Raum

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Der Raum (mhd. rûm „das nicht Ausgefüllte“, „freier Platz“; ahd. rūmi „weit, geräumig“; lat. spatium; hebr. חלל chalal) ist aus geisteswissenschaftlicher Sicht ein Erzeugnis der höchsten Trinität, die selbst nicht räumlich vorgestellt werden kann. Der äußerliche, geometrisch anschauliche Euklidische Raum, also unser gewohnter Anschauungsraum, ist dreidimensional. Die Mathematik vermag aber auch höherdimensionale, ja sogar unendlich-dimensionale Räume, die sich der sinnlichen Vorstellung entziehen, durch das reine Denken exakt zu erfassen, indem sie den Raum als eine abstrakte Menge mathematischer Objekte mit einer bestimmten mathematischen Struktur definiert, beispielsweise als Vektorraum oder als topologischer Raum bzw. als Mannigfaltigkeit. Rudolf Steiner hat selbst öfters über die geistige Bedeutung der vierten Dimension gesprochen (Lit.:GA 324a).

Die Erschaffung des Raumes

Die Erschaffung des Raumes geht dem Wirken selbst der höchsten Hierarchien voran; für ihre Tätigkeit darf also der Raum bereits vorausgesetzt werden. Als geistige Wesen sind sie selbst nicht räumlich vorstellbar, aber ihre Wirkungen in unserer Welt sind durchaus räumlich begrenzt, wie die des Menschen. Innerhalb unseres Sonnensystems sind die Herrschaftsgebiete der Hierarchien die Planetensphären in aufsteigender Folge bis hin zum Tierkreis.

"Vom Menschen können wir sagen, es lebt sich die Wesenheit dieses Menschen innerhalb des Raumes aus. Den Raum selber muß man sich aber, okkult gedacht, auch als etwas schaffend Erzeugtes vorstellen. Diese Erschaffung liegt vor den Arbeiten und Wirkungen der höchsten Hierarchien; wir werden den Raum also voraussetzen dürfen. Nicht räumlich vorstellen aber dürfen wir uns die höchste Trinität, denn der Raum ist ihr Erzeugnis. Die geistigen Wesenheiten haben wir uns ohne Raum vorzustellen; der Raum ist etwas Geschaffenes. Aber die Wirkungen der Hierarchien in unserer Welt sind räumlich begrenzt, wie die des Menschen. Das, was innerhalb des Raumes sich bewegt, sind die anderen Hierarchien." (Lit.: GA 110, S. 176)

Der Urraum der Kabbalisten

Die Schöpfung beginnt nach Ansicht des jüdischen Kabbalisten Isaak Luria durch eine Selbstbeschränkung des göttlichen unendlichen Seins, des grenzenlosen Schöpfungsurgrund Ain Soph (hebr. אין סוף nicht endlich), durch das Zimzum (hebr. צמצום ṣimṣūm, wörtlich Zusammenziehung oder Rückzug). Diese Selbstbeschränkung führt zu einem astralischen Urraum, in dem sich der durch die Struktur der Sefirot bestimmte Adam Kadmon als Urgestalt allen Seins noch vor dem eigentlichen Schöpfungsgeschehen bildet. Gott habe sein unendliches göttliches Licht, das alles erfüllte, an den Rändern zusammengezogen, um so einen endlichen Leerraum (hebr. חלל chalal) zu öffnen, in dem die geschaffenen Welten entstehen konnten. Da Gott in dem so entstandenen Schöpfungsraum nicht oder zumindest nicht vollständig immanent anwesend und wirksam ist, ist hier der Raum für das Böse geschaffen zugleich aber auch die Grundlage für die Freiheit des Menschen.

