Nerven

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Bei einem Nerv (lat. nervus, Abkürzung N., Plural nervi, Abkürzung Nn.; von altgriech. νεῦρον neúron, deutsch ‚Faden‘, ‚Sehne‘ oder auch ‚Schnur‘, ‚Saite‘, ‚Nerv‘) handelt es sich um parallel verlaufende Nervenfasern (Zellfortsätze: Axone und Dendriten), die in einer Bindegewebshülle liegen. Vielfach sind die Nervenfasern dabei zu ganzen Nervenbahnen gebündelt. Nerven gehören zum peripheren Nervensystem und dienen dem Informationsaustausch im tierischen Organismus. Die Versorgung der Organe und Körperteile mit Nervenfasern und die damit verbundene Reizübertragung wird als Innervation bezeichnet. Nervenerkrankungen, namentlich des peripheren Nervensystems, werden zusammenfassend als Neuropathien bezeichnet.

Aufbau

Nervenfaszikel
Querschnitt eines peripheren Nerven
Querschnitt eines peripheren Nervs, schematische Darstellung und Benennung der morphologischen Strukturen
Querschnitt eines Sehnervs: (1) Nervenfaserbündel, (2) Perineurium, (3) Epineurium (Pia mater), (4) Arachnoidea mit Liquorspalt, (5) Dura mater

Die einzelnen Axone eines Nervs sind von einer bindegewebigen Hülle umschlossen, die als Endoneurium bezeichnet wird. Mehrere Axone sind zu Nervenfaserbündeln, sogenannten Faszikeln, zusammengefasst, die wiederum von Bindegewebe, dem Perineurium, umhüllt sind. Die Bindegewebshülle um den gesamten Nerv wird als Epineurium bezeichnet.

Bei nicht-peripheren Nerven, wie beispielsweise dem Sehnerv, wird die äußere Hülle aus den Hirnhäuten gebildet. Hier bildet die Dura mater das Epineurium; auch Arachnoidea und Pia mater sowie Subarachnoidalraum umhüllen den Nervus opticus und bilden Perineurium bzw. Endoneurium.

Unterteilung

Nach dem Ursprung der Nerven werden bei Wirbeltieren Spinalnerven, die das Zentralnervensystem (ZNS) im Bereich des Rückenmarks verlassen, und Hirnnerven, die aus dem Gehirn entspringen, unterschieden. Im Bereich der Gliedmaßenursprünge bilden die Spinalnerven Nervengeflechte (Plexus brachialis, Plexus lumbosacralis), in denen sich Anteile verschiedener Rückenmarksnerven vermischen und zu Plexusnerven formieren. Auf dem Weg zu ihrem Zielgebiet (Innervationgebiet) verzweigen sich die Nerven immer weiter. Die kleineren Nervenäste werden als Rami (Sg. Ramus) bezeichnet.

Nach der Richtung der Erregungsleitung werden Afferenzen (zum Zentralnervensystem hin) und Efferenzen (vom ZNS in die Peripherie) unterschieden. Die Afferenzen leiten nach der heute verbreiteten Anschauung sensible oder sensorische Informationen, stehen also im Dienst der Wahrnehmung innerer und äußerer Reize. Die Efferenzen sollen hingegen motorische oder sekretorische Impulse leiten. Nach dem Zielgebiet werden die afferenten und efferenten Nerven weiter in somatische (Nerven der Körperwand; von altgriech. σῶμα sṓma, deutsch ‚Körper‘) und viszerale (Nerven der Eingeweide; von lat. visceralis, deutsch ‚die Eingeweide betreffend‘) unterschieden. Die meisten Nerven sind gemischte Nerven, enthalten also sowohl afferente als auch efferente Fortsätze. Es gibt vor allem keine rein „motorischen Nerven“, denn auch in den so benannten Nerven sind die efferenten stets von afferenten Fasern begleitet, die durch entsprechende Sinneszellen in den Muskeln (Muskelspindel, Golgi-Sehnenorgan) den aktuellen Muskeltonus dem Eigenbewegungssinn (Propriozeption) vermitteln, ohne dessen sensorische Tätigkeit keine Bewegung möglich ist.

Klassifikation der Nervenfasern nach Erlanger und Gasser

Joseph Erlanger (1874-1965) und Herbert Spencer Gasser (1888-1963) klassifizierten die Nervenfasern des peripheren Nervensystems nach der durch ihren Durchmesser und Myelinisierungsgrad bedingten axonalen Nervenleitgeschwindigkeit[1][2], wofür ihnen 1944 der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin verliehen wurde.

