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Martin-Ingbert Heigl: Raphaels Vermächtnis und Rudolf Steiners letzte Ansprache: Die Transfiguration als Offenbarung der Michael-Schule
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Ich

Aus AnthroWiki
(Weitergeleitet von Anochi)
Dramensiegel zu Rudolf Steiners Mysteriendrama "Der Seelen Erwachen": ICH ERKENNET S(ICH)

Ich (mhd. ich, ahd. ih, got. ik, eng. „I“, griech./lat. ἐγώ / ego; von idg. *eĝom, eĝ[ō]; hebr. אָנֹ֖כִי ânochî, anokhi bzw. אֲנִי âni[1]) ist in der deutschen Sprache jenes Personalpronomen, mit dem jeder Mensch nur auf sich selbst verweisen kann. Im tieferen geistigen Sinn ist damit aber nicht bloß die irdisch verkörperte Persönlichkeit bezeichnet, sondern der göttliche Funke (hebr. נִיצוֹץ Nitzotz) im Menschen, der geistige Wesenskern des Menschen, seine eigentliche Ichheit bzw. Ich-Wesenheit. Das Ur-Ich, das die sieben Elohim, die Schöpfergötter unserer Erdentwicklung, aus ihrem gemeinsamen Wesen, durch das der Christus sprach, hingeopfert haben, als sie den Menschen am sechsten Schöpfungstag nach ihrem Bilde formten, lebte ursprünglich als Gruppen-Ich des Menschen in der gesamten Menschheit (→ siehe unten). Erst als die Menschen als Folge des Sündenfalls in der lemurischen Zeit nach und nach auf den physischen Plan herunterstiegen, begann es sich zunächst in einzelne Stammes- und Volks-Iche und später in die Vielzahl der individuellen Iche zu differenzieren.

In der indisch-theosophischen Tradition wird das Ich annähernd als Kama-Manas bezeichnet, worunter aber mehr das im Egoismus verhärtete niedere Selbst verstanden wird, das Ego, das vornehmlich in der Verstandes- oder Gemütsseele auflebt. Ich und Ego müssen aus geisteswissenschaftlicher Sicht ganz klar voneinander unterschieden werden. Das Ich bildet den unsterblichen Kern des Menschen, während das Ego in seinen vergänglichen leiblichen Hüllen lebt und damit der Sterblichkeit unterliegt.

Mit Bezug auf Salomo wird das Ich laut Rudolf Steiner auch Itiel (hebr. יתיאל „Gott ist mit mir[2]; Kraftbesitzer“) genannt (Lit.: GA 116, S. 83). Das höhere Selbst des Menschen, sein Geistselbst, ist der durch das Ich bewusst verwandelte Astralleib. In dem Maß, in dem der Mensch sein Geistselbst entwickelt hat, nimmt auch seine Seele an der Unsterblichkeit seines Wesenskerns teil (siehe auch → Seelentod und Unsterblichkeit der Seele).

Das Bewusstsein für das eigene Ich wird insbesondere durch die vierte Nebenübung, die Positivität, gefördert. Einen meditativen Weg zum Erleben Ich-Leibes oder Gedanken-Leibes zeigt Rudolf Steiner in (Lit.: GA 16, S. 55ff).

ansehen im RUDOLF STEINER VERLAG

Grundlagen

Das Ich als solches ist nicht als ein irgendwie und irgendwo Vorhandenes fassbar, sondern kann nur in seiner unmittelbaren schöpferischen Tätigkeit, durch die es sich primär selbst beständig neu erschafft, erfahren werden. Durch seine Leibeshüllen ist der Mensch ein Geschöpf höherer Mächte, durch sein Ich jedoch freier Schöpfer seiner selbst.

„Dass wir unsers eignen Ichs nie los werden können, davon liegt der einzige Grund in der absoluten Freiheit unsers Wesens, kraft welcher das Ich in uns kein Ding, keine Sache sein kann, die einer objektiven Bestimmung fähig ist. Daher kommt es, dass unser Ich niemals in einer Reihe von Vorstellungen als Mittelglied begriffen sein kann, sondern jedesmal vor jede Reihe wiederum als erstes Glied tritt, das die ganze Reihe von Vorstellungen festhält: dass das handelnde Ich, obgleich in jedem einzelnen Falle bestimmt, doch zugleich nicht bestimmt ist, weil es nämlich jeder objektiven Bestimmung entflieht, und nur durch sich selbst bestimmt sein kann, also zugleich das bestimmte und das bestimmende ist.“

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophische Schriften, Erster Band, S. 168

Wenn sich der Mensch auf Erden inkarniert, bildet er die Ich-Organisation (auch Ich-Träger oder Ich-Leib genannt) als das höchste der vier grundlegenden Wesensglieder des Menschen und als Quelle des Ich-Bewusstseins aus. Im Ich-Erleben empfindet sich der Mensch als unteilbare Ganzheit, als Individualität oder Monade, die den bestimmenden Mittelpunkt seiner irdisch verkörperten Persönlichkeit bildet und von hier aus nicht nur die Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens leitet, sondern allmählich auch seine leiblichen Wesensglieder vergeistigt und dadurch in seine unsterbliche Individualität integriert. Zuerst wird der Astralleib zum Geistselbst umgewandelt - das Ich ist schöpferisch geworden im Seelisch-Astralischen und dadurch zum höheren Ich aufgestiegen. Später lernt das Ich, auch den Ätherleib zum Lebensgeist und zuletzt sogar den physischen Leib zum Geistesmenschen umzuformen. Seine Schöpferkraft ist dann auch vollbewusst im Lebendigen und im Physischen tätig.

Das verhangene Heiligtum der Seele

Fünftes apokalyptisches Siegel: Die Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen, die entschleierte Isis.
Siehe auch: Abditum mentis

Rudolf Steiner nennt das Ich auch das „verhangene Heiligtum der Seele“. In der spätantiken und mittelalterlichen Intellekttheorie wird es als das Abditum mentis (lat. „Versteck des Geistes“ oder „das Verborgene des Geistes“) bezeichnet.

„Für große Geister ist der Augenblick, in dem sie zum ersten Mal im Leben das «Ich» in sich erfahren, sich zum ersten Mal dessen bewußt werden, etwas Bedeutungsvolles. Jean Paul erzählt dieses Geschehnis von sich. Er stand als kleiner Knabe einmal an einer Scheune im Hofe; da erlebte er zum ersten Mal sein Ich. Und so klar und feierlich war ihm dieser Augenblick, daß er davon sagt: «Wie in das verhangene Allerheiligste habe ich da in mein Innerstes hineingeblickt.» Die Menschen haben sich durch viele Rassen hindurch entwickelt und haben sich bis zur atlantischen Zeit alle so objektiv aufgefaßt; erst während der atlantischen Rasse entwickelte sich der Mensch dahin, daß er zu sich «Ich» sagen konnte. Die alten Juden haben das in eine Lehre gefaßt.

Der Mensch ist durch die Reiche der Natur hindurchgegangen. Das Ich-Bewußtsein ging zuletzt in ihm auf. Astral-, Äther- und physischer Leib und das Ich bilden zusammen das pythagoräische Quadrat. Und das Judentum fügte zu diesem das göttliche Selbst hinzu, das von oben herunter zu uns kommt, im Gegensatz zu dem Ich von unten. So war aus dem Viereck ein Fünfeck entstanden. So empfand das Judentum den Herrn seines Volkes, und etwas Heiliges war es daher, den «Namen» auszusprechen. Während andere Namen, wie zum Beispiel Elohim oder Adonai mehr und mehr populär wurden, durfte nur der gesalbte Priester im Allerheiligsten den Namen «Jahve» aussprechen. Zur Zeit Salomos war es, daß das alte Judentum zur Heiligkeit des Jahve-Namens kam, zu diesem «Ich», das im Menschen wohnen kann. Die Aufforderung Jahves an die Menschen müssen wir als eine solche nehmen, die den Menschen selbst zu einem Tempel des heiligen Gottes gemacht wissen wollte. Jetzt haben wir eine neue Auffassung von der Gottheit erhalten, die nämlich: den Gott, der in der Brust des Menschen, im tiefsten Heiligtum des menschlichen Selbst verborgen ist, zum moralischen Gott zu machen. Der menschliche Leib wurde so zu einem großen Sinnbild für das Allerheiligste.“ (Lit.: GA 93, S. 143f)

Ein symbolischer Ausdruck für den Menschenleib, in dem das Ich im Allerheiligsten leben kann, ist etwa die Arche Noah als Vorstufe und dann der salomonische Tempel mit der Bundeslade, die im Allerheiligsten aufbewahrt wird.

„... wenn der Mensch sich zu dieser Entwicklungsstufe gebracht hat, dann spricht sein Selbstbewußtsein in einer ganz anderen, in einer neuen Weise zu ihm. In das verhangene Heiligtum unseres Inneren blicken wir dann in einer ganz neuen Weise. Der Mensch nimmt sich dann wahr als einen Angehörigen der geistigen Welt. Er nimmt sich dann wahr als etwas, was rein und erhaben ist über alles Sinnliche, weil er Lust und Leid im sinnlichen Sinne abgelegt hat. Dann vernimmt er ein Selbstbewußtsein in seinem Inneren, welches so zu ihm spricht, wie die mathematischen Wahrheiten interesselos zu ihm sprechen, aber so zu ihm sprechen, wie mathematische Wahrheiten auch in anderem Sinne sprechen. Mathematische Wahrheiten sind nämlich wahr mit einem Ewigkeitssinn. Was uns in der unsinnlichen Sprache der Mathematik vor Augen tritt, das ist wahr, unabhängig von Zeit und Raum. Und unabhängig von Zeit und Raum spricht dasjenige in unserem Inneren zu uns, was dann vor unserer Seele auftritt, wenn sie sich hinauf geläutert hat zu Lust und Leid an geistigen Dingen. Dann spricht das Ewige mit seiner Ewigkeitsbedeutung zu uns.“ (Lit.: GA 52, S. 201f)

Ein imaginatives Bild dazu gibt das fünfte Siegel aus der Apokalypse des Johannes: Das Weib, mit der Sonne bekleidet, ein Knäblein gebärend, der Mond zu ihren Füßen.

Das Bürglein in der Seele

Meister Eckhart spricht mit Bezug auf Lukas 10,38 EU in ähnlicher Weise in seiner Predigt von der Jungfrau die ein Weib war[3] von dem «Bürglein in der Seele» oder auch in «Von der Stadt der Seele»[4]:

„Seht, nun merkt auf! So eins und einfaltig ist dies »Bürglein« in der Seele, von dem ich spreche und das ich im Sinn habe, über alle Weise erhaben, daß jene edle Kraft, von der ich gesprochen habe, nicht würdig ist, daß sie je ein einziges Mal einen Augenblick in dies Bürglein hineinluge, und auch die andere Kraft, von der ich sprach, darin Gott glimmt und brennt mit all seinem Reichtum und mit all seiner Wonne, die wagt auch nimmermehr da hineinzulugen; so ganz eins und einfaltig ist dies Bürglein und so erhaben über alle Weise und alle Kräfte ist dies einige Eine, daß niemals eine Kraft oder eine Weise hineinzulugen vermag noch Gott selbst. In voller Wahrheit und so wahr Gott lebt: Gott selbst wird niemals nur einen Augenblick da hineinlugen und hat noch nie hineingelugt, soweit er in der Weise und »Eigenschaft« seiner Personen existiert. Dies ist leicht einzusehen, denn dieses einige Eine ist ohne Weise und ohne Eigenheit. Und drum: Soll Gott je darein lugen, so muß es ihn alle seine göttlichen Namen kosten und seine Personhafte Eigenheit; das muß er allzumal draußen lassen, soll er je darein lugen. Vielmehr, so wie er einfaltiges Eins ist, ohne alle Weise und Eigenheit, so ist er weder Vater noch Sohn noch Heiliger Geist in diesem Sinne und ist doch ein Etwas, das weder dies noch das ist.

Seht, so wie er eins und einfaltig ist, so kommt er in dieses Eine, das ich da heiße ein Bürglein in der Seele, und anders kommt er auf keine Weise da hinein; sondern nur so kommt er da hinein und ist darin. Mit dem Teile ist die Seele Gott gleich und sonst nicht. Was ich euch gesagt habe, das ist wahr; dafür setze ich euch die Wahrheit zum Zeugen und meine Seele zum Pfande.“

Meister Eckhart: Predigt von der Jungfrau die ein Weib war[3]

Dieses wahre Ich des Menschen, das sich in der Aura zwar als blaues Oval zeigt, ist seinem inneren individuellen Wesen nach auch dem geschultesten Hellseher unzugänglich.

