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Gilgul Neschamot
Gilgul Neschamot, auch Gilgal Neschamot (hebr. גִלְגּוּל נְשָמוֹת, von גַּלְגַּל galgal „Rad“ und נְשָׁמָה neschama „Atem, Hauch“, wörtl. „das Rollen der Seelen“; vgl. das Rad der Wiedergeburten im Buddhismus) oder kurz Gilgul oder Gilgal bezeichnet die in der jüdischen Mystik verbreitete Lehre der Seelenwanderung, die ähnlich in fast allen orientalischen Mysterien, im Hinduismus, Buddhismus und auch von Pythagoras gelehrt wurde und nicht mit der Reinkarnation des Geistes verwechselt werden darf.
Bei der Reinkarnation wird das menschliche Ich in einem physischen Leib wiedergeboren. Die Seelenwanderungslehre, wie sie auch in der Kabbala gelehrt wird, beruht hingegen primär darauf, dass die unverwandelten Begierden des Menschen nach dem Tod im Kamaloka dem Astralleib eine tierische Gestalt verleihen. Ähnlich geschieht es auch, wenn der Astralleib im Zuge des geistigen Schulungswegs herausgehoben wird. Um das zu verhindern, musste der Geistesschüler zuvor streng auf eine entsprechende seelische Läuterung (Katharsis) hinarbeiten. Die abgelegten Astralleiber der Toten können dann in verschiedener Weise auch in die irdische Welt hereinwirken (siehe unten).
Der Begriff Gilgul Neschamot kommt in dieser vollständigen Form zwar im Tanach, der hebräischen Bibel nicht vor, wird aber in den Überlieferungen des Talmud an einzelnen Stellen kontrovers diskutiert und ist ein zentrales Element der Kabbala, so etwa im Sefer ha-Bahir („Buch der Erleuchtung“), das als ältestes kabbalistisches Werk gilt, und in dem Ende des 13. Jahrhunderts weithin bekannten Sefer ha-Sohar („Buch des Glanzes“), das die Seelenwanderungslehre für eine Weile zum Allgemeingut des osteuropäischen Judentums machte.
Mehrmals erwähnt wird im Tanach bzw. im Alten Testament jedoch ein bzw. mehrere als Gilgal bezeichnete Orte, deren geographische Zuordnung allerdings unsicher ist. So etwa auch bei der Entrückung Elijas. Dass damit in Wahrheit kein äußerer „Ort“ gemeint ist, hat Rudolf Steiner klar gemacht:
„Ich möchte hier die Bibel ganz genau anführen; sie sagt: «Um die Zeit aber, da Jahve Elias im Wetter gegen Himmel fahren ließ, ging Elias mit dem Elisa aus dem Gilgal hinweg.» (2. Könige 2,1 EU) Das ist kein Ort. Auch die Bibel meint damit keinen Ort. «Gilgal» heißt nichts anderes als «Herumwälzung». Gemeint ist damit ein technischer Ausdruck: Das Wälzen, das Durchgehen der Seele durch Geburt und Tod, das Leben der Seele innerhalb des physischen Leibes, wie die Seele von physischem Leib zu physischem Leib geht. Das nannte man Gilgal.“ (Lit.: GA 61, S. 215)
In dem auf den Lehren Rabbi Isaak Lurias (1534–1572) beruhendem Schaar ha-Gilgulim („Tor der Wiedergeburten“) werden umfassend und präzise die verwickelten Gesetzmäßigkeiten der kabbalistischen Wiedergeburtslehre im Sinne der Seelenwanderung beschrieben, wobei ausdrücklich auf einzelne Verse im Tanach verwiesen wird. Geschildert wird die Wiedergeburt von fünf verschiedenen Seelenteilen, die den höheren seelischen und geistigen Wesensgliedern entprechen: Nephesch (Empfindungsseele), Ruach (Verstandes- und Gemütsseele), Neschama (Bewusstseinsseele/Geistselbst), Chaya (Lebensgeist) und Yechida (Geistesmensch). Jede dieser fünf Seelen wurde zusammen mit den entsprechenden Organen Adams geschaffen. Und so wie es niedere und höhere Organe gibt, gibt es auch niedere und höhere Seelenarten. Jede menschliche Seele ist ein Funke (hebr. נִיצוֹץ, nitzotz) der Seele Adams. Durch den Sündenfall wurden diese Seelenarten durcheinandergebracht und selbst den reinsten wurde etwas von den geistverlassenen "Schalen" (Qlīpōt) beigemischt, die durch den Bruch der Gefäße (Schvirat ha-Kelim) entstanden waren, nachdem die inneren sechs Sephiroth, von Chesed abwärts bis Jesod, der Gewalt des zum Strahl geformten göttlichen Lichts nicht standgehalten hatten und seitdem die Grundlage des Bösen bilden. Die Verwirrung der Seelen wird nach Isaak Luria erst mit dem Erscheinen des Messias verschwinden. Bis dahin kann die Seele nicht zu ihrer Quelle zurückkehren und erlöst werden, sondern muss durch zahllose Wiedergeburten wandern - nach Luria nicht nur in menschlichen Körpern, sondern auch in Tieren, Pflanzen und sogar in unbelebten Dingen wie Flüssen, Holz und Stein. Das bezieht sich aber nicht wie bei der Reinkarnation auf das Ich, sondern auf den Astralleib oder auf Teile von ihm.