Fasertyp Leitungsgeschwindigkeit Durchmesser efferent zu: afferent von / (Einteilung nach Lloyd/Hunt):
70–120 m/s 10–20 µm Skelettmuskel (extrafusal) Ia: Muskelspindel
Ib: Golgi-Sehnenorgan
30–70 m/s 7–15 µm II: Hautrezeptoren (Berührung, Druck, Vibration)
15–30 m/s 4–8 µm Skelettmuskel (intrafusal)
12–30 m/s 2–5 µm III: Hautrezeptoren (Temperatur, schneller Schmerz)
B 3–15 m/s 1–3 µm präganglionäre Viszeroefferenzen
C (ohne Myelinscheide) 0,5–2 m/s 0,1–1,5 µm postganglionäre Viszeroefferenzen IV: langsamer Schmerz, Thermorezeptoren

Sensorische und motorische Nerven

Rudolf Steiner hat vielfach darauf hingewiesen, dass kein prinzipieller Unterschied zwischen den sog. motorischen und sensorischen Nerven bestehe. Durch vergleichende Untersuchungen zeigte auch wenig später der Physiologe Edgar Douglas Adrian (1889-1977), der 1932 gemeinsam mit mit Charles Scott Sherrington den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt, dass sich die grundlegende Nervenfunktion von sensorischen und motorischen Nerven nicht unterscheidet. Rudolf Steiner betonte, dass alle Nerven in Wahrheit sensorisch seien. Das bestätigt auch der international angesehene Anatom Johannes W. Rohen. Er betont dabei auch den mit Denken (bzw. Vorstellen), Fühlen und Wollen zusammenhängenden dreigliedrigen Aufbau des menschlichen Organismus. Das Wollen hänge nicht unmittelbar mit dem Nervensystem zusammen, sondern greife direkt in das Stoffwechselsystem ein. Allerdings geht Rohen - im entscheidenden Gegensatz zu Rudolf Steiner - von einer Steuerung der Muskelbewegungen durch das Nervensystem aus.

„Die efferenten Nerven (Motoneurone), die über die motorischen Endplatten direkt mit der Muskelmembran verbunden sind, können durch Überträgerstoffe (Acetylcholin usw.) den Natrium-Einstrom und damit die intrazelluläre «Überschwemmung» mit Ca-Ionen und nachfolgend die Kontraktion auslösen, sind damit aber nicht die Ursache der Bewegung. Diese ist vielmehr eine von den Stoffwechselvorgängen innerhalb der Muskelzellen abhängige, eigenständige Leistung, die vom Nervensystem geregelt und mit den Aktivitäten des gesamten Bewegungssystems harmonisierend in Einklang gebracht werden muss. Wenn z.B. eine Muskelgruppe sich kontrahiert, muss eine andere dilatiert werden, wenn es nicht zu Verkrampfungen oder Bewegungsstörungen kommen soll. Das Nervensystem hat in diesem Zusammenhang die Aufgabe, den Fluss der Bewegungsenergien zu steuern und zu harmonisieren, gewissermaßen Ordnung in das System zu bringen, ähnlich wie beim Straßenverkehr die Signallampen die Bewegungen der Verkehrsteilnehmer auslösen, aber natürlich nicht verursachen. Die Ursache der Bewegungen ist der Wille der Verkehrsteilnehmer, ein bestimmtes Ziel zu erreichen; die Verkehrsregeln und Signale dienen lediglich der Ordnung und Strukturierung des Gesamtgeschehens.

Entsprechend ... muss man daher den der Bewegung zugrunde liegenden Stoffwechselprozess als den eigentlichen Willensprozess, den von den «motorischen» (efferenten) Motoneuronen ausgelösten Vorgang jedoch als einen originär nervösen, d.h. informativen Prozess, ansehen. Mithilfe der efferenten, direkt mit der Muskulatur verbundenen Nerven können wir unsere Bewegungsvorstellungen in relativ großem Umfang willkürlich verwirklichen, nicht jedoch die Bewegung selbst ausführen. Natürlich ist der Muskel gelähmt, wenn der Nerv durchtrennt oder geschädigt wird, aber Bewegungsstörungen oder Lähmungen können auch auftreten, wenn die Stoffwechselprozesse innerhalb der Muskelzellen Funktionsstörungen aufweisen.