„Dieses Ich ist ein ganz interessanter Punkt in der Aura. An einer Stelle wird das Ich wahrnehmbar. Da finden Sie innerhalb des äußeren Ovals eine merkwürdige, blau flimmernde oder blau schillernde Stelle, auch ovalförmig. Es ist eigentlich so, wie wenn Sie eine Kerzenflamme sehen; aber mit der Differenz, die die astralen Farben gegenüber den physischen Farben haben, ist es so, wie wenn Sie in der Kerzenflamme in der Mitte das Blau sähen. Das ist das Ich, das da wahrgenommen wird innerhalb der Aura. Und das ist eine sehr interessante Tatsache. Wenn der Mensch auch noch so weit sich entwickelt, wenn er auch noch so weit seine hellseherischen Gaben ausbildet, an dieser Stelle sieht er zunächst diesen blauen Ich-Körper, diesen blauen Lichtkörper. Das ist ein verhangenes Heiligtum, auch für den Hellseher. Niemand kann in das eigentliche Ich des anderen hineinschauen. Das bleibt selbst für denjenigen, der seine seelischen Sinne entwickelt hat, zunächst ein Geheimnis. Nur innerhalb dieser blau flimmernden Stelle glänzt Neues auf. Da ist eine neue Flammenbildung, die im Mittelpunkt der blauen Flamme aufglänzt. Das ist das dritte Glied, der Geist.“ (Lit.: GA 53, S. 59f)

Im Ich lebt der Geist

Im Ich lebt unmittelbar der Geist:

„Das «Ich» lebt in Leib und Seele; der Geist aber lebt im «Ich». Und was vom Geiste im Ich ist, das ist ewig. Denn das Ich erhält Wesen und Bedeutung von dem, womit es verbunden ist. Insofern es im physischen Körper lebt, ist es den mineralischen Gesetzen, durch den Ätherleib ist es den Gesetzen der Fortpflanzung und des Wachstums, vermöge der Empfindungs- und Verstandesseele den Gesetzen der seelischen Welt unterworfen; insofern es das Geistige in sich aufnimmt, ist es den Gesetzen des Geistes unterworfen. Was die mineralischen, was die Lebensgesetze bilden, entsteht und vergeht; der Geist aber hat mit Entstehung und Untergang nichts zu tun.“ (Lit.: GA 9, S. 50f)

Das wirkliche Ich und sein Spiegelbild

Uns allen nämlich wohnt ein geheimes, wunderbares
Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser
Innerstes, von allem, was von außenher hinzukam,
entkleidetes Selbst zurückzuziehen, und da unter der
Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen.
Diese Anschauung ist die innerste, eigenste Erfahrung,
von welcher allein alles abhängt, was wir von einer
übersinnlichen Welt wissen und glauben.

F. W. J. Schelling: Philosophische Schriften, Bd. 1, S. 165[5]

Klar zu unterscheiden von dem wirklichen Ich ist das Ich-Bewusstsein, das wir im Alltagsbewusstsein erfahren. Nur im reinen Denken ragt das wirkliche Ich, der sich selbst schaffende Geist, in das Ich-Bewusstsein herein und kann hier intuitiv erlebt werden und in der Folge auch ein Licht auf die Wirklichkeit anderer geistiger Erlebnisse werfen.

„Um das «Ich» als dasjenige zu erkennen, vermittelst dessen das Untertauchen der menschlichen Seele in die volle Wirklichkeit durchschaut werden kann, muß man sich sorgfältig davor bewahren, in dem gewöhnlichen Bewußtsein, das man von diesem «Ich» hat, das wirkliche Ich zu sehen. Wenn man, durch eine solche Verwechslung verführt, wie der Philosoph Descartes sagen wollte: «Ich denke, also bin ich», so würde man von der Wirklichkeit jedesmal dann widerlegt, wenn man schläft. Denn dann ist man, ohne daß man denkt. Das Denken verbürgt nicht die Wirklichkeit des «Ich». Aber ebenso gewiß ist, daß durch nichts anderes das wahre Ich erlebt werden kann als allein durch das reine Denken. Es ragt eben in das reine Denken, und für das gewöhnliche menschliche Bewußtsein nur in dieses, das wirkliche Ich herein. Wer bloß denkt, der kommt nur bis zu dem Gedanken des «Ich»; wer erlebt, was im reinen Denken erlebt werden kann, der macht, indem er das «Ich» durch das Denken erlebt, ein Wirkliches, das Form und Materie zugleich ist, zum Inhalte seines Bewußtseins. Aber außer diesem «Ich» gibt es zunächst für das gewöhnliche Bewußtsein nichts, was in das Denken Form und Materie zugleich hereinsenkt. Alle anderen Gedanken sind zunächst nicht Bilder einer vollen Wirklichkeit. Doch indem man im reinen Denken das wahre Ich als Erlebnis erfährt, lernt man kennen, was volle Wirklichkeit ist. Und man kann von diesem Erlebnis weiter vordringen zu anderen Gebieten der wahren Wirklichkeit.

Dies versucht die Anthroposophie. Sie bleibt nicht bei den Erlebnissen des gewöhnlichen Bewußtseins stehen. Sie strebt nach einer Wirklichkeitsforschung, die mit einem verwandelten Bewußtsein arbeitet. Das gewöhnliche Bewußtsein schaltet sie mit Ausnahme des im reinen Denken erlebten Ich für die Zwecke ihrer Forschung aus. Und sie setzt an dessen Stelle ein solches Bewußtsein, das sich in seinem vollen Umfange so betätigt, wie das gewöhnliche Bewußtsein dies nur dann zustande bringt, wenn es das Ich im reinen Denken erlebt. Um das so Angestrebte zu erreichen, muß die Seele die Kraft erwerben, sich von aller äußeren Wahrnehmung und von allen Vorstellungen zurückzuziehen, die im gewöhnlichen Leben der menschlichen Innenwelt so anvertraut werden, daß sie in der Erinnerung wieder aufleben können.“ (Lit.: GA 35, S. 103f)

„Die Menschen mit den heutigen törichten Begriffen, die durch die sogenannte Wissenschaft kultiviert werden, haben die Meinung: Mensch ist Mensch. Der heutige Engländer oder Franzose oder Deutsche ist Mensch, so wie es der alte Ägypter war. Das ist aber ein Unsinn vor der wirklichen Erkenntnis, ein wirklicher Unsinn. Denn der alte Ägypter, indem er in sich selber einkehrte nach den Regeln der Initiation, fand etwas in sich, was der heutige Mensch in sich nicht finden kann, weil es verschwunden ist, weil es weg ist. Das ist entglitten dem Menschen, verlorengegangen dem Menschen, was selbst noch in der vorchristlichen und zum Teil noch in der nachchristlichen griechischen Seelenverfassung gefunden werden konnte. Das ist verlorengegangen, ist aus der Menschenwesenheit heraus verschwunden. Die menschliche Organisation ist heute eine andere, als sie in alten Zeiten war.

Wenn wir die Sache anders aussprechen, so können wir so sagen: Der Mensch fand, wenn auch dunkel, wenn auch nicht in voll bewußten Begriffen, in jenen alten Zeiten, indem er in sich hineinging, doch sein Ich. Das widerspricht nicht dem, daß man sagt, daß das Ich in einer gewissen Weise durch das Christentum erst geboren worden ist. Deshalb sage ich: Wenn auch dunkel, wenn auch nicht in vollbewußten Begriffen, der Mensch fand doch sein Ich. Es war als aktives Bewußtsein erst durch das Christentum geboren worden, aber der Mensch fand sein Ich. Denn von diesem Ich, von diesem wirklichen, wahren Ich ist im Menschen der damaligen Zeit etwas zurückgeblieben, nachdem er geboren worden ist. Sie werden sagen: Soll nun jetzt etwa der Mensch heute nicht sein Ich finden? - Nein, er findet es auch nicht: das wirkliche Ich macht einen Stillstand, indem wir geboren werden. Dasjenige, was wir erleben als unser Ich, ist nur ein Spiegelbild des Ich. Das ist nur etwas, was das vorgeburtliche Ich in uns abspiegelt. Wir erleben in der Tat nur ein Spiegelbild des Ich, etwas vom wirklichen Ich erleben wir nur ganz indirekt. Das, wovon die Psychologen, die sogenannten Seelenforscher als vom Ich reden, ist nur ein Spiegelbild ; das verhält sich zum wirklichen Ich so, wie das Bild, das Sie von sich im Spiegel sehen, sich zu Ihnen verhält. Aber dieses wirkliche Ich, das während der Zeit des atavistischen Hellsehens und bis in die christlichen Zeiten herein gefunden werden konnte, ist heute nicht in dem Menschen, der auf seine eigene Wesenheit - insofern die eigene Wesenheit verbunden ist mit dem Leibe - hinschaut. Nur indirekt erlebt der Mensch etwas von seinem Ich, dann, wenn er mit andern Menschen in Beziehung tritt und sich das Karma abspielt.

Wenn wir einem andern Menschen gegenübertreten und sich etwas abspielt zwischen uns und dem andern Menschen, was zu unserem Karma gehört, da tritt etwas von dem Impulse des wahren Ich in uns herein. Aber das, was wir in uns Ich nennen, was wir mit dem Worte bezeichnen, das ist nur ein Spiegelbild. Und gerade dadurch wird der Mensch reif gemacht während unseres fünften nachatlantischen Kulturzeitraumes, das Ich im sechsten Zeitraum in einer neuen Gestalt zu erleben, daß er gewissermaßen durch den fünften Zeitraum dieses Ich nur als Spiegelbild erlebt. Das ist gerade das Charakteristische des Zeitalters der Bewußtseinsseele, daß der Mensch sein Ich nur als Spiegelbild erhält, damit er in das Zeitalter des Geistselbstes hineinlebt und das Ich anders gestaltet, in neuer Gestalt wieder erleben kann. Nur wird er es anders erleben, als er es heute gerne möchte! Heute möchte der Mensch sein Ich, das er nur als Spiegelbild erlebt, alles eher nennen als das, was sich ihm im zukünftigen sechsten nachatlantischen Zeitraum als solches präsentieren wird. Jene mystischen Anwandlungen, wie sie heute die Menschen noch haben: durch Hineinbrüten in ihr Inneres das wahre Ich zu finden - das sie sogar das göttliche Ich nennen! -, solche Anwandlungen werden die Menschen in der Zukunft seltener haben. Aber gewöhnen werden sie sich müssen, dieses Ich nur in der Außenwelt zu sehen. Das Sonderbare wird eintreten, daß jeder andere, der uns begegnet und der etwas mit uns zu tun hat, mehr mit unserem Ich zu tun haben wird als dasjenige, was da in der Haut eingeschlossen ist. So steuert der Mensch auf das soziale Zeitalter zu, daß er sich in Zukunft sagen wird: Mein Selbst ist bei all denen, die mir da draußen begegnen; am wenigsten ist es da drinnen. Ich bekomme, indem ich als physischer Mensch zwischen Geburt und Tod lebe, mein Selbst von allem Möglichen, nur nicht von dem, was da in meiner Haut eingeschlossen ist.

Dieses, was so paradox erscheint, es bereitet sich heute indirekt vor dadurch, daß die Menschen ein wenig empfinden lernen, wie sie in dem, was sie ihr Ich nennen, in diesem Spiegelbild drinnen eigentlich furchtbar wenig sind. Ich habe neulich einmal davon gesprochen, wie man dadurch auf die Wahrheit kommen kann, daß man sich seine Biographie, aber sachlich, vor Augen führt und sich frägt, was man eigentlich dem und jenem Menschen verdankt von seiner Geburt ab. Man wird sich allmählich so langsam auflösen in die Einflüsse, die von andern kommen ; man wird außerordentlich wenig finden in dem, was man als sein eigentliches Ich zu betrachten hat, das, wie gesagt, doch nur ein Spiegelbild ist. Etwas grotesk gesprochen, kann man sagen: In jenen Zeiten, in denen das Mysterium von Golgatha sich abgespielt hat, ist der Mensch ausgehöhlt worden, ist er hohl geworden. Das ist das Bedeutsame, daß man erkennen lernt das Mysterium von Golgatha als Impuls, indem man es in seiner Wechselbeziehung zu diesem Hohlwerden des Menschen betrachtet.

