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Reinkarnation

Aus AnthroWiki

Reinkarnation, Wiedergeburt oder Palingenese (altgriech., zusammengesetzt aus πάλιν, pálin „wiederum“, „abermals“ und γένεσις, génesis „Erzeugung“, „Geburt“) bedeutet, dass ein individuelles geistiges Wesen im Zug seiner Entwicklung mehrmals zu physischen Daseinsformen heruntersteigt, zwischen denen jeweils eine rein geistige Existenz liegt. Das Schicksal (skrt. Karma) in späteren irdischen Inkarnationen wird dabei wesentlich mitbestimmt durch die Taten in früheren Erdenleben. Nach anthroposophischer Auffassung ist es der unsterbliche individuelle Geist, das Ich des Menschen, das sich wiederverkörpert und, von Ausnahmefällen abgesehen[1], nicht die weitgehend vergängliche Seele, die sich nach dem Tod bis auf einen unvergänglichen Rest in der allgemeinen Astralwelt zerstreut und für die nächste irdische Inkarnation neu und mit anderen Eigenschaften wieder aufgebaut werden muss. Die persönliche Unsterblichkeit - das über den Tod hinaus fortdauernde Bewusstsein von der Persönlichkeit - hat der sich der Mensch überhaupt erst durch die Bewusstseinsseele errungen, insofern sich diese bereits auf das Geistige richtet und dadurch bereits mit dem unvergänglichen Geistselbst (Manas) eine Einheit bildet. Die Lehre von der Reinkarnation des Geistes ist darum auch streng zu unterscheiden von der Seelenwanderung oder Metempsychose. Der Leib unterliegt der Vererbung, die Seele dem selbstgeschaffenen Schicksal und der Geist entwickelt sich durch die aufeinanderfolgenden Inkarnationen weiter.

Grundlagen

Ein klare Erkenntnis der Reinkarnation gab es nach Rudolf Steiner nur bis etwa 1860 v. Chr. Danach war sie nur mehr als ein immer dumpfer werdendes, instinktives Gefühl vorhanden, das schließlich für weite Teile der Menschheit, namentlich Europas, ganz im Dunkel des Unterbewusstseins verschwand. Das Bewusstsein für die Reinkarnation wieder zu wecken, war eine, wenn nicht die zentrale Lebensaufgabe, die sich Rudolf Steiner gesetzt hat. (Lit.: Meyer, Vorwort zur Neuauflage, II).

"In vorchristlichen Zeiten ist die Reinkarnation als Gefühl vorhanden gewesen, denn eine Erkenntnis war sie nur vor dem Jahre 1860 vor dem Christentum; nach dem Jahre 1860 war sie im ganzen Ägypten, in vorderasiatischen, römischen Zeiten nur ein instinktives Gefühl. Jetzt aber kommt die Zeit, wo die Anschauung von dem Menschen als einem geistigen Wesen, das eine Entwickelung durchmacht zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, ein lebendiges Gefühl, eine lebendige Empfindung wird, wo man in der Vorstellung leben muß von der überirdischen Bedeutung der Menschenseelen. Denn ohne diese Vorstellung wird die Kultur der Erde ertötet. Man wird nicht eine praktische Tätigkeit entfalten können in der Zukunft, ohne daß man aufblicken kann zu der geistigen Bedeutung der Tatsache, daß jeder Mensch ein geistiges Wesen ist." (Lit.: GA 196, S. 161f)

In dem 1903 geschriebenen Aufsatz «Reinkarnation und Karma, vom Standpunkte der modernen Naturwissenschaft notwendige Vorstellungen» (Lit.: GA 34, S. 67ff) macht Rudolf Steiner deutlich, dass sich die Wiedergeburtslehre notwendig ergibt, wenn man die naturwissenschaftliche Evolutionslehre konsequent weiterführt und auch auf das seelische Gebiet anwendet.

„Man lasse entweder die ganze naturwissenschaftliche Entwickelungslehre fallen, oder man gebe zu, daß sie auf die seelische Entwickelung ausgedehnt werden müsse. Es gibt nur zweierlei: entweder es ist jede Seele durch ein Wunder geschaffen, wie die tierischen Arten durch Wunder geschaffen sein müßten, wenn sie sich nicht auseinander entwickelt haben; oder die Seele hat sich entwickelt und ist in anderer Form früher dagewesen, wie die tierische Art in anderer Form da war.“ (Lit.: GA 34, S. 85)

Die Individualität des Menschen, sein Ich, das sich durch seine einzigartige, unverwechselbare Biographie kundgibt, lässt sich weder aus der Vererbung, noch aus äußeren Einflüssen, etwa durch die Erziehung, erklären.

„Als physischer Mensch stamme ich von anderen physischen Menschen ab, denn ich habe dieselbe Gestalt wie die ganze menschliche Gattung. Die Eigenschaften der Gattung konnten also innerhalb der Gattung durch Vererbung erworben werden. Als geistiger Mensch habe ich meine eigene Gestalt, wie ich meine eigene Biographie habe. Ich kann also diese Gestalt von niemand anderm haben als von mir selbst. Und da ich nicht mit unbestimmten, sondern mit bestimmten seelischen Anlagen in die Welt eingetreten bin, da durch diese Anlagen mein Lebensweg, wie er in der Biographie zum Ausdruck kommt, bestimmt ist, so kann meine Arbeit an mir nicht bei meiner Geburt begonnen haben. Ich muß als geistiger Mensch vor meiner Geburt vorhanden gewesen sein. In meinen Vorfahren bin ich sicher nicht vorhanden gewesen, denn diese sind als geistige Menschen von mir verschieden. Meine Biographie ist nicht aus der ihrigen erklärbar Ich muß vielmehr als geistiges Wesen die Wiederholung eines solchen sein, aus dessen Biographie die Meinige erklärbar ist. Der andere zunächst denkbare Fall wäre der, daß ich die Ausgestaltung dessen, was Inhalt meiner Biographie ist, nur einem geistigen Leben vor der Geburt (beziehungsweise der Empfängnis) verdanke. Zu dieser Vorstellung hätte man aber nur Berechtigung, wenn man annehmen wollte, daß, was auf die Menschenseele aus dem physischen Umkreis herein wirkt, gleichartig sei mit dem, was die Seele aus einer nur geistigen Welt hat. Eine solche Annahme widerspricht der wirklich genauen Beobachtung. Denn was aus dieser physischen Umgebung bestimmend für die Menschenseele ist, das ist so, daß es wirkt wie ein später im physischen Leben Erfahrenes auf ein in gleicher Art früher Erfahrenes. Um diese Verhältnisse richtig zu beobachten, muß man sich den Blick dafür aneignen, wie es im Menschenleben wirksame Eindrücke gibt, die so auf die Anlagen der Seele wirken wie das Stehen vor einer zu verrichtenden Tat gegenüber dem, was man im physischen Leben schon geübt hat; nur daß solche Eindrücke eben nicht auf ein in diesem unmittelbaren Leben schon Geübtes auftreffen, sondern auf Seelenanlagen, die sich so beeindrucken lassen wie die durch Übung erworbenen Fähigkeiten. Wer diese Dinge durchschaut, der kommt zu der Vorstellung von Erdenleben, die dem gegenwärtigen vorangegangen sein müssen. Er kann denkend nicht bei rein geistigen Erlebnissen vor diesem Erdenleben stehenbleiben. - die physische Gestalt, die Schiller an sich getragen hat, die hat er von seinen Vorfahren ererbt. Sowenig aber diese physische Gestalt aus der Erde gewachsen sein kann, sowenig kann es die geistige Wesenheit Schillers sein. Er muß die Wiederholung einer andern geistigen Wesenheit sein, aus deren Biographie die Seinige erklärbar wird, wie die physische Menschengestalt Schillers durch menschliche Fortpflanzung erklärbar ist. - So wie also die physische Menschengestalt immer wieder und wieder eine Wiederholung, eine Wiederverkörperung der menschlichen Gattungswesenheit ist, so muß der geistige Mensch eine Wiederverkörperung desselben geistigen Menschen sein. Denn als geistiger Mensch ist eben jeder eine eigene Gattung.

