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Ägyptisch-Chaldäische Kultur

Aus AnthroWiki
(Weitergeleitet von Ägyptische Kultur)
Rudolf Steiner: Der ägyptische Mensch, Pastell 1914

Die ägyptisch-chaldäische Kultur (2907 - 747 v. Chr.), ausführlicher gesagt die assyrisch-babylonisch-chaldäisch-ägyptisch-jüdische Kultur, das Stier-Zeitalter, war die dritte nachatlantische Kulturepoche und diente vor allem der Ausbildung der Empfindungsseele; sie kann daher auch als Empfindungsseelenkultur bezeichnet werden. In dieser Zeit blühten die ersten Hochkulturen auf, wie etwa die Ägyptische Kultur am Nil, die mesopotamischen Reiche im fruchtbaren Halbmond zwischen Euphrat und Tigris, die chinesische Kultur am Gelben Fluss, die Oasenkultur am Oxus in Zentralasien und die Harappa-Kultur am Indus. Ab etwa 3000 v. Chr. blühte die Kultur der Maya in Mittelamerika auf. Der Frühlingspunkt stand damals im Zeichen des Stiers.

Mysterienwesen

Kurz vor Beginn der ägyptisch-chaldäischen Zeit, laut Rudolf Steiner im Jahr 3101 v. Chr.[1], brach das Kali Yuga (Sanskrit, n., कलियुग, kaliyuga „Zeitalter der Kali“) an, das finstere Zeitalter, mit dem die letzten Reste des alten naturgegebenen Hellsehens am Ende der Urpersischen Zeit (5067 - 2907 v. Chr.) für den weitaus größten Teil der Menschheit schlagartig erloschen. Um die Verbindung mit der geistige Welt nicht zu verlieren, entfaltete sich nun ein reiches, vielgestaltiges, den verschiedenen Völkern angemessenes Mysterienwesen.

Die nördlichen chaldäischen Mysterien und die südlichen ägyptischen Mysterien

„Da haben wir eine merkwürdige Erscheinung in dieser chaldäisch-ägyptischen Zeit. Nicht umsonst benennen wir sie mit zwei Namen. Wir haben nämlich auf der einen Seite während dieser Kulturepoche drüben in Asien Angehörige der nördlichen Völkerströmung, das ist das chaldäische Element; und der anderen Strömung gehört das ägyptische Element an, der Völkerströmung, die auf dem südlichen Wege gezogen ist. Da haben wir eine Epoche, wo zwei Völkerströmungen zusammenstoßen. Und wenn Sie sich erinnern, daß die nördliche Strömung vorzugsweise den Blick nach außen entwickelte, das Suchen nach jenen Wesenheiten, die hinter dem Teppich der Sinnenwelt standen, und daß das ägyptische Volk diejenigen Geister suchte, die man auf dem Weg nach innen findet, so werden Sie begreifen, wie hier zwei Strömungen zusammenwirkten. Also da stoßen der Weg nach außen bei den Chaldäern und der Weg nach innen bei den Ägyptern zusammen. Das empfanden die Griechen auch in einer ganz richtigen Weise, wenn sie die chaldäischen Götter verglichen mit ihrem apollinischen Reiche. Sie suchten dasjenige, was ihnen von den Chaldäern zukam, in ihren apollinischen Mysterien auf ihre Art. Wenn sie aber von Osiris sprachen und von demjenigen, was dazu gehörte, dann suchten sie das in entsprechender Weise bei sich in ihren dionysischen Mysterien.“ (Lit.: GA 113, S. 166f)

Zarathustra sah überhaupt nicht zuerst die physische Sonne, sondern Zarathustra sah an der Stelle, wo wir heute durch das gewöhnliche Bewußtsein die physische Sonne sehen, einen großen umfassenden Weltengeist. Und dieser Weltengeist, der übte auf eine spirituelle Art seinen Einfluß auf Zarathustra aus. Und Zarathustra wußte dadurch, wie mit dem Schein, mit dem Glanz der Sonne, mit den Strahlen der Sonne auf die Erde auch die göttlichgeistigen Gnadenstrahlen kommen, welche in der Seele, in dem Geist des Menschen entzünden den höheren Menschen, zu dem sich der gewöhnliche Mensch hinaufringen soll. Und da man in jenen alten Zeiten die Initiierten nicht mit äußeren Namen nannte, sondern mit denjenigen Namen, die ihnen zukamen durch das, was sie wußten, so wurde dieser große Eingeweihte von seinen Schülern genannt und so nannte er sich: Zarathustra, Zoroaster, der strahlende Stern [...]