Zeichnung aus GA 187, S. 82
Zeichnung aus GA 187, S. 82

Der Mensch muß, wenn er von der Wirklichkeit spricht, sich klar sein, daß der Platz irgendwie ausgefüllt sein muß, den er früher noch hat finden können, sagen wir, in den ägyptisch-chaldäischen Königsmysterien. Der wurde damals noch etwas ausgefüllt von dem wirklichen Ich, das heute haltmacht, wenn der Mensch geboren wird, oder wenigstens in den ersten Kindheitsjahren haltmacht, es scheint noch etwas herein in die ersten Kindheitsjahre. Und diesen Platz, ihn nahm der Christus-Impuls ein. Da sehen Sie den wahren Vorgang. Sie können sich sagen: Hier (siehe Zeichnung, links) die Menschen vor dem Mysterium von Golgatha, hier (Mitte) das Mysterium von Golgatha, (rechts) die Menschen nach dem Mysterium von Golgatha.

Die Menschen vor dem Mysterium von Golgatha hatten etwas in sich, das, wie gesagt, durch die Einweihung gefunden wurde (rot). Die Menschen nach dem Mysterium von Golgatha haben dieses nicht mehr in sich (blau), sie sind gewissermaßen da ausgehöhlt, und der Christus-Impuls senkt sich herein (violett) und nimmt den leeren Platz ein. Der Christus-Impuls soll also nicht aufgefaßt werden wie eine Lehre bloß, wie eine Theorie, sondern er muß hinsichtlich seiner Tatsächlichkeit aufgefaßt werden. Und jeder, der die Möglichkeit dieses Hinabsenkens im Sinne der alten Mysterieninitiation wirklich versteht, der versteht erst die Bedeutung des Mysteriums von Golgatha seiner innerlichen Wahrheit nach. Denn heute könnte, so wie das in der alten ägyptischen Königseinweihung der Fall war, der Mensch nicht ohne weiteres ein Christophor werden; er wird aber ein Christophor unter allen Umständen, indem gewissermaßen in den Hohlraum, der in ihm ist, der Christus sich hineinsenkt.“ (Lit.: GA 187, S. 79ff)

Das wirkliche Ich ist nur durch Intuition zu erfassen

Das wirkliche Ich ist nur der höheren, intuitiven Erkenntnis zugänglich. Noch als junger Student in Wien schrieb Rudolf Steiner an seine Freund Josef Köck von seinem Erlebnis, das ihm einen ersten Einblick in sein „innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst“ gewährte. Dieser überhaupt erste von Rudolf Steiner erhaltene Brief ist mit 13. Januar 1881, 12 Uhr mitternachts datiert:

„Es war die Nacht vom 10. auf den 11. Januar, in der ich keinen Augenblick schlief. Ich hatte mich bis ½ 1 Uhr mitternachts mit einzelnen philosophischen Problemen beschäftigt, und da warf ich mich endlich auf mein Lager; mein Bestreben war voriges Jahr, zu erforschen, ob es denn wahr wäre, was Schelling sagt: «Uns allen wohnt ein geheimes, wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst zurückzuziehen und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen.» Ich glaubte und glaube nun noch, jenes innerste Vermögen ganz klar an mir entdeckt zu haben - geahnt habe ich es ja schon längst —; die ganze idealistische Philosophie steht nun in einer wesentlich modifizierten Gestalt vor mir; was ist eine schlaflose Nacht gegen solch einen Fund!“ (Lit.: GA 38, S. 13)

In den Jahren, die folgten, reiften die Früchte dieses Erlebnisses weiter. Aus Weimar schrieb Rudolf Steiner fast genau zehn Jahre später, am 4. Januar 1891, in einem Brief an Rosa Mayreder:

„Wenn ich untersinken soll mit meinem Selbst, verschwinden im Objekte, ohne mich wiederzufinden, dann kann die Erkenntnis auch nicht mehr das sein, was sie sein muß, nämlich die Auseinandersetzung über meine Bestimmung. Ich fühle mich erst dann ganz voll in meiner Menschlichkeit, wenn ich den Punkt kenne, der mein «Ich», mein individuelles Sein mit dem Sein des Universums verknüpft. Mir ist die Wissenschaft letzten Endes die Antwort auf die große Frage: was bedeutet mein «Ich» dem Universum gegenüber? Ich will mich meines Selbstbewußtseins nur zu dem Zwecke entäußern, um es im Objekte wiederzufinden. Aber es hinzuwerfen, um in der unendlichen Objektivität unterzugehen, das kann nimmermehr zur Erkenntnis führen. Das Individuum-Sein, das Absondern als «Ich» bedeutet mir die große Frage, bedeutet mir Schmerz und Qual des Daseins. Das Finden im Objekt, das Aufgehen im Universum - die Erlösung und das heitere Genießen der höchsten Welt-Harmonie. Es ist furchtbar, sich ausgeworfen zu sehen aus dem Gebiete des Weltgeistes, ein Punkt zu sein im Weltbau, es ist unerträglich, «Ich» zu sein; aber abzuwerfen diese Haut der Besonderung, hinauszutreten auf den Plan, da, wo der Weltgeist schafft, und zu sehen, wie im Wesen des Ganzen auch meine Individualität begründet ist, vom Standpunkt des zeitlosen Anschauens sein eigenes Zeitendasein zu begreifen, das ist ein Augenblick des Entzückens, gegen den man alle Qual des Daseins eintauschen muß. Aber wer nie ein «Ich» war, kann auch das «Ich» nicht begreifen; wer nie gelitten hat, kann auch die Wonne nicht verstehen, die im Begreifen des Schmerzes liegt; wer nicht das Übel der Besonderung durchlebt, kann nicht der Freude der Selbstzersetzung teilhaftig werden. Um sterben zu können, muß man erst gelebt haben.“ (Lit.: GA 39, S. 69f)

Der Bologna-Vortrag: Das wirkliche Ich liegt nicht in der leiblichen Innenwelt

ICH BIN DIE WELT

Der Erde Dasein ist in mir begründet,
ich bin ihr Raum und bin auch ihre Zeit,
und was der Tag an Kraft in mir entzündet,
das nimmt sie auf in ihre Ewigkeit.

Ich bin die Welt, in meinem Pulsgetriebe
sagt dies mir laut und deutlich jeder Schlag,
und was mich ewig macht, das ist die Liebe,
mit der ein Gott erschuf den ersten Tag.

Alfons Petzold[6]
Hauptartikel: Bologna-Vortrag

In seinem 1911 gehaltenen Bologna-Vortrag hat Rudolf Steiner aufgezeigt, dass das im regulären Tagsbewusstsein erlebte Ich ein bloßes Abbild des wirklichen Ich ist, das nur fälschlich in die leibliche Innenwelt verlegt wird. Der Mensch fühle sich dadurch von der Welt abgesondert und sehe sich vor scheinbar unübersteigbare Erkenntnisgrenzen gestellt. Eine künftige Erkenntnistheorie werde anerkennen müssen, dass das Ich in Wahrheit immer schon in der Außenwelt liege. Zurecht kann es daher auch als großes Ich bezeichnet werden. Dass das wirkliche Ich - nicht sein bloßes Spiegelbild - im reinen Denken unabhängig von der Leibesorganisation erfahren wird, hatte Rudolf Steiner schon in seiner «Philosophie der Freiheit» gezeigt. Das wahre Ich kann nur durch entsprechende geistige Schulung in der übergeistigen Welt erlebt werden.

„Unser Ich ist ja für die weitaus meisten Menschen heute noch ein sehr schlafendes Organ. Wenn man glaubt, das Ich wache sehr stark, so irrt man sich eigentlich. Denn in dem Willen - das habe ich Ihnen schon auseinandergesetzt - schläft der Mensch eigentlich ja auch, und indem das Ich sich willentlich betätigt, haben wir es zu tun nicht mit etwas, was als Ich vor uns steht, sondern vielmehr mit etwas, was so vor uns steht, wie eigentlich die Nacht vor uns steht. Wir rechnen, obwohl die Nacht dunkel ist, ja auch mit der Nacht in unserem Leben. Wenn Sie wirklich zurückschauen auf Ihr Leben, dann besteht es nicht nur aus demjenigen, was taghell war, sondern es besteht auch aus den Nächten. Aber sie sind gewissermaßen immer ausgestrichen aus dem Zeitenverlaufe. Ähnlich ist es mit unserem Ich. Unser Ich ist für das gewöhnliche Bewußtsein eigentlich dadurch bemerkbar, daß es für das Bewußtsein nicht da ist; es ist schon da, aber für das Bewußtsein ist es nicht da. Es fehlt einem etwas an der Stelle, und daher sieht man das Ich. Es ist wirklich so, wie wenn man eine weiße Wand hat und eine Stelle nicht mit Weiß bestrichen hat; dann sieht man das Schwarze. Und so sieht man als das Ausgelöschte eigentlich unser Ich im gewöhnlichen Bewußtsein. Und so ist es auch während des Wachens: das Ich ist eigentlich zunächst immer schlafend; aber es scheint durch als Schlafendes durch die Gedanken, die Vorstellungen und durch die Gefühle, und daher wird das Ich auch im gewöhnlichen Bewußtsein wahrgenommen, das heißt, es wird vermeint, daß es wahrgenommen werde. Wir können also sagen: Unser Ich wird eigentlich zunächst nicht unmittelbar wahrgenommen.

Nun glaubt eine vorurteilsvolle Psychologie, Seelenlehre, daß dieses Ich eigentlich im Menschen drinnensitzt; da, wo seine Muskeln sind, sein Fleisch ist, seine Knochen sind und so weiter, da sei auch das Ich drinnen. Wenn man das Leben nur ein wenig überschauen würde, so würde man sehr bald wahrnehmen, daß es nicht so ist. Aber es ist schwer, eine solche Überlegung heute vor die Menschen hinzubringen. Ich habe es im Jahre 1911 schon versucht in meinem Vortrage auf dem Philosophenkongreß in Bologna. Aber diesen Vortrag hat ja bis heute keiner noch verstanden. Ich habe da versucht zu zeigen, wie es eigentlich mit dem Ich ist. Dieses Ich liegt eigentlich in jeder Wahrnehmung, das liegt eigentlich in alldem, was Eindruck auf uns macht. Nicht dadrinnen in meinem Fleische und in meinen Knochen liegt das Ich, sondern in demjenigen, was ich durch meine Augen wahrnehmen kann. Wenn Sie irgendwo eine rote Blume sehen: in Ihrem Ich, in Ihrem ganzen Erleben, das Sie ja haben, indem Sie an das Rot hingegeben sind, können Sie ja das Rot von der Blume nicht trennen. Mit alldem haben Sie ja zugleich das Ich gegeben, das Ich ist ja verbunden mit Ihrem Seeleninhalt. Aber Ihr Seeleninhalt, der ist doch nicht in Ihren Knochen! Ihren Seeleninhalt, den breiten Sie doch aus im ganzen Raume. Also dieses Ich, das ist noch weniger als die Luft in Ihnen, die Sie eben einatmen, noch weniger als die Luft, die vorher in Ihnen war. Dieses Ich ist ja verbunden mit jeder Wahrnehmung und mit alldem, was eigentlich im Grunde genommen außer Ihnen ist. Es betätigt sich nur im Inneren, weil es aus dem Wahrnehmen die Kräfte hineinschickt. Und ferner ist das Ich noch verbunden mit etwas anderem: Sie brauchen nur zu gehen, das heißt, Ihren Willen zu entwickeln. Da allerdings geht Ihr Ich mit, beziehungsweise das Ich nimmt an der Bewegung teil, und ob Sie langsam schleichen, ob Sie laufen, ob Sie im Kiebitzschritt sich bewegen oder irgendwie sich drehen und dergleichen, ob Sie tanzen oder springen, das Ich macht alles das mit. Alles was an Betätigung von Ihnen ausgeht, macht das Ich mit. Aber das ist ja auch nicht in Ihnen. Denken Sie, es nimmt Sie doch mit. Wenn Sie einen Reigen tanzen - glauben Sie, der Reigen ist in Ihnen? Der hätte ja gar nicht Platz in Ihnen! Wie hätte der Platz? Aber das Ich ist dabei, das Ich macht den Reigen mit. Also in Ihren Wahrnehmungen und in Ihrer Betätigung, da sitzt das Ich. Aber das ist eigentlich gar nie in Ihnen im vollen Sinne des Wortes, etwa so, wie Ihr Magen in Ihnen ist, sondern das ist eigentlich immer etwas, dieses Ich, was im Grunde außerhalb Ihrer ist. Es ist ebenso außerhalb des Kopfes, wie es außerhalb der Beine ist, nur daß es im Gehen sich sehr stark beteiligt an den Bewegungen, welche die Beine machen. Das Ich ist wirklich sehr stark beteiligt an der Bewegung, welche die Beine machen. Der Kopf aber, der ist an dem Ich weniger beteiligt.“ (Lit.: GA 205, S. 218ff)

ansehen im RUDOLF STEINER VERLAG

„Wir wollen zunächst einmal beginnen bei dem, was wir unser Ich nennen, insofern wir dieses Ich bewußt erleben, was dieses unser Ich eigentlich darstellt. Sie wissen ja, dieses Ich als Bewußtsein ist im Verlaufe des Lebens unterbrochen durch alle die Zustände, die da verlaufen zwischen dem Einschlafen und dem Aufwachen. Mit Ausnahme des Träumens, und eigentlich bis zu einem gewissen Grade auch im Träumen ist dieses Ich-Bewußtsein für die Zeit zwischen dem Einschlafen und Aufwachen dahin. Wir können sagen: Dieses Ich-Bewußtsein entzündet sich immer im Augenblicke des Aufwachens - wobei natürlich Entzünden nur ein bildhaft gebrauchter Ausdruck ist - und es dämpft sich ab im Momente des Einschlafens.

