Mahabharata

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Hinduistische Schriften

Das Mahabharata (Sanskrit, महाभारत, n., mahā-groß, Bhārat-Indien), ist das bekannteste indische Epos. Man nimmt an, dass es erstmals zwischen 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht. Es umfasst etwa 100.000 Doppelverse.

Bedeutung

Große indische Dichter, wie z. B. Kalidasa, haben immer wieder auf das Mahabharata sowie auf das Ramayana, das zweite große Volksepos Indiens, zurückgegriffen. Die Epen bilden zusammen mit den Puranas und anderen Werken Teil der Smritis den Kern der hinduistischen Überlieferung. Der bedeutendenste philosophische Text des Mahabharata, die Bhagavadgita, zählt man oft zu den Shrutis, den Offenbarungsschriften. Zusammen mit dem tibetischen Epos des Königs Gesar gehört das Mahabharata zu den umfangreichsten literarischen Werken der Welt.

Das Werk gilt als eines der wichtigsten Dharma-Bücher und ist darum mehr als andere Schriften im Leben vieler Hindus ein wichtiger Leitfaden. Trotzdem erhebt es keinen Anspruch darauf, die absolute Wahrheit zu vertreten. Es schneidet alle Aspekte hinduistischer Ethik an, weist einerseits orthodoxe Äußerungen auf, etwa über die Aufgaben der Kasten und Frauenpflichten, dann wiederum erhebt es an vielen Stellen heftige Proteste dagegen.

Mit seiner großen Anzahl an Geschichten und Motiven, sowie seinen unzähligen religiösen und philosophischen Parabeln wird die Bedeutung des Epos am besten mit dem Satz aus dem ersten Buch zusammengefasst: „Was hier gefunden wird, kann woanders auch gefunden werden. Was hier nicht gefunden werden kann, kann nirgends gefunden werden.

Entstehung

Schlacht zu Kurukshetra in einem alten Mahabharata-Manuskript

Das Mahabharata ist sowohl Heldenepos, als auch ein bedeutendes religiöses und philosophisches Werk, dessen Ursprung möglicherweise in vedischer Zeit liegt. Traditionell wird der mythische Weise Vyasa als Autor angenommen, der in der Geschichte selbst eine Rolle spielt. Der Legende nach soll er es komponiert und dem elefantenköpfigen Gott Ganesha diktiert haben. Im Laufe der Jahrhunderte kam es immer wieder zu Veränderungen und Weiterentwicklungen des Werks, denn vieles wurde lange Zeit nur mündlich überliefert. Es besteht aus vielen Schichten, die sich im Laufe der Zeit anlagerten.

Inhalt

Das Mahabharata ist in achtzehn Kapitel und einen Appendix unterteilt und enthält neben der Hauptgeschichte hunderte von Nebengeschichten und kleinere Episoden. Grundsätzlich beschäftigt sich das umfangreiche Epos mit allen Themen, die im Hinduismus wichtig sind: mit dem Leben der Geschöpfe, mit Tod und Wiedergeburt, mit Karma und Dharma (Rechtschaffenheit), beschreibt Glück und Leid, die Ergebnisse der guten und der schlechten Taten, das Opfer, sowie die verschiedenen Zeitalter, es beschäftigt sich mit den Göttern und überliefert uralte Hymnen.

Die Rahmenhandlung beschreibt den Kampf der Kauravas mit den Pandavas, zweier verwandter Fürstenfamilien, auf dem Schlachtfeld in Kurukshetra (nördlich von Delhi). Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich im Kern um ein historisches Geschehen handelt, für viele Inder sind die Begebenheiten eine unumstrittene Tatsache. Der Kampf wird als schrecklicher Bruderkrieg dargestellt, bei dem viele Menschen starben. Er bildet auch den dramaturgischen Hintergrund der Bhagavad-Gita (Gesang Gottes), in der es um philosophisch-religiöse Inhalte geht.