Zwischen der «Willensseite» und der nervalen oder «Vorstellungsseite» des Bewegungsgeschehens ist als drittes, harmonisierendes und ausgleichendes Element das Gefäßsystem, d.h. das rhythmische System (Atmung und Kreislauf) eingeschaltet, wodurch seelisch das Fühlen mit ins Spiel kommt. Jede Bewegung enthält daher nicht nur eine informative oder Vorstellungskomponente (Bewegungsbild) und ein Willenselement (Kraft- und Energieeinsatz), sondern auch eine Gefühlskomponente, durch die die Bewegung erst im eigentlichen Sinne menschlich wird.“ (Lit.: Rohen 2016, S. 245f.)

Die Willenstätigkeit entsteht laut Rudolf Steiner durch den unmittelbaren Eingriff des Astralleibs in das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System; die sogenannten motorischen Nerven nehmen nur die daraus resultierende Bewegung wahr.

„Ich habe gestern gesagt, daß unsere physiologische Wissenschaft in einem furchtbaren Irrtum befangen ist, in dem Irrtum nämlich, daß es zweierlei Nerven gebe, motorische und sensitive, während in Wahrheit alles sensitive sind und kein Unterschied besteht zwischen motorischen und sensitiven Nerven. Die sogenannten motorischen Nerven sind nur dazu da, daß wir innerlich unsere Bewegungen wahrnehmen, das heißt, daß wir sensitiv sind mit Bezug auf das, was wir selbst als Men­schen tun. Geradeso wie der Mensch mit dem sensitiven Augennerv die Farbe sich vermittelt, so vermittelt er sich die eigene Beinbewegung durch die «motorischen» Nerven, die nicht da sind, um das Bein in Bewegung zu setzen, sondern um wahrzunehmen, daß die Bewegung des Beines ausgeführt werde.“ (Lit.:GA 192, S. 172)

„Man unterscheidet heute, wie ja genugsam bekannt ist, zwischen den sogenannten sensitiven Nerven, die vom Zentrum zu den Sinnen gehen sollen und die sinnlichen Wahrnehmungen vermitteln, und den sogenannten motorischen Nerven, welche etwas zu tun haben sollen mit dem Willen.

Es gibt in Wahrheit zwar anatomisch-physiologisch metamorphosierte Nerven, aber es gibt nur einerlei Art von Nerven. Jeder Nerv ist nur physischer Vorstellungsvermittler. Und diejenigen Nerven, die wir heute motorische Nerven nennen, die sind in ihrer Funktion nicht anders als die sogenannten sensitiven Nerven. Während der sensitive Nerv zu den Sinnen geht, um die Außenwelt wahrzunehmen, geht der sogenannte motorische Nerv, der auch nichts anderes ist als ein innerlicher sensitiver Nerv, in das Innere und vermittelt die Wahrnehmungen, die ich zum Beispiel habe, wenn ich ein Glied bewege, die ich habe, wenn ich irgendwie eine innerliche unbewußte Bewegung auszuführen habe. Der Nerv ist nur der Vermittler der Wahrnehmung für irgend etwas Äußeres oder Inneres. Es gibt nicht zwei Arten von Nerven, nicht sensitive und motorische Nerven. Meinetwillen, die Terminologie ist mir dann einerlei, ob man sie dann sensitive oder motorische nennt, das ist gleichgültig, aber nur einerlei Art und anatomisch-physiologisch etwas metamorphosiert, nur einerlei Art von Nerven gibt es.“ (Lit.:GA 319, S. 56f)

Die Hypothese der sensorischen und motorischen Nerven entspringt dem in den Wissenschaften vorherrschenden Materialismus und zeitigt bereits nachhaltige Folgen für die soziale Gesinnung der Menschen.