Wenn wir uns Beobachtungsvermögen für solche Dinge aneignen, dann merken wir, daß dieses Ich-Bewußtsein im engsten Sinne gebunden ist an den ganzen Umfang der Sinneswahrnehmungen, aber eigentlich nur an diesen. Sie brauchen nur einmal eine Art Seelenexperiment auszuführen, das darinnen besteht, im Wachzustand zu versuchen, allen Sinnesinhalt zu tilgen, gewissermaßen von allem Sinnesinhalt abzusehen. Wir kommen später noch einmal von einem andern Gesichtspunkte auf die Sache zurück. Aber Sie werden schon bemerken, wenn Sie versuchen, von allem Sinnesinhalt abzusehen, daß in den weitaus meisten Fällen und bei den weitaus meisten Menschen eine gewisse Tendenz vorhanden ist, dann in eine Art Schlafzustand zu versinken; das heißt aber eben, das Ich abdämpfen. Man kann schon bemerken, daß das Ich-Bewußtsein, so wie es im Tagwachen waltet, wesentlich geknüpft ist an die Anwesenheit von Sinnesinhalt. So daß wir sagen können: Wir erleben zu gleicher Zeit mit dem Sinnesinhalt unser Ich. Wir erleben eigentlich für das alltägliche Bewußtsein nicht anders unser Ich als mit dem Sinnesinhalt. So weit der Sinnesinhalt reicht, ist Ich-Bewußtsein vorhanden, und so weit - wenigstens eben für das gewöhnliche Leben - Ich-Bewußtsein vorhanden ist, so weit reicht der Sinnesinhalt. Es ist durchaus zunächst gerechtfertigt, wenn man vom Standpunkte dieses alltäglichen Bewußtseins ausgeht, das Ich nicht zu trennen von dem Sinnesinhalt, sondern sich zu sagen: Indem Rot, indem dieser oder jener Ton, indem diese oder jene Wärmeempfindung, Tastempfindung, diese oder jene Geschmacks-, Geruchsempfindung vorhanden ist, ist auch das Ich vorhanden, und insofern diese Empfindungen nicht vorhanden sind, ist auch das Ich, wie es im gewöhnlichen Wachzustand erlebt wird, nicht vorhanden.

Ich habe das öfter als einen Befund der Seelenbeobachtung hingestellt. Insbesondere deutlich habe ich es einmal hingestellt in einem Vortrage, den ich gehalten habe beim Philosophenkongreß in Bologna 1911, wo ich versuchte zu zeigen, wie eigentlich das, was als Ich erlebt wird, nicht abgetrennt werden sollte von dem ganzen Umfang der Sinneserlebnisse. Wir müssen daher sagen: Das Ich ist im wesentlichen zunächst gebunden — ich rede immer vom Erleben - an die Sinneswahrnehmungen. Nicht wahr, wir betrachten jetzt nicht das Ich als Realität; wir wollen im Gegenteil erst im Verlauf dieser drei Vorträge, heute, morgen und übermorgen, auf das Ich als Realität hinweisen. Wir wollen jetzt zunächst allein auf das eingehen, was wir im Bereiche unseres Lebens das Ich-Erlebnis nennen.“ (Lit.: GA 206, S. 118f)

Mit jeder Wahrnehmung werden Ich und Astralleib, die in der seelisch-geistigen Außenwelt leben, in den Leib hereingetragen. Rudolf Steiner erläutert das etwa am Beispiel der Farbwahrnehmung. Die Farben haben keine physische Realität, sind aber dennoch keine bloß subjektive Phänomene, sondern gehören als objektive seelische Realität der Seelenwelt, genauer der Region der flutenden Reizbarkeit, an.

„Das Betrachten des Farbigen kann überhaupt nicht geschehen, ohne in das Seelische heraufgehoben zu werden. Denn es ist eine bloße törichte Rederei, wenn man sagt, das Farbige sei lediglich ein Subjektives. Und wenn man namentlich dann etwa dazu übergeht zu sagen - wobei man sich vom Ich nichts Genaues vorstellt -, draußen wäre irgendeine objektive Veranlassung, und die wirke auf uns, auf unser Ich - - Unsinn ist es; das Ich selber ist in der Farbe drinnen. Es sind das Ich und auch der menschliche Astralleib gar nicht von dem Farbigen zu unterscheiden, sie leben in dem Farbigen und sind insoferne außer dem physischen Leib des Menschen, als sie mit dem Farbigen draußen verbunden sind; und das Ich und der astralische Leib, sie bilden im physischen Leibe und im Ätherleibe die Farben erst ab. Das ist es, worauf es ankommt. So daß die ganze Frage nach der Wirkung eines Objektiven des Farbigen auf ein Subjektives ein Unsinn ist; denn in der Farbe drinnen liegt schon das, was Ich, was astralischer Leib ist, und mit der Farbe herein kommt das Ich und der astralische Leib. Die Farbe ist der Träger des Ichs und des astralischen Leibs in den physischen und in den Ätherleib hinein. So daß die ganze Betrachtungsweise einfach umgekehrt und umgewendet werden muß, wenn man zu der Realität vordringen will.“ (Lit.: GA 291, S. 59f)

Bei jeder Körperbewegung wird der Körper durch die Willenstätigkeit ebenfalls unmittelbar von außen durch das wirkliche, d.h. das wirkende Ich bzw. durch den Astralleib ergriffen. Jegliche „Steuerung“ der Körperbewegung durch Nervenimpulse wird damit obsolent. Rudolf Steiner widerspricht hier ganz bewusst explizit der unverrückbar scheinenden, allgemein anerkannten neurowissenschaftlichen Grundthese. In diesem Punkt gibt es keine Versöhnung mit den Theorien der äußeren Wissenschaft, ohne das fundamentale Grundprinzip der Anthroposophie - und damit diese selbst - völlig aufzugeben.

„Sogleich entsteht da die Frage: wie ordnen sich in den Organismus ein auf der einen Seite die eigentliche Sinneswahrnehmung, in welche die Nerventätigkeit nur ausläuft, und wie die Bewegungsfähigkeit auf der andern Seite, in welche das Wollen mündet? Unbefangene Beobachtung zeigt, daß beides nicht in demselben Sinne zum Organismus gehört wie Nerventätigkeit, rhythmisches Geschehen und Stoffwechselvorgänge. Was im Sinn geschieht ist etwas, das gar nicht unmittelbar dem Organismus angehört. In die Sinne erstreckt sich die Außenwelt wie in Golfen hinein in das Wesen des Organismus. Indem die Seele das im Sinne vor sich gehende Geschehen umspannt, nimmt sie nicht an einem inneren organischen Geschehen teil, sondern an der Fortsetzung des äußeren Geschehens in den Organismus hinein. (Ich habe diese Verhältnisse erkenntniskritisch in einem Vortrag für den Bologner Philosophen-Kongreß des Jahres 1911 erörtert.) - Und in einem Bewegungsvorgang hat man es physisch auch nicht mit etwas zu tun, dessen Wesenhaftes innerhalb des Organismus liegt, sondern mit einer Wirksamkeit des Organismus in den Gleichgewichts- und Kräfteverhältnissen, in die der Organismus gegenüber der Außenwelt hineingestellt ist. Innerhalb des Organismus ist dem Wollen nur ein Stoffwechselvorgang zuzueignen; aber das durch diesen Vorgang ausgelöste Geschehen ist zugleich ein Wesenhaftes innerhalb der Gleichgewichts- und Kräfteverhältnisse der Außenwelt; und die Seele übergreift, indem sie sich wollend betätigt, den Bereich des Organismus und lebt mit ihrem Tun das Geschehen der Außenwelt mit.“ (Lit.: GA 21, S. 158)

Auf dem Weg der Geistesschulung muss der Mensch sein höheres Selbst, das nicht an den Leib gebunden ist, kennenlernen und von seinem niederen Selbst unterscheiden:

„Es ist durchaus notwendig, daß der Geheimschüler durch den geistigen Anblick seiner eigenen Seele hindurchgehe, um zu Höherem vorzudringen. Denn im eigenen Selbst hat er ja doch dasjenige Geistig-Seelische, das er am besten beurteilen kann. Hat er sich von seiner Persönlichkeit in der physischen Welt zunächst eine tüchtige Erkenntnis erworben und tritt ihm zuerst das Bild dieser Persönlichkeit in der höheren Welt entgegen, dann kann er beides vergleichen. Er kann das Höhere auf ein ihm Bekanntes beziehen und vermag so von einem festen Boden auszugehen. Wenn ihm dagegen noch so viele andere geistige Wesenheiten entgegenträten, so vermöchte er sich doch über ihre Eigenart und Wesenheit zunächst keinen Aufschluß zu geben. Er würde bald den Boden unter den Füßen schwinden fühlen. Es kann daher gar nicht oft genug betont werden, daß der sichere Zugang zur höheren Welt derjenige ist, der über die gediegene Erkenntnis und Beurteilung der eigenen Wesenheit führt.

Geistige Bilder sind es also, welchen der Mensch zunächst auf seiner Bahn zur höheren Welt begegnet. Denn die Wirklichkeit, welche diesen Bildern entspricht, ist ja in ihm selbst. Reif muß demnach der Geheimschüler sein, um auf dieser ersten Stufe nicht derbe Realitäten zu verlangen, sondern die Bilder als das Richtige zu betrachten. Aber innerhalb dieser Bilderwelt lernt er bald etwas Neues kennen. Sein niederes Selbst ist nur als Spiegelgemälde vor ihm vorhanden; aber mitten in diesem Spiegelgemälde erscheint die wahre Wirklichkeit des höheren Selbst. Aus dem Bilde der niederen Persönlichkeit heraus wird die Gestalt des geistigen Ich sichtbar. Und erst von dem letzteren aus spinnen sich die Fäden zu anderen höheren geistigen Wirklichkeiten.“ (Lit.: GA 10, S. 153f)

Das wirkliche Ich tritt nicht in unser gewöhnliches Gedankenleben ein

„Das Ich lebt ja allerdings in unserem Willen, aber schläft auch da, wie wir wissen. Das wirkliche Ich tritt nicht in unser gewöhnliches Gedankenleben ein. Das wirkliche Ich würden wir gar nicht gewahr werden, wenn wir es nicht als eine Art Negativum wahrnehmen würden. Und indem wir zurückblicken auf unsere Erlebnisse, sagen wir uns nicht: Wir haben erlebt Tage und Nächte -, sondern wir blicken nur auf die Tage zurück. Und statt daß wir uns sagen: Wir blicken auf die Nächte zurück -, sagen wir: «Ich» - fühlen wir uns, empfinden wir uns als Ich [...]

Deshalb ist es ein großer Irrtum, wenn von mancher philosophischen Seite behauptet wird, in dem, was der Mensch als sein Ich anspricht, sei eine Realität. Erst wenn der Mensch im höheren Bewußtsein aufwachen würde im Schlafe, würde er gewahr werden sein wirkliches Ich. Oder wenn er durchschauen würde, was der Vorgang des Willens ist, dann würde er im Wollen sein wirkliches Ich erleben.“ (Lit.: GA 191, S. 182)

Die Illusion des persönlichen Ichs

Sein persönliches Ich, das der Mensch hier und jetzt während seiner irdischen Inkarnation erlebt, ist eine Illusion, die der Geistesschüler auf dem geistigen Schulungsweg überwinden muss. Das wahre Ich ist, aus dem Unbestimmten kommend, über alle planetarischen Weltentwicklungsstufen vom alten Saturn bis zum künftigen Vulkan-Zustand ausgebreitet und geht dann wieder ins Unbestimmte über uns fließt dabei in sich selbst zurück, wie es etwa durch das Symbol der Ouroboros-Schlange veranschaulicht wird.

