Naturgesetz

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Die Naturgesetze sind nach heutigem Verständnis die grundlegenden Gesetze der physischen Welt und werden gegenwärtig im Rahmen der Physik zumeist in mathematischer Form beschrieben und daher auch zutreffender als physikalische Gesetze bezeichnet. Dabei geht es zunächst um den gesetzmäßigen begrifflichen Zusammenhang der Wahrnehmungen, der sich durch das Denken aus der Naturbeobachtung und den sich daran anschließenden Experimenten enthüllt.

„Ein Naturgesetz ist ja nichts anderes als der begriffliche Ausdruck für den Zusammenhang gewisser Wahrnehmungen.“ (Lit.:GA 4, S. 124)

Die physikalisch-chemischen Gesetze bilden allerdings nur die unterste Ebene der Naturgesetze überhaupt. Streng gültig sind sie nur in der mineralisch-toten Welt. Das Leben und noch weniger das beseelte Leben lässt sich entgegen einer heute weit verbreiteten Meinung nicht auf diese Gesetzmäßigkeiten reduzieren, sondern folgt eigenen, höheren Gesetzen.

Die geistige Grundlage der Naturgesetze

Galileo Galilei – Porträt von Justus Sustermans, 1636
Galileis Unterschrift
Galileis Unterschrift

Einer der bedeutensten Wegbereiter der neuzeitlichen Naturwissenschaft war Galileo Galilei (1564-1642), dessen Leistungen Rudolf Steiner wiederholt hervorgehoben hat. Galilei wird der bekannte Ausspruch: „Messen, was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht meßbar ist“ (→ Messbarmachung) zugesprochen, der zwar in seinen Schriften in dieser Form nicht nachweisbar ist, aber seine Grundhaltung als Forscher treffend wiedergibt, die auf die Formulierung quantitativ erfasster Naturgesetze abzielt.

„Galilei stand durchaus auch auf dem Standpunkt, auf dem alle großen Geister der Weltentwickelung gestanden haben, daß in den Naturerscheinungen, in den Naturtatsachen etwas wie Buchstaben gegeben ist, die den Geist der göttlich-geistigen Wesenheiten zum Ausdruck bringen. Der menschliche Geist ist dann dazu da, um zu lesen, was die göttlich-geistigen Wesenheiten in die Formen der Mineralien, in den Verlauf der Naturerscheinungen, selbst in den Verlauf der Sternbewegungen hineingeschrieben haben. Die menschliche Natur ist dazu da, zu lesen, was der göttliche Geist gedacht hat. Nur unterscheidet sich der göttliche Geist von dem menschlichen im Sinne Galileis dadurch, daß für den göttlichen Geist alles, was es gibt zum Denken, auf einmal unbegrenzt von Raum und Zeit in einem Augenblicke ausgedacht ist.

Nehmen wir das nur für ein Gebiet - für das Gebiet der Mathematik -, so werden wir schon sehen, wie eigenartig dieser Gedanke war. Denken Sie sich, wenn jetzt einer die ganze Mathematik, so weit sie schon von Menschen studiert ist, gebraucht, so muß er sich lange quälen, bis er sie beherrscht. Diejenigen, die hier sitzen, werden wissen, wie sehr die Auffassung mathematischer Gedanken durch den Menschen von der Zeit abhängig ist. Nun dachte Galilei sich: Was der Mensch im Laufe langer Zeiten erfaßt, das ist für den göttlichen Gedanken in einem Augenblicke da, ist nicht begrenzt von Raum und Zeit. Der menschliche Geist - dachte er sich - muß vor allen Dingen nicht glauben, daß er mit seinem Verstande, der an Raum und Zeit gebunden ist, den göttlichen Geist schnell erfassen kann, er muß versuchen, Schritt für Schritt zu beobachten, lichtvoll die einzelnen Erscheinungen zu beobachten. Er muß nicht glauben, daß man die einzelnen Erscheinungen überfliegen kann, daß man überspringen kann, was Gott als Grund der Erscheinungen vorgedacht hat. Galilei sagte sich: Es ist übel bestellt mit den Denkern, die nicht durch strenge Beobachtung dessen, was vor unserem Verstande in der Natur ausgebreitet ist, zur Wahrheit kommen wollen, sondern die durch ihre Spekulation, indem sie die einzelnen Dinge überfliegen, schnell zur Wahrheit kommen wollen. - Aber Galilei sagte das aus anderen Gründen, als es die sind, aus denen man dies heute oft sagt. Denn nicht deshalb wollte Galilei den menschlichen Geist auf die Beobachtungen beschränken, weil er geleugnet hatte, daß der große Geist mit den «Vorgedanken» dahintersteht, sondern weil ihm dieser göttliche Geist so groß und gewaltig und erhaben dadurch erschien, daß alles, was überhaupt an «Vorgedanken» da ist, in einem Augenblicke vorhanden ist, weil der menschliche Geist eine unendliche Zeit zur liebevollen Entzifferung der Buchstaben braucht, um nach und nach hinter die einzelnen Gedanken zu kommen. Aus Demut, wie tief der menschliche Verstand unter dem göttlichen Verstande steht, ermahnte Galilei seine Zeitgenossen: Ihr könnt nicht mehr hinter die Dinge schauen, - nicht, weil die Menschen es überhaupt nicht konnten, sondern weil die Zeit dafür abgelaufen ist.“ (Lit.:GA 60, S. 294ff)

Walter Heitler (1904-1981), war ein deutscher Physiker und Professor für theoretische Physik in Zürich. Er arbeitete hauptsächlich an der quantenmechanischen Beschreibung chemischer Bindungen und veröffentlichte auch eine Reihe naturphilosophischer und wissenschaftskritischer Bücher, in denen er die Gefahren einer einseitig mechanistisch-reduktionistischen Weltsicht aufzeigte.

Naturgesetze sind, wie auch viele Physiker betonen, etwas Geistiges.

„Ein mathematisch formuliertes Gesetz ist etwas Geistiges. Wir können es so nennen, weil es menschlicher Geist ist, der es erkennt. Der Ausdruck Geist mag heute, wo ein überbordender Materialismus und Positivismus seine zum Teil recht üblen Blüten treibt, nicht sehr populär sein. Aber eben deshalb müssen wir uns darüber klar werden, was Naturgesetz und Naturerkenntnis ist. Die Natur folgt also diesem nicht-materiellen geistigen Element, dem Gesetz. Folglich sind auch geistige Elemente in der Natur selbst verankert. Zu diesen gehört die Mathematik, die zur Formulierung des Gesetzes nötig ist, sogar hohe und höchste Mathematik. Anderseits ist der Forscher der begnadet ist, eine Entdeckung zu machen in der Lage, eben dieses die Natur durchdringende geistige Element zu durchdringen. Und hier zeigt sich die Verbindung zwischen dem menschlichen, erkennenden Geist und den in der Natur existierenden transzendenten Elementen. Am besten sehen wir die Sache, wenn wir uns der Platonischen Ausdrucksweise bedienen, obwohl Plato diese Art von Naturgesetz noch nicht kannte. Demnach wäre das Naturgesetz ein Urbild, eine «Idee» - im Sinne des griechischen Wortes Eidea - dem die Natur folgt und die der Mensch wahrnehmen kann. Das ist es dann, was man den Einfall nennt. Durch dieses Urbild ist der Mensch mit der Natur verbunden. Der Mensch, der es erkennen kann, die Natur, die ihm als Gesetz folgt.“

Walter Heitler: Naturwissenschaft ist Geisteswissenschaft, S. 14f.

Carl Friedrich von Weizsäcker betonte in einem zusammen mit Friedrich W. Schmahl für das Deutsche Ärzteblatt veröffenlichten Artikel, dass mit der Entwicklung der Quantentheorie auch der Descartessche Dualismus von Geist und Materie, von Subjekt und Objekt, endgültig hinfällig geworden sei:

„Für die Denkstrukturen der modernen Physik hat die Quantentheorie zentrale Bedeutung...