Man kann gegen das hier Gesagte einwenden: das seien reine Gedankenausführungen; und man kann äußere Beweise verlangen, wie man sie von der gewöhnlichen Naturwissenschaft her gewohnt ist. Dagegen muß gesagt werden, daß die Wiederverkörperung des geistigen Menschen doch ein Vorgang ist, der nicht dem Felde äußerer physischer Tatsachen angehört, sondern ein solcher, der sich ganz im geistigen Felde abspielt. Und zu diesem Felde hat keine andere unserer gewöhnlichen Geisteskräfte Zutritt als allein das Denken. Wer der Kraft des Denkens nicht vertrauen will, der kann sich über höhere geistige Tatsachen eben nicht aufklären. - Für denjenigen, dessen geistiges Auge erschlossen ist, wirken die obigen Gedankengänge genau mit derselben Kraft, wie ein Vorgang wirkt, der sich vor seinem physischen Auge abspielt. Wer einem sogenannten «Beweise», der nach der Methode der gewöhnlichen naturwissenschaftlichen Erkenntnis aufgebaut ist, mehr Überzeugungskraft zugesteht als den obigen Ausführungen über die Bedeutung der Biographie, der mag im gewöhnlichen Wortsinn ein großer Wissenschaftler sein: von den Wegen der echt geistigen Forschung ist er aber sehr weit entfernt.“ (Lit.: GA 9, S. 72ff)

Überlieferte Kenntnis der Wiedergeburt

Hinduismus

In den ältesten hinduistischen Schriften, den Veden, wird die Reinkarnation noch nicht thematisiert. Himmel und Hölle sind hier die dauerhaften Aufenthaltsorte nach dem Tod. Erst in den ab etwa 800 v. Chr. niedergeschriebenen Upanishaden wird die Lehre von Reinkarnation und Karma entwickelt, der Atma, der unsterbliche Wesenskern des Menschen, unterworfen ist. Eines der ältesten Zeugnisse dazu ist die Brihadāranyaka Upanishad.

„3. Wie eine Raupe, nachdem sie zur Spitze des Blattes gelangt ist, einen andern Anfang ergreift und sich selbst dazu hinüberzieht, so auch die Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das Nichtwissen [zeitweilig] losgelassen hat, ergreift sie einen andern Anfang und zieht sich selbst dazu hinüber.

4. Wie ein Goldschmied von einem Bildwerke den Stoff nimmt und daraus eine andre, neuere, schönere Gestalt hämmert, so auch diese Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das Nichtwissen [zeitweilig] losgelassen hat, so schafft sie sich eine andre, neuere, schönere Gestalt, sei es der Väter oder der Gandharven oder der Götter oder des Prajapati oder des Brahman oder andrer Wesen.[2]

5. Wahrlich dieses Selbst ist das Brahman, bestehend aus Erkenntnis, aus Manas, aus Leben, aus Auge, aus Ohr, bestehend aus Erde, aus Wasser, aus Wind, aus Äther, bestehend aus Feuer und nicht aus Feuer, aus Lust und nicht aus Lust, aus Zorn und nicht aus Zorn, aus Gerechtigkeit und nicht aus Gerechtigkeit, bestehend aus allem. Je nachdem einer nun besteht aus diesem oder aus jenem, je nachdem er handelt, je nachdem er wandelt, danach wird er geboren; wer Gutes tat, wird als Guter geboren, wer Böses tat, wird als Böser geboren, heilig wird er durch heiliges Werk, böse durch böses. Darum, fürwahr, heifst es: «Der Mensch ist ganz und gar gebildet aus Begierde (kâma); je nachdem seine Begierde ist, danach ist seine Einsicht (kratu), je nachdem seine Einsicht ist, danach tut er das Werk (karman), je nachdem er das Werk tut, danach ergehet es ihm».“

Paul Deussen: Sechzig Upanishad's des Veda, Leipzig 1921, S. 475f [2]

Wie später im Buddhismus wird auch hier nach der Erlösung (Moksha) aus dem Kreislauf der Wiedergeburten gestrebt:

„Nunmehr von dem Nichtverlangenden (akâmayamâna). Wer ohne Verlangen, frei von Verlangen, gestillten Verlangens, selbst sein Verlangen ist, dessen Lebensgeister ziehen nicht aus; sondern Brahman ist er, und in Brahman geht er auf.

7. Darüber ist dieser Vers:

Wenn alle Leidenschaft schwindet,
Die nistet in des Menschen Herz,
Dann wird, wer sterblich, unsterblich,
Schon hier erlangt das Brahman er.

Wie eine Schlangenhaut tot und abgeworfen auf einem Ameisenhaufen liegt, also liegt dann dieser Körper; aber das Körperlose, das Unsterbliche, das Leben ist lauter Brahman, ist lauter Licht.“

Paul Deussen: Sechzig Upanishad's des Veda, S. 477 [3]

Buddhismus

In den altorientalischen Kulturen, wo man noch ein sehr starkes Bewusstsein vom geistigen Ursprung des Menschen hatte, wurde die Wiederverkörperung und das irdische Dasein überhaupt als vorwiegend leidvoll empfunden. Buddha hat die Ursachen dieses Leidens aufgezeigt, die ihre Wurzeln in dem begierdevollen Haften an der sinnlichen Welt haben, und mit dem von gelehrten achtgliedrigen Pfad den Weg gewiesen, das Rad der Wiedergeburten anzuhalten und für immer in ein rein geistiges Dasein zurückzukehren. Wenn sich künftig einmal die Reihe der irdischen Geburten des Menschen ihrem Ende zuneigt, wird der Buddhismus in zeitgemäß erneuerter Form wieder von großer Bedeutung werden, denn dieser Prozess, durch den der Mensch dann in eine neue Daseinsform übertreten wird, kann nur dann zum Heil des Menschen ablaufen, wenn er selbst geistig aktiv und bewusst daran mitwirkt.

Judentum

Der Begriff Gilgul Neschamot (hebr. גִלְגּוּל נְשָמוֹת, wörtl. das Rollen der Seelen), mit dem im Judentum die Reinkarnations- bzw. Seelenwanderungslehre bezeichnet wird, kommt zwar im Tanach, der hebräischen Bibel nicht vor, wird aber in den Überlieferungen des Talmud an einzelnen Stellen kontrovers diskutiert und ist ein zentrales Element der Kabbala, so etwa im Sefer ha-Bahir („Buch der Erleuchtung“), das als ältestes kabbalistisches Werk gilt, und in dem Ende des 13. Jahrhunderts weithin bekannten Sefer ha-Sohar („Buch des Glanzes“), das die Seelenwanderungslehre für eine Weile zum Allgemeingut des osteuropäischen Judentums machte.

In dem auf den Lehren Rabbi Isaak Lurias (1534–1572) beruhendem Schaar ha-Gilgulim („Tor der Wiedergeburten“) werden umfassend und präzise die verwickelten Gesetzmäßigkeiten der kabbalistischen Wiedergeburtslehre im Sinne der Seelenwanderung beschrieben, wobei ausdrücklich auf einzelne Verse im Tanach verwiesen wird. Geschildert wird die Wiedergeburt von fünf verschiedenen Seelenteilen, die den höheren seelischen und geistigen Wesensgliedern entprechen: Nephesch (Empfindungsseele), Ruach (Verstandes- und Gemütsseele, Neschama (Bewusstseinsseele/Geistselbst), Chaya (Lebensgeist) und Yechida (Geistesmensch).

Auch heute noch ist die Wiedergeburtslehre im orthodoxen Judentum weit verbreitet, namentlich bei den Chassidim, wo sie schon von dem Begründer der osteuropäischen chassidischen Bewegung, Rabbi Israel ben Elieser (1698–1760), ausgeht.