„Ich bin überzeugt davon, daß die falsche Hypothese von den sensitiven und motorischen Nerven, die in die Wissenschaft als der Knecht des Materialismus eingezogen ist, weit mehr, als man meint, schon die Denkweise der Menschen ergriffen hat und in der nächsten oder in der zweitnächsten Generation Gesinnung wird. Ja, ich bin überzeugt, daß diese materialistische Nervenlehre schon Gesinnung geworden ist in der Menschheit und daß wir eigentlich heute das, was wir in der Physiologie oder in der Psychologie so als Theorie hersagen, schon in unseren Gesinnungen haben und daß diese Gesinnungen eigentlich die Menschen trennen. Wenn man das Gefühl hat - und die Leute haben heute schon das Gefühl -, daß eigentlich der andere Mensch uns nur gegenübersteht so, daß wir selber auf ihn einen Sinneseindruck machen, er auf uns, daß er da abgeschlossen von uns in sich hat sein Gefühlsleben, das erst durch die Nerven vermittelt werden soll, dann richten wir eine Scheidewand zwischen Mensch und Mensch auf. Es ist ja wirklich so, daß diese Scheidewände zu merkwürdigen Anschauungen geführt haben, wenn man heute hört, daß Leute sagen: Ja, wenn ich einen anderen Menschen ansehe, so sehe ich, daß er die Nase mitten im Gesicht hat, daß er zwei Augen hat an derjenigen Stelle, wo ich weiß, ich habe auch zwei Augen. Er hat ein Gesicht so geformt wie ich; indem ich das alles sehe, ziehe ich den unbewußten Schluß: Da ist ein ebensolches Ich in dem Organismus drinnen wie in mir. - Es gibt heute schon Leute, die auch diese Theorie vertreten und das Verhältnis vom Menschen zum Menschen so äußerlich auffassen, daß sie meinen, aus der Gestalt des Menschen wäre erst ein unbewußter Schluß notwendig, um darauf zu kommen, daß der andere Mensch ein mit dem eigenen Ich gleiches Ich hat. Die Anschauung, welche nur das Nervenleben zusammenbringt mit dem Vorstellungsleben, dagegen das Zirkulationsund Atmungsleben zusammenbringt mit dem Gefühlsleben, das ganze Stoffwechselleben zusammenbringt mit dem Willensleben, die wird, wenn sie Gesinnung wird, wenn sie einmal wirkliches Erleben wird, die Menschen wiederum zusammenführen. Ich kann für dieses Zusammenbringen heute zunächst nur ein Bild gebrauchen.

Sehen Sie, wir würden ja wirklich geistig-seelisch als Menschen sehr voneinander getrennt sein, wenn wir geistig-seelisch so einander gegenüberstünden, daß wir eigentlich alles Fühlen und Wollen durch unsere Nerven in unserem Innern entwickelten und der ganze Mensch in seiner Haut abgeschlossen gedacht werden müßte. Da wird das Seelische sehr isoliert. Und ich möchte sagen: So fühlen sich heute die Menschen, und ein getreues Abbild dieses Fühlens ist der antisozial und immer antisozialer werdende Zustand Europas.“ (Lit.:GA 301, S. 35f)

Die wahrhaftige Nerventätigkeit kann nicht Gegenstand der physiologischen Sinnesbeobachtung sein

„Die Physiologie wird nie zu Begriffen kommen, die für die Nervenlehre wirklichkeitsgemäß sind, so lange sie nicht einsieht, daß die wahrhaftige Nerventätigkeit überhaupt nicht Gegenstand der physiologischen Sinnesbeobachtung sein kann. Anatomie und Physiologie müssen zu der Erkenntnis kommen, daß sie die Nerventätigkeit nur durch eine Methode der Ausschließung finden können. Was im Nervenleben nicht sinnlich beobachtbar ist, wovon aber das Sinnesgemäße die Notwendigkeit seines Vorhandenseins ergibt und auch die Eigenheit seiner Wirksamkeit, das ist Nerventätigkeit. Zu einer positiven Vorstellung über die Nerventätigkeit kommt man, wenn man in ihr dasjenige materielle Geschehen sieht, durch das im Sinne des ersten Kapitels dieser Schrift die rein geistig-seelische Wesenhaftigkeit des lebendigen Vorstellungsinhaltes zu dem unlebendigen Vorstellen des gewöhnlichen Bewußtseins herabgelähmt wird. Ohne diesen Begriff, den man in die Physiologie einführen muß, wird in dieser keine Möglichkeit bestehen, zu sagen, was Nerventätigkeit ist. Die Physiologie hat Methoden sich ausgebildet, welche gegenwärtig diesen Begriff eher verdecken als ihn offenbaren. Und auch die Psychologie hat sich auf diesem Gebiete den Weg versperrt. Man sehe nur, wie zum Beispiel die Herbartsche Psychologie in dieser Richtung gewirkt hat. Sie hat den Blick nur auf das Vorstellungsleben geworfen, und sieht in Fühlen und Wollen nur Wirksamkeiten des Vorstellungslebens. Aber diese Wirksamkeiten zerrinnen vor der Erkenntnis, wenn man nicht zu gleicher Zeit den Blick unbefangen auf die Wirklichkeit des Fühlens und Wollens richtet. Man kommt durch solches Zerrinnen zu keiner wirklichkeitsgemäßen Zuordnung des Fühlens und Wollens zu den leiblichen Vorgängen. - Der Leib als Ganzes, nicht bloß die in ihm eingeschlossene Nerventätigkeit ist physische Grundlage des Seelenlebens. Und wie das letztere für das gewöhnliche Bewußtsein sich umschreiben läßt durch Vorstellen, Fühlen und Wollen, so das leibliche Leben durch Nerventätigkeit, rhythmisches Geschehen und Stoffwechsel Vorgänge.“ (Lit.:GA 21, S. 157f)