„Wisse, bevor die Emanationen emaniert wurden und das Erschaffene erschaffen war, erfüllte ein höchstes einfaches Licht alle Wirklichkeit, so dass es überhaupt keinen freien Ort im Sinne eines leeren, hohlen Raums gab, sondern alles war von jenem einfachen Licht des En Sof erfüllt. [...] Und als es in seinem einfachen Willen aufstieg, die Welten zu erschaffen und die Emanationen zu emanieren, um damit die Vollkommenheit seiner Werke, seiner Namen und seiner Attribute erkennbar zu machen, welches der Grund für die Erschaffung der Welten war [...], da kontrahierte sich das En Sof am mittleren Punkt, wahrhaft in der Mitte seines Lichts. Es kontrahierte das Licht und entfernte sich nach allen Seiten rund um den Mittelpunkt. Dadurch blieb um den Mittelpunkt ein freier Platz, ein leerer, hohler Raum übrig [...] Diese Kontraktion (Zimzum) war rings um den leeren [virtuellen] Mittelpunkt von absoluter Gleichheit, und zwar so, dass der leere Raum die Form einer vollkommenen sphärischen Kugel hatte [...] weil sich das En Sof in der Form einer vollkommenen Kugel von allen umgebenden Seiten in sich selbst zusammengezogen hatte. Der Grund dafür war, dass das Licht des En Sof von vollkommener absoluter Gleichheit ist [...]“

Sefer Ez Chajim[1]

12 als Zahl des Raumes

Die Zahl des Raumes ist die Zwölf und bildet einen geeigneten Leitfaden für alles, was im Raum nebeneinander besteht:

"Wir finden uns zurecht, wenn wir die räumlichen Beziehungen von irgend etwas, was auf der Erde geschieht, auf zwölf Dauerpunkte, die im Raume verteilt sind, beziehen. - Diese zwölf Dauerpunkte sind durch die zwölf Tierkreis-Zeichen im Weltenraum angegeben. Das sollten zwölf Grundpunkte sein, auf die alles im Raume bezogen wird. Das liegt aber nicht bloß in einer Willkür der menschlichen Denkweise, sondern diese hat an der Wirklichkeit gelernt und sich dieses Verhältnis, daß man im Raum sich am besten zurechtfindet, wenn man sich auf zwölf Glieder bezieht, als orientierend ausgebildet." (Lit.: GA 113, S. 175f)

Der Raum und die geistigen Hierarchien

Nach geisteswissenschaftlichem Verständnis, darf der Raum nicht als abstrakter Allgemeinbegriff aufgefasst werden, sondern muss konkret auf die Wesenheiten und Kräfte bezogen werden, die ihn gestaltend erfüllen. So darf der Weltenraum in gewissem Sinn für die Bildung unseres Planetensystems bereits vorausgesetzt werden als Schöpfung der höchsten Dreieinigkeit, in der die Hierarchien ihre Tätigkeit entfalten. Aber auf die innere Entwicklung unseres Planetensystems, das sich nach den Angaben Rudolf Steiners durch sieben planetarische Weltentwicklungsstufen hindurch entwickelt, kann der Raumbegriff dennoch nicht von Anfang an angewendet werden. Auf dem alten Saturn, der ersten Verkörperung unseres Planetensystems, trat zwar bereits die Zeit in Erscheinung, aber noch nicht der Raum. Bezüglich unseres Weltensystems entstand der Raum zuerst auf der alten Sonne durch die schenkende Tugend der Geister der Weisheit, aber zunächst nur mit zwei Dimensionen, nämlich als Äußeres und Inneres. (Lit.: GA 132, S. 35f)

Wir werden die Entstehung des Raumes besser verstehen, wenn wir zunächst unser eigenes, in Denken, Fühlen und Wollen gegliedertes Seelenleben betrachten. Es verläuft in der Zeit, nicht im Raum; dennoch läßt sich darin ein Inneres und ein Äußeres unterscheiden. Wenn wir uns etwa in diesem Augebblick einen bestimmten Gedanken bilden, sind wir mit diesem seelisch innig verbunden, er ist für uns ganz und gar ein Inneres. Erinnern wir uns morgen wieder an diesen Gedanken, so fühlen wir uns mit ihm nicht mehr so unmittelbar verbunden, er ist uns bereits ein Äußeres geworden. Der Gegensatz von Innerem und Äußerem ist aber auch für die räumliche Welt grundlegend:

"Nun setzen sich alle Raumesdimensionen in Wahrheit zusammen aus diesen Gegensätzen, so daß Sie überall, wo Sie zunächst eine Raumdimension haben, diese Raumdimension auffassen können als irgendwo ausgehend von einem Punkt; das ist das Innere, und alles übrige ist Äußeres. Für die Fläche ist die Gerade ein Inneres, alles übrige ein Äußeres und so weiter." (Lit.: GA 134, S. 75)

Die Erinnerungen, auf die wir als ein Äußeres zurückblicken, können, je nach dem, wie reich oder weniger reich unser früheres Gedankenleben war, umfangreicher oder weniger umfangreich ausgebildet sein. Damit entstehen aber bereits im Seelenleben deutlich differenzierte, aber noch raumlose Formen, nämlich Gedankenformen, auf die wir in der Erinnerung zurückschauen. Mehrere solcher Erinnerungsformen können aber auch gleichzeitig nebeneinander bestehen - und damit kündigt sich bereits der Raumgedanke an. Freilich ist unsere gedankliche Formkraft und unsere menschliche Willenssubstanz zu schwach, um sich in diesem gleichzeitigen Nebeneinander bereits als räumlich geformte materielle Substanz kundzugeben. Das alles müssen wir uns in kosmische Dimensionen vergrößert denken. Auf dem alten Saturn haben die Throne ihre mächtige Willenssubstanz hingeopfert. Dazu kam nach und nach die geistige Tätigkeit der Geister der Weisheit, der Geister der Bewegung und der Geister der Form. Letztere bilden im kosmischen Maßstab vergleichbare Gedankenformen, wie wir sie eben für das menschliche Seelenleben besprochen haben.

Raum und Materie

"Wie könnte nun ein Wirken über die Geister der Form hinaus, über das, was diese schaffen als noch nicht räumliche Form, vorgestellt werden? Also, wohlgemerkt, unsere Frage ist jetzt: Wenn nun dieses Wirken weitergeht von Wille, Weisheit, Bewegung, Form, noch weiter über die Form hinaus, was geschieht denn dann? So ist die Frage gestellt. Sehen Sie, wenn nämlich ein Prozeß im Weltenall fortgeschritten ist bis zur Form, die noch ganz im Geistig-Seelischen ist, die noch keine Raumesform ist, wenn der Prozeß fortgeschritten ist bis zu dieser übersinnlichen Form, dann ist der nächste Schritt nur noch möglich dadurch, daß die Form als solche zerbricht. Und das ist nämlich das, was sich dem okkulten Anblick darbietet: Wenn gewisse Formen, die unter dem Einfluß der Geister der Form geschaffen sind, sich bis zu einem gewissen Zustand entwickelt haben, dann zerbrechen die Formen. Und wenn Sie nun ins Auge fassen zerbrochene Formen, etwas, was also dadurch entsteht, daß Formen, die noch übersinnlich sind, zerbrechen, dann haben Sie den Übergang von dem Übersinnlichen in das Sinnliche des Raumes. Und das, was zerbrochene Form ist, das ist Materie. Materie, wo sie im Weltenall auftritt, ist für den Okkultisten nichts anderes als zerbrochene, zerschellte, zerborstene Form. Wenn Sie sich vorstellen könnten, diese Kreide wäre als solche unsichtbar und sie hätte diese eigentümliche parallelepipedische Form, und als solche wäre sie unsichtbar, und jetzt nehmen Sie einen Hammer und schlagen rasch das Stück Kreide an, daß es zerstiebt, daß es in lauter kleine Stücke zerbirst, dann haben Sie die Form zerbrochen. Nehmen Sie an, in diesem Augenblicke, in dem Sie die Form zerbrechen, würde das Unsichtbare sichtbar werden, dann haben Sie ein Bild für die Entstehung der Materie. Materie ist solcher Geist, der sich entwickelt hat bis zur Form und dann zerborsten, zerbrochen, in sich zusammengefallen ist.