Frühes Christentum

Erstmals in der urpersischen Kultur und später namentlich im Christentum erkannte man den besonderen Wert des irdischen Daseins für die geistige Entwicklung des Menschen. Damit trat aber auch das Wissen um die wiederholten Erdenleben in den Hintergrund und das Bewusstsein richtete sich immer mehr auf das einzelne irdische Leben des Menschen. In der christlichen Lehre wird daher die Reinkarnationsidee weitgehend abgelehnt, obwohl sie keineswegs unvereinbar mit der biblischen Überlieferung ist. Einzelne Stellen im Neuen Testament weisen mehr oder weniger deutlich auf die Reinkarnation hin, am aller klarsten dort, wo der Christus Johannes den Täufer als den wiedergekommenen Elias bezeichnet, wobei er sich auf die Prophezeiung in Mal 3,23 LUT bezieht:

„23 Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt.“

Buch Maleachi: Mal,3 23

„7 Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk über Johannes zu reden: Was zu sehen seid ihr hinausgegangen in die Wüste? Ein Schilfrohr, das vom Wind bewegt wird? 8 Oder was zu sehen seid ihr hinausgegangen? Einen Menschen in weichen Kleidern? Siehe, die weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. 9 Oder was zu sehen seid ihr hinausgegangen? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein Prophet. 10 Dieser ist's, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.« 11 Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer als er. 12 Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis heute leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, reißen es an sich. 13 Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis hin zu Johannes; 14 und wenn ihr's annehmen wollt: Er ist Elia, der da kommen soll. 15 Wer Ohren hat, der höre!“

Und ähnlich nach Enthauptung des Täufers, der dann bei Verklärung Christi auf dem Berg Tabor in seiner Geistgestalt gemeinsam mit Moses erscheint:

„2 Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus, Jakobus und Johannes und führte sie auf einen hohen Berg, nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verklärt; 3 und seine Kleider wurden hell und sehr weiß, wie sie kein Bleicher auf Erden so weiß machen kann. 4 Und es erschien ihnen Elia mit Mose, und sie redeten mit Jesus. 5 Und Petrus antwortete und sprach zu Jesus: Rabbi, hier ist für uns gut sein; wir wollen drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. 6 Er wusste aber nicht, was er redete; denn sie waren verstört. 7 Und es kam eine Wolke, die überschattete sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören! 8 Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein. 9 Als sie aber vom Berg herabgingen, gebot ihnen Jesus, dass sie niemandem sagen sollten, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn auferstünde von den Toten. 10 Und sie behielten das Wort und befragten sich untereinander: Was ist das, auferstehen von den Toten? 11 Und sie fragten ihn und sprachen: Sagen nicht die Schriftgelehrten, dass zuvor Elia kommen muss? 12 Er aber sprach zu ihnen: Elia soll ja zuvor kommen und alles wieder zurechtbringen. Wie steht dann geschrieben von dem Menschensohn, dass er viel leiden und verachtet werden soll? 13 Aber ich sage euch: Elia ist gekommen, und sie haben ihm angetan, was sie wollten, wie von ihm geschrieben steht.“

Markus-Evangelium: 9,2-13 EU

Nach dem Johannes-Evangelium hatte allerdings Johannes vor der Jordan-Taufe des Jesus selbst bestritten, der wiedergekommene Elias zu sein:

„19 Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?,5 20 bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias.6 21 Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. 22 Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst? 23 Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. 24 Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer. 25 Sie fragten Johannes: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet? 26 Er antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt 27 und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. 28 Dies geschah in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.“

Origenes († 253/54), anfangs noch ein angesehener Kirchenlehrer, hielt die Reinkarnation durchaus für wahrscheinlich, namentlich in Bezug auf Jesus (was keineswegs wiederholte irdische Inkarnationen des Christus impliziert):

„Konnte wohl der, welcher die Seelen in die Körper der Menschen herabsendet, ihn, der so Großes wagen, der so viele belehren und viele Menschen aus der Flut der Sünde zur Besserung zurückführen sollte, in einen Ursprung hineinstoßen, der schimpflicher war als alle, und ihn nicht einmal durch eine rechtmäßige Ehe in das Menschenleben einführen? Oder ist es nicht viel begründeter, dass eine jede Seele, wenn sie nach gewissen verborgenen Gesetzen - ich sage das aber jetzt im Sinne des Pythagoras, Plato und Empedokles, die Celsus oft angeführt hat - in einen Körper eingefügt wird, ihre Wohnung nach Würdigkeit und mit Rücksicht auf ihren früheren Charakter erhält? Es ist also wahrscheinlich, dass diese Seele, die bei ihrem Verweilen im Leben der Menschen mehr Nutzen gebracht hat als viele Menschen - um nicht anmaßend zu scheinen, wenn ich sagen würde "alle" -, eines Körpers bedurfte, der sich nicht nur unter den Menschenkörpern auszeichnete, sondern auch besser und edler als alle war.“

Origenes: Gegen Celsus (Contra Celsum) I,32 [4]

Als das Wissen um die Wiederverkörperung verloren ging, verlor man auch sehr bald das Bewusstsein für das rein geistige vorirdische Dasein des Menschen vor der Geburt, das für Platon noch von ganz zentraler Bedeutung war, und richtete das Augenmerk viel stärker auf das Leben nach dem Tod.

Ein geläufiges, auch heute noch oft gebrauchtes Argument gegen die „Seelenwanderung“ - gemeint ist die Reinkarnation - lieferte schon der frühchristliche Kirchenvater Irenäus von Lyon († 202) in seiner Schrift Gegen die Häresien:

„Ihre Lehre aber von der Seelenwanderung wird dadurch widerlegt, daß sich die Seelen gar nicht mehr an das erinnern, was vordem gewesen ist. Wenn sie nämlich dazu ausgesandt wurden, um alles durchzumachen, dann müßten sie sich auch an das Vergangene erinnern können, um das Fehlende noch nachzuholen und nicht elendiglich immer um dasselbe sich abzumühen. Wenn sie deshalb auf die Erde kamen, dann konnte die Vereinigung mit dem Körper die Erinnerung und Erwägung der Vergangenheit nicht gänzlich auslöschen. Was nämlich jetzt die Seele, während der Körper schläft und ruht, bei sich sieht und im Traume erlebt, das teilt sie gemäß ihrer Erinnerung zum größten Teile dem Körper mit, und bisweilen erzählt einer wachend noch nach sehr langer Zeit, was er im Träume gesehen hat. So müßte sie sich auch dessen erinnern, was sie getan hat, bevor sie in den Körper kam. Wenn sie nämlich das, was sie während eines Augenblickes schaute und im Traume empfing, auch über den Traum hinaus noch weiß, nachdem sie sich dem Körper wieder mitgeteilt und in jedes Glied zerstreut hat, so müßte sie noch viel mehr das wissen, wo sie so lange Zeit und die ganze Ewigkeit des verflossenen Lebens gewesen ist.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses II 33,1 [5]

Tatsächlich ist es nicht möglich, sich mit dem gegenwärtigen gewöhnlichen Gedächtnis an frühere Erdenleben zu erinnern. Dazu ist eine hellsichtige Erkenntnis notwendig, wie sie in alten vorchristlichen Zeiten viele Menschen noch naturgemäß hatten. Heute kann diese Erkenntnis nur mit vollem Ich-Bewusstsein auf dem geistigen Schulungsweg errungen werden. Verlässliche Ergebnisse erhält man dabei erst auf der höchsten Erkenntnisstufe, der Intuition. Erlebnisse, mit denen sich der Mensch heute mit vollem Ich-Bewusstsein verbindet, werden allerdings bereits in der nächsten Inkarnation unmittelbar und ohne besondere Schulung erinnert werden können. Die Gedächtnisfähigkeit wird sich entsprechend weiterentwickeln.

Auch Tertullian bringt in seiner Schrift Über die Seele (III 28ff [6]) eine Fülle von Argumenten gegen die pythagoräische Seelenwanderungslehre vor, die aber auch er nicht klar von der Reinkarnation unterscheidet.