„Auf gewissen Entwicklungsstufen sind Illusionen notwendig für den Menschen. Der esoterische Schüler legt sie mit der Zeit ab. Die große Illusion des persönlichen Ich ist abzulegen. Das wahre Ich des Menschen ist nicht in diesem enthalten, sondern kommt aus dem Unbestimmten und verläuft in der Zeit ins Unbestimmte. Durch die Sinne wird uns das Ich in der physischen Welt bewußt. Es scheint dies im Widerspruch zu sein mit der Tatsache, daß beim Atlantier ein bestimmter Punkt im Ätherkopf mit einem solchen im physischen Kopf zusammenfiel und dadurch das Ich in den Menschen einzog. Doch war dieses Ich gewissermaßen nur wie ein Häutchen, ein Täschchen, das sich hereinsenkte, und in das hereinstrahlte das wahre Ich, das in den Planeten vom Saturn bis zum Vulkan ausgebreitet ist. Das beste Symbolum ist: dies Täschchen ist wie ein Spiegel, in den das wahre Ich von dieser Planetenkette einströmt.

Zeichnung aus GA 266a, S. 404
Zeichnung aus GA 266a, S. 404

Ich sagte, es gehe ins Unbestimmte, denn es hat im Saturn nicht angefangen und geht nach dem Vulkanzustand immer weiter. Wir stellen es uns daher als eine Linie vor, an der die einzelnen persönlichen Leben wie die Schlingen sich bilden.

Verstehen wir, das persönliche Ich, dessen wir durch die Sinne bewußt werden, auszulöschen, so liegt die Linie, aus dem Unbestimmten ins Unbestimmte führend, vor uns. «Sinnestäuschung deckt Zeitenschein». Doch liegt es nur durch den Zeitenschein als Linie vor uns. Denken wir uns diese Linie nur etwas gekrümmt, so muß sie in einen Kreis abschließen.

Zeichnung aus GA 266a, S. 405
Zeichnung aus GA 266a, S. 405

Daher der weitere Satz: «Zeitenschein trennt αΩ. Ich bin αΩ, oder ΙαΩ.» Die wahre Bedeutung der Schlange, die sich in den Schwanz beißt. Das ΙαΩ = IAO, das dem atlantischen Tau zugrunde lag.“ (Lit.: GA 266a, S. 404f)

Das Ich und seine Leibeshüllen

"Wir müssen uns klar sein, daß wir zunächst in uns haben den geistig-seelischen Wesenskern, den wir zusammenfassen in seinem Mittelpunkt, wenn wir «Ich» oder «Ich bin» sagen. Dieser geistig-seelische Wesenskern ist eingebettet in den Astral-, Äther- und physischen Leib. So wie der Mensch jetzt in der Welt lebt, leben wir eigentlich, wenn wir innerlich leben, in unserem Ich; denn alle Seelentätigkeiten sind bei dem wachen Menschen mit dem Ich in irgendeiner Weise verknüpft, erscheinen gleichsam alle auf dem Hintergrunde des Ich." (Lit.: GA 143, S. 49f)

Durch seine drei unteren Wesensglieder, die dem Menschen gleichsam naturhaft verliehen werden, ist der Mensch ein Geschöpf der göttlich-geistigen Welt wie alle anderen Erdenwesen auch. Durch sein Ich ist er berufen, zum Schöpfer seiner selbst zu werden, ja mehr noch, es kann sich überhaupt nur dadurch verwirklichen, dass es sich selbst erschafft. Das Ich entwickelt sich im Zuge wiederholter Erdenleben, die auch sein Schicksal (Karma) bestimmen.

Damit das Ich verwandelnd in die Leibeshüllen eingreifen kann, bedarf es des Ich-Trägers, welcher der äußere leibliche Ausdruck für das Ich ist. Der Ich-Träger erscheint dem Hellseher in der menschlichen Aura als eine etwas länglich verformte bläuliche Kugel an der Nasenwurzel hinter der Stirne.

Ein Zerstörungsherd im Inneren des Menschen bildet die Voraussetzung dafür, dass sich das Ich entwickeln und festigen kann. Dringen diese Kräfte, die normalerweise dem Bewusstsein nicht zugänglich sind, weil sie unterhalb des Erinnerungsspiegels liegen, nach außen, so werden sie zur Quelle des Bösen. Anderseits bilden alle moralischen Kräfte, die wir entwickeln, hier bereits fruchtbare Keime für das künftige Jupiterdasein (Lit.: GA 207, S. 21ff).

Das Ich ist erst das Baby

Verglichen mit den Leibeshüllen (Physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) ist das vierte Wesensglied, das Ich des Menschen, erst das Baby in der Menschheitsentwicklung.

„Denn bedenken Sie nur, was die Konzentration auf das eigene Ich eigentlich bedeutet. Wir haben unseren physischen Leib, der stammt von Saturnzeiten her, ist kunstvoll ausgebildet in vier majestätisch wirkenden Etappen. Wir haben den ätherischen Leib, der ist dreimal kunstvoll umgebildet, wir haben den astralischen Leib, der ist zweimal umgebildet. Die alle fallen nicht in den Bereich des Erdenbewußtseins, nur das Ich fällt in den Bereich des Erdenbewußtseins. Aber eigentlich ist das nur ein Schein des Ich, denn das wahre Ich kann man nur sehen durch den Rückblick in eine frühere Inkarnation. Das gegenwärtige ist erst das werdende und wird erst eine Realität in der folgenden Inkarnation. Das Ich ist erst das Baby. Und wer die Dinge durchschaut, hat, wenn jemand so richtig schwimmt in seinem Egoismus, die Imagination einer wollüstigen Kinderfrau, die Wollust empfindet in ihrem Herzen gegenüber dem kleinen Kinde; aber da ist die Wollust etwas Berechtigtes, denn da ist das Kind ein anderes. Aber nun hat man dem Egoismus gegenüber dieses Bild vor sich, daß der Mensch das Baby, dieses Kind recht zärtlich herzt. Und heute gehen die Menschen so herum - wenn man sie astraliter malen würde, müßte man sie so malen, daß sie in einem Arm ihr Kind herumtragen. - Die Ägypter konnten noch den bekannten Skarabäus formen, wo das eigene Ich wenigstens von der Kopforganisation getragen wurde. Der heutige Mensch trägt sein eigenes Ich auf dem Arm und herzt es zärtlich.“ (Lit.: GA 317, S. 183f)

Ich-Organisation und Selbstbewusstsein

Hauptartikel: Ich-Träger

Das Ich baut sich die seinem Wesen entsprechende Ich-Organisation auf. Dadurch entsteht aber noch kein Selbstbewusstsein, es wird dadurch nur vorbereitet. Das Selbstbewusstsein leuchtet erst auf, wenn das Ich die von ihm durchformte Ich-Organisation wieder abbaut. Erst im rhythmischen Wechsel von Auf- und Abbau kann sich das Selbstbewusstsein immer reicher entfalten.

„Die physische Stofflichkeit erfährt eine Weiterbildung ihres Wesens, indem sie zum Weben und Leben im Ätherischen übergeht. Und Leben hängt davon ab, daß der organische Körper dem Wesen des Irdischen entrissen und vom außerirdischen Weltall herein aufgebaut wird. Allein dieser Aufbau führt wohl zum Leben, nicht aber zum Bewußtsein und nicht zum Selbstbewußtsein. Es muß sich der Astralleib seine Organisation innerhalb der physischen und der ätherischen aufbauen; es muß ein Gleiches das Ich in bezug auf die Ich-Organisation tun. Aber in diesem Aufbau ergibt sich keine bewußte Entfaltung des Seelenlebens. Es muß, damit ein solches zustande kommt, dem Aufbau ein Abbau gegenüberstehen. Der astralische Leib baut sich seine Organe auf; er baut sie wieder ab, indem er die Gefühlstätigkeit im Bewußtsein der Seele entfalten läßt; das Ich baut sich seine «Ich-Organisation» auf; es baut sie wieder ab, indem die Willenstätigkeit im Selbstbewußtsein wirksam wird.

Der Geist entfaltet sich innerhalb der Menschenwesenheit nicht auf der Grundlage aufbauender Stofftätigkeit, sondern auf derjenigen abbauender. Wo im Menschen Geist wirken soll, da muß der Stoff sich von seiner Tätigkeit zurückziehen.

Schon die Entstehung des Denkens innerhalb des ätherischen Leibes beruht nicht auf einer Fortsetzung des ätherischen Wesens, sondern auf einem Abbau desselben. Das bewußte Denken geschieht nicht in Vorgängen des Gestaltens und Wachstums, sondern in solchen der Entgestaltung und des Welkens, Absterbens, die fortdauernd dem ätherischen Geschehen eingegliedert sind.

In dem bewußten Denken lösen sich aus der leiblichen Gestaltung die Gedanken heraus und werden als seelische Gestaltungen menschliche Erlebnisse.“ (Lit.: GA 27, S. 16f)

Ich-Bewusstsein und physischer Leib

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Hauptartikel: Ich-Bewusstsein

Durch das Ich stellen wir uns als selbstbewusstes Wesen der Natur gegenüber und scheinen dadurch zunächst völlig abgetrennt von ihr zu sein. Und doch gibt es untergründig eine geheimnisvolle Beziehung zu den Naturreichen. Insbesondere hat Rudolf Steiner darauf hingewiesen, dass das Ich die zusammengedrängten Kräfte des mineralischen Kosmos in sich trägt:

"Wenn wir von dem Ich sprechen, so müssen wir von demjenigen im Menschen sprechen, das zum Beispiel nicht nur ein Bewußtsein hat während des Wachens, sondern das auch da ist, wenn der Mensch schläft, das seine Kräfte entfaltet ins ganze Universum hinaus, das von den geistigen Kräften des Kosmos durchstrahlt und durchwirkt und durchpulst ist, wenn der Mensch schläft: das tragen wir unbewußt in uns. Und wenn wir es herausexstirpieren könnten aus dem Menschen, so wie wir das gesagt haben für den Ätherleib, für den astralischen Leib, wir würden aus diesem Ich das ganze Bild des mineralischen Weltenalls bekommen mit allen seinen verschiedenen Geheimnissen des Kosmos. In diesem Ich steckt alles dasjenige zusammengedrängt, was im ganzen Kosmos ausgebreitet ist. Wir tragen den mineralischen Kosmos also in uns." (Lit.: GA 167, S. 170)

Das hängt damit zusammen, dass die Entwicklung unsers Ich-Bewusstseins sehr eng mit der Gestalt des physischen Leibes verbunden ist. Rudolf Steiner hat gezeigt, dass das Ich-Bewusstsein dadurch entsteht, dass wir gleichsam unsere physische Gestalt von innen her abtasten und, indem wir diese Grenze spüren, uns von der Welt zu unterscheiden lernen. Die menschliche Gestalt ist aber wiederum Ausdruck der formenden Kräfte des ganzen Kosmos. Dahinter stehen erhabene geistige Wesenheiten, die Elohim oder Geister der Form, durch deren Opfertat wir unser Ich bekommen haben, und die in der Natur allem Geschaffenen die physische Form geben. Eben deshalb wird aber auch die Auferstehung des Leibes zu einer entscheidenden Frage für das menschliche Ich.