Diese hat schon in den 20er Jahren gezeigt, dass die atomaren Strukturen nicht mehr entsprechend der anschaulichen Vorstellungswelt der klassischen Physik als Gegenstände, als körperlich fassbare Teilchen, im Sinne der Descartesschen res extensa verstanden werden können (2, 5). Sie sind bisher zusammenhängend und widerspruchsfrei nur als mathematische Strukturen beschrieben worden.

Die Quantentheorie erzwingt ein neues Nachdenken über die Beziehung von Subjekt und Objekt, von Seele und Leib. Bohr, Heisenberg und andere Wissenschaftler der Kopenhagener Physikergruppe sahen bereits in den 20er und 30er Jahren, dass – bedingt durch die Quantentheorie – die Descartessche substanzielle Trennung von Subjekt und Objekt in der modernen Naturwissenschaft nicht durchgehend aufrechterhalten werden kann (2, 6).“

F. W. Schmahl, C. F. v. Weizsäcker: Moderne Physik und Grundfragen der Medizin, S. A-165 f.[1]

Die physikalischen Gesetze, die dem rationalen Verstand zugänglich sind, bilden nur die unterste Schicht. Höhere Gesetze gestalten das Lebendige. Heitler bezieht in diesem Zusammenhang auch die Sphärenharmonie mit ein.

„Soweit wir bis jetzt gesehen haben, beheimatet die Welt der Transzendenz die mathematischen und physikalischen Gesetze, die wir mit dem Organ unseres Verstandes erfassen. Sie ist unendlich viel reicher, reicher auch besonders an vielem, was dem rationalen, analysierenden Verstand nicht zugänglich ist - wie wir in den folgenden Kapiteln sehen werden. Wir haben allen Grund, bescheiden zu sein vor dem, was wir nicht kennen; unsere heutigen Erkenntnisse mögen noch so groß sein - was wir nicht können, ist noch viel größer. Könnte es nicht sein, daß die «Harmonie der Sphären» auch in der Welt der Transzendenz ihre Heimat hat (gleichgültig, wie es mit den Keplerschen Verhältnissen steht) und nicht bloß Phantasie ist, aber daß uns heute das Erkenntnisorgan fehlt, sie zu erkennen?“

Walter Heitler: Die Natur und das Göttliche, S. 46
Sir Arthur Stanley Eddington (1882–1944)

Der Astrophysiker Arthur Stanley Eddington (1882-1944), der sich auch immer wieder mit den philosophischen Implikationen und den Grenzen der Naturwissenschaft beschäftigt hatte, sprach nachdrücklich von der Irrelevanz des „Naturgesetzes“ bezüglich des Verstandes und des Bewusstseins:

„Mit „Naturgesetzen“ sind hier jene Gesetze gemeint, die in den Bereich der Geometrie, Mechanik und Physik fallen und die eine gemeinsame Eigenschaft besitzen: Sie sind letztlich auf mathematische Gleichungen reduzierbar. Man kann sie auch über eine weniger technische Eigenschaft definieren, und zwar handelt es sich um Gesetze, die im Gegensatz zu menschlichen Gesetzen niemals gebrochen werden können. Heute wird dieser Glaube an die universelle Dominanz der Naturgesetze generell als Materialismus verstanden...

Die Naturgesetze lassen sich nicht auf die unsichtbare Welt hinter den Symbolen anwenden, denn sie lassen sich nicht auf irgendetwas anderes als die Symbole anpassen, und ihre Perfektion beruht auf den mathematischen Verknüpfungen der Symbole untereinander. Man kann dieses Schema nicht auf Teile unserer Persönlichkeit anwenden, die sich genauso wenig mit Hilfe von Symbolen messen lassen, wie sich die Quadratwurzel aus einem Sonett ziehen lässt. Es besteht eine Form von Einheit zwischen den materiellen und spirituellen Welten – zwischen den Symbolen und ihren Bedeutungen – aber die Querverbindungen werden nicht durch die Begriffe der Naturgesetze geliefert...

Die Begrenzung der Naturgesetze auf einen bestimmten Bereich wäre deutlicher sichtbar ohne die Konfusion hinsichtlich der Verwendung des Wortes „Gesetz“. In menschlichen Belangen steht es für eine Regel, die gehalten oder verletzt werden kann und bisweilen durch Anreize und Strafen bekräftigt wird. In der Wissenschaft steht „Gesetz“ für eine Regel, die niemals gebrochen werden kann. Wir nehmen an, dass es in der Zusammensetzung der Dinge irgendetwas gibt, was ihre Verletzung unmöglich macht. Daher sind in der physischen Welt das, was ein Körper tut und tun sollte, identisch; aber wir sind uns einer anderen Ebene bewusst, auf der diese Möglichkeiten keinesfalls äquivalent sind. Wir können diesen Unterschied nicht wegdiskutieren. Selbst wenn Religion und Moral als Illusion abgehakt werden, hat das Wort „sollte“ immer noch Gewicht. Die Gesetze der Logik beschreiben nicht, wie unser Verstand denkt, sie erklären nur wie er denken „sollte“.

Nehmen wir einmal an, dass wir den überzogensten Anspruch der Naturgesetze einräumen und zugestehen, dass die Verstandesprozesse durch die Naturgesetze gesteuert werden. Der Zweck dieses Eingeständnis dient nur der Betonung der Tatsache, dass der Verstand einen Horizont besitzt, der die Naturgesetze übersteigt, von denen er gesteuert wird. Wenn wir zum Beispiel zugeben, dass jeder Gedanke durch eine charakteristische Konfiguration von Atomen im Gehirn repräsentiert wird und die Naturgesetze die Art und Weise regulieren, wie eine Atomkonfiguration der anderen folgt, dann bestimmen diese auch, wie ein Gedanke auf den nächsten folgt. Allerdings folgt im Kopf eines Kindes auf den Gedanken: „Was ist sieben mal neun?“ nicht selten der Gedanke „65“. Was ist schiefgelaufen? In den Momenten zwischen den beiden Gedanken entwickelte sich alles entsprechend der unverletzbaren Naturgesetze. Trotzdem beharren wir darauf, dass etwas schiefgelaufen ist. So eng wir das Denken auch mit der Mechanik des Gehirns verknüpfen, erweist sich diese Beziehung sofort als unwichtig, sobald wir eine grundlegende Eigenschaft des Denkens heranziehen, nämlich ob wir richtig oder falsch gedacht haben... Unsere Zufriedenheit mit dem ersten Gehirn hat keinen Bezug zu den Naturgesetzen, sondern basiert auf der Art des Gedankens, der produziert wird, und dies involviert die Würdigung einer anderen Art von Gesetzen – Gesetze, die befolgt werden sollten, aber auch gebrochen werden können. Verwirf die Idee, dass die Naturgesetze die Religion verschlingen könnten; sie können nicht einmal die Multiplikationstabellen im Alleingang lösen.“

Arthur Eddington: Die Wissenschaft und das Unsichtbare, Kapitel V

Die Naturgesetze sind keineswegs abgesondert von der Natur vorhanden, sondern bilden mit dieser zusammen ein untrennbares Ganzes. Es liegt nur an der Natur des Menschen selbst, dass wir sie auf getrennten Wegen erfahren: Die Naturerscheinungen durch qualitative sinnliche Wahrnehmung bzw. durch quantitative messtechnische Registrierung einerseits und die Naturgesetze, indem wir den Zusammenhang der Erscheinungen denkend erfassen, andererseits. Darauf hat Rudolf Steiner schon in seinen grundlegenden erkenntnistheoretischen Werken hingewiesen. Schon in seinen Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften (GA 1) schreibt Steiner:

„Was der menschliche Geist an Naturgesetzen erdenkt: es ist nicht zur Natur hinzu erfunden; es ist die eigene Wesenheit der Natur, und der Geist ist nur der Schauplatz, auf dem die Natur die Geheimnisse ihres Wirkens sichtbar werden läßt. Was wir an den Dingen beobachten, das ist nur ein Teil der Dinge. Was in unserem Geiste emporquillt, wenn er sich den Dingen gegenüberstellt, das ist der andere Teil. Dieselben Dinge sind es, die von außen zu uns sprechen, und die in uns sprechen. Erst wenn wir die Sprache der Außenwelt mit der unseres Innern Zusammenhalten, haben wir die volle Wirklichkeit.“ (Lit.:GA 1, S. 330)

In Wahrheit und Wissenschaft (GA 3) heißt es:

„Ein echtes Naturgesetz ist nichts anderes als der Ausdruck eines Zusammenhanges im gegebenen Weltbilde, und es ist ebenso wenig ohne die Tatsachen da, die es regelt, wie diese ohne jenes da sind.“ (Lit.:GA 3, S. 68)

Naturgesetze beschreiben die einseitig räumliche und zeitliche Ordnung des kosmischen Geschehens, die nur eine schattenhafte Offenbarung der viel umfassenderen geistigen Weltordnung ist, die auch eine moralische Dimension mit umfasst. Beispiele elementarer Naturgesetze sind das Trägheitsgesetz, das Gravitationsgesetz, die Maxwellschen Gleichungen der Elektrodynamik, die Relativitätstheorie, die Quantentheorie usw.