Hieronymus († 420) sprach sich in einem Brief an Demetrias ebenfalls entschieden gegen die Reinkarnations- und Seelenwanderungslehre aus:

„Diese Art Leute hat nämlich die Gewohnheit, in allen Winkeln und ganz verstohlen ihre Ansichten an den Mann zu bringen und Gottes Gerechtigkeit ausklügeln zu wollen. „Warum“, so sprechen sie, „ist diese Seele in dieser Provinz geboren? Warum kommen die einen als Kinder christlicher Eltern zur Welt, während andere bei unzivilisierten und wilden Völkern ins Leben treten, die überhaupt keine Kenntnis von Gott haben?“ Wenn sie dann durch diesen Skorpionenstich harmlose Menschen verwundet und an der offenen Wunde sich weiter Raum geschaffen haben, dann streuen sie ihr Gift aus. „Glaubst du, daß ein kleines Kind, das kaum seine Mutter an ihrem Lachen und ihrem heiteren Gesichte erkennt, [3] das bisher nichts Gutes und auch nichts Schlechtes getan hat, ohne eigene Schuld vom Teufel besessen oder von der Gelbsucht befallen wird und Leiden durchmachen muß, von denen nach unserer Erfahrung die Gottlosen verschont bleiben, während die Gotteskinder damit geplagt werden? Wenn aber“, so fahren sie fort, „Gottes Gerichte wahr und in sich selbst gerechtfertigt sind, [4] wenn ich also bei Gott keine Spur von Ungerechtigkeit finden kann, dann zwingt uns unsere Vernunft zu der Annahme, diese Seelen müssen schon einmal im Himmel existiert haben. Dort wurden sie wegen irgendwelcher früherer Fehler dazu verurteilt, in einem menschlichen Leibe gleichsam begraben zu werden, so daß wir in diesem Tränentale die Strafen einstiger Sünden abzubüßen haben. [5] Deshalb spricht auch der Prophet: Bevor ich gedemütigt wurde, habe ich gesündigt. [6] Befreie meine Seele aus dem Kerker! [7] Hat er gesündigt, daß er vom Mutterschoß an blind war, oder taten es seine Eltern?“ [8] und ähnliches. Diese verderbliche und gottlose Lehre verbreitete sich einst in Ägypten und im Orient, [9] und heute noch hat sie sozusagen in gewissen Natterhöhlen viele heimliche Anhänger. Sie vergiftet in jenen Gegenden die Reinheit des Glaubens und setzt sich einem Erbübel gleich in wenigen fest, um dann sehr viele anzustecken.“

Hieronymus: Briefe IIa 130,16 [7]

Heutige Sicht der großen christlichen Kirchen

Die großen christlichen Kirchen und entsprechend auch die meisten Theologen lehnen die Vorstellung der Reinkarnation ab. So schrieb etwa der katholische Theologe Helmut Zander in seiner Monographie Geschichte der Seelenwanderung in Europa:

[In der Bibel] „finden sich keine Reinkarnationsvorstellungen, nicht einmal Anspielungen. Auch die Vermutung, reinkarnationsrelevante Stellen seien im Verlauf der Textgeschichte eliminiert worden, hängt im luftleeren Raum.“[10] Bei Zander ist es nicht zufällig, dass er von "Seelenwanderung" spricht. Es ist kennzeichnend für die katholische Theologie, dass diese aufgrund der Ablehnung der Trichotomie in Leib, Seele und Geist, auf dem achten ökumenischen Konzil von 859 n.Chr., zu einer Erkenntnis der Reinkarnation des Geistes nicht in der Lage zu sein scheint. [11] [12].

Dennoch finden sich vor allem in der esoterischen Literatur der letzten Jahrzehnte zahlreiche Bibelinterpretationen, in denen Zitate aus dem Neuen wie auch dem Alten Testament als Belege für Reinkarnationsvorstellungen gedeutet werden. Die Beurteilung solcher Deutungen fällt unterschiedlich aus. Ähnlich ablehnend wie Zander äußerte sich der katholische Theologe Norbert Bischofberger:

„Die Behauptung, der Reinkarnationsgedanke sei im Neuen Testament enthalten, erweist sich bei genauerer Untersuchung der immer wieder genannten Stellen als falsch. Der Reinkarnationsgedanke ist im Neuen Testament kein Thema.“[13]

Zu einer anderen Einschätzung kam hingegen der protestantische Theologe Helmut Obst:

„Von einer klaren Reinkarnationslehre kann keine Rede sein. Aber: Es gibt einige wenige Stellen, welche Aussagen und Andeutungen enthalten, die im Sinne der Reinkarnation zu verstehen sind oder entsprechend gedeutet werden können.“[14]

Namentlich die „Elia-Täufer-Problematik“ in den Evangelien mache es „unmöglich zu sagen, das Neue Testament kenne die Reinkarnationsidee überhaupt nicht.“[15] Dabei geht es um Johannes den Täufer, der von Jesus als der Prophet Elija bezeichnet wurde, „der kommen soll“ (Mt 11:13-14 EU, Mt 17:10-13 EU). Allerdings hatte Johannes der Täufer selbst zuvor bestritten, der Prophet Elija zu sein, als er danach gefragt wurde (Joh 1:21 EU).

„Das letzte Wort über die Frage Christentum und Reinkarnation ist noch nicht gesprochen. Christentum und Wiederverkörperungsglaube müssen sich nicht unüberbrückbar gegenüberstehen.“[16]

Der deutsche Theologe Karl Rahner sah in der - mittlerweile umstrittenen - katholischen Lehre vom „Fegfeuer“ zugleich einen möglichen Anschluss an den Reinkarnationsgedanken der östlichen Weisheit:

„Wenn man also einen Zwischenzustand im Schicksal des Menschen zwischen Tod einerseits und der leibhaftigen Vollendung des Menschen als ganzem doch wohl nicht bestreiten kann, dann kann man auch nichts Entscheidendes gegen die Vorstellung eines personalen Ausreifens in diesem Zwischenzustand sagen, die man eben mit „Fegfeuer“ oder besser „Reinigungszustand“ oder „Reinigungsort“ benennt. Aber in welchem Sinne und in welchem Grade hier noch zeitliche Kategorien angewandt werden können – sei es als unvermeidliches Vorstellungsmodell, sei es als wirkliche Sachaussage –, darüber sind wohl in der katholischen Theologie die Akten noch nicht geschlossen. Auch als orthodoxer katholischer Christ darf man gegenüber der üblichen traditionellen Vorstellungsweise gewisse Reserven anbringen. Es sei nur davor gewarnt, Schwierigkeiten in solchen Aussageweisen auf das notwendig festzuhaltende Dogma als solches ohne weiteres auszudehnen. Hier ist noch vieles zu tun, und manche Schwierigkeiten gegen die Lehre vom Zwischenzustand, vom Fegfeuer, können sicher noch ausgeräumt werden. Es sei nur noch auf die Frage hingewiesen, ob nicht in der katholischen und zunächst so altmodisch anmutenden Vorstellung von einem „Zwischenzustand“ ein Ansatz gegeben sein könnte, um besser und positiv mit der in den östlichen Kulturen so verbreiteten und da als selbstverständlich betrachteten Lehre von einer „Seelenwanderung“, „Reinkarnation“ zurechtzukommen, wenigstens unter der Voraussetzung, daß eine solche Reinkarnation nicht als ein niemals aufhebbares, zeitlich immer weitergehendes Schicksal des Menschen verstanden wird.“

Karl Rahner: Grundkurs des Glaubens, Neunter Gang: Die Eschatologie, Abschnitt: „Zur Lehre vom „Reinigungsort“

Islam

Wie bei den meisten anderen abrahamitischen Religionen lehnen die meisten Sunniten und Schiiten, die die Hauptströmungen des Islam darstellen, die Reinkarnationslehre ab und halten sie, ähnlich wie die meisten christlichen Konfessionen, für unvereinbar mit dem Glauben an die Auferstehung und an das Jüngste Gericht. Viele esoterische Orden der Sufi integrieren allerdings den Reinkarnationsgedanken problemlos in ihre Lehre und berufen sich dabei oftmals auf den 28. Vers der 2. Sure (al-Baqara „die Kuh“) des Koran: „Wie könnt ihr Allah leugnen, wo ihr doch tot waret und Er euch lebendig machte und euch dann sterben läßt und euch dann (am Jüngsten Tag) lebendig macht, an dem ihr zu Ihm zurückkehrt?“ (Koran 2,28)

Der Gedanke in der europäischen Neuzeit

Einzelne abendländische Denker haben den Reinkarnationsgedanken wieder aufgegriffen, weil sie eingesehen haben, dass der Mensch in einem einzelnen Erdenleben unmöglich alle geistigen Entwicklungsmöglichkeiten ausschöpfen kann, die das irdische Dasein bietet. Anders als die altorientalischen Weisen sehen sie in der Wiedergeburt weniger ein schreckliches Schicksalsverhängnis, sondern vielmehr die damit verbundenen gewaltigen geistigen Entwicklungschancen. Insbesondere wird es durch die Wiederverkörperung auch jenen Menschen, die bereits in vorchristlicher Zeit gelebt haben, möglich, sich mit dem auf die Erde herabgestiegenen und seit dem im Erdenkreis wirkenden Christus zu verbinden.