In seiner Realität wirksam sehen wir das Ich ganz besonders dort, wo das Ich-Bewusstsein noch nicht erwacht ist. Das ist in den ersten Kindheitsjahren der Fall bis hin zu jenem Zeitpunkt, der heute etwa im dritten Lebensjahr liegt, bis zu dem wir uns später bewusst zurückerinnern können und wo wir uns erstmals unserer selbst bewusst geworden sind. Bis dahin wirkt das Ich bildend bis in den physischen Leib hinein, um diesen erst zum geeigneten Werkzeug für das Ich-Bewusstsein zu machen. Äußerlich sichtbar wird diese Tätigkeit des Ich in jenen drei Fähigkeiten, durch die sich der Mensch grundlegend vom Tier unterscheidet, nämlich in der Aufrichtekraft, in der Sprache und dem Denken. Sind diese Fähigkeiten bis in ihre physischen Grundlagen ausgebildet, macht das Ich, das wirkliche Ich in seiner vollen geistigen Realität, die weitere Erdenwanderung zum größten Teil nicht mehr mit und verbleibt in der geistigen Welt. Was wir desweiteren als unser irdisches Ich im Selbstbewusstsein erleben, ist eigentlich nur ein Spiegelbild unseres wahren geistigen Ichs. Gerade darin aber, in diesem bloßen Bildcharakter, den dadurch die ganze menschliche Erkenntnis bekommt, liegt die Möglichkeit zur Freiheit begründet:

"Und das ist das schwer zu fassende Geheimnis, daß das Ich eigentlich in dem Zeitpunkte, bis zu dem wir uns zurückerinnern, stehenbleibt. Es wird nicht mit dem Leibe geändert, es bleibt stehen. Gerade dadurch haben wir es immer vor uns, daß es uns, indem wir hinschauen, unsere Erlebnisse entgegenspiegelt. Das Ich macht unsere Erdenwanderung nicht mit. Erst wenn wir durch die Pforte des Todes gegangen sind, müssen wir den Weg, den wir Kamaloka nennen, wiederum zurück machen bis zu unserer Geburt, um unser Ich wieder anzutreffen, und es dann auf unserer weiteren Wanderung mitzunehmen. Der Körper schiebt sich in den Jahren vor - das Ich bleibt zurück, das Ich bleibt stehen. Schwierig zu begreifen ist es aus dem Grunde, weil man sich nicht vorstellen kann, daß in der Zeit etwas stehenbleibt, während die Zeit weiterrückt. Aber es ist doch so. Das Ich bleibt stehen, und zwar bleibt es aus dem Grunde stehen, weil dieses Ich eigentlich sich nicht verbindet mit dem, was vom Erdendasein an den Menschen herankommt, sondern weil es verbunden bleibt mit denjenigen Kräften, die wir in der geistigen Welt die unsrigen nennen. Das Ich bleibt da, das Ich bleibt im Grunde in der Form, wie es uns verliehen ist, wie wir wissen, von den Geistern der Form. Dieses Ich wird in der geistigen Welt gehalten. (Lit.: GA 165, S. 16)

Die unmittelbare Verbindung der Ich-Organisation mit der Schwerkraft

Siehe auch: Gravitation

In seinem Heilpädagogischen Kurs beschreibt Rudolf Steiner, wie die Ich-Organisation, wenn sie den physischen Leib und den Ätherleib ergreift, unmittelbar mit der Schwerkraft in Verbindung tritt. Der physische Leib verliert dadurch seine Schwere.

Tafel 4 aus GA 317

„Die Ich-Organisation ergreift nicht bloß den ätherischen und den physischen Leib, wenn sie zurückgeht beim Aufwachen, sondern sie ergreift im menschlichen Leibe die äußere Welt, die Kräfte der äußeren Welt. Was heißt das? Nun stellen Sie sich vor, wir haben die Schwerkraft, die so wirkt (siehe Tafel 4). Innerhalb der Richtung der Schwerkraft stehen wir ja aufrecht, wenn wir wachen. Stellen Sie sich einfach die Schwerkraft als solche vor, die da wirkt, also die Richtung der Gewichtskräfte. Nun gibt es zwei Vorstellungen; machen wir uns das recht klar: die eine konnte darin bestehen, daß das Ich - sehen wir zunächst vom ätherischen Leibe ab - den physischen Leib ergreift, der physische Leib fügt sich dann der Schwerkraft, nicht wahr, wir stellen uns in die Schwerkraft hinein, wenn wir gehen, wir müssen das Gleichgewicht aufsuchen und so weiter. Das wäre die eine Vorstellung: wir ergreifen im Aufwachen mit dem Ich den physischen Leib; der physische Leib, der ist schwer und unterliegt dem Gewichte der Erde, und jetzt unterliegen wir mit unserem physischen Leib dem Gewichte der Erde und haben dadurch mittelbar eine Beziehung zur physischen Schwerkraft. Das ist die eine Möglichkeit. Es ist gerade so, wie wenn ich mit dem Gewichte des Buches eine mittelbare Beziehung zur Schwerkraft habe, indem ich das Buch ergreife. Das ist die eine Vorstellung; die ist falsch, unrichtig. Die andere Vorstellung ist diese: das Ich schlüpft hinein in den physischen Leib, ergreift den physischen Leib, aber schlüpft so weit hinein, daß es den physischen Leib unschwer macht; der physische Leib verliert, indem das Ich hineinschlüpft, seine Schwerkraft. Wenn ich also als wacher Mensch aufrecht stehe, so ist für mein Bewußtsein, für das Ich selbst, für die Ich-Organisation, die auch im Wärmeorganismus ihren physischen Ausdruck hat, die Schwerkraft überwunden. Es ist keine Möglichkeit vorhanden, in mittelbare Beziehung zur Schwerkraft zu treten. Das Ich tritt in unmittelbare Beziehung, stellt sich als Ich in die Schwerkraft hinein, schaltet also den physischen Leib aus. Das ist dasjenige, um was es sich handelt. Sie stellen sich fortwährend in die wirkliche Schwerkraft der Erde hinein mit der Ich-Organisation, wenn Sie gehen, nicht auf dem Umwege durch den physischen Leib, Sie treten in unmittelbare Beziehung zu dem Tellurischen.

Ebenso ist es mit dem Ätherleib. Auch der Ätherleib ist in Kräfte eingeschaltet. Nehmen wir eine von diesen Kräften. Ich habe oft darauf aufmerksam gemacht, wir unterliegen, indem wir als Mensch auf der Erde herumgehen, einem sehr starken Auftrieb. Wir haben unser Gehirn; das ist durchschnittlich 1500 Gramm schwer. Wenn diese Schwere von 1500 Gramm auf die Basis unseres Gehirns mit den feinen Adern drücken würde, würden diese sofort zerquetscht werden. Es drückt eben nicht, es schwimmt in Wahrheit in dem Gehirnwasser. Dadurch erleidet es einen Auftrieb, es verliert soviel von seinem Gewicht, als die verdrängte Wassermasse Gewicht hat. Diese verdrängte Wassermasse hat ein Gewicht, das ungefähr 20 Gramm weniger ist als das Gewicht des Gehirns selbst, so daß das Gehirn nur mit einem Gewichte von 20 Gramm auf seine Unterlage drückt. Wir haben also ein schweres Gehirn, das aber nicht hinuntergedrückt wird, sondern einen Auftrieb hat. In diesem Auftrieb leben wir darinnen, unser Ätherleib lebt darinnen. Aber indem wir hineinschlüpfen mit unserer Ich- Organisation in unseren Ätherleib, stehen wir nicht mittelbar in dem Auftrieb darinnen, sondern direkt mit der Ich-Organisation. Mit allen Kräften der Erde, mit der ganzen physischen Welt steht unsere menschliche Organisation in Beziehung, und zwar in direkter unmittelbarer Beziehung, nicht in indirekter Beziehung.

Nun, sehen Sie, womit steht da unsere Ich-Organisation in Beziehung? Da steht unsere Ich-Organisation erstens in Beziehung zur Schwerkraft, das heißt zu dem Irdischen. Denn, meine lieben Freunde, das, was die Physiker Materie nennen, das gibt es ja nicht. In Wirklichkeit existieren nur Kräfte, und die Kräfte sind durchaus ähnlich wie zum Beispiel die Schwerkraft - es gibt natürlich noch andere Kräfte, gewisse elektrische Kräfte, magnetische Kräfte -, mit allen steht die Ich-Organisation in unmittelbarer Beziehung und ist während des ganzen Wachzustandes im normalen Menschen darinnen. Wir können sagen, alles dasjenige, was wir unter Erde umfassen, das sind diese Kräfte. Alles dasjenige, was wir unter Wasser umfassen, was im Gleichgewichtszustande ist, mit dem steht die Ich-Organisation in unmittelbarer Verbindung. Alles, was luftförmig ist - nicht wahr, wir müssen in der Physik neben der gewöhnlichen Mechanik auch eine Hydromechanik, eine Aeromechanik lernen, weil die Gleichgewichtsprozesse und meteorologischen Prozesse in der Luft ihre besondere Formung haben -, mit dem steht die Ich-Organisation in unmittelbarer Verbindung. Dann steht die Ich-Organisation noch in Verbindung mit einem Teile des allgemeinen Wärmezustandes, mit einem Teile der allgemeinen Wärmekräfte, durch den wir immer durchgehen, wenn wir in der physischen Welt leben. (Siehe Tafel 5)“ (Lit.: GA 317, S. 44ff)

Ich-Organisation:
Astralleib:

„Ich durchstreiche «Wärme», weil es nur ein Teil ist. - Wir wachen auf und stellen uns als Geist mit unserer Ich-Organisation in die Welt der irdischen Kräfte hinein. Unsere Beziehung ist in Wirklichkeit nicht eine physisch vermittelte, sondern eine magische. Nur daß diese nur räumlich ausgeübt werden kann, rein räumlich begrenzt durch die Grenzen unseres Organismus. Wenn Sie anfangen zu begreifen, daß die Beziehung unserer Ich-Organisation nicht eine physische, sondern eine magische ist, dann haben Sie sehr viel gewonnen.

Wenn wir jetzt zum Astralleib gehen: der Astralleib steht nun auch nicht etwa bloß durch den Ätherleib, sondern in unmittelbarer Beziehung zu gewissen Kräften, die auf uns wirken, wenn wir im Wachzustand sind. Nun, das ist wiederum ein Teil der Wärmekraft; die Wärme nämlich wirkt mit einem Teil auf den physischen Organismus und mit einem Teil auf den Ätherorganismus zurück. Dann ist der astralische Leib in unmittelbarer Beziehung zu den Lichtkräften. Aber da müssen Sie wissen, daß Lichtkräfte für Geisteswissenschaft etwas anderes sind als das, was die Physik heute darunter versteht. Wir wollen nicht auf Theorien eingehen, aber nicht wahr, dem, was die Welt rings um uns herum in Beleuchtung wahrnehmen kann, dem liegt natürlich etwas zugrunde, und zwar im Äther, so daß wir schon sagen können: Licht ist eine Ätherkraft [...]

Ebenso ist es auch mit dem äußern, durch die Welt wirkenden Chemismus. Auch in den Chemismus gliedern wir uns ein auf eine unmittelbare Art. Und das ist besonders wichtig, denn damit wird gesagt, daß der Mensch wachend in eine Art kosmischen Chemismus eingegliedert ist. Nun kennt'unsere heutige Wissenschaft nur den leblosen Chemismus, höchstens ein bißchen den organischen Chemismus, aber sie kennt gar nicht jenen Chemismus, der ein allgemeiner Weltenchemismus ist. In den gliedern wir uns ein, wenn wir aufwachen. Und ebenso gliedern wir uns ein in das allgemeine Weltenleben, in den Lebensäther; alles unmittelbar.“ (Lit.: GA 317, S. 46ff)

Der Ich-Begriff

Hauptartikel: Ich-Begriff

Der Ich-Begriff, der erstmals um das dritte Lebensjahr aufleuchtet, ist der erste Begriff, den sich das Kind überhaupt bewusst bildet, nur kann er zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht wirklich erfasst werden. Doch ist damit der Punkt bezeichnet, bis zu dem man sich im späteren Leben zurückerinnern kann. Gerade dieses erste Ich-Erlebnis, an dem sich der Ich-Begriff bildet, ist eine bedeutsame Erfahrung, an die man sich später oft sehr leicht erinnern kann. Was bleibt, ist zunächst die Ich-Empfindung. Erst ab dem neunten Lebensjahr tritt dem Kind der Ich-Begriff als solcher bewusster entgegen.