„Die Naturgesetze sind Geist, nur daß der Mensch in der gewöhnlichen Anschauung diesen Geist nur in dem schattenhaften Abglanz der Gedanken wahrnimmt.“ (Lit.:GA 52, S. 208)

„Wodurch können wir denn im gewöhnlichen Leben ein Bewußtsein von irgend etwas haben? Dadurch, daß wir es aufhalten können. Wir bekommen ein Bewußtsein von einem Teil der elementarischen Welt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind selber ein Produkt dieser elementarischen Welt in unseren Sinnesorganen. Wir werden uns unserer Sinne bewußt, indem wir einen Teil der elementarischen Welt aufhalten. Wir sind ein Produkt der geistigen Welt in unseren Nerven. Wenn wir uns unserer Nerven bewußt werden, werden wir uns in gewisser Weise der geistigen Welt bewußt, natürlich nur in Abbildern, indem wir einen Teil der geistigen Welt aufhalten. Was kennt denn der Mensch von der elementarischen Welt? Er kennt von der elementarischen Welt dasjenige, was ihm durch die Sinne widergespiegelt wird. Und was kennt der Mensch von der geistigen Welt? Er kennt das, was ihm seine Nerven widerspiegeln, das ist das, was man gewöhnlich die Naturgesetze nennt. Die Naturgesetze sind nichts anderes als ein Schattenbild, ein abgeschwächtes Spiegelbild der geistigen Welt. Und das, was der Mensch als sein inneres geistiges Leben, als seine Vernunft kennt, das ist ein abgeschwächtes Spiegelbild der äußeren Vernunftwelt. Was man in unserer Sprache Intellekt, Verstand nennt, das ist ein Abbild der Vernunftwelt, aber ein schwaches, schattenhaftes Abbild.“ (Lit.:GA 119, S. 200f)

In Wirklichkeit kommt es nicht auf die Naturgesetze als solche an, sondern auf die geistigen Wesen, die die naturgesetzlich erscheinenden Wirkungen durch ihre Taten hervorbringen.

„Diese Gesetze sind ja ganz gut, aber nicht für die Erkenntnis. Man darf die Naturgesetze nicht als etwas ansehen, was Erkenntnis gibt. Es ist damit geradeso wie bei Versicherungsgesellschaften. Man versichert dort sein Leben. Wodurch können solche Versicherungsgesellschaften bestehen? Dadurch, daß man eines Menschen wahrscheinliche Lebensdauer ausrechnet. Aus der Anzahl derjenigen Menschen, die von so und so viel Fünfundzwanzigjährigen das dreißigste Lebensjahr erreichen und so weiter, kann man dann ausrechnen, wie viele Jahre wahrscheinlich ein Dreißigjähriger noch lebt; danach versichert man ihn. Und man kommt gut durch mit der Versicherung. Das Versicherungsgesetz gilt. Aber keinem Menschen würde es einfallen, das mit seinem innersten Wesen nun in Einklang zu bringen. Sonst müßte er doch sagen: Ich bin dazumal mit dreißig Jahren versichert worden, weil mein wahrscheinlicher Tod mit fünfundfünfzig Jahren eintritt. Er müßte sich sagen: Jetzt muß ich doch sterben mit fünfundfünfzig Jahren. Er wird niemals die Konsequenz daraus ziehen, trotzdem die Rechnung durchaus stimmt; aber die Konsequenz bedeutet gar nichts für das wirkliche Leben.

Naturgesetze sind auch nur errechnet. Sie sind gut dafür, daß wir sie technisch verwenden können; sie sind gut dazu, Maschinen machen zu können, wie wir die Menschen versichern können nach Versicherungsgesetzen; aber in das Wesen der Dinge führen sie nicht hinein. In das Wesen der Dinge führt nur das wirkliche Erkennen der Wesenheiten selber hinein.

Was die Astronomen ausrechnen an Naturgesetzen des Himmels, das ist im Menschenleben wie die Versicherungsgesetze. Was eine wirkliche Initiationswissenschaft über das Wesen dessen, was da als Sonne und Mond ist, erkundet, das ist so, wie wenn ich denjenigen, der nach seiner Police lange gestorben sein müßte, nach zehn Jahren doch noch finde. Es lag in seinem Wesen, weiterzuleben.

Das wirkliche Geschehen hat im Grunde genommen gar nichts mit den Naturgesetzen zu tun. Die Naturgesetze sind gut für die Anwendung der Kräfte. Aber die Wesenheit muß durch Initiationswissenschaft erkannt werden.“ (Lit.:GA 234, S. 57f)

Die Urbilder der Naturgesetze sind im Devachan zu finden - und dort gibt es keinen Unterschied zwischen Natur- und Geistesgesetzen:

„Das Wesentliche des Devachan ist also, daß es dort keine Unterscheidung gibt zwischen Natur- und Geistesgesetz. Und so ist es auch für den Hellseher, der wirklich hindurchdringt zu den übersinnlichen Welten. Da sind diese übersinnlichen Welten recht sehr verschieden von den Welten, die hier auf dem physischen Plan herrschen. Es ist einfach nicht möglich für den Hellseher, jene Unterscheidung zu machen, die der materialistische Sinn macht, indem man sagt: Das ist bloß ein objektives Naturgesetz. - Hinter diesem objektiven Naturgesetz steht in Wahrheit immer ein Geistesgesetz, und der Hellseher kann zum Beispiel nicht über eine ausgedörrte Wiese gehen, über eine überschwemmte Gegend, kann nicht gewahr werden einen Vulkanausbruch, ohne zu denken, daß hinter dem, was Naturtatsachen sind, geistige Mächte, geistige Wesenheiten stecken. Für ihn ist ein Vulkanausbruch zugleich eine moralische Tat, wenn auch vielleicht die Moral auf einem ganz anderen Plan liegt, als man es sich zunächst träumen läßt.“ (Lit.:GA 143, S. 93f)

„Die Gedankenart, die eine Seele hat, die Gesetze, nach denen eine Naturerscheinung sich vollzieht, treten für die sechzehnblätterige Lotusblume in Gestalten auf. Das sind aber nicht starre, ruhige Gestalten, sondern bewegte, mit Leben erfüllte Formen. Der Hellseher, bei dem sich dieser Sinn entwickelt hat, kann für jede Gedankenart, für jedes Naturgesetz eine Form nennen, in denen sie sich ausprägen.“ (Lit.:GA 10, S. 126)

Wolfgang Pauli (1900-1958)

Aus imaginativen Bildern ist letztlich alles geschaffen, auch die physische Welt. Sie sind die wirksam tätigen Urbilder der Dinge. Sie sind die Ideen, die Archetypen im Sinne Platons. Die Urpflanze, von der Goethe in seiner Metamorphosenlehre gesprochen hat, ist ein Beispiel dafür. (Lit.: GA 157, S. 298) Der österreichische Physiker und Mitbegründer der Quantentheorie Wolfgang Pauli (1900-1958) hat davon sehr deutlich etwas geahnt, wenn er in einem Brief an den Physiker Markus Fierz (1912-2006), in dem er sich auf dessen 1948 im Eranos-Jahrbuch veröffentlichten Vortrag "Zur physikalisehen Erkenntnis" bezieht, schreibt:

„Die in Ihrem Vortrag formulierten Ideen haben viele Berührungspunkte mit meinen, z. B. Komplementarität und Universalität, bzw. Physik und Psychologie, vielleicht sind da aber auch einige Unterschiede. Mein Ausgangspunkt ist, welches die Brücke sei zwischen den Sinneswahrnehmungen und den Begriffen. Zugestandenermaßen kann die Logik eine solche Brücke nicht geben oder konstruieren. Wenn man die vorbewußte Stufe der Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus "symbolischen"[2] Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe des Denkens ist ein malendes Schauen dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht allein und nicht in erster Linie auf die Sinneswahrnehmungen (des betreffenden Individuums) zurückgeführt werden kann, sondern die durch einen "Instinkt des Vorstellens" produziert und bei verschiedenen Individuen unabhängig, d. h. kollektiv reproduziert werden. {Dazu paßt, was Sie Seite 12 und 13 über den Zahlbegriff gesagt haben.} Der frühere archaisch-magische Standpunkt ist nur ein klein wenig unter der Oberfläche; ein geringes abaissement du niveau mental genügt, um ihn völlig "nach oben" kommen zu lassen. Die archaische Einstellung ist aber auch die notwendige Voraussetzung und die Quelle der wissenschaftlichen Einstellung. Zu einer vollständigen Erkenntnis gehört auch diejenige der Bilder, aus denen die rationalen Begriffe gewachsen sind.

Nun kommt eine Auffassung, wo ich vielleicht mehr ein Platonist[3] bin als die Psychologen der Jungschen Richtung. Was ist nun die Antwort auf die Frage nach der Brücke zwischen den Sinneswahrnehmungen und den Begriffen, die sich uns nun reduziert auf die Frage nach der Brücke zwischen den äußeren Wahrnehmungen und jenen inneren bildhaften Vorstellungen. Es scheint mir - wie immer man es auch dreht, ob man vom "Teilhaben der Dinge an den Ideen" oder von "an sich realen Dingen" spricht - es muß hier eine unserer Willkür entzogene kosmische Ordnung der Natur postuliert werden, der sowohl die äußeren materiellen Objekte als auch die inneren Bilder unterworfen sind. (Was von beiden historisch das frühere ist, dürfte sich als eine müßige Scherzfrage erweisen - so etwa wie "Was war früher: das Huhn oder das Ei?") Das Ordnende und Regulierende muß jenseits der Unterscheidung von physisch und psychisch gestellt werden - so wie Platos "Ideen" etwas von "Begriffen" und auch etwas von "Naturkräften" haben (sie erzeugen von sich aus Wirkungen). Ich bin sehr dafür, dieses "Ordnende und Regulierende" "Archetypen" zu nennen; es wäre aber dann unzulässig, diese als psychische Inhalte zu definieren. Vielmehr sind die erwähnten inneren Bilder ("Dominanten des kollektiven Unbewußten" nach Jung) die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müßten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen.“ (Lit.: Meyenn, S 496f)

Geltungsbereich der Naturgesetze

In den Naturwissenschaften geht man davon aus, dass die physikalischen Naturgesetze für alle Naturerscheinungen im gesamten Kosmos in gleicher Weise gültig sind. Dieser Ansicht widerspricht Rudolf Steiner. Mit den physikalischen Naturgesetzen werde nur das Absterbende, Tote in der Natur erfasst, nicht das Werdende. Auch seien sie in dieser Form nur für die Erde und ihre nächste Umgebung gültig.

Physikalische Naturgesetze gelten nur für das Absterbende

„Aber wohin kommt denn anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft, indem sie in ihrer Methode Mineralisches, Pflanzliches und Tierisches erforscht? Sie kommt dazu, einzusehen, daß das, was man durch die naturwissenschaftliche Methode, was man durch die Beobachtung der äußeren Sinneswelt finden kann, gewiß auf die Erkenntnis des Menschen auch angewendet werden kann, aber nur so, daß es uns dasjenige in Begriffen erklärt, was im Menschen abstirbt: wie der Mensch stirbt, wie er schon anfängt zu sterben, wenn er geboren wird, wie er in absteigender Entwickelung ist. Wollen Sie das begreifen, was bei der Geburt beginnt an Verdorren des Menschen, was beim Tode eben in einem Augenblick zu Ende geht, wollen Sie diese ganze absteigende Entwickelung studieren, dann schauen Sie in die Natur, dann erforschen Sie alle Naturgesetze. Und wenn Sie alle Naturgesetze erforscht haben und sie anwenden auf den Menschen, dann bekommen Sie die Sterbegesetze des Menschen, dann bekommen Sie dasjenige, was am Menschen abstirbt (weiß).

Zeichnung aus GA 198, S. 239
Zeichnung aus GA 198, S. 239

Nun muß demgegenüber gesagt werden, daß in dem Augenblicke, wo das Geborenwerden stattfindet, nicht nur ein Absterben da ist, sondern auch ein Aufsteigen (rot). Diese aufsteigende Entwickelung können Sie nicht finden durch die heutige naturwissenschaftliche Betrachtung, wenn Sie diese auch noch so sehr zum Ideal hin gestaltet haben. Das, was da wiederum belebt wird im Menschen, was immerfort einfach neben diesem Absterben da ist, das läßt sich nicht begreifen aus dem Sinnlichen heraus, das läßt sich nur begreifen aus dem Übersinnlichen heraus. Anthroposophie muß die Erkenntnis des Übersinnlichen hinzufügen zu dem Sinnlichen, damit der Mensch überhaupt begriffen werden könne.“ (Lit.:GA 198, S. 239f)

Die Gültigkeit der Naturgesetze ist auf den irdischen Bereich beschränkt

„Der Mensch strebt heute in der äußeren Welt nach der Erkenntnis von Naturgesetzen. Diese Erkenntnis hält er für etwas, das er sich zum Ziele setzt und von der er glaubt, daß sie unbedingt als eine Art von Letztem erreicht werden müsse. Nun, wenn anthroposophische Geisteswissenschaft einmal mehr eingesehen werden wird, wird es etwas sehr Überraschendes sein, wenn die Menschen finden werden, daß diejenigen Naturgesetze, von denen sie heute reden, nur gelten - (es wird an die Tafel gezeichnet) wenn das die Erde ist - ein gewisses Stück über die Erde noch hinaus, nicht aber darüber hinaus. Es würde zum Beispiel der Chemiker in einer gewissen Höhe vergeblich versuchen, seine Laboratoriumsversuche [in der gewohnten Weise] zu machen, nicht nur, weil dort nicht das herrscht, was er sich analog zu den Erdengesetzen vorstellt, sondern weil dort ganz andere Gesetze herrschen.“ (Lit.:GA 343a, S. 368)

Der Orionnebel, zusamengesetzt aus einer Reihe von Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops (11. Januar 2006)

„Wenn man mit demjenigen redet, der ganz eingesponnen ist in die heute gebräuchliche Weltanschauungsrichtung, so sagt er: Ich studiere die Fallgesetze an dem fallenden Stein. Ich bekomme die Gesetze der Gravitation heraus. Dann gehe ich hinaus in die Welt und wende das auch auf die Sterne an. - Und es wird dann so gedacht: Hier ist die Erde, darauf finde ich die Naturgesetze, und da ist dann der Kosmos. Ich denke, die Gesetze, die ich hier auf Erden gefunden habe, gelten auch für den Orionnebel oder für irgend etwas.