Gotthold Ephraim Lessing

Über Lessings Gedanken zur Reinkarnation hat Rudolf Steiner wiederholt gesprochen.

„Ich möchte Sie zum Beispiel nur hinweisen auf Lessing: Als dieser auf dem Gipfel seiner geistigen Entwicklung stand, schrieb er seine «Erziehung des Menschengeschlechts». Er wollte eine gemeinsame Angelegenheit des gesamten Menschengeschlechts darstellen, zeigen, wie eine Gesetzmäßigkeit durch alle Entwicklungsepochen der Erdenmenschheit geht, in der sich nicht nur Ursache und Wirkung in pedantischer Folge aneinanderreiht, sondern der Entwicklungsgang der Menschheit gleichzeitig die Erziehung derselben ist. So deutete er an, wie die Menschheit früher eine elementare Erziehung brauchte, und bezog sich dabei zunächst auf die alttestamentarische Zeit, wobei er das «Alte Testament» das erste Elementarbuch der Menschen nannte. Zur Erfassung der Wahrheit in höherer Form wurde den Menschen in der christlichen Epoche das «Neue Testament» gegeben, um sie so zu weiteren Epochen der Menschheitsentwicklung emporzuheben. So erfolgte also die Erziehung der Menschheit durch ein leitendes göttliches Wesen.

Nun drängt sich aber die Frage auf, ob es einen Sinn hat, die Entwicklung der Menschheit eine Erziehung zu nennen, wenn die einzelnen Seelen wieder völlig verschwinden, um später geborenen Seelen Platz zu machen; es hat das doch nur einen Sinn, wenn bei erneuter Entwicklung dieselben Seelen wiederkommen, um auf einer höheren Stufe als Menschen auf der Erde neu zu erstehen. Daher entstand bei Lessing die Idee, dass die Menschenseele nicht [nur] einmal lebe, sondern immer wiederkomme, um auf höherer Stufe an der Erziehung des Menschengeschlechts von Neuem teilzunehmen; daher spricht er von wiederholten Erdenleben der menschlichen Seele. Lessing macht sich auch selbst Einwände und nimmt den leicht auftretenden Gedanken vorweg, dass sich die Seele zum Beispiel nicht an frühere Lebensläufe erinnert, indem er meint: Was sollte sie wohl mit solcher Erinnerung Nützliches anfangen? Wenn die Seele reif genug geworden sei, dann werde auch die Erinnerung an frühere Erdenleben aufwachen; und er verwandelt diese Gedanken in ein Gefühl, indem er sagt: Wenn wir erfüllt sind mit der Idee der wiederholten Erdenleben, dann können wir ruhig auf die Zukunft blicken, wo die Seelen in immer höheren Erdenleben sich entfalten werden.

Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?

Man sieht deutlich, dass Lessing aus der abendländischen Entwicklung gekommen ist, sein Gedankengang ist ein anderer als der ihm verwandte im Buddhismus. Daher darf der seinige, als der einer modernen Konzeption, nicht mit dem des Letzteren verwechselt werden; denn im Buddhismus fragt man sich: Wie soll sich der Einzelne verhalten, um möglichst bald ins Nirwana zu kommen? Bei Lessing entspringt der Gedanke aus einem christlichen Motive; er sieht die ganze Erdenmenschheit als eine einzige ganze Familie an, verbunden durch ewige Bande, dazu bestimmt, sich allmählich und gemeinsam zu entwickeln und das nach und nach auch als eine gemeinsame Angelegenheit zu empfinden und bewusst zu fördern.“ (Lit.: GA 69d, S. 43f)

Lessing schreibt dazu in seinem religionsphilosophischen Hauptwerk "Die Erziehung des Menschengeschlechts":

§ 92 Du hast auf deinem ewigen Wege so viel mitzunehmen! so viel Seitenschritte zu tun! - Und wie? wenn es nun gar so gut als ausgemacht wäre, daß das große langsame Rad, welches das Geschlecht seiner Vollkommenheit näher bringt, nur durch kleinere schnellere Räder in Bewegung gesetzt würde, deren jedes sein Einzelnes eben dahin liefert?

§ 93 Nicht anders! Eben die Bahn, auf welcher das Geschlecht zu seiner Vollkommenheit gelangt, muß jeder einzelne Mensch (der früher, der später) erst durchlaufen haben. - »In einem und eben demselben Leben durchlaufen haben? Kann er in eben demselben Leben ein sinnlicher Jude und ein geistiger Christ gewesen sein? Kann er in eben demselben Leben beide überholet haben?«

§ 94 Das wohl nun nicht! - Aber warum könnte jeder einzelne Mensch auch nicht mehr als einmal auf dieser Welt vorhanden gewesen sein?

§ 95 Ist diese Hypothese darum so lächerlich, weil sie die älteste ist? weil der menschliche Verstand, ehe ihn die Sophisterei der Schule zerstreut und geschwächt hatte, sogleich darauf verfiel?

§ 96 Warum könnte auch Ich nicht hier bereits einmal alle die Schritte zu meiner Vervollkommnung getan haben, welche bloß zeitliche Strafen und Belohnungen den Menschen bringen können?

§ 97 Und warum nicht ein andermal alle die, welche zu tun, uns die Aussichten in ewige Belohnungen, so mächtig helfen?

§ 98 Warum sollte ich nicht so oft wiederkommen, als ich neue Kenntnisse, neue Fertigkeiten zu erlangen geschickt bin? Bringe ich auf Einmal so viel weg, daß es der Mühe wieder zu kommen etwa nicht lohnet?

§ 99 Darum nicht? - Oder, weil ich es vergesse, daß ich schon da gewesen? Wohl mir, daß ich das vergesse. Die Erinnerung meiner vorigen Zustände, würde mir nur einen schlechten Gebrauch des gegenwärtigen zu machen erlauben. Und was ich auf itzt vergessen muß, habe ich denn das auf ewig vergessen?

§ 100 Oder, weil so zu viel Zeit für mich verloren gehen würde? - Verloren? - Und was habe ich denn zu versäumen? Ist nicht die ganze Ewigkeit mein?

Gustav Widenmann

Gelegentlich erwähnt Rudolf Steiner auch die 1851 veröffentlichte preisgekrönte Arbeit von Gustav Widenmann: Gedanken über die Unsterblichkeit als Wiederholung des Erdenleben (Lit.: Widenmann 1851). Widenmann vergleicht darin den Gedanken der Auferstehung, die er erst am Ende der Erdentwicklung für möglich hält, mit der Möglichkeit wiederholter Erdenleben, durch die der Mensch an der gesamten Erdentwicklung teilhaben kann.

