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Maya (Religion)
Die indische Göttin Maya (Sanskrit, f., माया, māyā, Illusion, Zauberei; wörtl. das große Nichtsein, aus mahat = groß, a = nicht, Verneinung und ya = sein) enthält mehrere Ideen. Sie ist eine kreative Energie (Prakriti), ein Status der geistigen Verblendung und eine personifizierte Gottheit. Die Göttin wird auch Mahamaya genannt ("große Maya") und gilt auch als Form von Devi. In abstrahierter Form spielt Maya auch in der indischen Philosophie eine große Rolle, vor allem im Vedanta.
Der zweifache Schleier der äußeren Sinneswelt und des inneren Seelenlebens
Aus geisteswissenschaftlicher Sicht ist Maya die große Täuschung, die dadurch entsteht, dass einerseits nach außen zu der Schleier der sinnlichen Welt den Durchblick auf ihren geistigen Hintergrund verdunkelt.
„Nicht die Welt als solche, die auf unsere Sinne einwirkt, die wir erfassen mit unserem Verstande, ist eine Maya; diese Welt ist in dem innersten Wesen wahrhaftige Wirklichkeit. Aber die Art, wie sie der Mensch anschaut, wie sie dem Menschen erscheint, das macht die Welt zur Maya, das macht sie zur großen Täuschung. Und wenn wir durch unsere innere Seelenarbeit dahin kommen, zu dem, was uns die Sinne zeigen, zu dem, was uns unser Verstand sagt, die eigentlich tieferen Grundlagen zu finden, dann werden wir bald einsehen, inwiefern die äußere Welt als eine Täuschung aufgefaßt werden kann. Denn dann erscheint sie uns in ihrem wahren Lichte, erscheint sie uns in der Wahrheit, wenn wir sie überall zu ergänzen, zu durchdringen wissen mit dem, was uns gegenüber der ersten Betrachtung, die wir der Welt zuwenden, verborgen sein muß.“ (Lit.: GA 161, S. 65f)
Nach innen zu legt sich anderseits als zweiter Schleier unser Seelenleben über die geistige Welt.
„Eine zweifache Maya haben wir: die äußere Maya der Sinnenwelt und die innere Maya des Seelenlebens.“ (Lit.: GA 113, S. 66f)
„Der Mensch weiß nicht, daß durch seine physische Hülle nur verdeckt wird, was durch den astralen Raum wirbelt. Der Schleier der Maja ist eine wirkliche Hülle, und wer eingeweiht wird, muß dahintersehen - die Hüllen fallen, klar [schauen] wird der Mensch. Das ist ein besonderer Moment: der Priester wurde gewahr, daß sie, [die Hüllen], eingedämmt hatten Triebe, die, wenn sie losgelassen würden, furchtbar wären.“ (Lit.: GA 92, S. 55)
Der Schleier der Maya verdeckt die Elementarwesen von Geburt und Tod
Die Elementarwesen der Geburt und des Todes leben in jenem Bereich der geistigen Welt, der unmittelbar an die physisch-sinnliche Welt angrenzt. Es handelt es sich dabei um Wesen, die eigentlich dem physischen Plan feindlich sind. Und doch ist eine eherne Notwendigkeit, dass sich die Götter solcher Wesenheiten bedienen, damit sich der Mensch durch die Geburt auf Erden inkarnieren kann und sie mit dem Tod wieder verlässt.
„Die nächsthöhere Stufe ist die, auf welcher der Mensch den traumerfüllten Schlaf nicht mehr hat, sondern durch Intuition in der Lage ist, in die höhere Welt hineinzuschauen. Die ist voller geistiger Klarheit; Willkür gibt es da nicht mehr. Mit diesem intuitiven Zustande sind zwei Wahrnehmungen verbunden. Der Mensch nimmt, wenn er diese Entwicklungsstufe erreicht hat, in eigener Erfahrung die gefährlichen Feinde des Menschenlebens wahr: die Elementargeister von Geburt und Tod, die in den anstoßenden Naturreichen fortwährend lauern, die immer da sind, die den Menschen zu verführen versuchen und so weiter. Diese Elementarwesen, die in den Astralkörper ziehen und seine Wünsche beeinflussen, sind immerfort da. Im gewöhnlichen Leben sind sie vom Schleier der Maja verdeckt.
Diese Feinde in den anstoßenden Naturreichen wird der Mensch zunächst auf dieser Stufe der Entwicklung gewahr. Und das ist für die Entwicklung im Okkultismus von größter Bedeutung. In diesem Zustande, der sich vergleichen lässt mit dem traumlosen Schlaf, nimmt der Mensch wahr - das ist sein erstes Erlebnis, das er in diesem Bewusstseinszustande hat -, welches die herunterziehenden, zum Niederen hinlenkenden Feinde in ihm sind. Es ist gut, dass diese Kräfte, die im Menschen also walten, dem gewöhnlichen Menschen verborgen sind. Es ist gut, dass hier ein Schleier darübergebreitet ist. Denn nicht das Sprechen davon, sondern das wirkliche Kennenlernen ist es, was erst der ertragen kann, der eine gewisse Stufe von Selbstvertrauen und moralischer Festigkeit in seinem Innern erlangt hat. Deshalb wird auch kein wahrer Okkultist eine Anleitung geben, eine solche Stufe zu erreichen, bevor der Mensch eine entschiedene Ausbildung des Charakters nach der Richtung des Selbstvertrauens, der Moralität, der Geistesgegenwart erreicht hat, damit er nicht in die Gefahr kommt, sich selbst zu verlieren, sondern seine Kräfte Zusammenhalten kann.“ (Lit.: GA 90a, S. 378f)
Mythologie
Als Göttin ist sie die Weltenmutter, Schöpferin des Universums, das Universum selbst und Göttin der Illusion, die dieses Universum gemäß dem Hinduismus darstellt. Sie gilt auch als Shakti, (Kraft, Energie), die in unterschiedlichen Gestalten erscheint, z.B. als Lakshmi, Sarasvati und Durga und durch die die männlichen Götter ihre kreative Energie empfangen.
