gemeinsam neue Wege der Erkenntnis gehen
Eine freie Initiative von Menschen bei anthrowiki.at anthrowiki.at, anthro.world anthro.world, biodyn.wiki biodyn.wiki und steiner.wiki steiner.wiki
mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ...
Wie Sie die Entwicklung von AnthroWiki durch Ihre Spende unterstützen können, erfahren Sie hier.

Use Google Translate for a raw translation of our pages into more than 100 languages.
Please note that some mistranslations can occur due to machine translation.
Alle Banner auf einen Klick

Neurodidaktik

Aus AnthroWiki
Version vom 2. Juli 2018, 10:31 Uhr von imported>Odyssee

Neurodidaktik ist eine zusammenfassende Bezeichnung für verschiedene didaktische und pädagogische Konzepte, die sich auf die Erkenntnisse der Neurowissenschaften stützen und zumeist davon ausgehen, dass sämtliche seelischen und geistigen Leistungen des Menschen, inklusive seiner Lernfähigkeit, ausschließlich auf der Tätigkeit des Gehirns bzw. des zentralen Nervensystems beruhen.

Viele Psychologen und Pädagogen kritisieren die neurodidaktischen Konzepte teils als im Kern zu wenig neu, teils auch als viel zu praxisfern, um für den Unterricht tauglich zu sein. Namhafte Hirnforscher wie etwa Gerhard Roth weisen überdies darauf hin, dass die neurowissenschaftlichen Untersuchungsmethoden noch viel zu grob seien, um konkrete wissenschaftliche Aussagen über komplexere Lernvorgänge zu ermöglichen. Auffallend sei auch die Beliebigkeit, mit der weitreichende Schlüsse aus neurowissenschaftlichen Forschungsergebnissen würden. Über die Defizite neurowissenschaftlichen Argumentierens über Pädagogik bemerkt Nicole Vidal (Nicole Becker):

„Der Diskurs um die Relevanz neurowissenschaftlicher Erkenntnisse für die Schulpädagogik weist eine ungewöhnliche Struktur auf: Im Gegensatz zu üblichen Medienberichten über wissenschaftliche Erkenntnisse, geht es in diesem Diskurs nicht darum, Erkenntnisse der Neurowissenschaft für ein breites Publikum aufzubereiten, sondern hier berichten Journalisten oder Neurowissenschaftler selbst über die Implikationen ihrer Erkenntnisse für die Pädagogik. Der Fokus vieler Überschriften richtet sich daher auf Pädagogik ... und nicht auf die Neurowissenschaften. Den Neurowissenschaften wird meistens ein zentraler Platz im Untertitel zugewiesen, der eine „Belegfunktion" für die im Titel formulierte Aussage zu haben scheint. Für diese Präsentation bieten sich zwei Interpretationsmöglichkeiten an: Einerseits könnte es bedeuten, dass hier eine Bemühung um den Beginn eines interdisziplinären Dialoges stattfindet, durch den eine ,einzelwissenschaftliche Borniertheit' durchbrochen werden soll ... Andererseits - und das liegt aus mehreren Gründen näher - soll damit der Eindruck erweckt werden, als könnten die Neurowissenschaften die Sache der Pädagogik selbst in die Hand nehmen, weil sie im Gegensatz zu dieser wissenschaftlichen Kriterien folgen. Die Kooperationsbereitschaft auf Seiten der Neurowissenschaftler erscheint angesichts der Tatsache, dass die Pädagogik - und mit ihr alle Akteure aus Wissenschaft und Praxis - mit Negativzuschreibungen nur so überhäuft werden, fraglich. Spitzer zielt eine „feindliche Übernahme" der Lehr-Lern-Forschung durch die Neurowissenschaften an (vgl. Koch 2004[1]) und auch Scheich (2003)[2] glaubt, dass weder in der erziehungswissenschaftlichen Forschung, noch innerhalb der pädagogischen Praxis wesentliche Verbesserungen zu erwarten seien, wenn die Hirnforschung dort nicht zur Bezugswissenschaft erklärt werde. So könnten beispielsweise allein die Neurowissenschaften eine Evaluation bisheriger Lehr-Lern-Konzeptionen vornehmen. Gemäßigtere Positionen stellen auf neurowissenschaftlicher Seite die Ausnahme dar (vgl. Hüther 2003[3]) und auch kritische Auseinandersetzungen von journalistischer Seite sind selten (vgl. Paulus 2003; FAZ 15.08.2004[4]).“ (Lit.: Becker, S. 91f)

Aus waldorfpädagogisch-anthroposophischer Sicht erscheinen die neurodidaktischen Konzepte als verfehlt, da erstens nicht nur das Gehirn, sondern der ganze Leib die physische Grundlage des Seelenlebens sei, und zweites in der Pädagogik nicht nur der Leib, sondern der ganze, aus Leib, Seele und Geist bestehende Mensch zu berücksichtigen sei.

Siehe auch

Literatur

  • Margret Arnold: Aspekte einer modernen Neurodidaktik: Emotionen und Kognitionen im Lernprozess, Ernst Vögel Verlag 2002, ISBN 978-3896501318
  • Manfred Spitzer: Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Spektrum Akademischer Verlag 2006, ISBN 978-3827417237
  • Ulrich Hermann (Hrsg.): Neurodidaktik: Grundlagen und Vorschläge für gehirngerechtes Lehren und Lernen, 2. Auflage, Beltz-Verlag 2009, ISBN 978-3407255112
  • Nicole Becker: Die neurowissenschaftliche Herausforderung der Pädagogik, Verlag Julius Klinkhardt 2011, ISBN 978-3781514362 pdf (Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIP) in Kooperation mit klinkhardt.de)
  1. Koch, J. (2004): Feindliche Übernahme. Der Spiegel Nr. 31 am 26.07.2004, S. 118-199.
  2. Scheich, H. (2003): Lernen unter der Dopamindusche. Was uns Versuche an Mäusen über die Mechanismen des menschlichen Gehirns verraten. Die Zeit Nr. 39. Online unter: http://www.zeit.de/2003/39/ Neurodidaktik_ 2 [Stand: 30.06.2005]
  3. Hüther, G. (2003): Bittere Erfahrung. Frankfurter Rundschau am 07.10.2003, S. 31
  4. Paulus, J. (2003): Lernrezepte aus dem Hirnlabor. Die Zeit Nr. 38. Online unter: http://www.zeit.de/2003/38/BNeurodidaktik [Stand: 30.06.2005]