Der polare Gegensatz von Blut und Nerv

Das Blut bildet den polaren Gegensatz zum Nervensystem:

„Während das Nervensystem eigentlich zum Leben im Kosmos draußen, außerirdisch, bestimmt ist und in uns tot ist, ist das Blut bestimmt, in uns tot zu sein und erlangt ein Leben von außen. Das Nervensystem gibt gewissermaßen sein Leben ab an das Blut, und so ist das Nervensystem verhältnismäßig tot, das Blut verhältnismäßig das Lebendige. So wahr das Nervensystem kosmisch Leben und irdisch Tod hat, so wahr hat das Blut umgekehrt durch sich irdisch Tod und erborgtes, ihm aufgedrängtes kosmisches Leben. Das Leben ist überhaupt nicht von unserer Erde. Daher muß das Nervensystem gewissermaßen den Tod aufnehmen, damit es irdisch werden kann, und das Blut muß lebend werden, damit der Mensch, insofern er irdische Substanz ist, der außerirdischen Welt sich zuwenden kann.“ (Lit.:GA 169, S. 37)

"Alles Seelische drückt sich aus, offenbart sich im Leiblichen, so daß sich auf der einen Seite alles das im Leiblichen offenbart, was sich ausdrückt in Antipathie, Gedächtnis und Begriff. Das ist gebunden an die Leibesorganisation der Nerven. Indem die Nervenorganisationen gebildet werden im Leibe, wirkt darin für den menschlichen Leib alles Vorgeburtliche. Das seelisch Vorgeburtliche wirkt durch Antipathie, Gedächtnis und Begriff herein in den menschlichen Leib und schafft sich die Nerven. Das ist der richtige Begriff der Nerven. Alles Reden von einer Unterscheidung der Nerven in sensitive und motorische ist, wie ich Ihnen schon öfter auseinandergesetzt habe, nur ein Unsinn.

Und ebenso wirkt Wollen, Sympathie, Phantasie und Imagination in gewisser Beziehung wieder aus dem Menschen heraus. Das ist an das Keimhafte gebunden, das muß im Keimhaften bleiben, darf daher eigentlich nie zu einem wirklichen Abschluß kommen, sondern muß im Entstehen schon wieder vergehen. Es muß im Keime bleiben, es darf der Keim in der Entwickelung nicht zu weit gehen; daher muß es im Entstehen vergehen. Hier kommen wir zu etwas sehr Wichtigem im Menschen. Sie müssen den ganzen Menschen verstehen lernen: geistig, seelisch und leiblich. Nun wird im Menschen fortwährend etwas gebildet, das immer die Tendenz hat, geistig zu werden. Aber weil man es in großer Liebe, allerdings in egoistischer Liebe, im Leibe festhalten will, kann es nie geistig werden; es zerrinnt in seiner Leiblichkeit. Wir haben etwas in uns, was materiell ist, aber aus dem materiellen Zustand fortwährend in einen geistigen Zustand übergehen will. Wir lassen es nicht geistig werden; daher vernichten wir es in dem Moment, wo es geistig werden will. Es ist das Blut - das Gegenteil der Nerven.

Nerv

Blut

Das Blut ist wirklich ein «ganz besonderer Saft». Denn es ist derjenige Saft, welcher, wenn wir ihn aus dem menschlichen Leibe entfernen könnten - was innerhalb der irdischen Bedingungen nicht geht -, so daß er noch Blut bliebe und durch die anderen physischen Agenzien nicht vernichtet würde, dann als Geist aufwirbeln würde. Damit nicht das Blut als Geist aufwirbele, damit wir es so lange, als wir auf der Erde sind, bis zum Tode in uns behalten können, deshalb muß es vernichtet werden. Daher haben wir immerwährend in uns: Bildung des Blutes - Vernichtung des Blutes, Bildung des Blutes - Vernichtung des Blutes und so weiter durch Einatmung und Ausatmung." (Lit.: GA 293, S. 38f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wiktionary: Nerv – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1.  Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann: Physiologie des Menschen. mit Pathophysiologie. 31., überarbeitete und aktualisierte Auflage. SpringerMedizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-01650-9, S. 72.
  2. Klassifikation nach Erlanger und Gasser - Artikel im DocCheck Flexikon , abgerufen am 17. Juni 2018.