Sie tritt auf als Weltenweberin, die sich selbst erschafft, denn alles was manifestiert ist, ist Maya.
Es gibt im Hinduismus verschiedene Mythen um das Entstehen der Maya. Eine Version besagt, sie sei dem auf der Weltenschlange ruhenden Vishnu entsprungen und das Glühen von Shivas und Vishnus Gesichtern habe einen Glanz hervorgebracht, der die Welten erfüllt habe und aus diesem sei Maya entstanden. Alle Gottheiten und die Gestirne hätten zu ihrem Entstehen und ihrer prächtigen Erscheinung beigetragen, sie sei mit Schmuck und Waffen ausgestattet worden und habe einen Löwen als Reittier erhalten und in dieser Form habe sie den Stierdämon Mahisha, der die Herrschaft an sich reißen wollte, besiegt.
In einem anderen Mythos besingt selbst Brahma die Unfassbarkeit Mayas, sie erscheint hier als Göttin des Absoluten und der Ewigkeit, da es nichts gibt, was nicht Maya ist.
Die Symbole Mayas sind die sieben Farben des Regenbogens, der Schleier und das Spinnennetz.
Im Vishnuismus erscheint Maya als die Zauberkraft des Vishnu zur Schöpfung der Welt, die untrennbar mit ihm verbunden ist.
Im Hinduismus gilt Maya auch als die Versucherin und Verblenderin, die den Geist der Menschen mit ihren Illusionen verlockt, betört und bezaubert.
Philosophie (Hinduismus)
Insbesondere im Advaita Vedanta stellt Maya die Illusion des begrenzten, verblendeten Ich dar, das die Realität als nur physisch und mental versteht und das wahre Selbst, Atman, das eins mit Brahman ist, nicht erkennt. Um Moksha (Erlösung) zu erreichen, muss Maya überwunden werden.
Nach Gaudapada (7.Jh.), dessen Denken einen buddhistischen Einfluss verrät, existieren tatsächlich nur Brahman und Atman, alle Vielheit oder Dualität ist ein Traum, eine durch Maya bedingte Scheinmanifestation des unveränderlichen, verharrenden Seins. Bei Shankara (8. Jh.) ist Maya ein unerklärlicher Faktor, weder seiend noch nicht-seiend, der die Beschränktheit unseres Wissens ausdrückt. Solange wir meinen, die Welt mit unserem Denken zu erkennen, erkennen wir Brahman (das Absolute) nicht, und wenn wir intuitiv Brahman schauen, existiert die Welt für uns nicht. Maya wird als Kraft des menschlichen Geistes gesehen, die Täuschungen hervorruft und mit Unwissen verbunden ist.
Ebenso wie die Erkenntnis des Seils als Seil die Illusion es sei eine Schlange zerstört, so wird Maya durch die unmittelbare Erfahrung des absoluten Brahman, des Einen ohne ein Zweites, zerstört. Maya besteht aus den drei Gunas (Eigenschaften), sie ist feinstofflich und jenseits aller Wahrnehmungen. Aus ihr entsteht das ganze Weltall. Sie ist der Kausalkörper des Atman (absoluter Wesenskern des Menschen). Nach Shankara haben die grobstofflichen und feinstofflichen Elemente ihre Ursache in Atman, sind jedoch von ihm verschieden. Die Maya ist so unwirklich wie eine Fata Morgana in der Wüste.
Vallabha hingegen lehrte den "reinen Monismus" (Shuddhadvaita), d.h. einen von jeder Maya-Doktrin freien Advaita. Seiner Ansicht nach offenbart sich Gott in einer vielheitlichen Welt, ohne sich jedoch dadurch zu verändern.
In den zeitgenössischen Strömungen des Vedanta, wird wie von Chinmayananda die Ansicht vertreten, Maya sei die unerklärliche, unfassliche Kraft des Höchsten. Diese ist ihm inhärent, untrennbar wie die Hitze vom Feuer: so wie wir nicht Feuer als Ding an sich haben können, nach dem Entfernen der Hitze und so wie Hitze keine unabhängige Existenz haben kann, wenn das Feuer-Element entfernt wird, ist Maya mit dem Höchsten Sein untrennbar verbunden. Im menschlichen, unwissenden Geist ist sie für die Täuschungen und Illusionen verantwortlich.
In der dualistischen Samkhya-Philosophie stellt sich die Frage, wie sich die Welt aus dem Absoluten generiert nicht in der selben Form, da mit Prakriti (Urmaterie), dem Pendant zu Maya, ein unabhängiges Prinzip neben Purusha (dem Pendant zu Brahman) existiert.
Metaphorik
In der gebildeten Umgangssprache erklärt sich daher die Metapher vom "Schleier der Maya (Maja)".
Literatur
- Rudolf Steiner: Selbsterkenntnis und Gotteserkenntnis I, GA 90a (2017), ISBN 978-3-7274-0900-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen, GA 92 (1999), ISBN 3-7274-0920-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Der Orient im Lichte des Okzidents, GA 113 (1982) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Wege der geistigen Erkenntnis und der Erneuerung künstlerischer Weltanschauung, GA 161 (1999) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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