"Wenn ein Mensch sündhaft gestorben ist, muss er die Strafen der Seelenwanderung an mancherlei Orten aushalten. Nur wenige Menschen sind davor bewahrt, in ein Tier, Mineral oder eine Pflanze einzugehen.
Ein Beamter, der sich über das Volk erhebt, wandert in den Körper einer Biene. Dasselbe Schicksal widerfährt einem übermäßigen Schwätzer.
Wer Blut vergossen hat, dessen Seele fährt in das Wasser und wird dort ruhelos hin- und hergewälzt. Wenn die Menschen diese Pein kennen würden, dann würden sie immer weinen. Am größten ist die Qual in einem Wasserfall. Wer ein Verbrechen begangen hat, das mit Erdrosseln hätte bestraft werden müssen, wird in seinen nachfolgenden Leben ständig im Wasser ersäuft. Ehebrecher und Ehebrecherinnen werden zusammen in das sich ständig drehende Rad einer Wassermühle gebannt. Wer schlecht von dem anderen spricht und verleumdet, der wird zu einem stummen Stein. Wer einem Juden unreine Speise vorsetzt, wird in ein vom Wind bewegtes Blatt verkörpert. Wer seine Hände nicht reinigt, wird zu Wasser. Dasselbe widerfährt dem, der die vorgeschriebenen Danksagungen nicht spricht." (Lit.: Luria, IV,I,19, zit. nach Werner, S 200)
Deutlich wird dabei zwischen lebenslanger Inkarnation (Gilgul) und bloß vorübergehenden Inkorporation einer fremden guten Seele (Ibbur) oder bösen Seele (Dibbuk) unterschieden.
"In den vorausgehenden Ausführungen ist gesagt worden, dass in allen Seelen eine Mischung von Gutem und Bösem vorhanden ist. Sie kommen aus ihrem himmlischen Zustand vor der Geburt in diese Welt, um das Gute durch Ausscheidung des Bösen wiederherzustellen. Die einen kommen in diese Welt durch das Geheimnis der Seelenwanderung, die anderen durch das der Seelenschwängerung. Ich habe jetzt darzulegen, was Seelenwanderung (Gilgul) und Seelenschwängerung (Ibbur) bedeuten.
Seelenwanderung findet statt, wenn bei der leiblichen Geburt eines Kindes zugleich eine für dieses bestimmte Seele mit in die Welt eintritt. Diese muss dann alle Schmerzen und Mühen empfinden, die über diesen Körper von seiner Geburt an bis zu seinem Tod kommen. Die Seele kann den Körper nicht eher verlassen, bis er gestorben ist. Seelenschwängerung aber findet statt, wenn eine Seele in den Körper eines schon mit einer Seele geborenen und heranwachsenden Menschen kommt. Wenn in einen solchen Menschen noch eine andere Seele gelangt, ist diese gleichsam wie eine Schwangere, die außer ihrem Leib noch einen anderen in sich hat. Daher kommt der Ausdruck Seelenschwängerung. Diese erfolgt, wie schon gesagt, erst bei einem heranwachsenden Menschen, das heißt bei einem Menschen, der mindestens 13 Jahre und einen Tag alt ist.
[...]
