Muße

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Muße (mhd. muoze, ahd. muoza „Gelegenheit, Möglichkeit“[1]) ist jene frei und individuell gestaltbarer Zeit, die abseits der geregelten Berufsarbeit liegt. Sie kann der Erholung, der Regeneration, gewidmet sein, oder auch nur dem Nichtstun, was heute zumeist als Faulheit aufgefasst und ebenso negativ bewertet wird wie der Müßiggang, der sich auf Tätigkeiten bezieht, die der sozialen Gemeinschaft als wenig wertvoll erscheinen. In der christlichen Lehre gilt die Trägheit als eines der sieben Hauptlaster. Besonders negativ bewertet wird der Müßiggang im Protestantismus und insbesonders im Puritanismus, in dem die Berufsarbeit als gottgefällige ethische Pflicht besonders hochgehalten wird und das moderne Fortschrittsdenken nachhaltig gepägt hat.

Schöpferische Muße

Die schöpferische Muße, die der philosophischen Arbeit gewidmet ist, wurde insbesonders in der Antike hoch geschätzt. Der griechische Begriff der (philosophischen) Schule (griech. σχολή) deckt ein weites Spektrum an Bedeutungen ab, das von der Muße und Ruhe, über Studium und Schule, bis hin zu Verzögerung und Langsamkeit reicht und damit ganz im Gegensatz zu der heute immer stärkeren Beschleunigung im sozialen Leben steht, die durch das moderne Arbeitsleben erzwungen wird. Die Muse spricht nur, wenn man Muße hat, ihre Stimme zu hören. Jede kreative künstlerische und jede geistige Arbeit erfordert ein rechtes Maß an Muße, muss aber mit den durchaus notwendigen Anforderungen des gegenwärtigen Bewusstseinsseelenzeitalters im rechten Gleichgewicht gehalten werden. Darauf hat auch Rudolf Steiner nachdrücklich hingewiesen:

„Wir stehen wahrhaftig nicht in irgend etwas, das wir kritisierend, abfällig betrachten dürfen, wenn wir mitten in einem Felde modernster materieller Tätigkeit stehen, denn wir stehen da vielmehr auf einem Gebiete, das uns gerade zeigt, wie es im späteren äußeren Erdenleben immer mehr und mehr werden muß. Wir würden uns nur unverständig zeigen, wenn wir sagen wollten: Alte Zeiten, in denen man gewissermaßen Wald und Wiese und das ursprüngliche Naturleben mehr um sich hatte als die Schornsteine der Gegenwart, sie möchten wieder heraufkommen. - Man würde sich nur unverständig zeigen. Denn man würde beweisen, daß man keinen Einblick hat in dasjenige, was die Weisen aller Zeiten genannt haben «die ewigen Notwendigkeiten, in die der Mensch sich zu finden hat». Gegenüber dem die Erde überdeckenden materiellen Leben, wie es insbesondere das 19. Jahrhundert heraufgebracht hat und welches die späteren Zeiten in noch viel umfassenderer Weise der Menschheit bringen werden, gegenüber diesem Leben gibt es keine aus einer Sympathie mit dem Alten genommene berechtigte Kritik, sondern gibt es einzig und allein die Einsicht, daß so das Schicksal unseres Erdenplaneten ist. Mag man die alten Zeiten von einem gewissen Standpunkte aus schön nennen, mag man sie betrachten wie eine Frühlings- oder Sommerzeit der Erde, zu wettern dagegen, daß auch andere Zeiten kommen, wäre ebenso unverständig, wie es unverständig wäre, unzufrieden damit zu sein, daß auf den Frühling und Sommer Herbst und Winter folgen. Deshalb müssen wir es schätzen und lieben, wenn aus einem innerlich mutigen Entschlüsse heraus unsere Freunde gerade inmitten des allermodernsten Lebens und Treibens eine Stätte unseres geistigen Lebens schaffen.“ (Lit.:GA 150, S. 102f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Elmar Seebold, Friedrich Kluge [Begr.]: Kluge - etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25. Auflage. De Gruyter, Berlin; Boston, Mass. 2011, ISBN 978-3-11-022364-4.