterschiedlich sein. Im Lungenkreislauf ist er erheblich niedriger, so dass eine geringere Wanddicke in den Lungen einen besseren Gasaustausch ermöglicht.
  • Die Lunge mit ihren Kapillaren funktioniert als Filter gegen Blutgerinnsel (Thromben) u. ä., bevor das Blut von der linken Herzseite unter anderem zum Gehirn geleitet wird. Die Lunge hat dazu thrombenlösende Eigenschaften.

Im Lungenkreislauf verlässt das Blut die rechte Herzkammer über den Lungenstamm (lat. Truncus pulmonalis) in Richtung der Lungen, wo es mit Sauerstoff angereichert wird. Dann wird es von der Lungenvene (lat. Vena pulmonalis) in den linken Herzvorhof geleitet. Vom linken Vorhof gelangt es in die linke Kammer, von wo aus es durch die Aorta in den Körperkreislauf geleitet wird. Während bei den Säugern die Aorta auf der linken Körperseite verläuft, liegt sie bei Vögeln auf der rechten. Nach der Versorgung der Organe kehrt das nun mit Kohlendioxid angereicherte Blut durch die obere und die untere Hohlvene in den rechten Vorhof zurück. Wenn das Blut vom rechten Vorhof in die rechte Kammer kommt, beginnt der Kreislauf von neuem.

Eine Besonderheit stellt das Pfortadersystem dar. Blut, das von den Organen des Verdauungstrakts kommt, wird in der Pfortader gesammelt und gelangt in die Leber, wo die aufgenommenen Nährstoffe verwertet werden. Auch die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) hat ein Pfortadersystem. Vögel und Reptilien haben zudem eine Nierenpfortader.

Physiologie

Elektrisches Analogon des menschlichen Kreislaufs. Hochdrucksystem rot, Niederdrucksystem blau. Kondensatoren unterschiedlicher Kapazität modellieren die Dehnbarkeiten.

Zur Beschreibung des Herz-Kreislauf-Systems bedient man sich Analogien zu elektrischen Stromkreisen:

Die kirchhoffschen Regeln lassen sich folgendermaßen übertragen:

  1. Bei Aufzweigung oder Vereinigung von Gefäßen ist die Summe der Volumenstromstärken der zuführenden Gefäße gleich der Summe der Volumenstromstärken der abführenden Gefäße. Dies ergibt sich intuitiv aus der Überlegung, dass kein Blut verloren geht.
  2. Zwischen zwei Punkten im Gefäßsystem A und B besteht eine Druckdifferenz, die sich als Summe der Druckdifferenzen auf dem Weg von A nach B berechnen lässt. Für jeden beliebigen Weg durch das Gefäßsystem erhält man dieselbe Druckdifferenz zwischen A und B.

Von besonderer Bedeutung ist die Entsprechung des ohmschen Gesetzes:

oder umgestellt

Sie besagt, dass die Druckdifferenz zwischen den Enden eines Gefäßsystems umso größer ist, je größer der Widerstand und je größer die Stromstärke ist. Umgestellt nach der Stromstärke ergibt sich, dass diese umso größer ist, je größer die Druckdifferenz und je kleiner der Widerstand ist; der Abfall des Druckes im Verlauf eines Gefäßsystems lässt sich damit als Antrieb des Blutstroms auffassen. All diese Zusammenhänge gelten sowohl für einzelne Gefäße als auch für größere Stromgebiete (z. B. ganzes Organ, alle Arterien, gesamter Körperkreislauf); die entsprechenden Widerstände ergeben sich dabei unter sinngemäßer Anwendung der Regeln zur Addition von elektrischen Widerständen in Reihen- und Parallelschaltung aus den Widerständen der enthaltenen Einzelgefäße oder Gefäßsysteme.

Der Widerstand des gesamten Körperkreislaufs heißt totaler peripherer Widerstand (TPR). Weil die gedanklich zusammengefassten Kreislaufabschnitte „Arterien“, „Arteriolen“, „Kapillaren“, „Venolen“ und „Venen“ in Reihe geschaltet sind, lässt sich der TPR durch Addition der zusammengefassten Widerstände dieser Kreislaufabschnitt berechnen. So entfallen vom Widerstand[3]

  • 45–55 % auf die terminalen Arterien und Arteriolen (Widerstandsgefäße, regulierbar),
  • 20–25 % auf die Kapillaren,
  • 3–4 % auf die Venolen und nur
  • 3 % auf die mittleren und großen Venen.

