Ophiten

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Die Anbetung der Schlange, Hellenistische Alabasterschale, 22 cm Durchmesser

Die Ophiten oder Ophianer (von griech. ὄφις, Ophis, „Schlange“) und Naassener (von hebr. נָחָשׁ nachasch, „Schlange“, hier transkripiert als nahas bzw. naas) waren gnostische Sekten der frühchristlichen Zeit im 2. Jahrhundert, die in ihren Kulten die Paradiesesschlange als göttliches Wesen verehrten. Sie brachte die göttlichen Erkenntnis (nach 1 Mos 3,5 EU), aber auch die Verderbnis. Den Naassener galt die Schlange als die alles belebende Weltseele. Die Kainiten verehrten sie, weil sie die Menschheit von der Knechtschaft des Schöpfergottes Jahve bzw. Jaldabaoth befreit habe. Ebenfalls zum gnostischen System der Ophiten zählen die nach dem hebräischen Namen des Euphrat (hebr. פְּרָת Pherat) benannten Peraten.

Lehre

Einen Grundriss der Anschauungen der Naassener zeichnete Hippolyt von Rom in seiner Widerlegung aller Häresien:.

„Es drängt die Zeit, an die Behandlung des Themas zu gehen und mit denen zu beginnen, die sich unterfingen, die Schlange, die Urheberin des Irrtums, mit Worten, die sie selbst erfand, zu feiern. Die ersten Priester und die Hauptvertreter dieser Lehre waren die sogenannten Naassener; sie heißen so nach dem hebräischen „Naas“, Schlange. Später nannten sie sich Gnostiker, da sie behaupteten, allein die Tiefen (der Weisheit) zu kennen. Von ihnen zweigten viele ab, und die einheitliche Irrlehre wurde vielspältig, indem mit verschiedenen Worten dasselbe dargelegt wurde, wie sich im Verlauf der Erörterung zeigen wird. Als (Prinzip) des Alls verehren sie den „Menschen“ und den „Menschensohn“. Dieser Mensch ist mannweiblich; sie nennen ihn Adam; es gibt viele mannigfaltige Loblieder auf ihn; diese Loblieder lauten kurz gefaßt ungefähr so: „Von dir Vater und durch dich Mutter, die zwei unsterblichen Namen, der Welten Eltern, du Himmelsbürger, hochgepriesener Mensch.“ Sie nehmen in bezug auf ihn, wie in bezug auf Geryones, eine Dreiteilung an. Denn an ihm, sagen sie, ist ein rationeller, ein psychischer und ein stofflicher Teil. Sie glauben, ihn zu erkennen sei der Anfang der Gotteserkenntnis und sagen: „Anfang der Vollkommenheit — Kenntnis des Menschen, Gotteserkenntnis — vollkommene Vollendung.“ All dies aber, das Rationelle, das Psychische und das Stoffliche ist vereint auf einen Menschen, Jesus, den Sohn Mariens, herabgekommen. Und diese drei Menschen sprachen zugleich, jeder aus seinem eigenen Wesen heraus, zu den Seinigen. Denn es gibt dreierlei Wesen im Weltall: engelhafte, psychische, stoffliche, und drei Kirchen: die engelhafte, die psychische und die stoffliche; ihre Namen sind: die Auserwählte, die Berufene und die Gefangene.“

Hippolyt von Rom: Widerlegung aller Häresien V,6 [2]

Diese Lehre, so behaupten die Naassener laut Hippolyt, habe Jakobus, der Bruder des Herrn, der Mariamne überliefert[1]. Mit Mariamne ist vermutlich Maria Magdalena gemeint[2]. Hier deutet sich eine Parallele zur Helena des Simon Magus an: die schuldig-unschuldig in die Finsternis gefallene Seele, die mit Hilfe des Meisters, des Erlösers, den Weg zurück zum geistigen Licht findet.

„So wollen wir denn mit den Schlangenanbetern beginnen. Die Naassener nennen den Menschen den ersten Urgrund des Alls, sie nennen ihn auch Menschensohn; sie zerlegen ihn in drei Teile. Er hat einen rationellen, einen physischen und einen stofflichen. Sie nennen ihn Adam und glauben, seine Erkenntnis sei der Anfang des Erkenntnisvermögens Gottes. Und alles dieses Rationelle und Psychische und Stoffliche habe sich in Jesus vereinigt, und zugleich hätten die drei Substanzen durch ihn zu den drei Geschlechtern gesprochen. Im All, sagen sie, gebe es drei Geschlechter, die Engelwelt, das Psychische und das Stoffliche, und es gebe drei Kirchen, die Engelskirche, die psychische und die stoffliche; ihre Namen seien die Auserwählte, die Berufene, die Gefangene. Das sind, kurz gefaßt, die Hauptpunkte ihrer Lehre. Sie sagen, Jakobus, der Bruder des Herrn, habe dies der Mariamne mitgeteilt und verleumden so die beiden.“

Hippolyt von Rom: Widerlegung aller Häresien X,9 [3]

Auch hätten die Naassener strenge sexuelle Enthaltsamkeit gefordert. Von der Schlange, dem Naas, hätten nach ihrer Lehre alle Tempel (griech. ναός naos) ihren Namen und ohne Naas, der die „feuchte Wesenheit“ sei, könne kein Wesen bestehen. Das Paradies aber vergleichen sie mit menschlichen Kopf, ähnlich wie die Simonianer es mit dem Mutterschoß verglichen hatten.