"Der Mensch erinnert sich im heutigen normalen Leben bis zu einem gewissen Punkt seiner Kindheit, dann schwindet ihm die Erinnerung. Obwohl er sich ganz klar ist, daß er früher schon dabei war, erinnert er sich daran doch nicht. Er weiß, daß es sein gleiches geistig-seelisches Ich ist, das ihm das Leben aufgebaut hat, aber es fehlt ihm die Möglichkeit, sein Gedächtnis über diese Stufe auszudehnen. Wer viele Kindesleben betrachtet, wird daraus eine Beobachtung machen können. Die wird natürlich nur im wesentlichen sich im äußeren Leben verwirklicht finden, aber sie ist doch richtig. Aus der Beobachtung der kindlichen Seele wird man das Resultat gewinnen können, daß die Erinnerung genau so weit zurückgeht, bis sie den Zeitpunkt trifft, wo der Ich-Begriff, die Vorstellung von dem eigenen Ich in dem betreffenden Menschenwesen entstanden ist. Das ist eine außerordentlich wichtige Tatsache. In dem Moment, wo das Kind nicht mehr aus sich selbst heraus sagt: Karlchen will dies, oder: Mariechen will dies, sondern wo es sagt: Ich will das, - von dem Zeitpunkt, wo die bewußte Ich-Vorstellung anhebt, fängt auch die Rückerinnerung an." (Lit.: GA 60, S. 57)

"Wer das kindliche Leben in der richtigen Weise beobachten kann, der weiß, daß zwischen dem neunten und elften Jahr beim Kind ein Lebensentwicklungspunkt liegt, der - je nachdem, wie er von dem Erziehenden und Lehrenden erkannt wird - das Schicksal, das innere und oft auch das äußere Schicksal des Menschen im günstigen oder ungünstigen Sinne beeinflußt. Bis zu diesem Zeitpunkt sondert sich das Kind wenig ab von seiner Umgebung, und man muß Rücksicht darauf nehmen, daß das Kind eine Pflanze vor dem neunten Jahr anders beschrieben erhalten muß als nachher. Es identifiziert sich das Kind vorher mit allem, was es umgibt; dann lernt es sich unterscheiden; dann tritt ihm eigentlich erst der Ich-Begriff entgegen - vorher hatte es nur eine Ich-Empfindung. Wir müssen beobachten, wie das Kind sich verhält, wie es bestimmte Fragen anders zu formulieren beginnt von diesem Zeitpunkte an. Wir müssen bei jeder einzelnen kindlichen Individualität auf diesen wichtigen Zeitpunkt eingehen, weil der für das ganze folgende Leben ausschlaggebend ist." (Lit.: GA 297a, S. 26)

Der schwer zu fassende Ich-Begriff beruht auf der Freiheit, die die notwendige Voraussetzung zur Entwicklung der Liebe ist, welche die eigentliche Mission der ganzen Erdentwicklung ist.

"Dieser Ich-Begriff macht vielen Menschen Schwierigkeit. Es ist uns ja klar geworden, daß sich das Ich des Menschen herausentwickelt hat aus einer Gruppenseelenhaftigkeit, aus einer Art umfassenden All-Ichs, aus dem es sich herausdifferenziert hat. Unrichtig wäre es, wenn der Mensch wieder das Verlangen haben würde, mit seinem Ich unterzugehen in irgendein Allbewußtsein, in irgendein Gesamtbewußtsein. Alles, was den Menschen streben läßt, sein Ich zu verlieren, mit ihm aufzugehen in ein Allbewußtsein, ist ein Erzeugnis der Schwäche. Nur der allein versteht das Ich, der da weiß, daß, nachdem er sich dieses Ich errungen hat im Laufe der kosmischen Entwickelung, es nunmehr unverlierbar ist, und der Mensch muß vor allen Dingen nach der starken Kraft streben, wenn er die Weltenmission versteht, dieses Ich immer innerlicher, immer göttlicher zu machen. Die wahren Anthroposophen haben nichts von jener Phrase in sich, die da immer wieder betont das Aufgehen des Ichs in einem All-Ich, das Zusammenschmelzen in irgendeinen Urbrei. Die wahre anthroposophische Weltanschauung kann nur als Endziel die Gemeinschaft der selbständig und frei gewordenen Iche, der individuell gewordenen Iche hinstellen. Das ist ja gerade die Erdenmission, die sich durch die Liebe ausdrückt, daß das Ich dem Ich frei gegenüberstehen lernt. Keine Liebe ist vollkommen, die hervorgeht aus Zwang, aus dem Zusammengekettetsein. Einzig und allein dann, wenn jedes Ich so frei und selbständig ist, daß es auch nicht lieben kann, ist seine Liebe eine völlig freie Gabe. Das ist sozusagen der göttliche Weltenplan, dieses Ich so selbständig zu machen, daß es aus Freiheit selbst dem Gott die Liebe als ein individuelles Wesen entgegenbringen kann. Es würde heißen, die Menschen an Fäden der Abhängigkeit führen, wenn sie irgendwie zur Liebe, wenn auch nur im entferntesten, gezwungen werden könnten." (Lit.: GA 104, S. 156f)

Der göttliche Funke

Das Ich ist rein geistiger Natur, und es liegt im Wesen des Geistes, dass er sich selbst erschaffen muss und durch nichts anderes als sich selbst erschaffen werden kann. Es ist von gleicher Art wie die göttliche Schöpferkraft selbst, gleichsam ein winziger Funke des großen geistigen Weltenfeuers.

„Solange der Mensch in der Sinneswelt lebt, ist er durch den stofflichen Leib mit allen Reichen der Natur verbunden; der Ätherleib hält den stofflichen Leib zusammen; den Astralleib hat der Mensch gemeinsam mit der Tierwelt; er ist der Sitz von Leidenschaften und Begierden. Das vierte Glied des menschlichen Wesens ist die Krone der Schöpfung. Das Ich besitzt er allein, das <Ich-bin>, den unaussprechlichen Namen Gottes. <Ich> kann man nur zu sich selbst sagen. Es ist der [göttliche] Funke, ein Tropfen der göttlichen Substanz.“ (Lit.: GA 111, S. 116f)

„Nicht eine gedankliche Wiederholung, sondern ein reeller Teil des Weltprozesses ist das, was sich im menschlichen Innenleben abspielt. Die Welt wäre nicht, was sie ist, wenn sich das zu ihr gehörige Glied in der menschlichen Seele nicht abspielte. Und nennt man das höchste, das dem Menschen erreichbar ist, das Göttliche, dann muß man sagen, - daß dieses Göttliche nicht als ein Äußeres vorhanden ist, um bildlich im Menschengeiste wiederholt zu werden, sondern daß dieses Göttliche im Menschen erweckt wird. Dafür hat Angelus Silesius die rechten Worte gefunden: «Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben; werd’ ich zu nicht, er muß von Not den Geist aufgeben.» «Gott mag nicht ohne mich ein einzig’s Würmlein machen: erhalt’ ich’s nicht mit ihm, so muß es stracks zerkrachen.» Eine solche Behauptung kann nur der machen, welcher voraussetzt, daß im Menschen etwas zum Vorschein kommt, ohne welches ein äußeres Wesen nicht existieren kann. Wäre alles, was zum «Würmlein» gehört, auch ohne den Menschen da, dann könnte man unmöglich davon sprechen, daß es «zerkrachen» müßte, wenn der Mensch es nicht erhielte.“ (Lit.: GA 7, S. 34f)

„Leicht kann demgegenüber das Mißverständnis entstehen, als ob solche Anschauungen das Ich mit Gott für Eins erklärten. Aber sie sagen durchaus nicht, daß das Ich Gott sei, sondern nur, daß es mit dem Göttlichen von einerlei Art und Wesenheit ist. Behauptet denn jemand, der Tropfen Wasser, der dem Meere entnommen ist, sei das Meer, wenn er sagt: der Tropfen sei derselben Wesenheit oder Substanz wie das Meer? Will man durchaus einen Vergleich gebrauchen, so kann man sagen: wie der Tropfen sich zu dem Meere verhält, so verhält sich das «Ich» zum Göttlichen. Der Mensch kann in sich ein Göttliches finden, weil sein ureigenstes Wesen dem Göttlichen entnommen ist.“ (Lit.: GA 13, S. 67)

„Wir kommen nun noch zu den religiösen Einwänden: von der Selbstvergottung des Menschen durch die Theosophie. Dadurch, dass man den Gott ins eigene Innere verlegt, während zu wahrer Religiosität die Hingabe an einen äußeren Gott notwendig sei - das bewirke Selbstüberhebung, indem es den Menschen dazu verleite zu sagen: Ich bin selber ein Gott.

Das ist wiederum ein nicht unrichtiger Einwand. Wir können aber danebenstellen, was aus lebendigem Gefühl heraus die theosophische Wahrheit sagt. Du hast einen göttlichen Funken in dir, unentwickelt, keimhaft. Den musst du immer mehr ausgestalten. Es ist daher eine Pflichtverletzung gegen den Gott in dir, wenn du nicht unablässig nach Vervollkommnung strebst. [Dem Theosophen genügt nicht eine passive Hingabe an Gott - wie bei manchen frommen Christen -, sondern er muss aktive Hingabe fordern, wie das Paulinische Wort sagt: «Nicht ich, sondern der Christus in mir».]

So sieht dann die Vergottung sich doch etwas anders an, denn sie führt unablässig zu Impulsen nach Vervollkommnung, sie verwandelt die Selbstgerechtigkeit des Menschen in ein ewiges Pflichtgebot.“ (Lit.: GA 69e, S. 68f)

„Auch der religiöse Einwand ist berücksichtigt. Es wird gesagt: Da muß die Geistesforschung erklären, daß in jeder Seele ein Funke des Göttlichen ist und daß der Mensch diesen Gottesfunken von Leben zu Leben immer mehr und mehr entwickelt. Es wird also der Funke des Göttlichen in die menschliche Brust verlegt.

Wie man sich zu dieser Sache verhält, wenn man sie in das richtige Licht zu bringen weiß, das versuchte ich zu zeigen in der ersten Szene meines Mysterien-Dramas «Die Prüfung der Seele». Gewiß, man kann sagen, es gehe durch eine solche Anschauung das verloren, was gerade das religiöse Prinzip genannt werden kann, das Abhängigkeitsgefühl von dem Göttlichen, außerhalb dessen der Mensch steht, das kindliche Hinaufblicken zu diesem außer ihm befindlichen Göttlichen. Aber man nehme nun das, was von dem anderen Standpunkte aus zu sagen ist, daß der Mensch völlig einsehe, daß das Göttliche einen Funken in ihn gelegt hat, den er erleben muß und zur Entfaltung bringen muß; daß er tatsächlich einzusehen vermag: Du trägst in dir einen göttlichen Funken, und läßt du ihn unentwickelt, so läßt du ihn verkümmern! Dieses Beisammensein mit dem Göttlichen, und doch wieder die Notwendigkeit, diesen Funken erst entwickeln zu müssen, das ist ein Antrieb von einer unendlich viel größeren Stärke, als jeder andere religiöse Antrieb.“ (Lit.: GA 62, S. 77f)

Der göttliche Funke ist ein göttlicher Same, der in das Wesen des Menschen gelegt wurde. Er wurde ihm aus reiner Gnade geschenkt. Damit er sich aber entfalten und gedeihen kann muss der Mensch aus seiner Freiheit heraus selbst tätig werden. Tut er das nicht, so wird dieser Same in ihm verdorren.

„Im Sinne der theosophischen Weltanschauung ist der Mensch ... ein werdendes, ein in Entwicklung begriffenes Wesen.