Aus der Reihenschaltung folgt ferner, dass die Stromstärke in all diesen Kreislaufabschnitten dieselbe ist, nämlich das Herzzeitvolumen. Weil der Volumenstrom derselbe ist, treten wegen in den Abschnitten mit dem größten Widerstand auch die größten Druckabfälle auf: Beträgt der Mitteldruck in der Aorta und in den großen Arterien noch etwa 130 hPa (100 mmHg), fällt er in den Arterienästen auf 50 hPa (40 mmHg) ab, und beträgt in den Kapillaren nur noch 33 hPa (25 mmHg). In den Venolen beträgt er 27 hPa (20 mmHg), in den Pfortadern letztendlich nur noch 4 hPa (3 mmHg). Insgesamt wird der Blutstrom durch den Körperkreislauf also von einer Druckdifferenz in der Größenordnung 90 mmHg angetrieben, diese Differenz wird auch als arteriovenöse Druckdifferenz (Differenz zwischen mittlerem arteriellen und zentralem Venendruck) bezeichnet. Der Widerstand des Lungenkreislaufs ist viel niedriger als der des Körperkreislaufs; weil die Stromstärke (normale Anatomie vorausgesetzt) aber dieselbe sein muss, sind hier nur 7 mmHg Druckdifferenz zwischen den Pulmonalarterien (14 mmHg) und den Lungenvenen (7 mmHg) nötig.[4]

Unter Verwendung der Größen arteriovenöse Druckdifferenz für , totaler peripherer Widerstand für und Herzzeitvolumen für , lassen sich Aussagen über den gesamten Körperkreislauf treffen: Eine Senkung des TPR erhöht bei gleichbleibender arteriovenöser Druckdifferenz wegen das Herzzeitvolumen, anders gesagt muss die Frequenz oder das Schlagvolumen des Herzens steigen, damit der Blutdruck konstant bleibt. Wird dagegen das Herzzeitvolumen konstant behalten, sinkt wegen die arteriovenöse Druckdifferenz und damit der arterielle Blutdruck.

Blutdruck und -volumen

Herz­zeit­volumen und zentraler Venen­druck ergeben sich im Herz-Kreislauf-Diagramm als Schnitt­punkt von Herz­funktions­kurve und Gefäß­funktions­kurve.
Legende
Herz­funktions­kurve (HZV steigt mit zunehmendem ZVD wegen Frank/Starling)
  • gepunktet: gesteigertes bzw. vermindertep Herz­kraft
Gefäß­funktions­kurve (ZVD sinkt mit zunehmendem HZV wegen Verlagerung von Blut ins Hochdruck­system)
  • gepunktet: verminderter−s (oben) bzw. erhöhter+s (unten) peripherer Widerstand
  • gestrichelt: gesteigertes bzw. vermindertes Blut­volumen oder verminderte+s bzw. gesteigerte−s Venen­kapazität
Die Verschiebungen der Kurven treten im Rahmen der sympathischen (s) und parasympathischen (p) Steuerung auf, können aber auch Krankheiten modellieren.

Man unterscheidet zwischen dem Niederdruck- und dem Hochdrucksystem. Zum Niederdrucksystem gehören die Venen des Körperkreislaufs, das rechte Herz, die Gefäße des Lungenkreislaufs, der linke Vorhof und nur während der Diastole auch die linke Herzkammer.[5] Zum Hochdrucksystem gehören die linke Kammer während der Systole sowie die Arterien und Arteriolen des Körperkreislaufs.[6] Das Niederdrucksystem enthält fast 85 % des Blutvolumens,[7]