Nun weiß jeder Mensch, daß ja zum Beispiel die Schwerkraft im Quadrat der Entfernung abnimmt, daß sie immer schwächer und schwächer wird, daß das Licht abnimmt, und ich habe schon gesagt: So nimmt auch die Wahrheit unserer Naturgesetze ab. Was wahr ist in bezug auf Naturgesetze auf unserer Erde hier, ist nicht mehr wahr da draußen im Weltenall. Das ist nur bis zu einer gewissen Entfernung wahr. Aber da draußen im Weltenall beginnt außerhalb einer gewissen Weite dieselbe Gesetzmäßigkeit, die wir antreffen, wenn wir in den Traum untertauchen. Daher sollten die Menschen sich klar sein, wenn sie hinausblicken in den Orionnebel, dann müßten sie eigentlich, um den Orionnebel zu begreifen, nicht nach der experimentellen Methode physisch denken, sondern anfangen zu träumen, denn der Orionnebel zeigt seine Gesetzmäßigkeit nach Träumen.“ (Lit.:GA 225, S. 196f)

„Der heutige physische Forscher oder Astronom, überhaupt der heutige Naturwissenschafter, was tut er? Er erforscht Naturgesetze. Er beobachtet und gewinnt dadurch Naturgesetze; oder aber er experimentiert und gewinnt dadurch Naturgesetze. Jetzt hat er sie, diese Naturgesetze; sie sind seine Wissenschaft, sie geben ihm dasjenige, was in den Dingen liegt. Mehr sollte er eigentlich nicht sagen. Aber jetzt fängt er an, auf seine Naturgesetze stolz und hochmütig zu werden und tut jetzt eine Behauptung, die er eigentlich gar nicht tun könnte, nämlich: daß diese Naturgesetze im ganzen Universum gelten. Er sagt, wenn ich auf der Erde in meinem Laboratorium etwas erforscht habe, und wenn die Bedingungen ebenso hergestellt werden könnten auf den fernsten Sternen des Weltenalls, von denen das Licht so und so viele Lichtjahre braucht, um zur Erde zu kommen — die Menschen geben ja vor, daß sie sich bei diesen Dingen etwas vorstellen können —, so würden, wenn eben dort die Bedingungen ebenso hergestellt werden könnten, die Naturgesetze selbstverständlich dort auch gelten, denn diese Naturgesetze sind eben von absoluter Gültigkeit.

Ja, aber so ist es nicht. Wenn hier eine Lichtquelle ist, so leuchtet sie in der Umgebung zunächst stark. In weiterer Verbreitung ist die Lichtstärke wesentlich geringer; wenn wir noch weiter gehen, noch geringer, und wenn wir ganz weit gehen, wird sie lichtschwach. Es nimmt da die Lichtstärke mit dem Quadrate der Entfernung ab. Das ist so beim Licht. Und das ist kurioserweise auch so auf der Erde bei Naturgesetzen.

Was Sie auf der Erde als Naturgesetze konstatieren, das wird immer ungültiger, je weiter Sie sich von der Erde entfernen. Nicht wahr, es ist ja furchtbar, so etwas auszusprechen, und vor dem geregelten Naturforscher muß man eben ein wirklicher Idiot sein, wenn man so etwas ausspricht, selbstverständlich. Das versteht man ja ganz gut, denn wenn man zu diesen Dingen kommt, so kann man sich sehr leicht in die Seele eines gegenwärtigen Naturforschers hineinversetzen. Nur das Umgekehrte ist nicht der Fall: er kann sich nicht in die Seele des Geistesforschers hineinversetzen. Wie der Naturforscher zu alledem kommt, was er behauptet, das weiß der Geistesforscher sehr gut, nur eben das Umgekehrte ist nicht der Fall. Daher sind auch zumeist die Kritiken über die Geistesforschung, die von naturforscherischer Seite ausgehen, von jener Seite ja vollständig berechtigt; aber sie besagen weiter nichts, als daß sich der Naturforscher bei den Aussagen des Geistesforschers nichts denken kann. Das muß man ihm aber glauben, denn das ist so. Er kann sich eben nichts denken. Er muß eben zuerst ein Geistesforscher werden, wenn man überhaupt mit ihm polemisieren will. Daher ist alles Polemisieren mit demjenigen, der ein Naturforscher bleiben will und sich nichts denken kann bei den Ergebnissen der Geistesforschung, etwas ganz Vergebliches.

Zeichnung aus GA 84, S. 107
Zeichnung aus GA 84, S. 107

Nun, das bezüglich des Lichtes wird ja der Naturforscher zugeben - das ist ja natürlich sein eigenes Resultat -, bezüglich der Naturgesetze wird er es nicht zugeben. Aber schon bezüglich des Lichtes muß der Geistesforscher eine Einschränkung machen. Sehen Sie, der Naturforscher sagt, wenn das Licht da ausstrahlt, so nimmt seine Lichtstärke immer mehr und mehr ab, eben je weiter man hinauskommt, und zuletzt wird es so, daß man die Lichtstärke von der Null nicht mehr unterscheiden kann. Aber sehen Sie, eine solche Behauptung ist genau ebenso gescheit, wie wenn einer sagt: Ich habe hier einen Ball, der ist elastisch; den drücke ich jetzt ein. - Nun, in Wirklichkeit hat der Ball dann das Bestreben, wie Sie wissen, nach der anderen Seite auszuschlagen. Die Elastizität treibt die Oberfläche hin und her. Nun sagt einer: Das kann ja gar nicht sein; wenn ich da überhaupt etwas Elastisches einbiege, so muß das immer weiter und weiter sich biegen; nur wird es zuletzt hier so schwach, daß man es nicht mehr sieht, nicht mehr wahrnehmen kann. - Aber es ist eben nicht so. Das Elastische schnellt wieder zurück. Geradeso ist es mit dem Licht. Das Licht breitet sich ja nicht so aus, daß man sagen kann: da draußen ist es so schwach, daß es schon bald in die Finsternis hineinkommt, aber es breitet sich immer weiter aus. Das ist eben nicht wahr. Es breitet sich nur bis zu einem gewissen Punkte, bis zu einer gewissen Kugelschale aus, und dann schnellt es zurück. Und indem es zurückkommt, sieht es nur der Geistesforscher, nicht der Naturforscher. Denn wenn das Licht seine Elastizität erschöpft hat und zurückschnellt, kommt es als Geist, als Übersinnliches zurück. Da wird es dann vom Naturforscher nicht wahrgenommen. Es strahlt kein Licht aus, das nicht an eine gewisse Grenze kommt, wieder zurückstrahlt und als Geist zurückkommt. Aber dasjenige, was ich Ihnen hier für das Licht sagen möchte, ist auch für die Naturgesetze so. Die Naturgesetze nehmen in bezug auf ihre Gültigkeit ab, je weiter ich da in die Umgebung hinauskommen würde. Aber das geht nur bis zu einer gewissen Kugelschale; dann kommt alles wieder zurück. Dann aber kommen die Naturgesetze als sinnvolle Gedanken zurück. Und das ist der Weltenäther.

Der Weltenäther hat nicht eine radial ausstrahlende Bewegung in bezug auf die Erde, sondern eine hereinkommende Bewegung, eine von allen Seiten herankommende Bewegung. Aber das, was in dieser Einstrahlung auf die Erde lebt, das sind überall sinnschöpferische Gedanken. Eine Gedankenbildekräfte weit ist zugleich der Weltenäther. Aber noch einen Haken hat dieses. Wenn ich hier auf Erden Gedanken so fasse, wie man sie faßt, daß man zu Naturgesetzen kommt, da sind die Gedanken so hübsch eben in Linien gebildet, wenn ich mich figürlich ausdrücken darf, daß man dann sagen kann: es gibt eine gewisse Konstanz des Stoffes, eine Konstanz der Kraft. Es gibt einen Brechungsexponenten der Lichtlehre und so weiter. Man formuliert durch Gedanken dasjenige, was im Materiellen lebt. Wenn die Gedanken aber zurückkommen, wenn man es erlebt, wie die Gedanken im Weltenäther leben, da sind sie nicht solche logischen Gedanken und nicht solche Gedanken mit scharfen Konturen, da sind sie Bildgedanken, Bilder, Imaginationen.“ (Lit.:GA 84, S. 104ff)

Erkenntnis der Naturgesetze

Schon in seinen «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» hat Rudolf Steiner darauf hingewiesen, dass das, was wir uns denkend in unserem Inneren erarbeiten, keineswegs nur eine subjektive Bedeutung hat, sondern in der Eigengesetzlichkeit der objektiven Welt verankert ist, sich aber vor der bloßen Sinnesanschauung verhüllt. Dabei sind zwei Punkte zu beachten:

"1. Die Dinge, die uns in der Erfahrung als einzelne gegenübertreten, haben einen inneren Bezug aufeinander. Sie sind in Wahrheit durch ein einheitliches Weltenband zusammengehalten. Es lebt in ihnen allen ein gemeinsames Prinzip.
2. Wenn unser Geist an die Dinge herantritt und das Getrennte durch ein geistiges Band zu umfassen strebt, so ist die begriffliche Einheit, die er herstellt, den Objekten nicht äußerlich, sondern sie ist herausgeholt aus der inneren Wesenheit der Natur selbst. Die menschliche Erkenntnis ist kein außer den Dingen sich abspielender, aus bloßer subjektiver Willkür entspringender Prozeß, sondern, was da in unserem Geist als Naturgesetz auftritt, was sich in unserer Seele auslebt, das ist der Herzschlag des Universums selbst." (Lit.: GA 1, S. 283)

Später hat Rudolf Steiner diesen Zusammenhang ausführlicher dargestellt.