„Will man, abgesehen von der Wiederbelebung der menschlichen Stoffe, am Ende der jetzt laufenden Planetengeschichte, vor demselben ein Wiederkommen der menschlichen Individuen annehmen, wie die h. Schrift zum tausendjährigen Reich, oder wie Lessing den Menschen wiederholt an der Planetengeschichte Theil nehmen läßt, so bleibt hiefür nur eine zweite Möglichkeit, die Vermuthung nämlich, daß analog dem Wiederaustreten thierischer Individualitäten die in Gott ruhende menschliche Individualkraft in spätern Zeiten sich mit lebendem menschlichem Gattungsstoff anderer Individuen verbindet, d. h. von andern Eltern vielleicht in einem andern Volke oder Erdtheil in dies Erdenleben wieder herein geboren wird. So hat ohne Zweifel Lessing das Wiederkommen verstanden, so mußte es Christus meinen, als er für sich aus einer Andeutung des Propheten Maleachi die Vermuthung aussprach, der Täufer Iohannes sei der wiedergekommene Elias.“

Gustav Widenmann: Gedanken über die Unsterblichkeit als Wiederholung des Erdenleben (1851), S. 40f

Julius Baumann

Rudolf Steiner nennt auch den Göttinger Philosophieprofessor Julius Baumann (1837-1916)[17], einen Schüler von Hermann Lotze (1817-1881)[18]:

„So lesen wir in der Schrift des Göttinger Philosophieprofessors Julius Baumann über «Neuchristentum und reale Religion» unter den neununddreißig Sätzen eines «Entwurfes eines kurzen Inbegriffs realwissenschaftlicher Religion» auch den folgenden (zweiundzwanzigsten): «... Wie ... in der unorganischen Natur die physikalisch-chemischen Elemente und Kräfte nicht vergehen, sondern nur ihre Kombinationen ändern, so ist dies nach realwissenschaftlicher Methode auch anzunehmen von den organischen und den organisch-geistigen Kräften. Die Menschenseele als formale Einheit, als verknüpfendes Ich kehrt wieder in neuen Menschenleibern und kann so alle Stufen menschheitlicher Entwickelung durchleben.»“ (Lit.: GA 34, S. 85f)

Im Gegensatz dazu ist die unmittelbare Auferstehung im Tod mittlerweile ein weit verbreitetes theologisches Konzept des 20. Jahrhunderts geworden, das von Gisbert Greshake, Gerhard Lohfink und anderen katholischen Theologen vertreten wird und besagt, dass bereits unmittelbar mit dem Tod die Auferstehung des Leibes erfolge und sich damit die als unchristlich bewertete platonistisch-dualistische Vorstellung von der «Unsterblichkeit der Seele» als einer nach Tod weiter bestehenden leiblosen „anima separata“ und auch die Lehre von der Reinkarnation erübrige.

Der Zeitraum zwischen den irdischen Inkarnationen

Als Faustregel für die Zeit, die zwischen zwei Inkarnationen liegt, gilt, dass sich der Mensch etwa zweimal, einmal als Mann und einmal als Frau, in jeder Kulturepoche, die jeweils 2160 Jahre dauern (siehe -> Platonisches Weltenjahr), inkarniert, also etwa alle 1000 Jahre. Darauf wird auch in den Psalmen hingedeutet:

„3 Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder! 4 Denn tausend Jahre sind vor dir / wie der Tag, der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache.“

Altes Testament: Ps 90,3-4 LUT

Diese Regel ist aber kein ehernes Gesetz, sondern wird häufig durchbrochen. Nicht immer wechseln einander in strenger Folge männliche und weibliche Inkarnationen ab; allerdings folgen einander niemals mehr als sieben gleichgeschlechtliche Wiederverkörperungen. Auch die Zeit, die zwischen zwei Inkarnationen liegt, schwankt beträchtlich. Heute liegen zwischen den einzelnen Erdenleben oft nur wenige Jahrzehnte, was u.a. auch mit der raschen Umgestaltung der äußeren Erde durch die Ergebnisse der neueren Technik und der Fortschritte der Naturwissenschaft im allgemeinen zusammenhängen dürfte.

Zusammenhänge zwischen aufeinanderfolgenden Leben

Auch dafür, wie die nächste Inkarnation beschaffen sein wird, gibt es gewisse Grundregeln. Für seine nächste irdische Verkörperung wählt sich der Mensch jenes Elternpaar, dass ihm die geeignetsten physischen Organe für seine geistigen Anlagen darbieten kann. Allerdings bleibt oft eine gewisse Kluft zwischen den geistigen Bedürfnissen und der vererbten physischen Natur bestehen. Darüber hinaus spielt auch die karmische Verbindung eine wichtige Rolle. Wie sich der Mensch im Erdenleben verhält, prägt die Physiognomie und besonders die Schädelbildung des nächsten Lebens. Die Taten, die er vollbracht hat, wirken vom oberen Devachan aus und bestimmen den Ort und die weiteren physischen Verhältnisse für die nächste Wiedergeburt. Was der Mensch durch sein Temperament und seine bleibenden Gewohnheiten und Fähigkeiten dem unteren Devachan eingeliedert hat, bestimmt den Ätherleib der nächsten Inkarnation. Und was er an Gedanken und Gefühlen der Astralwelt eingeschrieben hat, baut den Astralleib für das nächste irdische Dasein auf.

Metamorphose der menschlichen Gestalt in aufeinanderfolgenden Inkarnationen

In aufeinanderfolgenden Inkarnationen wandelt sich die Gestaltung der Leibesorganisation mit Ausnahme des Kopfes der einen Inkarnation in die Gestaltung der Hauptesorganisation der nächstfolgenden Inkarnation um.

„Der Mensch, wie wir ihn vor uns haben nach seiner Hauptesorganisation, weist nach dem vorigen Erdenleben. - Wie unsere Intelligenz nach dem fernen, urfernen vergangenen Sonnenleben weist, so weist unsere gegenwärtige physische Hauptesorganisation mit der irdischen Artung der Erkenntnisfähigkeiten, das heißt für die Hinorganisierung der Erkenntnisfähigkeiten auf das Ich-Bewußtsein, zurück in unseren früheren Erdenlauf. Ich habe schon früher darauf aufmerksam gemacht, was das menschliche Haupt eigentlich ist. Schematisch können Sie sich folgendes

sagen: Der Mensch besteht aus dem Haupte und aus der übrigen Organisation. - Sagen wir (siehe Zeichnung), das ist der jetzige Lebenslauf (Mitte), das ist der vorige Lebenslauf (links), das ist der folgende Lebenslauf (rechts). So können wir sagen: Das Haupt unseres gegenwärtigen Lebenslaufes ist entstanden durch Metamorphose unserer übrigen Leibesorganisation im vorhergehenden Lebenslauf, und unseren Kopf vom vorigen Lebenslauf haben wir verloren. - Natürlich verstehe ich da nicht - das ist ja handgreiflich - die physische Organisation, sondern die Kräfte, die Formkräfte, die die physische Organisation wirklich hat. Dasjenige, was wir außer der Hauptesorganisation, der Trägerin der Erkenntnisfähigkeiten für das Ich, jetzt an uns tragen als übrige Menschenorganisation, Rumpf mit Gliedmaßen, das wird Hauptesorganisation unseres künftigen Erdenlebens.