Und dann kam eine spätere Zeit, in der man nicht mehr so tief hineindringen konnte in die Weltengeheimnisse. Es war diejenige Zeit, die ich in meiner «Geheimwissenschaft» die chaldäisch-ägyptische Menschheitskultur nannte. Auch da blickte man noch hinauf zur Sonne, aber man sah jetzt die Sonne nicht mehr als die strahlende, man sah das bloß Leuchtende, das bloß Glänzende. Und Ra, dessen irdischer Repräsentant Osiris war, erschien als die eigentlich um die Erde sich bewegende Sonne, die da glänzte. So waren gewisse Geheimnisse dadurch verlorengegangen, daß man nicht mehr als Initiierter der alten Zeit in vollständiger innerer Klarheit den strahlenden Weltengott sehen konnte, sondern daß man jetzt nur dasjenige sehen konnte, was mehr aus Urkräften heraus, aus astralischen Kräften heraus von der Sonne kommt. Zarathustra sah in der Sonne noch ein Wesen; er konnte zu jener Zeit noch in der Sonne ein Wesen sehen. Die ägyptischen, die chaldäischen Initiierten, sie sahen in der Sonne nur die Kräfte, welche als Lichtkräfte, welche als Bewegungskräfte von der Sonne nach der Erde kamen. Sie sahen schon nurmehr etwas niedrigeres als ein geistiges Wesen: sie sahen geistige Taten, aber nicht ein geistiges Wesen. Und als denjenigen, der auf der Erde das repräsentiert, was man von den Kräften der Sonne als Mensch in sich trägt, bezeichneten diese alten ägyptischen Eingeweihten den Osiris.“ (Lit.: GA 211, S. 180f)

„In Chaldäa lebten die Menschen mehr in einer äußerlichen Anschaulichkeit. Sie erfanden Werkzeuge wie ihre wunderbaren Wasseruhren, die aus der Bildlichkeit ihrer Seelenart kamen. Sie lebten so stark in der Bildlichkeit, daß sie die Zeit in wandelnden Bildern erblickten. Da war die Bildlichkeit mehr ein äußeres Element, in dem der Mensch lebte. Bei den Ägyptern war die Bildhaftigkeit etwas, was im Innersten des Menschen ergriffen wurde, was so erfaßt wurde, daß es sogar in seinen Traumgestalten studiert wurde, kurz, wir sehen da einen Zeitraum, in dem der Mensch nicht mehr sich bloß als ein Glied der ganzen Welt fühlte, sondern in dem der Mensch sich heraushob aus der Welt, herausindividualisierte, auf die zwei Weisen, auf die chaldäische und auf die ägyptische. Und wir sehen den Umschwung in dem Auftreten der bildhaften Anschauung des instinktiven Imaginativen, das in der zweifachen Weise uns entgegentritt: in der einen Art drüben in Chaldäa, anders dann in Ägypten herüben. Und wir sehen, wie in dem Beginne des Pyramidenbaues, der ja in seinen Maßen und geometrischen Verhältnissen auf Anschauung der Maße in der Entwickelung des Menschen, auf der Entwickelung der inneren Kraft und auf dem Erfühlen dieser inneren Kraft beruht, wir sehen, wie da sich eine dritte Kulturepoche ergibt, eine Kulturepoche, in der das instinktive Imaginieren eine besondere Nuance für die Menschheitsentwickelung abgibt [...]

Und weil der Mensch in seinem Innersten ergriffen wird, weil dieses instinktive Ergreifen des Menschen in bezug auf sich selbst nicht anders auftreten kann als im Emotionellen, im Willensartigen, erzeugen sich im Menschen jene Machtimpulse, die sich in den grotesk großen Pyramidenbauten ausleben, die Totenstätten sind und die zu gleicher Zeit Zeugnisse sein sollen für die äußere Macht derjenigen, die regieren. Wir sehen, wie das Machtbewußtsein auftaucht, aber auch, wie jetzt aus anderen Gegenden her sich fremde Völkerschaften einmischen, wie diese anderes Blut hineinbringen in dasjenige, was da als Imaginatives, Instinktives auch in den sozialen Zuständen sich auslebt; wir sehen, wie solche Völkerschaften mehr aus dem Inneren Asiens herkommen und sich unter die anderen mischen. Dasjenige, was sie hineinbringen, das hängt zusammen mit diesem Sich-mehr-nun-als-Mensch-Fühlen, abgesondert von der Umwelt sich als Mensch fühlen.

