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Schachweltmeisterschaft 2010

Aus AnthroWiki

Die Schachweltmeisterschaft 2010 wurde als Zweikampf zwischen dem amtierenden Schachweltmeister Viswanathan Anand und dem früheren FIDE-Weltmeister Wesselin Topalow ausgetragen. Sie fand vom 24. April bis 11. Mai 2010 in der bulgarischen Hauptstadt Sofia statt.[1] Es handelte sich (sofern Alexander Aljechin durchgängig als Russe gezählt wird) um die erste Schachweltmeisterschaft ohne Beteiligung eines russischen Spielers seit der WM 1921, als der Deutsche Emanuel Lasker seinen Titel an den Kubaner José Raúl Capablanca verlor.[2]

Durch einen Schwarzsieg in der letzten Partie gewann Anand den Wettkampf mit 6,5 zu 5,5 Punkten. Es war seine zweite erfolgreiche Titelverteidigung nach dem Weltmeisterschaftskampf 2008 gegen Wladimir Kramnik. Topalow hatte sich für den WM-Kampf durch seinen Sieg im Kandidatenfinale im Februar 2009 gegen den US-amerikanischen Großmeister Gata Kamsky qualifiziert.

Vorgeschichte

Hintergrund

Nach Garri Kasparows Bruch mit der FIDE im Jahr 1993 gab es bis 2006 zwei Weltmeister: Einen offiziellen FIDE-Weltmeister, der zumeist in umstrittenen KO-Turnieren mit kurzer Bedenkzeit ermittelt wurde, und einen „klassischen“ Weltmeister, der weiterhin in Zweikämpfen und mit klassischer Bedenkzeitregelung gekürt wurde. Bei der Schachweltmeisterschaft 2006 zwischen dem klassischen Weltmeister Wladimir Kramnik und FIDE-Weltmeister Topalow wurden diese beiden konkurrierenden Titel wieder vereinigt. Topalow war es als Unterlegenem durch vertragliche Bestimmungen danach nicht mehr möglich, am Weltmeisterschaftsturnier 2007 teilzunehmen, obwohl ihm dies nach seinem Sieg bei der FIDE-WM 2005 eigentlich zugestanden hätte. Deshalb gewährte die FIDE ihm erleichterten Zugang zum nachfolgenden WM-Zyklus, indem er im Kandidatenfinale 2009 gesetzt war. Der Sieger der WM 2007, Anand, bestritt zuvor eine Titelverteidigung, als er 2008 in Bonn einen Rückkampf gegen Kramnik gewann.

Kandidatenfinale

Kamsky und Topalow vor Beginn der 2. Partie des Kandidatenfinales

Das Kandidatenfinale fand unter der Bezeichnung „World Chess Challenge“ vom 16. bis 26. Februar 2009 im Nationalen Kulturpalast in Sofia statt. Neben Topalow war der Sieger des Schach-Weltpokals 2007, Gata Kamsky, qualifiziert.

Ersten Planungen zufolge hätte der Zweikampf bereits im November 2008 in Lemberg (Ukraine) stattfinden sollen.[3] Zwischenzeitlich hatten die Verhandlungen bereits vor dem Scheitern gestanden, da Kamsky der FIDE unseriöses Verhalten vorwarf und nicht im Heimatland seines Gegners spielen wollte.[4] Als Preisgeld wurden 250.000 US-Dollar ausgelobt, das unabhängig vom Ausgang des Kampfes gleichmäßig zwischen den Spielern aufgeteilt wurde.

Der Wettkampf war auf eine Länge von acht Partien angelegt; bei einem möglichen Gleichstand sollten vier Schnellpartien die Entscheidung bringen. Nach sieben Partien lag Topalow jedoch bereits mit 4,5:2,5 uneinholbar in Führung, womit eine achte Partie hinfällig wurde.

World Chess Challenge 2009
1 2 3 4 5 6 7 Gesamt
Wesselin Topalow ½ 1 ½ 0 1 ½ 1 4,5
Gata Kamsky ½ 0 ½ 1 0 ½ 0 2,5

Bilanz Anand/Topalow vor der WM

Zwischen 1993 und 2008 spielten Anand und Topalow insgesamt 44 Turnierpartien gegeneinander.[5]

Bilanz der Kontrahenten vor Beginn der Schach-WM 2010
Sieg
Anands
Remis Sieg
Topalows
Anand (Weiß) – Topalow (Schwarz) 7 11 4
Topalow (Weiß) – Anand (Schwarz) 3 12 7
Insgesamt 10 23 11