„Denn gar ernst und streng schreiben sie vor, sich des Umgangs mit einem Weibe zu enthalten, als ob sie verschnitten wären. Im übrigen handeln sie, wie wir weitläufig klarlegten, wie Verschnittene; sie ehren aber nichts anderes als den Naas und heißen Naassener. Naas aber bedeutet die Schlange, nach der alle Tempel9 unter dem Himmel den Namen haben, (nämlich) von Naas. Auch sei dem Naas allein jedes Heiligtum, jegliche Weihe und jegliches Geheimnis geweiht, und es lasse sich überhaupt keine Weihe unter dem Himmel finden, bei der nicht ein Tempel10 sei und der Naas darin, wovon der Tempel11 den Namen erhielt. Sie sagen, die Schlange sei die feuchte Wesenheit, ebenso wie Thales aus Milet, und ohne ihn (den Naas) könne überhaupt kein Wesen bestehen, weder von den Unsterblichen noch von den Sterblichen, von den Beseelten oder den Seelenlosen. Ihm unterstehe das All, und er sei gut und habe alles in sich wie im Horne des einhörnigen Stieres, so daß er allen seienden Dingen die Schönheit und Anmut nach ihrer Natur und Eigenart gebe, indem er gleichsam durch alle wandle, „wie was aus Eden ausging und sich in vier Ursprünge spaltete“12. Eden aber ist das Hirn, das gleichsam in den umgebenden Hüllen eingebunden und eingezwängt ist, wie in den Himmeln. Das Paradies aber, meinen sie, ist der Mensch bloß in bezug auf den Kopf. „Der Strom also, der aus Eden ausgeht“, d. i. vom Gehirn, „scheide sich in vier Ursprünge; der Name des ersten Flusses aber sei Phison; dieser umgibt das ganze Land Evilat, dort wo das Gold ist; das Gold jenes Landes ist gut. Auch gibt es dort den Rubin und den Smaragd“13. Dies ist das Auge, das durch seinen Wert und seine Färbung diese Behauptung bezeugt. „Der Name des zweiten Flusses ist Gehon; er umgibt das ganze Land Äthiopien“14. Dieser ist das Gehör, das ungefähr wie ein Irrgarten aussieht. „Und der dritte heißt Tigris; dieser fließt Assyrien gegenüber“15. Dieser ist der Geruch; er hat die stärkste Strömung. Er fließt Assyrien gegenüber, weil nach dem Ausatmen der Luft beim Einatmen die von außen aus der Luft eingezogene16 Luftströmung stärker und mächtiger eindringt. Denn darin besteht das Atmen. „Der vierte Fluß ist der Euphrat“17. Diesen nennen sie den Mund, durch den das Gebet ausgeht und die Nahrung eingeht, die den geistigen vollkommenen Menschen erfreut, nährt und kennzeichnet. Dieser ist das Wasser über dem Firmament, von dem der Heiland sagt: „Wenn du wüßtest, wer der Bittende ist, du würdest ihn bitten und er gäbe dir lebendiges, quellendes Wasser zu trinken“18. Zu diesem Wasser geht jedes Wesen und sucht sich sein eigenes Wesen aus. Und aus diesem Wasser drängt zu jedem Wesen seine Eigenart, mehr als das Eisen zum Magneten und das Gold zum Röhrknochen des Seeadlers und die Spreu zum Bernstein. Wenn aber einer von Geburt blind ist und „das wahre Licht“ nicht sieht, „das jeden Menschen erleuchtet, der in die Welt kommt“19, der soll durch uns das Gesicht erhalten und sehen, wie sozusagen aus einem mannigfach bepflanzten und samenreichen Paradies Wasser alle Pflanzen und Samen durchdringt, und er wird erkennen, daß aus einem und demselben Wasser der Ölbaum das Öl und der Weinstock den Wein auswählt und an sich zieht, und so jedes Gewächs nach seiner Art. Es ist aber jener Mensch ungeehrt in der Welt und hochgeehrt [im Himmel]20, denen, die ihn nicht kennen, [verraten]21 durch die, die ihn nicht kennen, beurteilt wie ein Tropfen am Eimer22. Wir aber sind die Geistigen, die wir uns vom lebendigen Wasser des mitten durch Babylon fließenden Euphrat unsere Eigenart auswählen, indem wir durch das wahre Tor eingehen23, das der selige Jesus ist. Und von allen Menschen sind wir die einzigen Christen, die am dritten Tor das Geheimnis vollbringen und dort mit unsagbarem Salböl aus dem Horne gesalbt werden wie David24, nicht aus dem Tongeschirr wie Saul25, der mit dem bösen Dämon der fleischlichen Begierde zusammenlebte.“

Hippolyt von Rom: Widerlegung aller Häresien V,9 [4]

Zur Naassener-Gnosis ist wohl auch das von Hippolyt erwähnte Baruchbuch (nicht zu verwechseln mit dem biblischen Buch Baruch) des Gnostiker Justinus zu rechnen, dessen Inhalt Hippolyt wie folgt referiert:

„Er sagt: Es gab drei unerzeugte Prinzipien des Alls, zwei männliche und ein weibliches. Von den männlichen heißt eines der Gute, und zwar wird dieses allein so genannt, er ist Vorauswisser aller Dinge; das andere heißt Vater alles Erzeugten, es ist ohne Vorherwissen, ohne Erkenntnis, ohne Sehvermögen. Das weibliche ist ohne Vorherwissen, zornmütig, hat zwei Seelen und zwei Leiber, ist in allem dem Mädchen der Herodotischen Fabel ähnlich, bis zur Scham Jungfrau, unterhalb Schlange, wie Justinus behauptet; dieses Mädchen heißt Edem und Israel. Dies sind die Prinzipien des Alls, Wurzeln und Quellen, aus welchen das Existierende entstand; etwas anderes gab es nicht. Da nun der Vater, der Nichtvorauswisser, jene Halbjungfrau Edem sah, überkam ihn Begierde nach ihr. Dieser Vater aber heißt Elohim; ebensosehr aber begehrte Edem nach Elohim, und die Begier vereinigte sie in einem Liebeserweis. Aus diesem Verkehr erzeugt sich der Vater mit der Edem zwölf Engel. Die Namen der väterlichen Engel sind: Michael, Amen, Baruch, Gabriel, Esaddaios..... und die Namen der mütterlichen Engel, die Edem zur Welt brachte, folgen gleichfalls. Es sind die folgenden: Babel, Achamod, Naas, Bel, Bellas, Satan, Sael, Adonaios, Kauithan, Pharaoth, Karkamenos, Lathen. Von diesen vierundzwanzig Engeln haben die väterlichen Gemeinschaft mit dem Vater und vollführen in allem seinen Willen, die mütterlichen mit Edem. Die Gesamtzahl all dieser Engel ist das Paradies, von dem Moses sagt: „Gott pflanzte das Paradies in Edem gegen Osten“1, d. h. gegen das Angesicht Edems, auf daß Edem das Paradies, d. i. die Engel, für immer sehe. Die Engel dieses Paradieses werden allegorisch Bäume2 genannt, und der Baum des Lebens ist der dritte der väterlichen Engel, Baruch; der Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen ist der dritte der mütterlichen Engel, Naas. Dies sollen nach ihm die Worte des Moses bedeuten; Moses habe dies verdeckt gesagt, weil nicht alle zur Wahrheit gelangten. Nachdem aber das Paradies aus der gemeinsamen Liebe Elohims und Edems entstanden war, nahmen die Engel Elohims etwas von der schönsten Erde3, d. i. nicht vom tierischen Teil Edems, sondern von den menschlichen und edlen Teilen der Erde über der Scham und bildeten den Menschen. Aus den tierischen Teilen entstehen die Tiere und die übrigen Lebewesen. Den Menschen also machten (Elohim und Edem) zum Sinnbild ihrer Einheit und Liebe und legten ihre eigenen Kräfte in ihn, Edem die Psyche, Elohim das Pneuma4. Und der Mensch Adam wird zum Siegel und zum Denkmal der Liebe und zum ewigen Sinnbild der Ehe Edems und Elohims. Auf gleiche Weise ist auch Eva, wie von Moses5 aufgezeichnet ist, Abbild und Sinnbild, ewig zu hütendes Siegel der Edem geworden; in gleicher Weise ward auch in Eva, dem Abbilde, die Psyche von Edem, das Pneuma von Elohim6 gelegt. Und es wurden ihnen Weisungen gegeben: „Wachset und vermehret euch und erbet die Erde“7, d. i. die Edem; nach Justinus soll es so geschrieben stehen. Edem hat nämlich ihre ganze Kraft wie eine Mitgift bei der Hochzeit dem Elohim zugebracht. Und so, sagt er, bringen bis heute die Frauen in Nachahmung jener ersten Ehe den Männern eine Mitgift in Befolgung eines göttlichen und väterlichen Gesetzes, das zwischen Elohim und Edem Geltung hatte. Nachdem nun alles geschaffen war, wie es bei Moses steht8, der Himmel, die Erde und was darin ist, wurden die zwölf Engel der Mutter „in vier Ursprünge“9 geteilt, und jedes dieser Viertel heißt Fluß, Pheison, Geon, Tigris und Euphrat, wie Moses sagt; diese zwölf Engel umwandeln in vier Abteilungen die Welt und verwalten sie und haben von Edem eine Befehlsgewalt über die Welt. Sie bleiben aber nicht immer an den gleichen Stellen, sondern umwandeln wie in einem zyklischen Reigen die ihnen zugeteilten Räume, indem sie sich von Ort zu Ort begeben und nach Zeiten und Zwischenräumen ihren Platz wechseln. Wenn nun Pheison über die Räume herrscht, so entsteht in diesem Teil der Erde Hunger, Bedrängnis und Elend. Karg10 ist die Konstellation dieser Engel. Ebenso entstehen aus jedem der vier Teile nach der Kraft und Natur des einzelnen schlimme Zeiten und Epidemien; und so geht es für immer, ohne Unterbrechung, rund um die Welt gemäß der Herrschaft jener Viertel, wie ein Strom von Bosheit nach dem Willen der Edem. Das notwendige Böse hat folgenden Grund: Da Elohim in wechselseitiger Liebe die Welt hergestellt und gebildet hatte, wollte er in die oberen Schichten des Himmels aufsteigen und sehen, ob nicht etwas an seiner Schöpfung mangelhaft sei; er nahm die eigenen Engel bei seinem Aufstieg mit sich und ließ Edem unten zurück; da sie Erde war, wollte sie ihrem Gatten nicht hinauf folgen. Da nun Elohim oben an das Ende des Himmels kam und ein helleres Licht als das, das er geschaffen, sah, sprach er: „Öffnet mir die Tore, auf daß ich eingehe und dem Herrn bekenne; ich meinte nämlich, ich sei der Herr.“ Antwort ward ihm vom Lichte mit den Worten: „Dies ist das Tor des Herrn, Gerechte treten durch dasselbe ein“11. Und sofort ward das Tor geöffnet und der Vater trat ohne Engel zum Guten ein und sah „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und was in keines Menschen Herz gedrungen“12. Dann sprach der Gute zu ihm: „Setze dich zu meiner Rechten!“13 Der Vater aber sprach zum Guten: „Laß mich, Herr, die Welt, die ich geschaffen, vernichten; mein Pneuma ist an die Menschen gebunden, und ich will es wieder zu mir nehmen.“ Darauf sprach der Gute zu ihm: „Du kannst nichts Böses tun, da du bei mir bist; aus gemeinsamer Liebe habt ihr die Welt gemacht, du und Edem; lasse also Edem die Schöpfung besitzen, so lange sie will, du aber bleibe bei mir.