Objektiver Idealismus

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Der objektive Idealismus ist eine Weltsicht, in der dem materiellen Sein ein geistiges Sein zugrunde liegt. Er steht als philosophische Auffassung ontologisch im Gegensatz zum Materialismus. Zugleich ist er vom Spiritualismus abzugrenzen.

Während der subjektive Idealismus die Abhängigkeit der Realität vom subjektiven Bewusstsein betont, versteht der objektive oder absolute Idealismus die Realität als Form des Geistig-Ideellen und hält die Erfassung einer objektiven Wirklichkeit durch das denkende Bewusstsein für möglich.

Für diese Variante des Idealismus stehen exemplarisch die Philosophie Platons und der Deutsche Idealismus. Wichtige Philosophen des Deutschen Idealismus in der Nachfolge von Immanuel Kant sind Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling als objektive Idealisten, während Johann Gottlieb Fichte einen subjektiven Idealismus vertrat.

Moderne Vertreter eines objektiven Idealismus sind z. B. Vittorio Hösle und Dieter Wandschneider. In seinem Buch „Mind and Cosmos: Why the Materialist Neo-Darwinian Conception of Nature is Almost Certainly False.“ (deutsch: Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist) vertritt auch der US-amerikanische Philosoph Thomas Nagel einen als neutralen Monismus konzipierten objektiven Idealismus.

Rudolf Steiner bezeichnete 1925 rückblickend seine eigene philosophische Position ebenfalls als objektiven Idealismus.

„Schröer war Idealist; und die Ideenwelt als solche war für ihn das, was in Natur- und Menschenschöpfung als treibende Kraft wirkte. Mir war die Idee der Schatten einer voll-lebendigen Geisteswelt. Ich fand es damals sogar schwierig, für mich selbst den Unterschied zwischen Schröers und meiner Denkungsart in Worte zu bringen. Er redete von Ideen als von den treibenden Mächten in der Geschichte. Er fühlte Leben in dem Dasein der Ideen. Für mich war das Leben des Geistes hinter den Ideen, und diese nur dessen Erscheinung in der Menschenseele. Ich konnte damals kein anderes Wort für meine Denkungsart finden als «objektiver Idealismus». Ich wollte damit sagen, daß für mich das Wesentliche an der Idee nicht ist, daß sie im menschlichen Subjekt erscheint, sondern daß sie wie etwa die Farbe am Sinneswesen an dem geistigen Objekte erscheint, und daß die menschliche Seele — das Subjekt — sie da wahrnimmt, wie das Auge die Farbe an einem Lebewesen.“ (Lit.:GA 28, S. 93)

„Das Erkenntnisvermögen erscheint dem Menschen nur so lange als subjektiv, als er nicht beachtet, dass die Natur selbst es ist, die durch dasselbe spricht. Subjektiv und objektiv treffen zusammen, wenn die objektive Ideenwelt im Subjekte auflebt, und in dem Geiste des Menschen dasjenige lebt, was in der Natur selbst tätig ist. Wenn das der Fall ist, dann hört aller Gegensatz von subjektiv und objektiv auf. Dieser Gegensatz hat nur eine Bedeutung, solange der Mensch ihn künstlich aufrecht erhält, solange er die Ideen als seine Gedanken betrachtet, durch die das Wesen der Natur abgebildet wird, in denen es aber nicht selbst wirksam ist. Kant und die Kantianer hatten keine Ahnung davon, dass in den Ideen der Vernunft das Wesen, das Ansich der Dinge unmittelbar erlebt wird. Für sie ist alles Ideelle ein bloß Subjektives.“ (Lit.:GA 6, S. 55f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.
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