Die übersinnliche Formgestalt des physischen Leibes erfüllt von materiellen Teilchen (Zeichnung aus GA 199, S 216)
Die übersinnliche Formgestalt des physischen Leibes erfüllt von materiellen Teilchen (Zeichnung aus GA 199, S 216)

Sie alle tragen schon die Kräfte in sich, welche im Haupte konzentriert sein werden in Ihrem späteren Erdenleben. Was Sie heute mit Ihren Armen vollbringen, was Sie mit Ihren Beinen vollbringen, das wird eingehen in die innere Organisation des Hauptes in Ihrem nächsten Erdenleben.Und was an Kräften von Ihrem Haupte im nächsten Erdenleben ausströmt, das wird Ihr Karma, Ihr Schicksal für das nächste Erdenleben sein. Aber das, was da Ihr Schicksal im nächsten Erdenleben sein wird, das wandert auf dem Umwege durch Ihre übrige Organisation, durch die Sie sich hineinstellen ins Menschenleben heute, in Ihr künftiges Hauptesleben hinüber.“ (Lit.: GA 196, S. 229f)

„Nun werden Sie sagen: Ja, aber der Mensch nimmt doch für das nächste Erdenleben seinen physischen Leib nicht mit, er legt ihn ja ab. — Das ist in bezug auf die Materie der Fall, aber ich möchte das noch einmal wiederholen, was ich vor einiger Zeit gesagt habe. Das was Sie eigentlich sehen als den physischen Leib in seiner Form, das ist ja nicht der physische Organismus des Menschen, das ist eben die Form (siehe Zeichnung). Und in diese Form ist nur hineingegliedert die Materie. Sie ist aufgefaßt von der Form, und die Form ist etwas durchaus Geistiges, und diese Form meine ich, wenn ich jetzt von dem Einfluß des Geistgebietes auf den physischen Leib spreche. Das, was abgelegt wird, das sind ja nur die materiellen Teilchen, die eingegliedert sind. Die Form aber, die der Mensch hat, wird nicht abgelegt, sondern wirkt in das nächste Leben hinein - namentlich das, was der Mensch entwickelt durch die Behendigkeit und Beweglichkeit seiner Gliedmaßen, seiner Hände und Arme, seiner Füße und Beine - , das kommt in der Kopfbildung des nächsten Lebens zum Vorschein.“ (Lit.: GA 199, S. 216)

Erinnerung an frühere Erdenleben

„Es wird gewöhnlich der Einwand gemacht, daß sich der Mensch nicht erinnere an diese wiederholten Erdenleben. Das betrifft nur das gewöhnliche Bewußtsein. In dem Moment, wo die Intuition eintritt, wird eben dasjenige, was durch die wiederholten Erdenleben abläuft, genau ebenso innere Seelenanschauung, wie sonst die Erinnerung innerhalb des einen Erdenlebens. So ist es auch hier so, daß Anthroposophie nicht wie die gewöhnliche Philosophie durch abstrakte Beweise zu ihren Ergebnissen kommt, sondern dadurch, daß sie die Seele erst vorbereitet zur höheren Erkenntnis und dann diese Dinge durch Anschauung erkennt. Dadurch aber erweist sich eben diese anthroposophische Erkenntnis zwar als eine Fortsetzung derjenigen Erkenntnis, die wir heute in der Naturwissenschaft haben, aber doch eben als eine Fortsetzung, die wiederum in ganz anderer Weise arbeiten muß als die bloße naturwissenschaftliche Erkenntnis, die heute anerkannt ist.“ (Lit.: GA 82, S. 200)

Im tiefen Schlaf gehen wir in der Zeit tatsächlich rückwärts bis zu unserer früheren Inkarnation, nur werden uns diese Erlebnisse normalerweise nicht bewusst. Das gelingt erst, wenn wir durch geistige Schulung die Fähigkeit der Intuition erworben haben.

Zeit und Schlaf
Zeit und Schlaf

„... da ist der Mensch in seiner gegenwärtigen Inkarnation. (Es wird gezeichnet, rechts Mitte.) Wenn er Imagination entwickelt, so schaut er seinen Ätherleib etwas vor die Geburt oder Empfängnis hingehend (gelb); aber sein astralischer Leib führt ihn durch Inspiration hinein in die ganze Zeit, die verflossen ist zwischen dem letzten Tode und dieser Geburt (rot). Und die Intuition führt ihn in das vorangehende Erdenleben zurück (gelb).

Wenn Sie nun schlafen, so bedeutet das nichts anderes, als daß Sie das Bewußtsein, das sonst im physischen Leibe ist, zurückverlegen, zurückführen, daß Sie mit ihm zurückkehren. Der Schlaf ist also eigentlich ein Zurücklaufen in der Zeit zu dem, wovon ich Ihnen schon gesagt habe, daß es dem gewöhnlichen Bewußtsein als vergangen erscheint, aber doch da ist. Sie sehen, man muß auch da, wenn man wirklich zum Erfassen des Geistigen kommen will, die Begriffe ändern gegenüber den Begriffen, die man gewöhnt ist im physischen Leben zu verwenden. Man muß also eigentlich sich bewußt werden, daß der Schlaf jedesmal ein Zurückgehen ist in die Gefilde, die man durchgemacht hat im vorirdischen Dasein, oder sogar ein Zurückgehen ist in frühere Inkarnationen. Der Mensch erlebt tatsächlich während des Schlafes, nur kann er es nicht erfassen, dasjenige, was früheren Inkarnationen angehört, was er durchgemacht hat auch im vorirdischen Dasein.

Über den Zeitbegriff muß man eine völlige Begriffsmetamorphose durchmachen; der muß ein ganz anderer werden. Wenn man daher an jemanden die Frage stellt: Ja, wo ist er denn, wenn er schläft? - dann muß man sagen: Er ist eigentlich in seinem vorirdischen Dasein oder sogar zurückgekehrt zu früheren Erdenleben. - Populär ausgedrückt sagt man eben: Der Mensch ist außerhalb seines physischen und seines Ätherleibes. Das Reale dazu ist das, was ich Ihnen auseinandergesetzt habe. Das ist, was sich darstellt als der rhythmische Wechselzustand zwischen Wachen und Schlafen.“ (Lit.: GA 234, S. 107f)

Wiedergeburt als zeitlich begrenztes Phänomen innerhalb der Menschheitsentwickelung

Anfang und Ende der irdischen Inkarnationen des Menschen

Die Tatsache, dass der Mensch wiederholte Erdenleben durchmacht, ist nur für eine bestimmte Zeitspanne der irdischen Entwicklung gültig. Die Folge der Reinkarnationen hat in der lemurischen Zeit begonnen und wird am Beginn der sechsten Wurzelrasse wieder aufhören. Der Mensch wird dann in ein geistigeres Dasein übertreten und nicht mehr unmittelbar an einen physischen Körper gebunden sein.

„Die Reinkarnation hat in der lemurischen Zeit angefangen und wird im Beginne der sechsten Rasse auch wiederum aufhören. Es ist nur eine gewisse Zeitspanne in der irdischen Entwickelung, innerhalb welcher der Mensch sich wiederverkörpert. Vorausgegangen war ein überaus geistiger Zustand, der keine Wiederverkörperung nötig machte, und folgen wird wiederum ein geistiger Zustand, der auch keine Wiederverkörperung bedingt.“ (Lit.: GA 93, S. 25)

Das Ende der irdischen Inkarnationen um das Jahr 5700

In späteren Vorträgen hat Rudolf Steiner den Zeitpunkt, in dem die irdischen Verkörperungen des Menschen enden werden, noch genauer angegeben. Im 6. Jahrtausend, etwa um das Jahr 5700, wird der Mensch durch seine natürliche leibgebundene Entwicklung nicht mehr bis zur Geschlechtsreife kommen - ein Phänomen, das nach Rudolf Steiner mit dem beständigen Jüngerwerden der Menschheit zusammenhängt. Die Menschen werden dann unfruchtbar werden und sich nicht mehr in physischen Leibern verkörpern können. Die Zeit der irdischen Inkarnationen ist dann vorbei.