“ Da erkannte Edem, daß sie von Elohim verlassen sei; voll Trauer ließ sie die eigenen Engel neben sich stehen und schmückte sich sorgfältig, ob vielleicht Elohim von Begierde ergriffen zu ihr herabkäme. Da aber Elohim, von dem Guten bezwungen, nicht mehr zu Edem herabkam, befahl Edem der Babel, die Aphrodite ist, Ehebrüche und Scheidungen bei den Menschen anzustiften; es sollte, so wie sie von Elohim geschieden war, auch das Pneuma Elohims, das in den Menschen ist, durch solche Scheidungen gequält und betrübt werden und dasselbe leiden, wie Edem in ihrer Verlassenheit. Und Edem gab ihrem dritten Engel Naas große Macht, damit er mit allen Strafen das in den Menschen befindliche Pneuma Elohims züchtige, um durch das Pneuma Elohim selbst zu strafen, der gegen die zwischen ihnen14 geschlossenen Verträge seine Gattin verlassen hat. Da der Vater Elohim dies sah, schickte er Baruch, seinen dritten Engel, aus, um dem in allen Menschen befindlichen Pneuma zu helfen. Baruch ging also und stellte sich mitten unter die Engel Edems, d. i. mitten in das Paradies — das Paradies sind nämlich die Engel, in deren Mitte er sich stellte — und verkündete dem Menschen: „Von jedem Baume, der im Paradiese ist, wirst du essend genießen, von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen“15. Dieser ist Naas; das bedeutet, den elf anderen Engeln Edems solle man gehorchen; sie haben zwar Leidenschaften, aber sie haben keine Ungerechtigkeit; Naas hatte aber Ungerechtigkeit; er machte sich an Eva heran, täuschte sie und trieb Ehebruch mit ihr, was Unrecht ist; er machte sich aber auch an Adam heran und mißbrauchte ihn wie einen Knaben, was gleichfalls Unrecht ist. Daraus entstand der Ehebruch und die mannmännliche Unzucht. Seit der Zeit beherrschte das Böse und das Gute, die beide zugleich vom Vater verursacht sind, die Menschen; da der Vater nämlich zu dem Guten hinaufstieg, zeigte er denen, die hinaufkommen wollen, den Weg; indem er Edem verließ, bewirkte er für sein in den Menschen befindliches Pneuma den Beginn von Übeln. Es wurde also Baruch zu Moses gesandt, und durch ihn sprach er zu den Söhnen Israels, daß sie sich zu dem Guten bekehren sollten. Der dritte....... verdunkelte durch die von Edem her in Moses wie in allen Menschen wohnende Psyche die Weisungen Baruchs und brachte die seinigen zu Gehör; deswegen ist die Psyche gegen das Pneuma gerichtet16 und das Pneuma gegen die Psyche. Die Psyche nämlich ist Edem, das Pneuma Elohim, beide wohnen in sämtlichen Menschen, den weiblichen wie den männlichen. Wiederum ward Baruch zu den Propheten gesandt, auf daß das in den Menschen wohnende Pneuma durch die Propheten zum Gehorsam komme und Edem und das verderbte Gebilde fliehe, wie der Vater Elohim geflohen ist; ebenso und mit derselben Absicht lockte Naas durch die mit dem Pneuma des Vaters im Menschen wohnende Psyche die Propheten an sich, und alle ließen sich verlocken und folgten den Worten Baruchs nicht, die Elohim aufgetragen hatte. Schließlich wählte Elohim aus der Vorhaut Herakles als Propheten und schickte ihn, um die zwölf Engel Edems niederzukämpfen und den Vater von den zwölf verderbten Engeln der Schöpfung zu befreien. Das sind die zwölf Arbeiten des Herakles, die er der Reihe nach ausführte, von der ersten bis zur letzten, den Löwen, die Hydra, den Eber und so fort; das sind die heidnischen Namen; diese Namen sind, wie er sagt, von der Kraft der mütterlichen Engel übertragen. Da nun Herakles meinte, alles vollbracht zu haben, schloß sich ihm Omphale, die Babel oder Aphrodite ist, an, verlockte ihn und nahm ihm seine Kraft, die Weisungen des Baruch, die Elohim aufgetragen hatte, und gab ihm ihr eigenes Gewand, d. i. die Kraft der Edem, der Kraft von unten, und so blieben die Prophezeiung und die Werke des Herakles ergebnislos. Schließlich aber, „in den Tagen des Königs Herodes“17, ward Baruch wieder von Elohim herabgeschickt und kam nach Nazareth. Dort fand er Jesus, den Sohn Josephs und Marias, Schafe hütend, als zwölfjährigen Knaben, und verkündete ihm alle Ereignisse von Edem und Elohim von Anfang an und alle späteren und sprach: „Alle Propheten vor dir ließen sich verlocken; bemühe dich, Jesus, Menschensohn, dich nicht verlocken zu lassen, sondern verkünde diese Lehre den Menschen und tue ihnen die Angelegenheiten des Vaters und die des Guten kund und steige auf zu dem Guten und nimm dort Platz mit Elohim, dem Vater von uns allen.“ Und Jesus sprach: „Herr, ich werde alles tun“ und folgte dem Engel und kündete. Auch ihn wollte Naas verführen, konnte es aber nicht; Jesus blieb nämlich Baruch treu. Naas ergrimmte nun, weil er ihn nicht verführen konnte, und ließ ihn kreuzigen; er aber ließ Edems Leib am Holze und stieg zu dem Guten auf. Er sprach zu Edem: „Weib, nimm dir deinen Sohn“18, d. i. den physischen und stofflichen Menschen, er aber gab das Pneuma in die Hände des Vaters und stieg zu dem Guten auf. Der Gute aber ist Priapos, der schuf, bevor etwas existierte. Deswegen heißt er Priapos, weil er zuerst das All erschuf19. Deswegen wird er von der ganzen Schöpfung geehrt, in jedem Tempel und auf den Wegen aufgestellt, die herbstlichen Früchte an sich tragend, d. i. die Früchte der Schöpfung, deren Urheber er ward, indem er die Schöpfung zuerst erschuf, die vorher nicht existierte. Wenn ihr nun die Menschen sagen hört, daß ein Schwan zur Leda kam und mit ihr Kinder erzeugte, so ist der Schwan Elohim und Leda Edem. Und wenn die Menschen sagen, daß ein Adler zur Ganymed gekommen sei, so ist der Adler Naas, Ganymed Adam. Und wenn sie sagen, das Gold sei zu Danae gekommen und habe mit ihr Kinder gezeugt, so ist das Gold Elohim, Danae ist Edem. Ebenso legen sie alle derartigen Erzählungen aus, indem sie ähnliche Mythen zusammenstellen. Wenn die Propheten sagen: „Höre, Himmel, und leihe das Ohr, Erde, der Herr hat gesprochen“20, so nennt der Prophet Himmel das Pneuma Elohims im Menschen, Erde die im Menschen mit dem Pneuma befindliche Psyche, Herr den Baruch, Israel Edem. Edem wird ja nach Justinus auch Israel, die Gattin Elohims, genannt. „Israel erkannte mich nicht“21. Wenn es nämlich erkannt hätte, daß ich bei dem Guten bin, hätte es das Pneuma, das durch die väterliche Unwissenheit in den Menschen ist, nicht gestraft......“