Ohne Herztätigkeit ergibt sich ein mittlerer Füllungsdruck von etwa 6–7 mmHg in beiden Systemen.[8] Ein arbeitendes Herz hält verglichen mit diesem Zustand eine Verschiebung von Blut ins Hochdrucksystem aufrecht. Dabei steigt der mittlere arterielle Blutdruck stark an, während der zentrale Venendruck nur um etwa 2–4 mmHg abfällt.[9] Der Grund dafür sind die sehr unterschiedlichen Dehnbarkeiten beider Systeme: Eine gleiche Druckveränderung geht im Niederdrucksystem mit einer 200-mal größeren Volumenveränderung einher als im Hochdrucksystem.[10] Venen stellen daher Kapazitätsgefäße dar, deren Kapazität (Compliance, Volumen pro Druck) durch gesteigerten glattmuskulären Tonus gesenkt werden kann,[11] wobei der zentrale Venendruck steigt.[12] Dies tritt als Anpassung an körperliche Aktivität auf (da ein erhöhter zentraler Venendruck über den Frank-Starling-Mechanismus das Schlagvolumen des Herzens erhöht), ferner kompensatorisch bei Blutverlust (der fast vollständig das Niederdrucksystem betrifft) sowie als Teil der Orthostase-Reaktion. Im umgekehrten Fall, der zum Beispiel bei Bluttransfusionen auftritt, ändert sich ebenfalls hauptsächlich das Volumen des Niederdrucksystems.

Spricht man umgangssprachlich vom Blutdruck, so meint man den Blutdruck der Arterien im Körperkreislauf. Dieser schwankt zwischen Systole (der Auswurfphase des Herzens) und Diastole (der Füllungsphase in den vier Herzhöhlen) und wird als Doppelwert dieser beiden Phasen angegeben. Dabei werden zuerst der systolische und dann der diastolische Wert genannt. Durchschnittlich liegen diese Werte für die Systole zwischen 130 und 190 hPa (100–140 mmHg) und für die Diastole zwischen 80 und 120 hPa (60–90 mmHg). Der Unterschied zwischen dem systolischen und dem diastolischen Blutdruck wird als Pulsamplitude, als Blutdruckamplitude oder als Pulsdruck bezeichnet.

Blutfluss

Obwohl das Herz nur während der Systole Blut auswirft, ist der Blutstrom durch den Körper recht gleichmäßig. Dies liegt an der sogenannten Windkesselfunktion der Aorta und der großen Arterien. Während der Systole dehnt sich die Gefäßwand aus; so nimmt die Schlagader einen Teil des ausgeworfenen Blutes auf – und gibt ihn in der Diastole, in der kein Blut aus dem Herzen austritt, wieder ab. Diese Volumendehnbarkeit (Compliance) wandelt also das stoßweise austretende Blut in einen gleichmäßigeren Strom um. Würde der Druck nicht durch die elastischen Gefäße gespeichert werden können, so würde der Druck in der Aorta wesentlich dramatischer schwanken. Interessanterweise würde im zeitlichen Mittel aber wesentlich weniger Blut durch die Gefäße strömen, da viel Strömungsenergie für das ständige Beschleunigen des Blutes aufgezehrt würde.

Die Druckwelle bewegt sich beim jungen, erwachsenen Menschen mit etwa 6 Metern pro Sekunde, beim alten Menschen verdoppelt sich die Geschwindigkeit. Da mit zunehmendem Lebensalter die Gefäßwände immer unelastischer werden, vermindert sich der Druckspeichereffekt mit dem Lebensalter immer mehr und der Volumenstrom reduziert sich.

Von der Geschwindigkeit der Druckwelle zu unterscheiden ist die wesentlich geringere Fließgeschwindigkeit des Blutes. Das Produkt von Fließgeschwindigkeit v und Querschnittsfläche A aller parallel geschalteten Gefäße eines Kreislaufabschnitts (z. B. aller Arterien, aller Arteriolen, aller Kapillaren, aller Venolen oder aller Venen) muss im zeitlichen Mittel dem Herzzeitvolumen entsprechen. Aus dem Kontinuitätsgesetz

folgt, dass die Fließgeschwindigkeit in der verhältnismäßig engen Aorta am größten (bei einem Querschnitt von 5 cm² maximal 1,2 m/s, im Mittel 0,15 m/s bis 0,2 m/s)[13] und in den postkapillären Venolen am kleinsten ist (bei einem geschätzten Gesamtquerschnitt von 0,3 m² unter Annahme eines Herzzeitvolumens von 5,6 l/min 0,3 mm/s)[14]. Die niedrige Fließgeschwindigkeit bei geringem Druck prädestiniert die postkapillären Venolen für den Durchtritt von Immunzellen.