"Aber denken Sie einmal nach, wie diese Naturwissenschaft ausgebildet wird. Man untersucht, man untersucht denkend. Sie können unmöglich, wenn Sie eine Wissenschaft ausbilden wollen über das, was sich als Sinnesteppich ausbreitet, eine Wissenschaft, die in logischen Gedanken verläuft, diese logischen Gedanken aus der Außenwelt heraus gewinnen. Wenn das, was als Gedanken ~ und Naturgesetze sind ja auch Gedanken -, wenn das, was als Gesetze der Außenwelt erkannt wird, aus der Außenwelt selbst folgte, ja, dann wäre ja nicht notwendig, daß wir irgend etwas lernten über die Außenwelt, dann müßte derjenige, der zum Beispiel sich dieses Licht da ansieht, ganz genau die elektrischen Gesetze und so weiter wissen, wie der andere, der es gelernt hat! Ebensowenig weiß der Mensch, wenn er es nicht gelernt hat, irgend etwas, sagen wir über die Beziehung eines Kreisbogens zum Radius und so weiter. Da bringen wir die Gedanken, die wir in die Außenwelt hineintragen, aus unserem Inneren hervor.

Ja, es ist so: Dasjenige, was wir als Gedanken in die Außenwelt hineintragen, bringen wir aus unserem Inneren hervor. Wir sind zunächst dieser Mensch, der als Hauptesmensch konstruiert ist. Dieser sieht auf den Sinnesteppich hin. Im Sinnesteppich drinnen ist dasjenige, was wir durch Gedanken erreichen (siehe Zeichnung Seite 198, weiß) und zwischen diesem und zwischen dem, was wir in unserem eigenen Inneren haben, was wir nicht wahrnehmen, ist eine Verbindung, gewissermaßen eine unterirdische Verbindung. Daher kommt es, daß wir dasjenige, was wir in der Außenwelt nicht wahrnehmen, weil es in uns

Zeichnung aus GA 205, S 198
Zeichnung aus GA 205, S 198

hineinragt, aus unserem Inneren in Form des Gedankenlebens hervorholen und in die Außenwelt hineinlegen. So ist es schon mit dem Zählen. Die Außenwelt zählt uns gar nichts vor; die Gesetze des Zählens liegen in unserem eigenen Inneren. Aber daß das stimmt, rührt davon her, daß zwischen diesen Anlagen, die da sind in der Außenwelt und unseren eigenen irdischen Gesetzen, ein unterirdischer Zusammenhang ist, ein unterkörperlicher Zusammenhang, und so holen wir die Zahl aus unserem Inneren heraus. Die paßt dann zu dem, was draußen ist. Aber der Weg ist nicht durch unsere Augen, nicht durch unsere Sinne, sondern der Weg ist durch unseren Organismus. Und dasjenige, was wir als Mensch ausbilden, das bilden wir als ganzer Mensch aus. Es ist nicht wahr, daß wir durch die Sinne irgendein Naturgesetz erfassen; wir erfassen es als ganzer Mensch." (Lit.: GA 205, S. 197f)

Goetheanismus

Urphänomene statt Naturgesetze

Schon der Begriff Naturgesetz verweist auf seinen eigentlichen Ursprung im Rechtsleben. Goethe schien diese juristische Denkungsart ungeignet für die Naturbetrachtung und strebte in seinen Naturstudien, besonders in seiner Farbenlehre, nicht nach der Formulierung von quantitativ auswertbaren Naturgesetzen, sondern nach der Entdeckung qualitativer, anschaulicher Urphänomene, aus denen sich komplexere Erscheinung ableiten lassen.

"Wir haben nämlich auch die Jurisprudenz in der Naturwissenschaft darinnen: wir sprechen von Naturgesetzen. Die Orientalen haben nicht von Naturgesetzen gesprochen, sondern vom Walten des Weltenwillens. Naturgesetz ist erst entstanden, als jener Nebenstrom aufgenommen worden ist. Da ist das juristische Gesetz eingeschlichen durch ein Fenster in das Naturerkennen und ist Naturgesetz geworden. Goethe wollte erfassen die reine Erscheinung, die reine Tatsache, das reine Phänomen, das Urphänomen. Ohne daß man reinigt unsere Naturwissenschaft von den Anhängseln der Jurisprudenz, kommen wir nicht zu einem gereinigten Geistesleben. Geisteswissenschaft erfaßt daher überall Tatsachen und weist nur auf Gesetze hin als eine Sekundärerscheinung." (Lit.: GA 195, S. 24)

"Die gegenwärtige Naturforschung macht Experimente. Sie verfolgt also die Erscheinungen, versucht dann, diese begrifflich zu verarbeiten und sucht sich Vorstellungen zu bilden über dasjenige, was hinter den Erscheinungen als die sogenannten Ursachen steht, zum Beispiel hinter der subjektiven Licht- und Farbenerscheinung die objektive Wellenbewegung im Äther.

Goethe verwendet das ganze naturwissenschaftliche Denken nicht in diesem Stile. Er geht gar nicht in seiner Naturforschung von dem sogenannten Bekannten in das sogenannte Unbekannte hinein, sondern er will immer in dem Bekannten stehenbleiben, ohne daß er sich zunächst darum bekümmert, ob das Bekannte bloß subjektiv, also eine Wirkung auf unsere Sinne oder auf unsere Nerven oder auf unsere Seele ist, oder ob es objektiv ist. Solche Begriffe, wie die der subjektiven Farbenerscheinungen und der objektiven Wellenbewegungen draußen im Raume, solche bildet sich Goethe gar nicht, sondern ihm ist dasjenige, was er ausgebreitet im Raum, was er vorgehend in der Zeit sieht, ein durchaus Einheitliches, bei dem er nicht nach Subjektivität und Objektivität fragt. Er verwendet gar nicht jenes Denken und jene Methoden, die in der Naturwissenschaft angewendet werden, dazu, um von dem Bekannten auf das Unbekannte zu schließen, sondern er verwendet alles Denken, alle Methoden dazu, die Phänomene, die Erscheinungen selbst so zusammenzustellen, daß man durch diese Zusammenstellung der Phänomene, der Erscheinungen zuletzt solche Erscheinungen bekommt, die er Urphänomene nennt, die nun wiederum, ohne daß man Rücksicht nimmt auf subjektiv und objektiv, das aussprechen, was er zur Grundlage seiner Welt- und Naturbetrachtung machen will. Also, Goethe bleibt stehen innerhalb der Reihe der Erscheinungen, vereinfacht sie nur und betrachtet dann dasjenige, was sich als einfache Erscheinungen überschauen läßt, als das Urphänomen. Goethe betrachtet also das Ganze, was man nennen kann naturwissenschaftliche Methode, nur als Werkzeug, um innerhalb der Erscheinungssphäre selbst so die Erscheinungen zu gruppieren, daß sie selbst ihre Geheimnisse aussprechen. Nirgends versucht Goethe von einem sogenannten Bekannten auf irgendein Unbekanntes zu rekurrieren. Daher gibt es für Goethe auch nicht das, was man Naturgesetz nennen kann.