Hippolyt von Rom: Widerlegung aller Häresien (Refutatio omnium haeresium) V,26 [5]

Der Schlangenkult

Epiphanios von Salamis berichtet über den Schlangenkult in seiner sehr polemischen „Hausapotheke gegen die Schlangenbisse der Häresie“:

„Sie halten nämlich eine natürliche Schlange und ziehen sie in einem Behälter auf, die sie zur Zeit ihrer Mysterien aus dem Schlupfwinkel hervorholen, und während sie Brote auf einem Tisch anhäufen, rufen sie ebendiese Schlange herbei; wenn nun der Schlupfwinkel geöffnet ist, kommt sie hervor. Und wenn so die Schlange vermöge ihrer Weisheit und Klugheit herbeikommt und schon deren Dummheit erkennt, geht sie auf den Tisch und wälzt sich in den Broten. Und dies, sagen sie, sei das vollkommene Opfer. Und dann, wie ich von jemandem gehört habe, brechen sie nicht nur die Brote, in denen sich die Schlange gewälzt hat, und teilen sie an die Kommunizierenden aus, sondern jeder küßt auch die Schlange mit dem Munde, da die Schlange durch einen magischen Beschwörungsgesang zahm gemacht worden ist oder das Tier durch eine andere teuflische Kraft zu ihrer Täuschung milde gemacht worden ist. Sie werfen sich also vor diesem nieder und nennen dies Eucharistie, die das geworden ist durch sie [die Schlange], die sich herumgewälzt hat, und indem sie dann dem oberen Vater durch sie [die Schlange], wie sie sagen, einen Hymnus emporsenden, vollenden sie so ihre Mysterien.“

Epiphanios: Panarion haer. XXVI,4.5[3]

Ophitendiagramm

Die Kosmologie der Ophiten

Das Ophitendiagramm, rekonstruiert von Hans Leisegang (Lit.: Leisegang, S 20f) und erläutert von Kurt Rudolph:
1. Das «Reich Gottes» besteht aus reinem Geist (pneuma) und zwei Kreisen, dem des Vaters und dem des Sohnes; ein kleiner Kreis stellt die «Liebe» dar als das Element, das den Sohn (Urmensch) nach unten zieht und so die Verbindung zum Zwischenreich herstellt (s. u. S. l01 ff.).
2. Das mittlere oder Zwischenreich wird von Geist und Seele beherrscht und mit zwei Farben gekennzeichnet, der gelben des Lichts und der blauen der Finsternis (offenbar der Abschluß des sichtbaren Kosmos). Der kleine «Lebenskreis» symbolisiert das Reich der «Sophia», aus dem der Keim des «Lebens», d. i. die göttliche Seele, zum Menschen gelangt. In der rhombenartigen Figur soll «Vorsehung der Sophia (Weisheit)» gestanden haben, ferner in zwei sich darin schneidenden Kreisen «Erkenntnis» (gnosis) und «Einsicht» (synesis). dazwischen im Schnittpunkt «Natur der Sophia».
3. Der irdische Kosmos besteht aus Körper, Seele und Geist. In seiner Mitte befindet sich die Erde mit der Unterwelt (tartaros). Um sie schließen sich in konzentrischen Kreisen: die Beemoth-Sphäre (genannt nach dem Vorzeit-Ungeheuer der außerbiblisch-jüdischen Überlieferung, vgl. 1. Mose 1,1; 4. Esra 6,49; Baruch 29,4) oder Luftregion (Atmosphäre), dann folgen die sieben Planetensphären, der Kreis der sich in den Schwanz beißenden Schlange (Leviathan), dem Herrn der Welt und Ausdruck des Unheilscharakters des Kosmos; dahinter folgt noch die Gestirnssphäre, in der sich auch die Tierkreisbilder befinden und wo das Paradies lokalisiert ist. Letzteres ist als Rechteck gezeichnet, in dem der Baum des Lebens und der der Erkenntnis des Guten und Bösen steht (s. u. S. 115 f.); das «flammende, sich drehende Schwert» trennt das Paradies von der Fixsternsphäre (vgl. 1. Mose 3,24), vielleicht symbolisiert es auch (nach einer Philonstelle) die Drehung dieser Sphäre. (Lit.: Rudolph, S. 79)
Eine andere Rekonstruktion des Ophitendiagramms von Bernd Witte[4]