„Der gegenwärtige Mensch bleibt entwicklungsfähig bis in das siebenundzwanzigste Jahr hinein. Er fängt dann an, gewissermaßen sich in seinem Seelisch- Geistigen ganz zu emanzipieren von dem Physisch-Leiblichen. Emanzipieren von dem Physisch-Leiblichen ist also etwas, was immer mehr und mehr hereinrückt. Sie sehen daraus, daß einmal der Zeitpunkt kommen wird, wo die Menschen nur entwickelungsfähig sein werden bis zu ihrem vierzehnten Jahre, wo das Geschlechtsreifezeitalter aufhören wird, eine Bedeutung zu haben in der menschlichen Entwickelung. Das ist ein Zeitraum, der ganz gewiß eintreten wird. Die Geologen mögen noch so lange Zeiträume berechnen für die Entwickelung des Menschtums auf der Erde, für die Entwickelung der physischen Menschheit der Erde; diese physische Menschheit auf der Erde wird sich nicht länger entwickeln als bis zu dem Moment, wo diese obere Altersgrenze bis in das vierzehnte, dreizehnte Lebensjahr heruntergerückt ist. Denn von diesem Zeitpunkte an wird sich die physische Menschheit auf der Erde nicht mehr entwickeln können. Die Frauen werden keine Kinder mehr gebären. Dann wird es mit der physischen Menschheit auf der Erde zu Ende gegangen sein.“ (Lit.: GA 196, S. 59f)

Der Mensch wird dann in einer viel freieren Beziehung zur physischen Erde stehen; er wird gleichsam, wie sich Rudolf Steiner ausdrückt, "in den Wolken, im Regen, in Blitz und Donner rumoren" (siehe Zitat unten). Das Verhältnis des Menschen zur Erde wird dann ähnlich sein dem Zustand, in dem sich jetzt der Mensch im Leben zwischen Tod und neuer Geburt befindet. Diese regelrechte Entwicklung könnte allerdings durch den Einfluss Ahrimans gestört und der Mensch dadurch länger an die physische Verkörperung gefesselt werden. Eine fortschreitende Vertierung des Menschenwesen wäre die Folge:

„Es wird ein Jahr kommen in der physischen Erdenentwickelung, dieses Jahr wird, sagen wir, ungefähr das Jahr 5700 und einiges sein, in diesem Jahre, oder um dieses Jahr herum, wird der Mensch, wenn er seine richtige Entwickelung über die Erde hin vollzieht, nicht mehr die Erde so betreten, daß er sich verkörpert in Leibern, die von physischen Eltern abstammen. Ich habe öfters gesagt, die Frauen werden in diesem Zeitalter unfruchtbar. Die Menschenkinder werden dann nicht mehr in der heutigen Weise geboren, wenn die Entwickelung über die Erde hin normal verläuft.

Über eine solche Tatsache darf man sich keinen Mißverständnissen hingeben. Es könnte zum Beispiel auch folgendes eintreten: Es könnten die ahrimanischen Mächte, welche unter dem Einfluß der gegenwärtigen Menschenimpulse sehr stark werden, die Erdenentwickelung verkehren; sie könnten die Erdenentwickelung in gewissem Sinne pervers machen. Dadurch würde - gar nicht zum Menschenheile - über diese Jahre im 6. Jahrtausend hinaus die Menschheit in demselben physischen Leben erhalten werden können. Sie würde nur sehr stark vertieren; aber sie würde in diesem physischen Leben erhalten werden können. Das ist eine der Bestrebungen der ahrimanischen Mächte, die Menschheit länger an die Erde zu fesseln, um sie dadurch von ihrer Normalentwickelung abzubringen. Aber wenn die Menschheit wirklich das ergreift, was in ihren besten Entwickelungsmöglichkeiten liegt, so kommt einfach im 6. Jahrtausend diese Menschheit zum Irdischen in eine Beziehung, die für weitere zweieinhalb Jahrtausende so ist, daß der Mensch zwar noch mit der Erde ein Verhältnis haben wird, aber ein Verhältnis, das sich nicht mehr darin ausdrückt, daß physische Kinder geboren werden. Der Mensch wird gewissermaßen als Geist-Seelenwesen - um es anschaulich auszudrücken, will ich sagen: in den Wolken, im Regen, in Blitz und Donner rumoren in den irdischen Angelegenheiten. Er wird gewissermaßen die Naturerscheinungen durchvibrieren; und in einer noch späteren Zeit wird das Verhältnis zum Irdischen noch geistiger werden.

Von allen diesen Dingen kann heute nur erzählt werden, wenn man einen Begriff hat von dem, was geschieht zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Obzwar nicht eine vollständige Gleichheit herrscht zwischen der Art und Weise, wie der Mensch heute zwischen dem Tode und einer neuen Geburt zu den irdischen Verhältnissen in Beziehung steht, und der Art, wie er dann, wenn er sich gar nicht mehr physisch verkörpern wird, dazu in Beziehung stehen wird, so ist doch eine Ähnlichkeit vorhanden. Wir werden gewissermaßen, wenn wir verstehen, der Erdenentwickelung ihren wirklichen Sinn zu geben, dann dauernd in ein solches Verhältnis zu den irdischen Angelegenheiten kommen, wie wir jetzt dazu bloß stehen, wenn wir zwischen dem Tod und einer neuen Geburt leben. Es ist das jetzige Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt nur etwas, ich möchte sagen, geistiger, als es dann sein wird, wenn der Mensch dauernd in diesen Verhältnissen sein wird.“ (Lit.: GA 196, S. 90f)

Individuum und Volksseele

Nur selten erscheint der Mensch in mehreren aufeinanderfolgenden Inkarnationen innerhalb der selben Volksgemeinschaft. Eine gewisse Ausnahme machen dabei die mitteleuropäischen Völkerschaften. Hängt der Mensch einem ausgeprägten Nationalismus an und richtet in seinem Erdenleben einen ganz besonderen Haß gegen ein anderes Volk, so liegt das daran, dass sich unterbewusst sein höheres Selbst schon sehr entschieden mit gerade diesem Volk verbunden hat und sich dort reinkarnieren wird.

Reinkarnation als kosmisches Phänomen

Das Reinkarnationsgesetz gilt nicht nur für den Menschen, sondern auch die Planeten sind im weitesten Sinn der Reinkarnation unterworfen; jede Planetenkette entwickelt sich durch sieben aufeinanderfolgende planetare Weltentwicklungsstufen. Seelenwesen, die über keinen individuellen Geist verfügen, sondern einer Gruppenseele angehören, wie etwa die Tiere, unterliegen nicht der Reinkarnation.

Siehe auch

Literatur

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Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Video

Einzelnachweise

  1. Vgl. dazu auch das Prinzip der spirituellen Ökonomie.
  2. Die Wanderungen der Seele erstrecken sich durch alle Welten von der Brahmanwelt abwärts bis zur Welt der Pflanzen.
  3. Vergil, Buc. IV 60.
  4. Ps 18,10 LUT
  5. Origenes lehrte die Präexistenz der Seelen. Sie sind nach ihm gefallene Engel, welche zur Strafe in menschliche Leiber verbannt wurden.
  6. Ps 118,67 LUT
  7. Ebd. 141,8 LUT
  8. Joh 9,2 LUT
  9. In Ägypten war bis zum Jahre 399 der Patriarch Theophilus von Alexandrien eifriger Origenist, der von da an seine bisherigen Freunde, die origenistisch gesinnten Mönche der nitrischen Wüste, scharf bekämpfte. Im „Orient“ setzten sich Johannes von Jerusalem und Rufin für Origenes ein.
  10. Helmut Zander: Geschichte der Seelenwanderung in Europa. Alternative religiöse Traditionen von der Antike bis heute. Primus-Verlag, Darmstadt 1999, S. 119. Die Fortsetzung des Zitates: „Kein Text der Weltgeschichte ist so gut untersucht, von keinem Buch hat man in einem derartigen Ausmaß auch mikroskopische Überlieferungstrümmer zusammengekratzt, kein Werk ist hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte so gut dokumentiert. Bei alledem ist nicht ein einziger Hinweis auf Seelenwanderung zutage getreten.“
  11. Der Kampf um das Menschenbild. Das achte ökumenische Konzil von 869 und seine Folgen, herausgegeben von Heinz Herbert Schöffler, Verlag am Goetheanum, Dornach 1986
  12. Renate Riemeck: Glaube - Dogma - Macht. Geschichte der Konzilien, Urachhaus Vlg., Stuttgart 1985, S. 98
  13. Norbert Bischofberger: Der Reinkarnationsgedanke in der europäischen Antike und Neuzeit, in Die Idee der Reinkarnation in Ost und West, München 1996, S. 76–94, Zitat S. 81f.
  14. Obst, S. 87.
  15. Obst, S. 89.
  16. Obst, S. 227.
  17. http://kalliope-verbund.info/de/eac?eac.id=116088524
  18. Hans-Günther Schlotter: Die Geschichte der Verfassung und der Fachbereiche der Georg-August-Universität zu Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1994, ISBN 3-525-35847-4, S. 89 [1]