Die Hauptgeschichte:

Ein Fürst aus dem alt-indischen Herrschergeschlecht der Bharatas hatte drei Söhne: Dhritarashtra, Pandu und Vidura. Der älteste, der blinde Dhritarashtra, konnte wegen seiner Blindheit den Thron nicht besteigen. Trotzdem übertrug der regierende Pandu nach einiger Zeit den Thron seinem blinden Bruder und zog sich mit seinen beiden Frauen Kunti und Madri in die Wälder zurück. Dort wurden ihm, bevor er starb, fünf Söhne geboren, die Pandavas (Söhne von Pandu): Yudhishthira, Bhima, Arjuna, sowie die Zwillinge Nakulam und Sahadava. Der regierende blinde Prinz Dhritarashtra hatte einhundert Söhne, die Kauravas (Söhne von Kuru), von denen der älteste, Duryodhana, zum Hauptgegenspieler der Pandavas wurde.

Der Haupterzählstrang des Mahabharata beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen diesen beiden verwandten Familien und ihren Verbündeten. Die Kauravas unter Führung von Duryodhana versuchen immer wieder, ihre Cousins - die Pandava-Brüder - zu beseitigen, um ihren eigenen Anspruch auf den Thron zu sichern. Aber die Pandavas können entkommen und streifen einige Jahre verkleidet als Asketen umher, zusammen mit ihrer gemeinsamen Gattin Draupadi. Arjuna hatte die Hand dieser Königstochter in einem Wettkampf gewonnen, es soll ein Irrtum gewesen sein, dass sie schließlich die Frau aller fünf Pandavas wurde: Als die fünf Brüder zu ihrer Mutter Kunti nach Hause kamen, meinte diese, ohne aufzuschauen und ohne die neue Schwiegertochter bemerkt zu haben, sie sollten untereinander alles teilen, was sie mitgebracht hätten. Da einem Befehl der Mutter nicht widersprochen werden durfte, heiratete Draupadi alle fünf Söhne, obwohl dies nicht Sitte war, und trotz der Bedenken des regierenden Königs Dhritarashtra.

Im weiteren Verlauf der Geschichte besitzen die Pandavas und die Kauravas je ein Königreich, damit der Frieden gesichert werden kann. Aber die Kauravas organisieren ein Würfelspiel, in dem die Pandavas ihr gesamtes Königreich verlieren. Schließlich müssen die Pandavas zwölf Jahre lang im Exil leben und sich dann im dreizehnten Jahr unerkannt in der Gesellschaft aufhalten. Doch selbst nach diesen dreizehn Jahren verweigern die Kauravas unter der Führung von Duryodhana die Rechte der Pandavas, wobei sich auch der regierende blinde König Dhritarashtra mit seinem Beraterstab auf die Seite seiner Söhne stellt.

So kommt es zum großen Krieg, bei dem elf Stämme auf der Seite der Kauravas gegen sieben auf der Seite der Pandavas kämpfen. Auch der mit beiden Familien verwandte König Krishna, von dem es heißt, dass er ein Avatar des Gottes Vishnu sei, beteiligt sich als Wagenlenker des Pandava Arjuna an der Auseinandersetzung. Vor Beginn der großen Schlacht vermittelt Krishna ihm die Lehren der Bhagavad-Gita. Schließlich, nach unsäglichem Leid auf beiden Seiten, gewinnen die Pandavas und können ihr Volk in eine glückliche Zeit führen.

Nach einigen Jahren gehen die Pandava-Brüder mit ihrer Frau Draupadi auf eine Pilgerreise in den Himalaya. Bis auf Yudhishthira sterben unterwegs nacheinander alle. Ihm schließt sich ein Hund an, der ihn bis zum Himmelstor folgt. Nun wird der Pandava geprüft und er muss seine Lieben unter Qualen in der Hölle finden. Doch als sich herausstellt, dass Yudhisthira eher bei seiner Frau, seinen Brüdern und dem Hund bleiben will, als ohne diese die himmlische Herrlichkeit zu genießen, fällt sein menschlicher Körper endgültig von ihm ab und er erkennt, dass alles ein Trugbild zu seiner Prüfung war.