Das Diagramm der Ophianer ist eine beschriftete schematische Zeichnung, die tiefere Einblicke in die Kosmologie der Ophiten gibt. Die Zeichnung ist allerdings verschollen. Der Platoniker Celsus (griech. Κέλσος Kélsos), der auch die älteste bekannte Streitschrift gegen das Christentum verfasst hat, gab eine Beschreibung des Diagramms, die aber ebenfalls nicht erhalten ist und nur aus der Gegenschrift Contra Celsum des Origenes erschlossen werden kann. Origenes schreibt:

„In diesem Diagramm "waren zehn Kreise gezeichnet, die von einander geschieden, aber durch einen Kreis verbunden waren", der als die Seele aller Dinge bezeichnet und Leviathan genannt wurde. Von diesem Leviathan sagen die jüdischen Schriften mit irgendeiner geheimnisvollen Andeutung, dass er von Gott geschaffen worden sei zu einem "Spielzeug". Denn in den Psalmen fanden wir die Stelle: "Alles hast du in Weisheit geschaffen; die Erde ist erfüllt von deinen Geschöpfen. Dies ist das große und weite Meer; daselbst gehen die Schiffe, da sind kleine und große Tiere, da ist dieser Drache, den du geschaffen hast, um mit ihn zu spielen". Statt drakon steht im Hebräischen Leviathan. Obgleich der Prophet sonach offenbar von dem Leviathan nichts Gutes sagt, so bezeichnete ihn doch das gottlose Diagramm als die Seele, welche alle Dinge durchdringt. Wir fanden darauf auch den Namen des Behemon, gleichsam nach dem untersten Kreise aufgestellt. Diesen Leviathan aber hat der Verfertiger jenes abscheulichen Diagramms auf dem Rand und auf dem Mittelpunkt des Kreises aufgeschrieben, seinen Namen also zweimal angebracht.
Celsus gibt ferner noch an, "das Diagramm sei durch einen schwarzen dicken Strich in zwei Teile geschieden, und dieser Strich heiße dort die Gehenna, die auch Tartaros sei."

Origenes: Contra Celsum VI, 25 [6]

Als Ouroborosschlange (von griech. οὐροβóρος „Schwanzfresser“) umwindet Leviathan das niedere Reich der sieben Planetensphären, die von sieben Dämonen beherrscht werden. Ähnlich wird im kabalistischen Sefer Jetzira die Himmelsschlange Teli (hebr. תלי, geringelt ?) beschrieben. Teli ist der oberste Regent der geschaffenen Welt; der Tierkreis und das Herz sind ihm untergeordnet. Ähnlich ist Leviathan zugleich der Herr und König der geschaffenen Welt und die Weltseele, die alle Dinge durchdringt.

Nach der Rekonstruktion von Hans Leisegang[5] ist der äußerster Kreis das Reich des Vaters. Wie der darunter sich anschließende Kreis des Sohnes besteht er aus reinem Geist (Pneuma). Diese beiden Kreise werden durch einen kleinen Kreis verbunden, der die göttliche Liebe (Agape) darstellt.

„Zweifellos handelt es sich aber um eine Dreiteilung des Kosmos, gebildet aus dem „Reich Gottes" und seinem reinen Geist (πνεύμα), dem mittleren oder Zwischenreich, welches von Geist und Seele beherrscht wird, und schließlich der irdischen Sphäre aus Körper, Seele und Geist. Die Erde befindet sich zusammen mit der Unterwelt (τάρταρος) im Mittelpunkt. Wichtig für unseren Zusammenhang ist die Beschaffenheit der einzelnen Schichten der unteren Welt: Um die Erde legt sich konzentrisch die „Beemoth-Sphäre" oder Luftregion. Diesen Begriff gewann man durch das urzeitliche Ungeheuer jüdischer Tradition.[6] Nach den sieben Planetensphären - in der Reihenfolge Mond, Venus, Merkur, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn - folgt der Kreis des Ungeheuers Leviathan, einer sich in den Schwanz beißenden Schlange. Leviathan ist der Repräsentant des bösartigen Herrn der Welt. Erst dahinter folgt die Sphäre der Zodiakalbilder mit dem Paradies zwischen dem Stier und den Zwillingen.“ (Lit.: Stuckrad, S. 632f)

Anschließend an die beiden äußeren Kreise folgen nun als „Zwischenreich“ zwei weitere, seelisch-geistige Kreise: der gelbe Kreis des göttlichen Lichts und der blaue Kreis der Finsternis, der als Himmelsgewölbe jenseits der Fixsternsphäre liegt und mit der in der Bibel genannten «Feste» (1 Mos 1,6 LUT) identisch sein dürfte. Der gelbe und der blaue Kreis sind wieder durch einen kleinen Kreis verbunden, der das Reich der «Sophia» repräsentiert. Von hier entspringen die Keime des „Lebens“, d.h. die „lebendige Seele“ des Menschen. In den Sophia-Kreis ist in der Zeichnung Leisegangs noch eine Raute mit zwei kleinen, einander überschneidenden Kreisen eingeschrieben (siehe Zeichnung). In horizontaler Richtung liest man die Worte «Vorsehung der Sophia», vertikal steht «Natur der Sophia». Im oberen Kreis steht «Gnosis» (Erkenntnis), im unteren «Synesis» (Einsicht).