Diese Seelenschwängerung geschieht aus zwei Gründen: Zum Einen erfolgt sie, wenn die neu hinzukommende Seele In ihrem früheren Erdenleben ein Gebot nicht erfüllen konnte. Diese Pflichtverletzung ist aber nicht so schwer, dass sie deshalb noch einmal eine Seelenwanderung durchmachen muss. Sie kommt daher in jenen Menschen nur, um die ihr entgangene Gelegenheit zur Erfüllung jener Pflicht nachzuholen.
Zum Anderen kommt jene Seele zu der schon vorhandenen hinzu, wenn der Besitzer dieser ersten Seele die andere nötig hat, damit sie ihm helfe, ihn gerecht mache und regiere. Dann ist die hinzukommende Seele frei von Mängeln. In beiden Fällen erfolgt die Seelenschwängerung erst in einem Alter von 13 Jahren und einem Tag.
Im Übrigen besteht zwischen beiden Fällen folgender Unterschied. Wenn die schwängernde Seele zu der ursprünglichen hinzukommt, um einen eigenen Mangel auszugleichen, so verbreitet sie sich wie die bereits vorhandene durch den ganzen Körper, erduldet wie diese alle Schmerzen und Mühen des Körpers und muss in ihm so lange verweilen, bis sie die noch ausstehenden Pflichten erfüllt hat. Dann trennt sie sich wieder von jenem Menschen.
Wenn aber die schwängernde Seele in einen Menschen kommt, weil dieser ihre Unterstützung nötig hat, so erduldet sie keinerlei Schmerzen und Mühen dieses Körpers, da sie ja nicht selbst an einem Mangel leidet und nicht um ihrer selbst willen gekommen ist. Daher ist ihr auch keine Zeit vorgeschrieben, vor deren Ablauf sie sich nicht von jenem Körper trennen dürfte. Vielmehr bleibt sie in jenem Körper so lange, wie sie es für richtig hält. Wenn der Mensch Gutes tut, so verweilt sie bei ihm und vereinigt sich mit ihm um so inniger, je besser der betreffende Mensch wird. Wenn er dagegen Schlechtes tut und schlecht wird, so trennt sie sich aus eigenem Antrieb von ihm.
[...]
Zuweilen kann es geschehen, dass in einem eben geborenen Körper nicht nur eine Seele das Dasein auf Erden erneut durchmacht, sondern zur gleichen Zeit zwei, drei, ja sogar vier sich mit diesem Körper zu einer neuen Erdenwanderung verbinden. Sie müssen aber von gleicher Natur sein. Mehr als vier können aber in demselben Körper nicht vereinigt sein. Der Zweck dieser Vereinigung ist ihre gegenseitige Unterstützung in der Sühnung der Schuld, die der Grund für ihr neues Erdenleben ist. Manchmal beherbergt jener Körper nur eine Seele, die zum ersten Mal ein neues Erdendasein erdulden muss. Aber es kommt auch vor, dass bei einer erstmalig wandernden Seele solche dabei sind, die dies schon zwei Mal oder drei Mal erduldet haben. Aber mehr als eine erstmalig wandernde und drei wiederholt wandernde Seelen sind nie in einem Körper.
Ebenso können sich bei einer Seelenschwängerung nie mehr als drei andere schwängernde Seelen vereinigen.
Doch im Gegensatz zu der Seelenwanderung, bei der die verschiedenen Seelen alle zugleich in den neugeborenen Körper kommen, erfolgt bei der Seelenschwängerung der Hinzutritt mehrerer Seelen zu der ursprünglichen in einer bestimmten Reihenfolge. Zuerst kommt eine Seele, die wegen ihrer geringeren Vollkommenheit tiefer steht, hinzu, dann die vollkommenere und schließlich diejenige, die alle überragt." (Lit.: Luria, I,V, zit. nach Werner, S 194ff)
"Der Mensch muss so lange neue Seelenwanderungen durchmachen, bis alle Teile seiner Seele von allen Mängeln der früheren Leben auf Erden vollständig beseitigt sind." (Lit.: Luria, I,VI,1, zit. nach Werner, S 198)
Auch heute noch ist die Wiedergeburtslehre im orthodoxen Judentum weit verbreitet, namentlich bei den Chassidim, wo sie schon von dem Begründer der osteuropäischen chassidischen Bewegung, Rabbi Israel ben Elieser (1698–1760), ausgeht.
Siehe auch
Literatur
- Isaak Luria: Das Buch von der Seelenwanderung
- Helmut Werner: Die Kabbala, Komet Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-89836-165-1
- Rudolf Steiner: Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung, GA 61 (1983), ISBN 3-7274-0610-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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