Bei dem Ägypter steigert sich das in einem bestimmten Zeitalter so, daß er sich als göttlichen Menschen ansah; er fühlte so stark sein Selbstbewußtsein, daß er die anderen alle als Barbaren anschaute und nur diejenigen, die in inneren Bildern leben konnten, als Menschen gelten ließ [...]

Wenn wir die Gesetze des Hammurabi [Anm.: † 1750 v. Chr.] studieren, dann finden wir, daß er unter den gezähmten Haustieren noch nicht das Pferd anführt. Es trat im Kulturleben aber gleich nachher auf. Allerdings, Hammurabi führt an Esel und Rinder, und etwas nach seiner Zeit wird das Pferd zuerst in den Dokumenten der «Esel des Berglandes» genannt. Das Pferd wird der Esel des Berglandes genannt, weil es von dem gebirgigen Osten herübergebracht worden ist. Völker, die aus Asien sich hineingeschoben haben in das Chaldäische, haben das Pferd mitgebracht, und damit ist dann das kriegerische Element aufgetreten. Wir sehen zuerst dieses kriegerische Element in einer älteren Zeit geboren; aber wir sehen es weiter ausgebildet, als zu den anderen Tieren auch das Pferd hinzu gezähmt wird. Und auch das hängt mit der Seelenverfassung des damaligen Menschen zusammen. Man kann sagen, der Mensch hat sich nicht früher auf das Pferd gesetzt und sich gewissermaßen verstärkt als Individualität dadurch, daß er ein Tier an sich kettete in seiner eigenen Bewegung, als bis er zu diesem Grade des Selbstbewußtseins erwacht war, wie es sich ausdrückte als das bildhafte Vorstellen der Chaldäer, wie es innerlich in dem traumhaften Leben der Ägypter ausgedrückt war. So innig hängen die äußeren Verhältnisse der Menschheitsentwickelung mit dem, was die Metamorphose der Seelenverfassung in den aufeinanderfolgenden Epochen ist, zusammen, daß man sagen kann: auf der einen Seite der Bau der Pyramiden und auf der anderen die Zähmung des Pferdes; sie drücken aus, äußerlich angesehen, die dritte Kulturepoche, die chaldäisch-ägyptische, und innerlich hängt diese zusammen mit dem Entstehen des instinktiven imaginativen Erlebens.“ (Lit.: GA 325, S. 211ff)

Zusammenhang mit dem vom Christus durchseelten nathanischen Jesus

Nicht das ganze Menschenwesen hatte in der lemurischen Zeit den Sündenfall und den damit verbundenen Sturz in die Erdentiefen mitgemacht, sondern ein Teil des göttlichen Menschenwesens, die Schwesterseele Adams, war zurückbehalten worden in den geistigen Welten und lebte hier als ein erzengelartiges bzw. engelartiges Geistwesen, das aber enge Verbindung mit der irdischen Menschheit hielt. Erst viel später sollte sich dieses Wesen zum allerersten Mal auf Erden als der nathanische Jesusknabe inkarnieren. Mit dieser Wesenheit verband sich der von der Sonnensphäre durch die Venus-, Merkur- und Mondensphäre herabsteigende Christus dreimal, ehe er mit der Jordan-Taufe in die Leibeshüllen des Jesus von Nazareth einzog.

„Die dritte nachatlantische Kulturperiode, die wir als die ägyptisch-chaldäische bezeichnen, sie entstand zu einem Teil dadurch, daß sich in die Seelen hereinspiegelten, daß die Seelen innerlich noch erlebten die Wirkungen, die dadurch entstanden waren, daß der Sonnengeist durchzogen, durchseelt hatte das Wesen, das dann der nathanische Jesus geworden ist, während es seinen Rundgang durch die Planeten nahm. Dadurch entstand jene Wissenschaft von den planetarischen Wirksamkeiten, die wir in der chaldäischen Astrologie vor uns haben, von der heute die Menschen nur mehr wenige Begriffe haben. In der dritten nachatlantischen Kulturperiode, also bei den ägyptisch-chaldäischen Völkern, entwickelte sich jener Sternendienst, der ja äußerlich, exoterisch bekannt ist.“ (Lit.: GA 149, S. 53f)

Die Gemeinde von Pergamon in der Apokalypse des Johannes

In der Apokalypse des Johannes wird in dem Sendschreiben an die Gemeinde von Pergamon auf die ägyptisch-chaldäische Zeit hingewiesen.