Materie ist ein Trümmerhaufen des Geistes. Es ist außerordentlich wichtig, daß man gerade diese Definition ins Auge faßt, daß Materie ein Trümmerhaufen des Geistes ist. Materie ist also in Wirklichkeit Geist, aber zerbrochener Geist." (Lit.: GA 134, S. 72f)

Der Raum aber ist nichts anderes als das, was selbst notwendig mit entsteht, wenn die geistige Form zerbricht und dadurch in das materielle Sein übergeht. Indem auf der alten Sonne die inneren seelischen Formen der vom alten Saturn herübergekommenen mächtigen Wärme-Willens-Substanz zerbrachen, entstand das materielle Luftelement, damit zugleich aber auch der Raum, und der Lichtäther, der diesen Raum mit seinen Kräftestrahlen durchzog. Und derart müssen wir den Raumesgedanken überhaupt konkret fassen, nämlich als notwendig erfüllt mit materieller Substanz und durchstrahlt von ätherischen Kräften. Vom leeren Raum an sich zu sprechen, ist, wie sich auch aus den naturwissenschaftlichen Anschauungen unserer Zeit ergibt, eine wesenlose Abstraktion, die von der Wirklichkeit wegführt.

Der griechische Tempel als kristallisierter Raumgedanke

Im griechischen Tempel ist dieser Raumgedanke, als wesenhaft kräftedurchstrahlter Entität, die sich mit materieller Substanz erfüllt, architektonisch am konsequentesten ausgedrückt:

Datei:Concordia-Tempel.jpg "Verstehen wird einen solchen Tempel nur derjenige, der ein Gefühl dafür hat, daß im Raume Kräfte walten. Die Griechen hatten ein solches Raumgefühl. Der Mensch, der vom Standpunkte der Geisteswissenschaft aus den Raum studiert, der weiß, daß dieser Raum nicht jene abstrakte Leere ist, von der unsere gewöhnlichen Mathematiker und Physiker träumen, sondern daß er vielmehr sehr differenziert ist. Er ist etwas, was in sich selbst von Linien erfüllt ist, von Kraftlinien hierhin, dorthin, von oben nach unten, von rechts nach links, gerade, runde Linien in allen Richtungen. Man kann den Raum fühlen, gefühlsmäßig durchdringen. Wer ein solches Raumgefühl hat, weiß, warum gewisse alte Maler so wunderbar naturgetreu die frei schwebenden Engelgestalten auf Madonnenbildern malten, er weiß, daß sich diese Engel gegenseitig halten, wie die Weltenkörper im Raume durch ihre Anziehungskraft sich halten. Ganz anders ist es, wenn Sie zum Beispiel das Bild von Böcklin «Pieta» betrachten. Es soll nichts gegen die sonstige Vortrefflichkeit dieses Bildes eingewendet werden, aber wer sich das lebendige Raumgefühl bewahrt hat, der hat die Empfindung, als ob jene merkwürdigen Engelgestalten jeden Augenblick herunterfallen müßten. Die alten Maler hatten noch das Gefühl für den Raum von dem früheren Hellsehertum; in neuerer Zeit ist das verlorengegangen.