„In dem erwähnten Diagramm fanden wir aber "den größeren und den kleineren Kreis", auf deren Durchmesser zu lesen war: "Vater" und "Sohn". Und zwischen dem größeren Kreis, der den kleineren umschloß, und einem anderen, der aus zwei Kreisen bestand, von welchen der äußere gelb, der innere aber dunkelblau war, sahen wir die mit einer beilartigen Figur beschriebene Zwischenwand und höher als diese einen kleinen Kreis, der den größeren der zwei vorigen berührte, mit der Inschrift: "Liebe" und einem anderen darunter, der denselben Kreis berührte, mit der Inschrift: "Leben". Dem zweiten Kreise, der umschlungen war und1 zwei andere Kreise und eine andere rhombusartige Figur umschloß, waren die Worte eingeschrieben: "Vorsehung der Weisheit", und innerhalb ihres gemeinsamen Schnittes las man: "Natur der Weisheit". Oberhalb ihres gemeinsamen Schnittes aber befand sich ein anderer Kreis, auf dem geschrieben war: "Erkenntnis", und unterhalb ein anderer mit der Inschrift: "Einsicht".“

Origenes: Contra Celsum VI, 38 [7]

An das blaue Himmelsgewölbe schließt sich innen der Tierkreis - als „Achtheit“ - an. Hier ist auch das Paradies (in der Zeichnung als Rechteck dargestellt) mit dem Baum der Erkenntnis und dem Baum des Lebens angesiedelt. Das «flammende, sich drehende Schwert» scheidet das Paradies von der Fixsternsphäre.

„Wir fanden aber in unserem Diagramm auch das, was Celsus "viereckige Figur" nannte, und was jene Unglücklichen bei den Toren des Paradieses sagen. " Das Flammenschwert" war darauf abgebildet als Durchmesser eines feurigen Kreises, gleichsam als hielte es Wache bei "dem Baume der Erkenntnis und des Lebens"[7]

Origenes: Contra Celsum VI, 33 [8]

Dann folgt, wie schon erwähnt, Leviathan, der als Himmelsschlange die böse Welt der Planetensphären umschließt und die höhere und die nieder Welt voneinander trennt - und zugleich verbindet. Im Zentrum steht die Erde, deren unterer Teil der Tartaros, die Unterwelt, ist. Umgeben ist die Erde von einem Luftkreis, der bis an die Mondensphäre heranreicht. Hier, im Reich der niederen Begierden, vergleichbar dem Kamaloka, herrscht Behemoth.

Sieben Archonten, die sieben herrschenden Dämonen, regieren die Hebdomas (griech. εβδομάς, Siebenheit), die niedere Welt der Planetensphären.

„Im folgenden nimmt dann Celsus wieder die Lehre von "den sieben herrschenden Dämonen" auf, die nirgends von den Christen genannt, sondern wie ich glaube, von den Ophianern angenommen werden. In der Tat haben wir auf dem Diagramm, das wir uns ihretwegen verschafften, dieselbe Ordnung beobachtet gefunden, welche Celsus angegeben hat. Celsus sagt nun, "der erste sei nach dem Aussehen eines Löwen gestaltet," ohne anzugeben, wie ihn diese wahrhaft gottlosen Leute benennen. Wir aber fanden, dass der in den heiligen Schriften gepriesene Engel des Schöpfers in jenem abscheulichen Diagramm als Michael der Löwengestaltige bezeichnet wurde. "Der zweite in der Reihe ist" nach des Celsus Angabe, "ein Stier" das Diagramm, das uns vorlag, bezeichnete den Suriel, den stierähnlichen. "Der dritte ist" nach der Versicherung des Celsus, "ein gewisses Doppelwesen, das schauerlich zischt". Das Diagramm aber sagte vom dritten, er sei Raphael, der drachenartige. "Der vierte hat" nach der Behauptung des Celsus, "die Gestalt eines Adlers"; das Diagramm aber sprach von Gabriel, dem adlerähnlichen. "Der fünfte", sagt dann Celsus, "hat das Gesicht eines Bären", das Diagramm aber nannte den Thauthabaoth, den bärenartigen. Dann sagt Celsus, "vom, sechsten würde berichtet, dass er bei jenen das Gesicht eines Hundes habe"; das Diagramm dagegen behauptete, er sei Erathaoth. "Von dem siebenten" gibt dann Celsus an, dass er "das Gesicht eines Esels habe und Thaphabaoth oder Onoel genannt werde"; wir haben in dem Diagramm gefunden, dass dieser Onoel oder Thartharaoth genannt wird und wie ein Esel gestaltet ist.“

Origenes: Contra Celsum VI, 30 [9]

An der Spitze der Archonten steht der Schöpfer der niederen planetarischen Welt, der löwengestaltige Demiurg Jaldabaoth, der in der Saturnsphäre residiert. Es folgen Jao (Jupiter), Sabaoth (Mars), Astaphaios (Venus), Ailoaios (Merkur) und zuletzt Horaios, der Herr der Mondsphäre. Die Sonnensphäre erwähnt Origenes nicht; von Jaldaboath heißt es aber, dass er der erste und der siebente sei.

„"Du aber, der du der erste und siebente bist, dazu geboren, mit Selbstvertrauen zu gebieten, Jaldabaoth, herrschendes Wort des reinen Verstandes, vollkommenes Werk für Sohn und Vater, indem ich in dem Gepräge eines Bildes das Sinnbild des Lebens heranbringe, habe ich der Welt das Tor geöffnet, welches du für deine Zeit geschlossen hattest, und gehe wiederum frei vorbei an deiner Macht. Die Gnade sei mit mir, ja Vater, sie sei mit mir!" Dieser Herrscher mit der Löwengestalt steht nach ihrer Versicherung mit dem Stern Phainon[8] in Beziehung.