„Und in der dritten Epoche kommt der Mensch noch näher der äußeren sinnlichen Wirklichkeit. Da ist sie ihm nicht mehr eine bloß feindliche Macht, die er zu überwinden hat. Der Inder hat hinaufgeschaut zu den Sternen und sich gesagt: Ach, alles was da ist, was ich mit äußeren Augen sehen kann, ist doch nur Maja, Täuschung. — Die chaldäischen Priester sahen den Lauf, die Stellungen der Sterne und sagten sich: Indem ich die Stellungen der Sterne sehe und ihren Lauf verfolge, wird mir das zu einer Schrift, aus der ich den Willen der göttlich-geistigen Wesen erkenne. Ich erkenne das, was die Götter wollen, in dem, was sie getan haben. - Nicht mehr Maja war ihnen die physisch-sinnliche Welt, sondern wie die Schrift des Menschen der Ausdruck seines Willens ist, so war ihnen das, was in den Sternen am Himmel steht, was in den Kräften der Natur lebt, eine Götterschrift. Und mit Liebe begannen sie zu entziffern die Schrift der Natur. So entsteht jene wunderbare Sternenkunde, die die Menschen heute kaum mehr kennen. Denn was man heute als Astrologie kennt, ist durch ein Mißverstehen der Tatsachen entstanden. Tiefe Weisheit in der Sternenschrift ist es, was dem alten Chaldäerpriester als Astrologie geoffenbart wurde, als die Geheimnisse dessen, was er mit Augen sah. Das betrachtete er als Offenbarung eines Inneren, Durchgeistigten.

Und was wurde die Erde für den Ägypter? Wir brauchen nur auf die Erfindung der Geometrie hinzudeuten, wo der Mensch lernte die Erde einzuteilen nach den Gesetzen des Raumes, nach den Regeln der Geometrie. Da wurden die Gesetze in der Maja erforscht. In der uralt persischen Kultur hat man die Erde umgeackert, jetzt lernte man sie einteilen nach den Gesetzen des Raumes. Die Gesetze beginnt man zu erforschen und man tut noch mehr. Man sagt sich: Nicht umsonst haben die Götter in den Sternen uns eine Schrift hinterlassen, nicht umsonst haben die Götter uns ihren Willen kundgegeben in den Naturgesetzen. Wenn der Mensch durch sein eigenes Arbeiten das Heil bewirken will, dann muß er in den Einrichtungen, die er hier macht, eine Nachbildung schaffen dessen, was er aus den Sternen erforschen kann. — Oh, könnten Sie zurücksehen in die Arbeitskammern der ägyptischen Eingeweihten! Das war ein anderes Arbeiten als heute auf dem Gebiete der Wissenschaft. Da waren die Eingeweihten die Wissenschafter. Sie erforschten den Gang der Sterne und erkannten die Regelmäßigkeit in dem Stand und Lauf der Sterne und in der Einwirkung ihrer Stellungen auf das, was unten auf der Erde sich vollzog. Sie sagten sich: Wenn diese oder jene Konstellation am Himmel ist, so muß unten dieses oder jenes vor sich gehen im Staatsleben, und wenn eine andere Konstellation kommt, muß auch etwas anderes geschehen. Nach einem Jahrhundert werden gewisse Konstellationen da sein, sagten sie, und dann muß ein dem Entsprechendes vor sich gehen. — Und für Jahrtausende hinaus wurde vorausbestimmt, was zu tun ist. So entstand das, was man als die Sibyllinischen Bücher bezeichnet. Was darinnensteht, ist kein Wahn. Nach sorgfältigen Beobachtungen haben die Eingeweihten niedergeschrieben, was für Jahrtausende hinaus zu geschehen hat, und ihre Nachfolger wußten: Das ist einzuhalten. Und sie taten nichts, was nicht in diesen Büchern für die Jahrtausende hinaus nach dem Lauf der Sterne vorgezeichnet war. Sagen wir, es habe sich darum gehandelt, irgendein Gesetz zu machen. Da hat man nicht abgestimmt wie bei uns, da holte man Rat bei den heiligen Büchern, in denen aufgeschrieben war, was hier auf der Erde geschehen muß, damit es ein Spiegel dessen sei, was in den Sternen geschrieben ist, und was in den Büchern stand, das führte man aus. Der ägyptische Priester wußte, als er diese Bücher schrieb: Meine Nachfolger werden ausführen, was darinnensteht. — Von der Notwendigkeit der Gesetzmäßigkeit waren sie überzeugt.“ (Lit.: GA 104, S. 71ff)