Organisation der WM

Der Zentrale Militärklub, Austragungsort der Weltmeisterschaft

Bewerbungsverfahren

Die zweite Titelverteidigung Anands war ursprünglich schon für die erste Jahreshälfte 2009 vorgesehen, musste wegen Organisationsschwierigkeiten des Kandidatenfinales jedoch immer wieder verschoben werden. Um die Austragung der Weltmeisterschaft hatten sich Bulgarien, Singapur und die Türkei beworben. Die beiden Letzteren zogen jedoch ihre Bewerbung zurück, nachdem die Details des bulgarischen Gebots bekannt gegeben wurden.[6] Zwar konnte der bulgarische Veranstalter keine Bank-Garantie abgeben, Bulgariens Ministerpräsident und gleichzeitige Vorsitzende des WM-Organisationskomitees, Bojko Borissow, sicherte in einem offenen Brief jedoch die Finanzierung durch die bulgarische Regierung zu.[7] Am 16. Dezember 2009 wurden schließlich die Verträge unterzeichnet.[8]

Rahmenbedingungen

Das Match fand im Zentralen Militärklub in Sofia statt. Schiedsrichter war, wie schon bei der WM 2008, Panagiotis Nikolopoulos, und sein Stellvertreter Werner Stubenvoll.[9] Beginn der ersten Partie war um 17.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MESZ),[10] alle weiteren Partien starteten um 15.00 Uhr Ortszeit (14.00 Uhr MESZ); nach zwei Partien gab es jeweils einen Ruhetag, ebenso nach der elften Partie. Nach den ersten sechs Partien wurden die Farben getauscht. Zeitkontrollen waren 120 Minuten für die ersten 40 Züge, 60 Minuten für die nächsten 20 Züge, sowie 15 Minuten für den Rest der Partie bei einem Aufschlag von 30 Sekunden je Zug, beginnend mit Zug 61. Bei Gleichstand nach den regulären 12 Partien wären 4 Schnellpartien mit 25 Minuten Bedenkzeit plus 10 Sekunden pro Zug gespielt worden. Sollte auch dann noch keine Entscheidung gefallen sein, wären bis zu fünf Verlängerungen von jeweils zwei Blitzpartien mit 5 Minuten Bedenkzeit plus 3 Sekunden pro Zug gefolgt. Wäre auch dann keine Entscheidung gefallen gewesen, wäre eine letzte Blitzpartie gespielt worden, bei der Weiß eine Minute mehr Zeit erhalten hätte, Schwarz jedoch ein Remis zum Matchgewinn gereicht hätte.

Entwicklung der Elo-Zahlen von Viswanathan Anand und Wesselin Topalow.

Der Gewinner erhielt 1,2 Millionen Euro, was die höchste Siegprämie einer Schach-WM überhaupt darstellt.[11] Der Verlierer bekam 800.000 Euro, weitere 400.000 Euro mussten an die FIDE abgeführt werden. Aufgrund der Streitigkeiten bei der Schachweltmeisterschaft 2006 stand den Spielern nur ein gemeinsamer Aufenthalts- und Toilettenbereich zur Verfügung. Topalows Manager Silvio Danailow kündigte im Vorfeld des Wettkampfes an, dass Topalow sich einseitig an die sogenannte „Sofia-Regel“ halten und seinem Gegner keine Remisangebote machen werde.[12] Auf Wunsch von Anand wurde vor der Bühne ein transparenter Vorhang angebracht, der verhindern sollte, dass den Spielern Zeichen aus dem Zuschauerraum gegeben werden.

Sponsoren der Veranstaltung waren der bulgarische Staat und die Telekommunikationsfirma Spectrum Net.[13]

Sekundanten waren auf Seiten Anands Peter Heine Nielsen, Rustam Kasimjanov, Surya Shekhar Ganguly und Radosław Wojtaszek, das Team von Topalow bestand aus Iwan Tscheparinow, Erwin l’Ami, Jan Smeets und Jiří Dufek.[14]

Zu vielen weiteren Themen siehe auch

Nachbetrachtungen

Anand bezeichnete die vierte Partie als seine beste in dem Wettkampf. Seinen größten Fehler habe er in der achten Partie begangen. Die Niederlage in der ersten Partie sei nicht auf seine Schwierigkeiten bei der Anreise zurückzuführen. Er äußerte sich erstaunt darüber, dass sein Gegner auch nach den Niederlagen in der zweiten und vierten Partie nicht der Katalanischen Eröffnung ausgewichen sei. Nachdem Topalow in der sechsten und siebten Partie jeweils ein Remis erreichte, sah sich Anand selbst gezwungen, eine andere Eröffnung zu spielen. Er wolle nun zunächst in sein Heimatland Indien reisen und sich erholen.