Als die Kunst noch okkulte Traditionen hatte, wußte man von solchen gegenseitig sich tragenden Kräften, die im Raume darinnen sind, die da hin- und herströmen. Solche Kräfte fühlten diejenigen, in deren Geist der Gedanke des griechischen Tempels entstanden ist. Sie dachten ihn nicht aus, sondern sie nahmen die Kräfte wahr, die den Raum durchströmten, und gaben das Gesteinsmaterial hinein: was okkult schon da war, füllten sie mit Materie. So ist der griechische Tempel eine materielle Ausgestaltung von Kräften, die im Raume wirken; ein griechischer Tempel ist ein kristallisierter Raumgedanke, im reinsten Sinne des Wortes. Die Folge davon ist etwas sehr Wichtiges. Weil der Grieche die Raumkräfte materiell ausgestaltet hat, hat er den göttlich-geistigen Wesenheiten Gelegenheit gegeben, diese materielle Form zu benutzen. Es ist keine Redensart, sondern Wirklichkeit, daß der Gott in jener Zeit herunterstieg in den griechischen Tempel, um unter den Menschen auf dem physischen Plan zu sein. Wie heute ein Elternpaar die physische Form, das Fleischliche des Kindes zur Verfügung stellt, so daß das Geistige sich auf physischem Plane ausleben kann, so geschah etwas Ähnliches bei dem griechischen Tempel. Da wurde Gelegenheit gegeben, daß göttlich-geistige Wesenheiten herunterströmten und sich verkörperten in dem architektonischen Tempelbau. Das ist das Geheimnis des griechischen Tempels: der Gott war da im Tempel. Wer die griechische Tempelform richtig fühlte, fühlte auch, daß weit und breit kein Mensch zu sein brauchte, und auch nicht im Tempel selbst, und daß der Tempel doch nicht leer war, denn der Gott war wirklich anwesend im Tempel. Der griechische Tempel ist für sich ein Ganzes, weil er die Formen enthält, die den Gott in ihn hineinbannen." (Lit.: GA 105, S. 26)

Der Raum ist in sich geschlossen

In einer Fragenbeantwortung zum Vortrag in Nürnberg vom 28. Juni 1908 wurde Rudolf Steiner gefragt, ob der Raum begrenzt sei. Er antwortete, dass der Raum in sich geschlossen sei:

Frage: Da die Zeit einen Anfang genommen, liegt die Annahme nahe, daß der Raum auch begrenzt ist. Wie verhält es sich damit?

Das ist eine sehr schwere Frage, weil bei den meisten Menschen heute die Elemente, die zum Verständnis dieser Beantwortung nötig sind, nicht entwickelt sein können. Es ist zu sagen, daß man die Antwort einfach als Mitteilung nehmen muß; es wird schon die Zeit kommen, wo der Mensch das ganz verstehen wird. Der Raum der physischen Welt mit seinen drei Dimensionen, ist, wenn er von dem Menschen [bloß] gedacht wird, ein sehr illusorischer Begriff. Man denkt sich ja gewöhnlich, daß der Raum irgendwie mit Brettern verschlagen, begrenzt sein müßte, oder, daß man ihn ins Unendliche gehend denken muß.

Diese zwei Begriffe [die Unendlichkeit und die Endlichkeit oder Begrenztheit des Raumes] hat Kant aufgestellt und hat gezeigt, daß man etwas für und etwas wider diese zwei Begriffe vorbringen kann.[2]

Man kann aber nicht so einfach urteilen. Da ja alles Materielle im Raume ist, und alles Materielle eine Verdichtung im Geiste ist, so wird schon klar, daß man über den Raum nur Klarheit haben kann, wenn man von der gewöhnlichen physischen Welt ins Astrale aufrückt.

Damit ist etwas sehr Sonderbares verbunden, was unsere Mathematiker, die keine Hellseher sind, schon geahnt haben. Nämlich: denken wir uns eine Gerade im Raum, so erscheint es, als würde diese Gerade, wenn man sie in unserem Raume zieht, nach beiden Richtungen hin, nach jeder der beiden Richtungen hin ins Unendliche gehen. Sobald man diese Linie ins Astrale verfolgt, so würde man sehen, daß sie im Astralen gekrümmt ist, und daß man, wenn man nach der einen Seite hin fortläuft, auf der anderen wieder zurückkommt, so wie wenn man einen Kreis durchläuft.[3]