Wie in allen hinduistischen Epen sind auch im Mahabharata Gut und Böse nicht polarisiert: Die "Bösen" zeigen immer auch gute, liebenswerte Eigenschaften, wogegen die "Guten" auch Schwächen haben und notfalls zu List und Lüge greifen: So gilt etwa Yudhisthira, der Älteste der fünf Pandava-Brüder, als Verkörperung von Dharma, der Rechtschaffenheit. Durch seine ungezügelte Spielleidenschaft jedoch verliert die Familie den gesamten Besitz und Draupadi wird durch seine Schuld als Sklavin vor die Versammlung gezerrt und gedemütigt.

Struktur

Das Mahabharata ist in achtzehn Parvas (Bücher, Kapitel) unterteilt:

  1. Adiparva - Einführung, Geburt und frühe Jahre der Prinzen
  2. Sabhaparva - Leben im Königshof, das Würfelspiel, und das Exil der Pandavas.
  3. Aranyakaparva (auch Vanaparva, Aranyaparva) - Die 12 Jahre im Exil.
  4. Virataparva - Das letzte Jahr im Exil
  5. Udyogaparva - Vorbereitungen für den Krieg
  6. Bhishmaparva - Der erste Teil des großen Kriegs, mit Bhisma als Kommandant der Kauravas.
  7. Dronaparva - Der Krieg geht weiter, mit Drona als Kommandant.
  8. Karnaparva - Wieder der Krieg, mit Karna als Kommandant.
  9. Salyaparva - Der letzte Teil der Schlacht, mit Salya als Kommandant.
  10. Sauptikaparva - Ashvattama und die letzten Kauravas töten die Pandava Armee im Schlaf.
  11. Striparva - Gandhari und andere Frauen trauern um die Toten.
  12. Shantiparva - Die Krönung von Yudhishthira, und seine Instruktionen von Bhishma
  13. Anushasanaparva - Die letzten Instruktionen von Bhisma.
  14. Ashvamedhikaparva - Die königliche Zeremonie oder Ashvameda, ausgeführt von Yudhisthira.
  15. Ashramavasikaparva - Dhritarashtra, Gandhari, Kunti gehen in ein Ashram, und sterben später
  16. Mausalaparva - Der Kampf unter den Yadavas.
  17. Mahaprasthanikaparva - Der erste Teil des Pfads zum Tod der Pandavas
  18. Svargarohanaparva - Die Pandavas erreichen die spirituelle Welt.

Einige wichtige Geschichten und Texte, die Teil des Mahabharata sind:

  1. Bhagavad Gita - Die Lehren von Krishna an Arjuna. Im Bhishmaparva.
  2. Damayanti (oder Nala und Damayanti, - eine Liebesgeschichte. Im Aranyakaparva.
  3. Krishnavatara - die Geschichte von Krishna.
  4. Rama - eine Zusammenfassung des Ramayana. Im Aranyakaparva.
  5. Vishnu sahasranama - berühmte Hymne an Vishnu. Im Anushasanaparva.
  6. Anugita - ein weiterer Dialog von Krishna mit Arjuna.
  7. Geschichte vom Fisch Avatar Vishnus, der in Gestalt des Fisches lehrt. Im Varnaparva
  8. Das Quirlen des Milchozeans - Erscheinen der Göttin Lakshmi aus dem Urmeer und Vishnus
Avatar als Schildkröte. Im Adiparva

Geschichtliche Hypothesen

Manche früheren Historiker sahen im Kampf zwischen Kauravas und Pandavas die dichterische Verarbeitung des Konflikts zwischen arischen Stämmen, den Aryas, die, wie angenommen wird, ab etwa 1500 v. Chr. in Nordindien einwanderten, und der „Urbevölkerung“ Nordindiens. Dafür spricht die in den restlichen Teil der Erzählung eingefügte Philosophie der Bhagavad Gita, die den Kampf rechtfertigt. Diese Theorie verlor allerdings aufgrund archäologischer Funde und genetischer Untersuchungen die wissenschaftliche Unterstützung.