Topalow äußerte sich trotz seiner Niederlage zufrieden mit der gezeigten Leistung, jede Partie sei ein großer Kampf gewesen. Seine beste Partie sei die erste gewesen, in der er eine brillante Eröffnungsvorbereitung anbringen konnte. Siegchancen habe er in der dritten, fünften und zehnten Partie ausgelassen, während Anand alle seine Möglichkeiten genutzt habe. Die Niederlage in der entscheidenden zwölften Partie bereue er nicht, da er auf jeden Fall einen Tiebreak vermeiden wollte und dafür ein Risiko eingehen musste.[15]

Nach Beendigung des Wettkampfs enthüllte Anand, dass er auch von Magnus Carlsen, Garri Kasparow, Wladimir Kramnik und Anish Giri unterstützt wurde.[16] Topalow dagegen konnte für Analysen auf einen BlueGene-Supercomputer mit 8192 Prozessoren der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften zugreifen.[17]

Der Manager Topalows, Silvio Danailow, hob die gute Vorbereitung seines Teams hervor und lobte insbesondere Iwan Tscheparinow. Der Weltmeister habe mit Weiß mit Ausnahme der vierten Partie keine Eröffnungsvorteile erzielt und sei in seinen Schwarzpartien stark unter Druck gewesen. Topalow habe kämpferisches und kreatives Schach gezeigt, Anands Wettkampfsieg sei vor allem seinen Defensivqualitäten zuzuschreiben.[18]

In der Schachpresse wurde Anands Sieg als verdient bezeichnet. Er habe sich als der flexiblere Spieler erwiesen und es sei ihm gelungen, durch unerwartete Eröffnungen den Vorbereitungen seines Gegners weitgehend auszuweichen.[19]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. World Championship match Anand – Topalov: contract signed in Sofia Auf: fide.com, abgerufen am 17. Dezember 2009.
  2. derwesten.de: Topalow will Anand vom Schach-Thron stoßen. 4. Mai 2010.
  3. Ilyumzhinov guarantees Topalov-Kamsky match in Lvov. Auf: chessbase.com, 1. Juni 2008.
  4. Offener Brief von Kamsky Auf: chessbase.com (englisch), 8. November 2008.
  5. Für den Zeitraum von 1993 bis 2008 listet die Referenzdatenbank Megabase 2009 von ChessBase 44 Turnierpartien zwischen Anand und Topalow auf. Im Einzelnen: Las Palmas 1993 (A-T 1:0), Madrid 1993 (remis), Linares 1994 (A-T 0:1), Dos Hermanas 1996 (remis), Wijk aan Zee 1996 (T-A 1:0), Las Palmas 1996 (1:1, 2 Partien), Dortmund 1996 (A-T 1:0), Amsterdam 1996 (A-T 0:1), Dos Hermanas 1997 (remis), Dortmund 1997 (T-A 1:0), Linares 1997 (remis), Linares 1998 (A-T 1,5:0,5, 2 Partien), Wijk aan Zee 1998 (A-T 1:0), Tilburg 1998 (remis), Wijk aan Zee 1999 (A-T 1:0), Linares 1999 (T-A 0,5:1,5, 2 Partien), Dos Hermanas 1999 (remis), Dortmund 1999 (remis), Wijk aan Zee 2001 (remis), Dortmund 2001 (T-A 2:0, 2 Partien), Wijk aan Zee 2003 (T-A 0:1), Wijk aan Zee 2004 (T-A 1:0), Wijk aan Zee 2005 (remis), Linares 2005 (T-A 0,5:1,5, 2 Partien), Sofia 2005 (T-A 1,5:0,5, 2 Partien), San Luis 2005 (1:1, 2 Partien), Wijk aan Zee 2006 (remis), Sofia 2006 (1:1, 2 Partien), Wijk aan Zee 2007 (T-A 1:0), Morelia/Linares (1:1, 2 Partien), Wijk aan Zee 2008 (A-T 1:0), Morelia/Linares (1:1, 2 Partien), Bilbao 2008 (T-A 1,5:0,5, 2 Partien).
  6. Sofia awarded World Championship 2010 Auf: chessbase.com, abgerufen am 16. Oktober 2009.
  7. Offener Brief Auf: fide.com, 12. Oktober 2009.
  8. WM 2010: Vertrag unterzeichnet Auf: chessbase.de, 17. Dezember 2009.
  9. Breaking News: Topalov drew white for 1st game Chess Daily News (Susan Polgar)
  10. "Dieses Duell war überfällig" Auf: abendblatt.de, 23. April 2010.
  11. Titelverteidiger Anand gleicht gegen Topalow aus Auf: welt.de, 25. April 2010.
  12. Anand et Topalov dans les starting-blocks, Europe Echecs, 14. April 2010.
  13. chessvibes.com: MTel Masters cancelled (englisch). 31. März 2010.
  14. Anand beats Topalov, retains world title, Chessvibes.com, 11. Mai 2010.
  15. Day after chess championship, victor and vanquished reflect on the match, New York Times Chess Blog, 12. Mai 2010.
  16. Anand in Playchess – the helpers in Sofia, Chessbase, 19. Mai 2010.
  17. Topalov training with super computer Blue Gene P (Memento vom 19. Mai 2013 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis), Chessdom
  18. Interview with Silvio Danailov, Chessdom
  19. Stefan Löffler: So gewann Anand, Schachwelt, 13. Mai 2010.
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Schachweltmeisterschaft 2010 aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.