Wenn man den Kreis immer größer macht, so wird die Zeit, die man zum Durchlaufen braucht, die zum Durchlaufen nötig ist, immer größer werden; endlich wird ein Stück des Kreises schon nahekommen einer Geraden, wenn man einen solchen Riesenkreis durchlaufen wollte. Und so findet man, daß es doch ein sehr Geringes ist von der sehr flachen Kreislinie bis zur Geraden. Im physischen Plan ist es unmöglich, wieder zurückzukommen; im Astralischen würde man auf der anderen Seite wirklich wieder zurückkommen, weil nämlich der Raum, insofern er in seinen Richtungen im Physischen gerade ist, im Astralen gekrümmt ist, und man hat also mit ganz anderen Raumverhältnissen es zu tun, wenn man ins Astralische kommt.[4]

Es erweist sich so, daß man sagen kann: Es ist der Raum also nicht das illusorische Gebilde, sondern er ist eine in sich geschlossene Sphäre.[5] Und das, was dem Menschen erscheint als der physische Raum, ist nur eine Art (...) und ein Abdruck für den in sich geschlossenen Raum.

So kann man also nicht sagen, daß der Raum irgendwo mit Brettern verschlagen ist, sondern: der Raum ist in sich geschlossen; denn man kommt immer wieder zum Ausgangspunkt zurück.“ (Lit.:GA 324a, S. 122f)

Zitate

"Raum und Zeit sind gequantelt..." (Joachim Stiller)
"Der Raum ist das Vermögen des Nebeneinanders aller Dinge..." (Joachim Stiller)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sefer Ez Chajim, Hechal I, Scha'ar I, zitiert nach Grözinger, S. 626 f.
  2. Kant, Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik [1783], «Kosmologische Ideen», § 50-53; Kritik der reinen Vernunft [1787], «Die Antinomien der reinen Vernunft, Erster Widerstreit der transzendentalen Ideen», B 454ff. Kant zeigt, daß sowohl Argumente für wie gegen die Unendlichkeit des Raumes angeführt werden können. Für ihn liegt die Ursache dieses Widerspruchs in der impliziten Annahme, daß der Raum und die Gegenstände des Raumes als absolute Gegebenheiten, als objektive Gesetze von Dingen an sich genommen werden. Würden sie aufgefaßt als das, was sie, nach Kant, sind, nämlich bloß Vorstellungen (Anschauungsformen beziehungsweise Erscheinungen) der Dinge an sich, so löst sich der «Widerstreit der Ideen» auf.
  3. Rudolf Steiner bezieht sich hier auf die Entdeckung der projektiven Erweiterung der euklidischen Geometrie Anfang des 19. Jahrhunderts. Die euklidische Gerade verliert sich nach beiden Seiten hin ins Unendliche; für sie ist die Richtung nach links und die Richtung nach rechts durch die Unendlichkeit (Fernpunkt) getrennt. Die projektive Gerade hat keine solche Grenze, sie ist bezüglich der Anordnung ihrer Punkte in sich geschlossen wie ein Kreis.
  4. Es läßt sich aus dem erhaltenen Text nicht mehr genau rekonstruieren, ob Steiner den Raumverhältnissen im Astralen eine tatsächliche geometrische Krümmung zuordnen will. Der in sich geschlossenen projektiven Geraden kommt jedenfalls keine Krümmung zu. Vielleicht möchte Steiner hier nur auf die strukturelle Verwandtschaft aufmerksam machen, die zwischen dem Verhalten der Punkte auf einer projektiven Geraden und auf einer Kreislinie besteht.
  5. Auch hier braucht Rudolf Steiner vermutlich den Ausdruck «Sphäre» nur, um auf die Geschlossenheit des astralen Raumes im Sinne eines projektiven Raumes aufmerksam zu machen. Im topologischen Sinne ist weder die projektive Ebene einer zweidimensionalen Sphäre noch der projektive Raum einer dreidimensionalen Sphäre äquivalent.