Charles Sanders Peirce

Aus AnthroWiki
Charles Sanders Peirce 1859
Charles Sanders Peirce um 1870
Charles Sanders Peirce. um 1900

Charles Santiago Sanders Peirce (* 10. September 1839 in Cambridge, Massachusetts; † 19. April 1914 in Milford, Pennsylvania) war ein US-amerikanischer Mathematiker, Philosoph, Logiker und Semiotiker.

Pragmatismus

Peirce gehört neben William James, F. C. S. Schiller und John Dewey zu den maßgeblichen Denkern des Pragmatismus; außerdem gilt er neben Ferdinand de Saussure als Begründer der modernen Semiotik. Bertrand Russell[1] und Karl-Otto Apel[2] bezeichneten ihn als den „größten amerikanischen Denker“, Karl Popper betrachtete ihn sogar als „einen der größten Philosophen aller Zeiten“.[3]

„Deutlich ausgeprägt zeigt sich die Wirkung dieses aus der naturwissenschaftlichen Vorstellungsart kommenden Druckes an der Gedankenströmung, die unter dem Namen des «Pragmatismus» an der Wende des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts alles menschliche Wahrheitsstreben auf einen sicheren Boden stellen will. Der Name «Pragmatismus» stammt aus einem 1878 in der amerikanischen Zeitschrift «Populär Science» von Charles Peirce veröffentlichten Aufsatz. Die wirkungsvollsten Träger dieser Vorstellungsart sind William James (1842—1910) in Amerika und F. C. Schiller in England. (Der letztere gebraucht den Namen «Humanismus»: vgl. «Humanism» 1903, «Studies in Humanism» 1907.) Man kann den Pragmatismus Unglauben an die Kraft des Gedankens nennen. Er spricht dem Denken, das in sich bleiben wollte, die Fähigkeit ab, etwas zu erzeugen, das sich als Wahrheit, als durch sich berechtigte Erkenntnis ausweisen kann. Der Mensch steht den Vorgängen der Welt gegenüber und muß handeln. Dabei dient ihm das Denken als Helfer. Es faßt die Tatsachen der äußeren Welt in Ideen zusammen, kombiniert sie. Und diejenigen Ideen sind die besten, welche dem Menschen zu rechtem Handeln so verhelfen, daß er seine Ziele im Einklange mit den Welterscheinungen finden kann. Und solche beste Ideen anerkennt der Mensch als seine Wahrheit. Der Wille ist Herrscher im Verhältnis des Menschen zur Welt, nicht das Denken.“ (Lit.:GA 18, S. 552f)

Peirce beschäftigte sich auch mit logischen Schlussfolgerungsweisen und führte neben der bekannten Induktion und Deduktion die Abduktion (Hypothese) als dritte Schlussfolgerungsweise in die Logik ein. Aus der Abfolge von Abduktion, Deduktion und Induktion entwickelte er einen erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Ansatz.

Tychismus

Gegen den Determinismus setzte Chrles Sanders Peirce die Hypothese des „Tychismus“ (von griech. τύχη, Tyche, der Göttin des Schicksals), wonach die Welt eine Zufalls-Welt (Chance-world, CP 6.399) sei, in der Spontaneität eine wesentliche Rolle spiele, die Karl Popper später mit dem Begriff der «Emergenz» verband und insbesondere auch den bereits von Peirce formulierten Fallibilismus systematisch ausbaute.

„Die endlose Mannigfaltigkeit in der Welt ist nicht per Gesetz geschaffen. Es entspricht nicht der Natur der Uniformität, Variationen hervorzubringen, noch der des Gesetzes, den Einzelfall zu erzeugen. Wenn wir auf die Mannigfaltigkeit der Natur starren, blicken wir direkt in das Gesicht einer lebendigen Spontaneität. Ein Tag des Umherstreifens auf dem Lande sollte das uns eigentlich nahebringen.“ (Lit.: CP 6.553)

Angeregt durch Denker wie Hegel, Charles Lyell und Charles Darwin sah Peirce die Evolution als grundlegendes Prinzip der Weltentwicklung an. Ausgehend von dem Phänomen der Entropie und der dadurch bedingten Unumkehrbarkeit und der Tendenz, stabile Zustände („habits“ = Verhaltensgewohnheiten) zu bilden, sah Peirce auch die Naturgesetze nicht als etwas von Anfang an Gegebenes an, sondern als Ergebnis eines langen Evolutionsprozesses.

„Aber was für uns das erste ist, das ist nicht das erste in der Natur. Die Prämissen des logischen Prozesses in der Natur sind all jene unabhängigen und ursachenlosen Tatsachenelemente, welche die Mannigfaltigkeit der Natur ausmachen, von der der Nezessitarier annimmt, dass sie von der Begründung der Welt an existiert, die jedoch der Tychist als Produkt eines kontinuierlichen Wachstumsprozesses versteht.“ (Lit.: CP 5.119)

Werkausgaben

Peirce hat seine Arbeiten niemals in Monographien veröffentlicht, sondern in Zeitschriftenaufsätzen und Lexikonartikeln. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Vorlesungsmanuskripten sowie eine außerordentlich große Zahl von überwiegend handschriftlichen Manuskripten für weitere Aufsätze und geplante Bücher. Das Werk, soweit es überhaupt veröffentlicht ist, ist daher nur in den Collected Papers und einer Reihe von Anthologien verfügbar. Die Manuskripte sind mikroverfilmt.

  • Collected Papers of Charles Sanders Peirce. Bände I-VI hrsg. von Charles Hartshorne und Paul Weiss, 1931–1935; Bände VII-VIII hrsg. von Arthur W. Burks 1958. University Press, Harvard, Cambridge/Mass. 1931–1958 (Band I online und Band V online) Zitierweise: Dezimal nach Band und Abschnittsnummer (z.B.: CP 5.11 = Band fünf, Abschnitt 11)
  • Microfilm Edition nach dem Annotated Catalogue of the Papers of Charles S. Peirce von Richard S. Robin, Amherst/Mass. 1967

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bertrand Russell: Wisdom of the West. a historical survey of Western philosophy in its social and political setting, Doubleday 1959, 276
  2. Karl-Otto Apel (Hrsg.): Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1967, Band 1, 19
  3. Karl Popper: Objective Knowledge, Oxford 1979, 212


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Charles Sanders Peirce aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.