Gegen die Theorie eines Krieges zwischen Ariern und Urbevölkerung spricht außerdem, dass es sich beim beschriebenen Kampf zwischen Pandavas und Kauravas um einen Kampf zwischen Verwandten handelte, was eher dafür spräche, dass er innerhalb der arischen Stämme stattfand.

Die Historizität, und erst recht die Datierung des Mahabharata-Kriegs ist unklar; archäoastronomische Kalkulationen, die ihn verschiedentlich auf 1478 v. Chr., 1924 v. Chr. oder 3137 v. Chr. festlegen sind weitgehend diskreditiert. Im Jahr 3102 v. Chr. fängt nach hinduistischer Mythologie das Kali Yuga an, das dunkle Zeitalter, es soll der Zeitpunkt von Krishnas Tod am Ende des Mahabharatas sein.

Verfilmungen

Das Epos erfuhr seit der Stummfilmzeit zahlreiche Verfilmungen, überwiegend in den indischen Sprachen. Die wichtigsten davon sind:

Siehe auch

AbhimanyuArierBhagavad GitaDharmaEpik, EposIndische MythologieKali-YugaKaste, Varna, KshatriyaRishiVeda, Bedeutung des Veda

Literatur

Es gibt keine komplette Übersetzung des Mahabharata ins Deutsche. Als klassische Übersetzung ins Englische gilt:

  • Kisari Mohan Ganguli: The Mahabharata of Krishna-Dwaipayana Vyasa, Indien 1883-1896. Zuletzt als 4-bändige Taschenbuchausgabe: Munshiram Manoharlal, New Delhi 2004, ISBN 81-215-0593-3 (Online-Edition)

Deutsche Teilübersetzungen:

  • Franz Bopp: Nalas und Damajanti. Berlin 1838 (Digitalisat)
  • Franz Bopp: Indralokâgamanam. Ardschunas Reise zu Indras Himmel. Berlin 1824 (Digitalisat)
  • Franz Bopp: Die Sündflut nebst drei andern der wichtigsten Episoden des Mahâ-Bhârata. Berlin 1829 (Digitalisat)
  • Ernst Heinrich Meier: Nal und Damajanti. Stuttgart 1847
  • Nala und Damayanti – eine altindische Erzählung (In rhythmische Prosa gefasst und illustriert von Johanna Unterbeck, mit einer aphoristischen Betrachtung von Walter Johannes Stein), Perseus Verlag Basel 1990 PDF Archiv-Verlag Agraffe

Deutsche Nacherzählungen:

  • Gitta Haselbacher: Mahabharata. Eine Nacherzählung. Yantra, Bregenz 2006, ISBN 3901226397
  • Otto Abt: Von Liebe und Macht. Das Mahabharata. Horlemann, Bad Honnef 2001, ISBN 3895021245
  • Biren Roy (Hrsg.): Mahabharata. Indiens großes Epos. 10. Auflage. Diederichs , Köln 1998, ISBN 3424005762 (erstmals 1958 auf Englisch veröffentlicht)
  • Samhita Arni: Das Mahabharata. Von einem Mädchen erzählt und gezeichnet. Nagel und Kimche, Zürich und Wien 1999, ISBN 3312005167 (indische Nacherzählung von 1996)

Studien:

  • Heino Gehrts: Mahabharata. Das Geschehen und seine Bedeutung. Bouvier, Bonn 1975, ISBN 3416010728
  • Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens. Geschichte der Sanskrit-Literatur. Huchzermeyer, Karlsruhe 2003, ISBN 3931172228
  • Anette Mangels: Zur Erzähltechnik im Mahabharata. Dr. Kovac, Hamburg 1994, ISBN 3860641239

Weblinks

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