Ein Naturgesetz haben Sie, wenn ich sage: Bei den Umläufen um die Sonne machen die Planeten gewisse Bewegungen, bei denen diese und diese Bahnen beschrieben werden. - Für Goethe handelte es sich nicht darum, zu solchen Gesetzen zu kommen, sondern dasjenige, was er ausspricht als die Grundlage seines Forschens, sind Tatsachen, zum Beispiel die Tatsache, wie zusammenwirken Licht und in den Weg des Lichts gestellte Materie. Wie die zusammenwirken, das spricht er in Worten aus, das ist kein Gesetz, sondern eine Tatsache. Und solche Tatsachen sucht er seiner Naturbetrachtung zugrunde zu legen. Er will nicht von dem Bekannten zu dem Unbekannten aufsteigen, er will auch nicht Gesetze haben, er will im Grunde genommen eine Art rationeller Naturbeschreibung haben. Nur daß ein Unterschied für ihn besteht zwischen der Beschreibung des Phänomens, das unmittelbar ist, das kompliziert ist, und dem anderen, das man herausgeschält hat, das nur noch die einfachsten Elemente aufweist, das dann ebenso von Goethe der Naturbetrachtung zugrunde gelegt wird wie sonst das Unbekannte oder auch der rein begrifflich festgesetzte, gesetzmäßige Zusammenhang." (Lit.: GA 320, S. 29f)

Im Lebendigen ist der Typus das innerlich tätige Prinzip

Die Naturgesetze sind zwar mit dem Ganzen der Natur untrennbar verbunden, aber sie regeln die einzelnen Erscheinungen in der toten, mineralischen Welt gleichsam von außen. Anders ist es im Bereich des Lebendigen. Hier wirkt der Typus gestaltend von innen.

„Beim Unorganischen ist es als wesentlich zu betrachten, dass die Erscheinung in ihrer Mannigfaltigkeit mit der sie erklärenden Gesetzlichkeit nicht identisch ist, sondern auf letztere, als auf ein ihr Äußeres, bloß hinweist. Die Anschauung - das materielle Element der Erkenntnis - die uns durch die äußeren Sinne gegeben ist, und der Begriff - das formelle - durch den wir die Anschauung als notwendig erkennen, stehen einander gegenüber als zwei einander zwar objektiv fordernde Elemente, aber so dass der Begriff nicht in den einzelnen Gliedern einer Erscheinungsreihe selbst liegt, sondern in einem Verhältnisse derselben zueinander. Dieses Verhältnis, welches die Mannigfaltigkeit in ein einheitliches Ganze zusammenfasst, ist in den einzelnen Teilen des Gegebenen begründet, aber als Ganzes (als Einheit) kommt es nicht zur realen, konkreten Erscheinung. Zur äußeren Existenz - im Objekte - kommen nur die Glieder dieses Verhältnisses. Die Einheit, der Begriff kommt als solcher erst in unserem Verstande zur Erscheinung. Es kommt ihm die Aufgabe zu, das Mannigfaltige der Erscheinung zusammenzufassen, er verhält sich zu dem letzteren als Summe. Wir haben es hier mit einer Zweiheit zu tun, mit der mannigfaltigen Sache, die wir anschauen, und mit der Einheit, die wir denken. In der organischen Natur stehen die Teile des Mannigfaltigen eines Wesens nicht in einem solchen äußerlichen Verhältnisse zueinander. Die Einheit kommt mit der Mannigfaltigkeit zugleich, als mit ihr identisch in dem Angeschauten zur Realität. Das Verhältnis der einzelnen Glieder eines Erscheinungsganzen (Organismus) ist ein reales geworden. Es kommt nicht mehr bloß in unserem Verstande zur konkreten Erscheinung, sondern im Objekte selbst, in welch letzterem es die Mannigfaltigkeit aus sich selbst hervorbringt. Der Begriff hat nicht bloß die Rolle einer Summe, eines Zusammenfassenden, welches sein Objekt außer sich hat; er ist mit demselben vollkommen eins geworden. Was wir anschauen, ist nicht mehr verschieden von dem, wodurch wir das Angeschaute denken; wir schauen den Begriff als Idee selbst an. Daher nennt Goethe das Vermögen, wodurch wir die organische Natur begreifen, anschauende Urteilskraft. Das Erklärende - das Formelle der Erkenntnis, der Begriff - und das Erklärte - das Materielle, die Anschauung - sind identisch. Die Idee, durch welche wir das Organische erfassen, ist somit wesentlich verschieden von dem Begriffe, durch den wir das Unorganische erklären; sie fasst ein gegebenes Mannigfaltige nicht bloß - wie eine Summe - zusammen, sondern setzt ihren eigenen Inhalt aus sich heraus. Sie ist Resultat des Gegebenen (der Erfahrung), konkrete Erscheinung. Hierin liegt der Grund, warum wir in der unorganischen Naturwissenschaft von Gesetzen (Naturgesetzen) sprechen und die Tatsachen durch sie erklären, in der organischen Natur dies dagegen durch Typen tun. Das Gesetz ist mit der Mannigfaltigkeit der Anschauung, die es beherrscht, nicht ein und dasselbe, es steht über ihr; im Typus aber ist Ideelles und Reales zur Einheit geworden, das Mannigfaltige kann nur als ausgehend von einem Punkte des mit ihm identischen Ganzen erklärt werden.“ (Lit.:GA 1, S. 85ff)

Naturgesetze und Vater-Gott

„Wenn der Mensch so, wie er nun einmal sein heutiges Bewußtsein hat, sich die Welt ringsherum anschaut, so bildet er sich mit dem kombinierenden Verstande Naturgesetze. Dadurch kommt er ja auf eine Weise, die durchaus dem heutigen Bewußtsein schon möglich ist, dazu, zu sagen: Diese Welt ist von Gedanken durchsetzt, denn die Naturgesetze sind in Gedanken erfaßbar und sind eigentlich selbst die Weltgedanken. - Man kommt dann dazu - namentlich, wenn man die Naturgesetze verfolgt bis zu derjenigen Stufe, wo sie angewendet werden müssen auf das eigene Entstehen des Menschen als physisches Wesen -, sich zu sagen: Innerhalb derjenigen Welt, die wir mit unserem gewöhnlichen Bewußtsein überschauen, von der Sinneswahrnehmung bis zum Erinnerungsspiegel, lebt ein Geistiges. - Man muß eigentlich schon als Mensch krank sein, pathologisch sein, wenn man wie der gewöhnliche atheistische Materialist dieses Geistige nicht anerkennen will. Wir stehen ja in dieser Welt, die dem gewöhnlichen Bewußtsein gegeben ist, so darinnen, daß wir aus ihr als physischer Mensch durch die physische Konzeption und die physische Geburt selber hervorgehen. Was da beobachtbar ist innerhalb der physischen Welt, das muß nämlich notwendigerweise unvollständig betrachtet werden, wenn man nicht eine allgemeine geistige Wesenheit zugrunde legt. Wir werden als physische Wesen auf physische Art geboren. Wir sind eigentlich, wenn wir als kleines Kind geboren werden, für die äußere physische Anschauung ziemlich ähnlich einem Naturwesen. Und aus diesem Naturwesen, das im Grunde genommen in einer Art von schlafendem Zustand ist, entwickeln sich die inneren geistigen Fähigkeiten heraus. Diese inneren geistigen Fähigkeiten entstehen ja erst im Laufe der künftigen Entwickelung. Man muß sich ganz notwendigerweise dazu bequemen, das, was da im Menschen entsteht als die geistigen Fähigkeiten, ebenso zurückzuverfolgen hinter Geburt und Konzeption, wie man das Wachsen der Glieder verfolgt. Dann aber kommt man eben dazu, sich auch das lebendig geistig zu denken, was man sonst an der äußeren Natur sich nur als die abstrakten Naturgesetze bildet. Und dann kommt man, mit anderen Worten, zum Konstatieren dessen, was man den Vatergott nennen kann.“ (Lit.:GA 207, S. 33f)

Die Naturgesetze als Taten der Elohim

Die Elohim, nach christlicher Terminologie Exusiai genannt, sind die führenden Schöpfergötter unserer gegenwärtigen Kosmos. Aus der auf dem alten Mond geschaffenen Weisheit haben sie die Naturgesetze gebildet, die unsere Erdentwicklung bestimmen, während der der Mensch sein Ich und daraus die Kraft der Liebe entwickeln soll.