Städtebau

„Auch die alten vorchristlichen orientalischen Kulturen haben, wie Sie wissen, große Städte hervorgebracht. Wir können zurückblicken auf weit ausgebreitete orientalische Kulturen, die auch große Städte hervorgebracht haben. Aber diese großen Städte der alten Kulturen, die hatten eine gewisse Gesinnung neben sich. Alle orientalischen Kulturen hatten das Eigentümliche, daß sie ausbildeten mit dem Leben in den Großstädten die Anschauung, daß eigentlich, wenn der Mensch nicht durchdringt über das Physische zum Überphysischen, er im Leeren, im Nichtigen lebt. Und so konnten sich wirklich die großen Städte Babylon, Ninive und so weiter entwickeln, weil der Mensch durch diese Städte nicht dazu gekommen ist, das, was diese Städte hervorgebracht haben, als das eigentlich Wirkliche anzusehen, sondern dasjenige, was erst hinter alledem ist. Es ist erst in Rom so geworden, daß man die Städtekultur zu einem Regulativ der Wirklichkeitsanschauung gemacht hat. Die griechischen Städte sind undenkbar ohne das sie umgebende Land; sie nähren sich von dem sie umgebenden Land. Wäre unsere Geschichte nicht so sehr eine Fable convenue, wie sie es ist, sondern würde sie die wirkliche Gestalt der früheren Zeiten neu herauf bringen, so würde sie zeigen, wie die griechische Stadt im Land wurzelt. Rom wurzelte nicht mehr im Lande, sondern die Geschichte Roms besteht eigentlich darinnen, eine imaginäre Welt zu einer wirklichen zu machen, eine Welt, die nicht wirklich ist, zu einer wirklichen zu machen. In Rom wurde eigentlich der Bürger erfunden, der Bürger, dieses fürchterliche Karikaturgebilde neben dem Wesen Mensch. Denn der Mensch ist Mensch; und daß er außerdem noch ein Bürger ist, ist eine imaginäre Sache. Daß er ein Bürger ist, das steht irgendwo in den Kirchenbüchern oder in den Rechtsbüchern oder dergleichen. Daß er, außer dem, daß er Mensch ist und als Mensch gewisse Fähigkeiten hat, auch noch einen eingetragenen Besitz hat, einen grundbuchlich eingetragenen Besitz, das ist etwas Imaginäres neben der Wirklichkeit. Das alles aber ist römisch. Ja, Rom hat noch viel mehr zustande gebracht. Rom hat verstanden, alles dasjenige, was sich ergibt aus der Loslösung der Städte vom Lande, vom wirklichen Lande, zu einer Wirklichkeit umzufälschen. Rom hat zum Beispiel verstanden, in die religiösen Begriffe der Alten die römischen Rechtsbegriffe einzuführen. Derjenige, welcher der Wahrhaftigkeit gemäß zu den alten religiösen Begriffen zurückgeht, der findet nicht in diesen alten religiösen Begriffen die römischen Rechtsbegriffe. Römische Jurisprudenz ist eigentlich hineingegangen in die religiöse Ethik. Es ist im Grunde genommen in der religiösen Ethik - durch dasjenige, was Rom daraus gemacht hat - so, als wenn in der übersinnlichen Welt solche Richter dasäßen, wie sie auf unseren Richterstühlen römischer Prägung sitzen und über die menschlichen Handlungen richteten. Ja, wir erleben es sogar, weil die römischen Rechtsbegriffe noch nachwirken, daß da, wo vom Karma die Rede ist, die meisten Menschen, die heute sich zum Karma bekennen, sich die Auswirkung dieses Karma so vorstellen, als wenn irgendeine jenseitige Gerechtigkeit da wäre, welche nach den irdischen Begriffen das, was einer getan hat, belegt mit dieser oder jener Belohnung, dieser oder jener Strafe, ganz nach römischen Rechtsbegriffen. Alle Heiligen und alle überirdischen Wesenheiten leben eigentlich so in diesen Vorstellungen, daß römisch-juristische Begriffe sich in diese überirdische Welt hineingeschlichen haben.“ (Lit.: GA 191, S. 79f)