Wer dann den Jaldabaoth hinter sich hat und bei dem Jao[9] angekommen ist, von dem glauben sie, dass er sprechen müsse: "Du aber, Jao, Herrscher über die verborgenen Geheimnisse des Sohnes und Vaters, der du leuchtest zur Nachtzeit, du zweiter und erster, Fürst des Todes, von dem Unschuldigen ein Teil, indem ich dir jetzt die eigene ergebene Gesinnung als Sinnbild bringe, bin ich bereit, an deinem Reich vorüberzugehen. Du hast den durch dich Gewordenen mit lebendigem Worte gekräftigt. Die Gnade sei mit mir, Vater, sie sei mit mir!" Darauf[10] den Sabaoth[11] , den man, wie sie glauben so anreden muß: "Herrscher des fünften Reiches, Fürst Sabaoth, Verteidiger des Gesetzes deiner Schöpfung, die durch Gnade befreit wird, durch eine mächtigere Pentas, sieh das tadellose Sinnbild deiner Kunst, im Bilde eines Abdpucks bewahrt, einen Leib durch die Pentas befreit, und laß mich vorbeiziehn! Die Gnade sei mit mir, Vater, sei mit mir!" ...Sodann[12] den Astaphaios[13] , den man nach ihrer Meinung folgendermaßen anzusprechen hat: "Astaphaios, Herrscher des dritten Tores, Hüter der Urquelle des Wassers, sieh mich an als einen Geweihten, der durch den Geist der Jungfrau gereinigt ist, und laß mich vorbei, der du das Wesen der Welt schaust. Die Gnade sei mit mir, Vater, sie sei mit mir!" Nach diesem[14] den Ailoaios[15] , zu dem man, wie sie meinen, solche Worte sagen muß: "Ailoaios, Herrscher des zweiten Tores, laß mich vorbei, ich bringe dir das Sonnbild deiner Mutter, die Gnade, die in den Kräften der Mächte verborgen ist. Die Gnade sei mit mir, Vater, sie sei mit mir!" Als letzten nennen sie den Horaios[16] und meinen zu ihm sprechen zu müssen: "Der du furchtlos den Wall des Feuers überschritten und die Herrschaft über das erste Tor erhalten hast, Horaios, laß mich vorbei! Denn du siehst das Sinnbild deiner Macht gestürzt durch das Bild des Baumes des Lebens, ein Abbild, das nach der Ähnlichkeit mit dem Unschuldigen genommen ist. Die Gnade sei mit mir, Vater, sie sei mit mir!"“

Origenes: Contra Celsum VI, 31 [10]

Nach Celsus sollen auch einige Menschen in archontische Gestalten übergegangen sein:

„Celsus bringt hierauf noch andere Fabeln vor: "gewisse Menschen gingen angeblich in die archontischen Gestalten über, so dass die einen Löwen würden, andere aber Stiere, und andere Drachen oder Adler oder Bären oder Hunde".“

Origenes: Contra Celsum VI, 33 [11]

Der Naassenerpsalm

Hippolyt überliefert folgenden Hymnus der Naassener, den Naassenerpsalm, der ein Gesamtbild ihrer Grundlehren gibt. Die Überlieferung des Hymnus ist allerdings stark verderbt. Im Mittelpunkt steht Jesus, der die ins Chaos der materiellen Welt gestürzte Menschheit erlösen will, indem er sie die Gnosis lehrt.

Gesetz des Werdens für das All ist der erstgeborene Geist,
Das zweite ist des Erstgeborenen ausgegossenes Chaos,
Als drittes erhielt es die Seele, die das Gesetz vollzieht.
Deshalb umhüllt mit des Hirsches Gestalt,
Müht sie, vom Tode bewältigt, ihr Werk,
Bald hat sie die Herrschaft und sieht das Licht,
Bald trauert sie, ins Elend gestoßen,
Bald wird sie beweint, ist froh,
Bald weint sie, wird gerichtet,
Bald wird sie gerichtet, stirbt,
Bald wird die Rückkehr, die unselige, zum Unheil,
Sie betrat irrend ein Labyrinth,
Es sprach aber Jesus: Sieh Vater,
Ein Suchen der Übel auf Erden,
Von deinem Hauche brandet es heran,
Sie sucht zu entrinnen dem bitteren Chaos,
Und weiß nicht, wie sie hindurchkommen wird,
Dazu sende mich, Vater,
Mit Siegeln will ich niedersteigen,
Alle Äonen will ich durchwandern,
Alle Geheimnisse will ich erschließen,
Die Gestalten der Götter will ich zeigen,
Und das Verborgene des heiligen Weges
Gnosis nennen und lehren.

Hippolyt von Rom: Refutatio V,10 [12]

Anmerkungen

  1. Ref. V,7 [1]
  2. vgl. Leisegang, S 114 oben
  3. Epiphanios: Panarion haer. XXVI,4.5; übers. nach H. Leisegang: Gnosis (1985), S.190-192
  4. Bernd Witte, Ophitendiagram, S. 152, Abbildung 2.
  5. vgl. dazu: Rudolph, S 77ff
  6. Vgl. Gen 1,1.4; 4Esra 6,49; Baruch 29,4. Behemoth stammt ebenso wie Leviathan aus der kanaanäischen Religion.
  7. vgl. 1 Mos 2,9 EU und 1 Mos 3,22-24 EU
  8. Saturn
  9. Jupiter
  10. nennen sie
  11. Mars
  12. nennen sie
  13. Venus
  14. nennen sie
  15. Merkur
  16. Mond

Literatur

  1. Hans Jonas: Gnosis uns spätantiker Geist I, Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1934, 1964, 1988 ISBN 978-3525531235
  2. Hans Leisegang: Die Gnosis. A. Kröner, Leipzig 1924. 2. Auflage 1936. 5. Auflage, Kröner, Stuttgart 1985. ISBN 3-520-03205-8
  3. Kurt Rudolph: Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005 ISBN 3-525-52110-3
  4. Bernd Witte: Das Ophitendiagramm nach Origenes' Contra Celsum VI, 22-38 (Arbeiten zum spätantiken und koptischen Ägypten 6), Altenberge 1993, ISBN 3-89375-090-8 [13]
  5. Kocku von Stuckrad: Das Ringen um die Astrologie. Jüdische und christliche Beiträge zum antiken Zeitverständnid, Band 49, Walter de Gruyter, Berlin - New York 2000, ISBN 978-3110166415 Google