"Warum spricht zu dem Menschen aus den Naturerscheinungen heraus kein Zufall? Warum spricht er da von Gesetzmäßigkeit? Das ist aus dem Grunde, weil nach dem Ablauf der Saturn-, Sonnen- und Mondenentwickelung eingegriffen haben die Geister der Form, die Exusiai. Und wenn Naturgesetze sich offenbaren, so sind das keine abstrakten Gesetze, sondern es sind im spirituellen Sinne die Taten der Exusiai, der Geister der Form. Und indem der Mensch hineinschaut in den Ablauf der Naturereignisse, schaut er in den Naturgesetzen die Taten der Exusiai. Aber zusammengesunken ist der Mensch in seinem Mut. Und da, wo die Exusiai nicht sprechen, wo sie nicht handgreiflich hinweisen auf das, was sie in die Naturtatsachen hineingelegt haben, da ahnt der Mensch nichts mehr davon, daß dort auch Geistiges als die Gesetzmäßigkeit spricht. Dahin aber muß es kommen, daß der Mensch von den Ereignissen, die er heute noch in das Reich des Zufalls wirft, so sprechen lernt, wie in den Naturtatsachen die Exusiai sprechen." (Lit.: GA 133, S. 58f)

Naturgesetze als Wirkung der Geister der Umlaufzeiten

Die eigentlichen dirigierenden geistigen Wesenheiten hinter den Naturgesetzen sind die Geister der Umlaufzeiten. Sie gehören zur Hierarchie der Urengel und verwirklichen die Vorgaben der Elohim. In der biblischen Schöpfungsgeschichte werden sie Jom (hebr. יום, Tag) bzw. in der Mehrzahl Jamim oder Schöpfungstage genannt, die als Diener der Elohim im Licht weben. In der Gnosis wurden sie als Äonen bezeichnet. Als Zeitgeister regeln sie den gesetzmäßigen Ablauf des Schöpfungsgeschehens. Sie leiten dabei die Elementarwesen, die ihrerseits als Naturkräfte wirken, in ihrem Tun.

"Wenn Sie dasjenige, was für das normale Bewußtsein von diesem Weltenaufbau vorliegt, vergleichen wollen mit diesem Weltenaufbau selber, dann können Sie sich das etwa so klarmachen: der äußerste Schleier der Welt wäre diese Welt der Sinne, dahinter die Welt der Naturgeister, die Welt der Geister der Umlaufszeiten und dahinter der Planetengeist. Nun müssen wir aber sagen, daß der Planetengeist sich in seiner Wirksamkeit in einer gewissen Beziehung durchdrückt bis zur Sinneswelt, so daß man in der Sinneswelt sein Abbild in gewisser Weise wahrnehmen kann, ebenso die

Zeichnung aus GA 136, S 45
Zeichnung aus GA 136, S 45

Geister der Umlaufszeiten, ebenso die Naturgeister. So daß wir, wenn wir die Sinneswelt selber mit dem normalen Bewußtsein beobachten, in dieser Sinneswelt gleichsam wie in einem Aufdruck von hinten die Spur dieser Welten haben, die dahinter liegen, etwa so, wie wenn wir in der obersten Haut, die wir als die Sinneswelt weggezogen haben, eben die hinter dieser stufenweise wirksamen geistigen Wesenheiten hätten. Das normale Bewußtsein nimmt die Sinneswelt als ihre Wahrnehmungen wahr; die Welt der Naturgeister, die drückt sich in den Wahrnehmungen als das ab, was man die Naturkräfte nennt. Wo die Wissenschaft von Naturkräften spricht, da haben wir eigentlich nichts Wirkliches. Für den Okkultisten sind die Naturkräfte nichts Wirkliches, sondern sie sind die Maja, sie sind die Abprägung der Naturgeister, die hinter der Sinneswelt wirken.

Der Abdruck wiederum der Geister der Umlaufszeiten ist das, was man gewöhnlich für das normale Bewußtsein die Naturgesetze nennt. Alle Naturgesetze sind im Grunde genommen dadurch vorhanden, daß die Geister der Umlaufszeiten dirigierend als Mächte wirken. Naturgesetze sind nichts Wirkliches für den Okkultisten. Wenn der gewöhnliche Naturforscher von Naturgesetzen spricht und sie äußerlich kombiniert, so weiß der Okkultist, daß diese Naturgesetze in ihrer Wahrheit sich enthüllen, wenn der Mensch bei aufgewachtem Astralleib hinlauscht auf das, was die Geister der Umlaufszeiten sagen und wie sie die Naturgeister anordnen, dirigieren. Das drückt sich in der Maja, im äußeren Schein, in den Naturgesetzen aus. Und weiter geht gewöhnlich das normale Bewußtsein nicht. Zu dem Abdruck des Planetengeistes in der äußeren Welt geht gewöhnlich das normale Bewußtsein nicht. Das normale Bewußtsein der heutigen Menschheit spricht von der äußeren Wahrnehmungswelt, von den Tatsachen, die man wahrnimmt, spricht von den Naturkräften: Licht, Wärme, Magnetismus, Elektrizität und so weiter, Anziehungskraft, Abstoßungskraft, Schwere und so weiter. Das sind diejenigen Wahrnehmungen in der Welt der Maja, denen in Wirklichkeit die Welt der Naturgeister zugrunde liegt, der Ätherleib der Erde. Dann spricht die äußere Wissenschaft von Naturgesetzen. Das ist wiederum eine Maja. Es liegt zugrunde das, was wir heute geschildert haben als die Welt der Geister der Umlaufszeiten. Erst dann, wenn man noch weiter vordringt, kommt man auch zu der Ausprägung des Planetengeistes selber in der äußeren Sinneswelt. Die Wissenschaft tut das heute nicht." (Lit.: GA 136, S. 44ff)

Naturgesetze und Elementarwesen

Aus geisteswissenschaftlicher Sicht sind Naturgesetze Gedanken von Elementarwesen, die auf dem physischen Plan denken, aber ihren Körper in der Astralwelt haben. Diese Gedanken sind aber zugleich die wirksamen Kräfte in der Natur.

"In allen vier Formen des physischen Planes können Bewußtseine liegen, während der Körper eines solchen Wesens im Astralen liegt. Man denke sich das Bewußtsein in der festen Erde, den Körper im Astralen; oder ein Wesen, das im Wasser sein Bewußtsein hat, und dessen Körper im Astralen ist; dann ein solches mit dem Bewußtsein in der Luft und dem Körper im Astralen; und eines mit dem Bewußtsein im Feuer und dem Körper im Astralen. Die heutige Menschheit weiß nicht viel von diesen Wesen, man kennt sie in unserer Zeit nur durch die Poesie. Die Bergleute aber kennen solche Wesen sehr gut. Ein Gnom ist nur wahrnehmbar für den, der auf dem astralen Plan schauen kann, aber Bergleute besitzen manchmal ein solches astrales Schauen, sie wissen, daß Gnomen Wirklichkeiten sind. So sind in unserer Erde eigentlich Bewußtseine vorhanden, und was der Naturforscher heute Naturgesetze nennt, das sind die Gedanken von Wesenheiten, die auf dem physischen Plan denken, aber ihren Körper auf dem Astralplan haben. Wenn in der Physik etwas von einem Naturgesetz steht, so können wir uns sagen; das sind Gedanken eines Wesens, das auf dem Astralplan seinen Körper hat. Die Naturkräfte sind schaffende Wesenheiten und die Naturgesetze sind ihre Gedanken.

Zeichnung aus GA 93a, S 218
Zeichnung aus GA 93a, S 218

" (Lit.: GA 93a, S. 218)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Friedrich W. Schmahl, Calr Friedrich von Weizsäcker: Moderne Physik und Grundfragen der Medizin, in: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 4, 28. Januar 2000 pdf
  2. Vgl. C. G. Jungs Definition von Symbol in seinem Buch "Psychologische Typen". Das S[ymbol] drückt einen "geahnten, aber noch unbekannten Sachverhalt" aus.
  3. Es ist kein Zufall, daß Sie auf Seite 13 Plato zitiert haben.