Während der Blutfluss in den Arterien allein von der Druckkraft des Herzens realisiert wird, spielen bei Venen verschiedene Faktoren eine Rolle. Zu einem gewissen Grad wirkt die Druckkraft über das Kapillarbett hinaus auch auf die Venen (sog. vis a tergo, „Kraft von hinten“). In den Venen wird das Blut vor allem schubweise über von außen wirkende Kräfte zurück zum Herz transportiert. Die äußeren Kräfte sind vor allem die Kontraktionen umliegender Skelettmuskeln, außerdem die Druckwellen durch anliegende Arterien. Bei den großen Venen im Körperinneren wird der Blutfluss durch die Druckschwankungen bei der Atmung (Erweiterung der Venen durch den Unterdruck bei der Inspiration) realisiert. Venenklappen verhindern, dass Blut durch die Kraftwirkung oder aufgrund der Schwerkraft in die falsche Richtung fließt. Der Ansaugdruck durch die Erweiterung der Vorhöfe des Herzens spielt nur bei den herznahen großen Venen eine Rolle.

Lymphsystem

Das Lymphsystem dient dazu, Wasser und darin gelöste Stoffe aus dem Körpergewebe wieder dem Blutkreislauf zuzuführen. In Umgebung der Kapillaren findet ein Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Gewebe statt, angetrieben vom effektiven Filtrationsdruck, der sich aus den Differenzen der hydrostatischen und kolloidosmotischen Drücken auf beiden Seiten ergibt. Während im arteriellen Schenkel der Kapillaren der Flüssigkeitsausstrom überwiegt, wechselt der effektive Filtrationsdruck mit Abnahme des Blutdrucks hin zu den postkapillären Venolen das Vorzeichen, sodass ein großer Teil der Flüssigkeit wieder in die Blutgefäße zurückkehrt. Da dieser Prozess aber nicht hundertprozentig effektiv ist, sammeln Lymphgefäße die restliche Flüssigkeit, jetzt Lymphe genannt, und führen sie den Venen in der Nähe des Herzens wieder zu. Auf dem Weg dorthin fließt die Lymphe durch die Lymphknoten, in denen sie gefiltert und dem Immunsystem präsentiert wird. Die Filtrationsbilanz hängt auch vom Tonus der Widerstandsgefäße ab: Vasokonstriktion senkt den Filtrationsdruck und stellt damit auch einen mittelfristigen Mechanismus zur Erhöhung des Plasmavolumens dar.

Siehe auch

Literatur

  • Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. 6., aktualisierte Auflage. Pearson Studium, München u. a. 2006, ISBN 3-8273-7180-5.
  • Uwe Gille: Herz-Kreislauf- und Abwehrsystem, Angiologia. In: Franz-Viktor Salomon u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 404–463.
  • Charles Reginald Schiller Harris: The heart and the vascular system in ancient Greek medicine from Alcmaeon to Galen. Oxford 1973.
  • J. R. Levick: Physiologie des Herz-Kreislauf-Systems. Barth, Heidelberg u. a. 1998, ISBN 3-8252-8129-9 (UTB 8129).
  • Stefan Silbernagl, Agamemnon Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie. Thieme, Stuttgart 2003, ISBN 3-13-567706-0.
  •  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, Kapitel 28 Kreislauf.

Weblinks

Commons: Blutkreislauf - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Warren W. Burggren, Kjell Johansen: Circulation and respiration in lungfishes (Dipnoi). In: Journal of Morphology, Band 190, Nr. S1, 1986, S. 217–236
  2.  Adolf Remane, Volker Storch, Ulrich Welsch: Kurzes Lehrbuch der Zoologie. 5. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-437-20337-1, S. 188 f.
  3.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 581.
  4.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 621.
  5.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 582.
  6.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 582.
  7.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 582.
  8.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 583.
  9.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 583.
  10.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 582.
  11.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 584.
  12.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 552.
  13.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 579.
  14.  Physiologie des Menschen. 31. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 581.
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