Die ägyptisch-chaldäische Kultur als bewusste Wiederholung der lemurischen Zeit

„In der nachatlantischen Entwickelung haben zunächst die Völker, die vorzugsweise jenem menschlichen Entwickelungszustande angehörten, den wir die ägyptisch-chaldäische Kultur nennen, die Aufgabe, zu wiederholen, was in der alten lemurischen Zeit für die Menschheit geschehen ist, aber das mit Bewußtsein zu durchdringen. Ganz unbewußt lernt der Mensch ein aufrechtes Wesen zu sein in der lemurischen Zeit, lernt er ein sprechendes Wesen zu sein in der atlantischen Zeit. Ganz unbewußt nimmt er, weil seine Denkkraft noch nicht erwacht war in dieser Zeit, den Christus-Impuls auf. Langsam sollte er hingeführt werden in der nachatlantischen Zeit, zu verstehen, was er in der Vorzeit unbewußt aufgenommen hatte. Was ihn aufrecht hinausschauen ließ in kosmische Höhen, das war der Christus-Impuls. Er erlebte dies unbewußt, wie er es erleben mußte in der lemurischen Zeit. Dann sollten, noch nicht vollbewußt, aber doch wie in einer Vorbereitung zum vollen Bewußtsein, die Völker Ägyptens hingeführt werden, zu verehren dasjenige, was in der Aufrichtekraft des Menschen lebt. Daß sie es verehren lernten, dafür sorgten die Eingeweihten, welche die ägyptische Kultur zu beeinflussen hatten, dadurch, daß sie die Menschen aufrichten ließen die Pyramiden, die von der Erde in den Kosmos hinausragen. Jetzt noch haben wir zu bewundern, wie durch das Hereinwirken der kosmischen Kräfte in die ganze Form und Lage des Baues der Pyramiden diese Aufrichtekraft zum Ausdruck gebracht wurde. Die Obelisken sollten hingestellt werden, damit der Mensch anfängt einzudringen in dasjenige, was Aufrichtekraft ist. Die wunderbaren Hieroglyphen in den Pyramiden und an den Obelisken, die auf den Christus hindeuten sollten, erweckten die überirdischen Kräfte aus der lemurischen Zeit. Aber selbst zu einem solchen dunkeln Verständnis, wie die Ägypter kommen konnten bezüglich der Aufrichtekraft, konnten sie nicht kommen bezüglich der Sprachkraft. Da sollte erst ihr Gemüt die richtige Schulung für die Empfindung erlangen, damit in späteren Zeiten man einsehen könne das Rätsel, wie der Christus lebt in der Wortbegabung des Menschen. Das sollte aufgenommen werden mit der heiligsten Scheu in der reifenden Menschenseele. Dafür sorgten in wunderbarer Art die Hierophanten, die Eingeweihten der ägyptischen Kultur, indem sie hinstellten die rätselhafte Sphinx mit ihrer stummen, höchstens für die damalige menschliche Erhebung unter dem Einflüsse des Kosmos tönenden, ehernen Gestalt. Im Anblicke der stummen, nur vom Kosmos herein unter gewissen Voraussetzungen und Beziehungen durch die aufgehende Sonne tönend werdenden Sphinx, bildete sich heraus jene heilige Scheu der Seele, durch welche die Seele vorbereitet wurde zu verstehen die Sprache, die gesprochen werden mußte in der Zeit, als zu höherem Bewußtsein gebracht werden sollte, wie der Christus-Impuls nach und nach in die irdische Menschheitsentwickelung hereinkommt. Was die Sphingen noch nicht sagen konnten, wozu sie aber vorbereiteten, das sollte der Menschheit gesagt werden. In der Bildung der Wortbewegung liegt der Christus-Impuls. Dies wurde der Menschheit gesagt in den Worten:

Im Urbeginne war das Wort,
Und das Wort war bei Gott,
Und ein Gott war das Wort.
Dieses war im Urbeginne bei Gott.
Dort war es, wo alles entstanden ist,
Und nichts ist entstanden
Außer durch das Wort.
Im Worte war das Leben,
Und das Leben war
Das Licht der Menschen.

“ (Lit.: GA 152, S. 110f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Nach H. P. Blavatsky und auch nach hinduistischer Tradition begann das finstere Zeitalter schon am 18. Februar 3102 v. Chr. mit dem Tode Krishnas.