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Schluss
Der Schluss oder die Konklusion (griech. πρότασις, protasis, „Vorausgeschicktes“; lat. conclusio, "Abschluss") bzw. die Schlussfolgerung (auch Inferenz genannt, von lat. infero, "hineintragen, folgern") ist die Grundoperation und der Ausgangspunkt des diskursiven logischen Denkens, durch die ein logisches Urteil aus einem oder mehreren anderen - den Prämissen - abgeleitet bzw. in seinen logischen Zusammenhang gestellt wird. Wie Rudolf Steiner entgegen der herkömmlichen Meinung nachdrücklich geltend machte, schreitet das logische Denken vom Schluss über das Urteil zum Begriff voran:
„Indem wir uns logisch, das heißt denkend-erkennend betätigen, haben wir in dieser Betätigung immer drei Glieder. Erstens haben wir immerfort dasjenige in unserem denkenden Erkennen drinnen, was wir Schlüsse nennen. Für das gewöhnliche Leben äußert sich ja das Denken in der Sprache. Wenn Sie das Gefüge der Sprache überblicken, werden Sie finden: indem Sie sprechen, bilden Sie fortwährend Schlüsse aus. Diese Tätigkeit des Schließens ist die allerbewußteste im Menschen. Der Mensch würde sich durch die Sprache nicht äußern können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse sprechen würde; er würde nicht das, was der andere zu ihm sagt, verstehen können, wenn er nicht fortwährend Schlüsse in sich aufnehmen könnte. Die Schullogik zergliedert gewöhnlich die Schlüsse; dadurch verfälscht sie sie schon, insofern die Schlüsse im gewöhnlichen Leben vorkommen. Die Schullogik bedenkt nicht, daß wir schon einen Schluß ziehen, wenn wir ein einzelnes Ding ins Auge fassen. Denken Sie sich, Sie gehen in eine Menagerie und sehen dort einen Löwen. Was tun Sie denn zuallererst, indem Sie den Löwen wahrnehmen? Sie werden zuallererst das, was Sie am Löwen sehen, sich zum Bewußtsein bringen, und nur durch dieses Sich-zum-Bewußtsein-Bringen kommen Sie mit Ihren Wahrnehmungen gegenüber dem Löwen zurecht. Sie haben im Leben gelernt, ehe Sie in die Menagerie gegangen sind, daß solche Wesen, die sich so äußern wie der Löwe, den Sie jetzt sehen, «Tiere» sind. Was Sie da aus dem Leben gelernt haben, bringen Sie schon mit in die Menagerie. Dann schauen Sie den Löwen an und finden: der Löwe tut eben auch das, was Sie bei den Tieren kennengelernt haben. Dies verbinden Sie mit dem, was Sie aus der Lebenserkenntnis mitgebracht haben, und bilden sich dann das Urteil: Der Löwe ist ein Tier. - Erst wenn Sie dieses Urteil sich gebildet haben, verstehen Sie den einzelnen Begriff «Löwe». Das erste, was Sie ausführen, ist ein Schluß; das zweite, was Sie ausführen, ist ein Urteil; und das letzte, wozu Sie im Leben kommen, ist ein Begriff. Sie wissen natürlich nicht, daß Sie diese Betätigung fortwährend vollziehen; aber würden Sie sie nicht vollziehen, so würden Sie kein bewußtes Leben führen, das Sie geeignet macht, sich durch die Sprache mit anderen Menschenwesen zu verständigen. Man glaubt gewöhnlich, der Mensch komme zuerst zu den Begriffen. Das ist nicht wahr. Das erste im Leben sind die Schlüsse. Und wir können sagen: Wenn wir nicht unsere Wahrnehmung des Löwen, wenn wir in die Menagerie gehen, aus der gesamten übrigen Lebenserfahrung herausschälen, sondern wenn wir sie in unsere ganze übrige Lebenserfahrung hineinstellen, so ist das erste, was wir in der Menagerie vollbringen, das Ziehen eines Schlusses. - Wir müssen uns klar sein: daß wir in die Menagerie gehen und den Löwen sehen, ist nur eine Einzelhandlung und gehört zum ganzen Leben hinzu. Wir haben nicht angefangen zu leben, als wir die Menagerie betreten und den Blick auf den Löwen gerichtet haben. Das schließt sich an das vorherige Leben an, und das vorherige Leben spielt da hinein, und wiederum wird das, was wir aus der Menagerie mitnehmen, hinausgetragen in das übrige Leben. - Wenn wir aber nun den ganzen Vorgang betrachten, was ist dann der Löwe zuerst? Er ist zuerst ein Schluß. Wir können durchaus sagen: Der Löwe ist ein Schluß. Ein bißchen später: Der Löwe ist ein Urteil. Und wieder ein bißchen später: Der Löwe ist ein Begriff.“ (Lit.: GA 293, S. 134f)
Schlüsse sind nur gesund für das Seelenleben, wenn sie vollwach erlebt und mitvollzogen werden. Niemals sollten fertige, undurchschaute Schlüsse dem Gedächtnis anvertraut werden. Das ist ganz besonders in der Pädagogik zu beachten:
„Der Schluß kann nur leben im lebendigen Geiste des Menschen, nur dort hat er ein gesundes Leben; das heißt, der Schluß ist nur ganz gesund, wenn er verläuft im vollwachenden Leben. Das ist sehr wichtig, wie wir noch sehen werden.
Daher ruinieren Sie die Seele des Kindes, wenn Sie darauf hinarbeiten, daß fertige Schlüsse dem Gedächtnis anvertraut werden sollen.“ (Lit.: GA 293, S. 136)
Siehe auch
- Syllogismus
- Schluß - Artikel in Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904)
- Schluß - Artikel in Friedrich Kirchner, Carl Michaëlis: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe (1907)
Literatur
- Rudolf Steiner: Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, GA 293 (1992), ISBN 3-7274-2930-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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