Er sieht in eine Zukunftsperspektive hinein, welche ihn berechtigt, zu sagen, in seiner Brust befinde sich – wiederum ein Vergleich – etwas Geistiges, ein Ruhesein, ein göttlicher Funke, besser gesagt, ein Ruhesein, ein göttlicher Same. Der Mensch der Zukunft wird etwas ganz anderes sein als heute. Nun kann der Einwand erhoben werden: Wie kann der Mensch wissen, was er in der Zukunft sein wird? Er kann es aus dem Grunde wissen, weil er die Anlage, den Keim der Zukunft schon in sich trägt. Der Sinn der Selbsterkenntnis ist kein anderer als der: Anlagen, Keime, die heute noch tief verborgen in der Menschenbrust ruhen, zu studieren, um aus ihnen zu entnehmen, was der Mensch in der Zukunft werden kann. So sieht der Mensch in seine eigene Zukunft hinein.“ (Lit.: GA 68b, S. 327f)

Das Ich als Gabe der Exusiai

Damit der Funke des menschlichen Ich gezündet werden konnte, mussten die Exusiai bzw. Elohim, die eigentlichen Schöpfergötter unserer Erdenentwicklung, ihr Ich hinopfern. Das geschah in der lemurischen Zeit:

„Wir müssen uns darüber klar sein, daß alles, was vor der lemurischen Zeit lag, eigentlich nur eine Wiederholung war des Saturn-, Sonnen- und Mondendaseins, und daß erst da die erste Keimanlage — als Möglichkeit — in den Menschen gelegt worden ist, so daß er das vierte Glied seiner Wesenheit in der Erdentwickelung annehmen konnte: das Ich. Wenn wir die ganze Strömung der Menschheitsentwickelung nehmen, müssen wir sagen: Die Menschheit, wie sie sich über die Erde verbreitet hat — Sie haben diese Weiterverbreitung genauer in der «Geheimwissenschaft im Umriß» dargestellt —, ist in der lemurischen Zeit auf gewisse menschliche Vorfahren dieser Anfangsperiode unserer heutigen Erde zurückzuführen. Und wir müssen dabei in der lemurischen Zeit einen Zeitpunkt festsetzen, nach welchem im heutigen Sinne erst richtig vom Menschengeschlecht gesprochen werden kann. Was vorher war, kann noch nicht so besprochen werden, daß man sagen könnte, es wären schon jene Iche in den Erdenmenschen vorhanden gewesen, die sich dann immer weiter und weiter inkarniert haben. Das war nicht der Fall. Vorher war das Ich des Menschen keineswegs noch abgetrennt von der Substanz derjenigen Hierarchie, die zunächst zu diesem Ich des Menschen die Veranlassung gegeben hat, von der Hierarchie der Geister der Form.“ (Lit.: GA 131, S. 177f)

Damals ging allerdings nicht die ganze Ich-Substanz der Elohim in die irdischen Inkarnationen der Menschen ein. Ein Teil wurde zurückbehalten in der geistigen Welt für den späteren nathanischen Jesusknaben, der erst zur Zeitenwende, völlig unberührt von den Folgen des Sündenfalls, zu seiner ersten irdischen Inkarnation herabstieg.

Was bei den Elohim bereits zur Vollendung gereift war, bedeutete für uns einen völlig neuen, keimhaften Anfang. Wenn die Elohim ihr Ich hingeopfert haben, so bedeutet das nicht, dass wir dieses einfach übernommen hätten. Das wäre gar nicht möglich gewesen, wir hätten dazu viele Entwicklungsstufen überspringen müssen. Vielmehr wurde durch das Opfer der Elohim unsere eigene Ich-Entwicklung angestoßen. Es kann keine Rede davon sein, dass unser Ich gleich ist jenem Ich, das die Elohim hingegeben haben. Es unterscheidet sich, bildhaft gesprochen, von diesem so, wie sich der ausdehnungslose Punkt vom Umkreis eines unendlich großen Kreises unterscheidet. Und auch wenn unser punktförmiges Ich sich einmal selbst bis zum kosmischen Umkreis ausgeweitet haben wird, wird es sich in vielfältiger Weise von jenem Ich unterscheiden, das die Elohim einstmals hingeopfert haben. Die Weltentwicklung erschöpft sich niemals in der beständigen Wiederkehr des Gleichen.

Die eigentliche Opfertat der Exusai besteht darin, dass unser Ich durch sie gedacht wird:

„... unsere Gedanken sind fast Nichtigkeiten. Wenn aber ein Wesen aus der Reihe der Exusiai denkt, so denkt es uns. Unser Ich ist gedacht. Und es ist seiend als Gedanke eines Wesens aus der Reihe der Exusiai. Sprechen wir auf der Erde «Ich» zu uns, worauf schauen wir dann? Ja, dieses Ich: wenn wir sprechen «Ich» [es wird gezeichnet: Kreis mit dem Wort «Ich», gelb], wir schauen zurück auf dieses Ich [rote Pfeile], sprechen das Wort Ich aus. Aber ein Wesen aus der Reihe der Exusiai [grüne Linie], bei dem ist dieses Ich Gedanke, aber realer, wirklicher Gedanke. Wir sind dadurch, daß wir gedacht werden von Wesen aus der Reihe der Exusiai. Und wenn wir selber zu uns «Ich» sprechen, so konstatieren wir eigentlich, daß wir von Götterwesen gedacht werden. Und in diesem Gedachtwerden von Götterwesen besteht unser höheres Sein.“ (Lit.: GA 270b, S. 56)

„Im Johannes-Evangelium lassen sich auch direkte theosophische Lehren nachweisen. Die Tatsache, daß in jedem Menschen ein individuelles Ich lebt, daß sich in diesem Ich ein Funke göttlicher Substanz findet, daß dieser Funke sich zum «Gott in uns» entwickeln muß, dies hat der Schreiber des Johannes-Evangeliums erwähnt (Kap. 9). In den meisten Übersetzungen der Bibel wird die Antwort des Christus auf die Frage, wer gesündigt habe, dieser, der Blindgeborene, oder seine Eltern, so wiedergegeben: «Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes offenbar würden an ihm.» Ist dies aber eine für einen Christen würdige Auffassung, daß Gott einen Menschen blind geboren werden läßt, damit Gott seine Herrlichkeit an ihm offenbaren kann? Ein Gottesbegriff, der imstande ist, zu solchen Konsequenzen zu kommen, ist unmöglich. Viel einfacher und klarer liest sich diese Stelle, wenn wir die theosophische Auffassung zugrunde legen. Christus antwortete: «Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, er erfüllt sein Karma, damit der Gottesfunke in ihm sichtbar werde, damit die Werke des <Gottes in ihm> sichtbar werden.» So ist die Antwort des Christus (9, 3) zu übersetzen: «Er ist blind geboren worden, damit die Werke des Gottes in ihm im Leibe sichtbar werden.» Jeder Mensch macht wiederholte Erdenleben durch. Wir sehen einen Blindgeborenen. Er muß nicht in diesem Leben gesündigt haben, er kann sich auch die Schuld, die zu dieser Geburt geführt hat, aus einem früheren Leben mitgebracht haben. Es ist die Karmalehre ganz im theosophischen Sinn, die durch die Verkörperungen hindurch wirkt, welche durch dieses Vorkommnis geschildert wird. Daß Christus durch seine Lehre mit der landläufigen jüdischen Auffassung in Widerspruch geraten mußte, ist offenkundig, und daraus erklärt sich auch der Zwiespalt, in welchen er mit den Juden kommt (Kap. 9, 22).“ (Lit.: GA 100, S. 274f)

Das wahre Ich

„In der physischen Welt ist die Vernichtung möglich, welche als Tod auftritt; in der elementarischen Welt gibt es keinen Tod. Der Mensch, insoferne er der elementarischen Welt angehört, kann nicht sterben; er kann sich nur in eine andere Wesenheit verwandeln. In der geistigen Welt ist im strengen Sinn des Wortes auch keine entschiedene Verwandlung möglich; denn in was immer sich das Menschenwesen auch verwandeln mag, in der geistigen Welt offenbart sich die erlebte Vergangenheit als eigenes bewußtes Dasein. Soll dieses Erinnerungsdasein innerhalb der geistigen Welt hinschwinden, so muß es von der Seele durch einen Willensentschluß selbst in die Vergessenheit versenkt werden. Das übersinnliche Bewußtsein kann zu diesem Willensentschluß kommen, wenn es sich die nötige Seelenstärke erobert hat. Kommt es dazu, dann taucht ihm aus dem selbst hervorgerufenen Vergessen die wahre Wesenheit des «Ich» auf. Die übergeistige Umwelt gibt der Menschenseele das Wissen von diesem «wahren Ich». So wie sich das übersinnliche Bewußtsein in dem ätherischen und in dem astralischen Leibe erleben kann, so kann es sich auch in dem «wahren Ich» erleben.

Dieses «wahre Ich» wird durch die Geistes-Anschauung nicht erzeugt; es ist für jede Menschenseele in deren Tiefen vorhanden. Das übersinnliche Bewußtsein erlebt bloß wissend, was für jede Menschenseele eine nicht bewußte, aber zu ihrer Wesenheit gehörige Tatsache ist. Nach dem physischen Tode lebt sich der Mensch allmählich in die geistige Umwelt ein. Innerhalb derselben taucht zunächst sein Wesen mit den Erinnerungen aus der Sinneswelt auf. Er kann da, obwohl er die Unterstützung des physisch-sinnlichen Leibes nicht hat, doch bewußt in diesen Erinnerungen leben, weil sich in dieselben die ihnen entsprechenden Gedankenlebewesen einverleiben, so daß die Erinnerungen nicht mehr das bloße Schattendasein haben, welches ihnen in der physisch-sinnlichen Welt eigen ist. Und in einem bestimmten Zeitpunkte zwischen dem Tode und einer neuen Geburt wirken die Gedankenlebewesen der geistigen Umwelt so stark, daß dann ohne Willensimpuls das geschilderte Vergessen herbeigeführt wird. Und mit demselben taucht das Leben in dem «wahren Ich» auf. Das hellsichtige Bewußtsein führt durch Erkraftung des Seelenlebens dasjenige als freie Geistestat herbei, was für das Erleben zwischen Tod und neuer Geburt gewissermaßen ein naturgemäßes Ereignis ist.“ (Lit.: GA 17, S. 87f)

Der Ursprung der Monade auf dem Nirvanaplan

Der wahre Ursprung unseres Ichs, der Monade, liegt auf dem Nirvanaplan.

"Wenn wir uns also sagen müssen: Der Mensch tritt in der Mitte der lemurischen Zeit auf der Erde auf und schafft zum ersten Male eigenes Karma; früher hatte er kein individuelles Karma geschaffen -, so müssen wir nun fragen: Woher kann dieses Karma nur kommen, da es als etwas Neues hereinwirkte? - Es kann nur aus dem Nirvana kommen. Damals mußte etwas hereinwirken in die Welt, das aus dem Nirvana kam, aus dem, wo aus dem «Nichts» heraus geschaffen wird. Die Wesen, die damals die Erde befruchteten, mußten bis ins Nirvana hinaufreichen. Was die vierfüßigen Wesen befruchtete, so daß sie Menschen wurden, waren Wesen, die vom Nirvanaplan herunterkamen. Sie nennt man Monaden. Das ist der Grund, warum damals Wesen dieser Art vom Nirvanaplan herunterkommen mußten. Vom Nirvanaplan ist das Wesen, das in uns, im Menschen ist, die Monade. Hier tritt etwas völlig Neues in die Welt hinein und verkörpert sich in dem, was schon da ist und was seinerseits vollständig die Wirkung früherer Taten ist." (Lit.: GA 93a, S. 125f)

Die Vorbereitung der Ich-Geburt

Hauptartikel: Ich-Geburt

Die Leibeshüllen des Menschenwesens wurde auf den planentarische Entwicklungsstufen vorbereitet, die der Erdentwicklung vorangingen. Die Erdenmission ist es nun, den Menschen zum Ich-Träger zu machen, d.h. ihn zu befähigen, die geistige Monade in sein Wesen aufzunehmen. Bis zur Mitte der lemurischen Zeit war das noch nicht möglich. Es lebten zwar schon vorher beseelte Menschenwesen auf Erden, aber sie waren noch keine Ich-Träger. Erst nach der Mondenabtrennung konnte das Menschenwesen das Ich in seine Leibeshüllen aufnehmen.

„Wir wissen, daß die Erde die Wiederverkörperung anderer planetarischer Zustände ist, des alten Mondes, der alten Sonne und des alten Saturn. Wir wissen weiter, daß die Erde, wie sie sich nach und nach entwickelt hat, dazu berufen war, zu den drei Leibern, die sich der Mensch nach und nach während der früheren Verkörperungen der Erde herausgebildet hat - auf dem Saturn den physischen Leib, auf der Sonne den Ätherleib und auf dem Monde den astralischen Leib -, auf der Erde das Ich, das vierte Glied der menschlichen Wesenheit, hinzuzusetzen. Alles, was der lemurischen Zeit vorangegangen ist, war nur eine Vorbereitung dieser Erdenmission. Damals, in der lemurischen Zeit, gestaltete sich der Mensch so, daß er fähig wurde, das vierte Glied, die Ichheit, auszubilden. Damals fing der erste Keim sich zu bilden an, um in den drei Gliedern, die der Mensch sich allmählich erworben hatte, ein Ich auszubilden. Daher können wir sagen: Durch jene Veränderungen, die sich auf der Erde zugetragen haben, wurde auf den Menschen so gewirkt, daß er ein Ich-Träger werden konnte. Vor der lemurischen Zeit war die Erde auch bevölkert. Menschen waren auf der Erde in einer ganz anderen Form. Das aber waren Menschen, die noch keine Ich-Träger waren, die eigentlich nur das entwickelt hatten, was sie sich von Saturn, Sonne und Mond herübergebracht hatten als physischen Leib, Ätherleib und Astralleib; und wir wissen, welches die Vorgänge im ganzen Weltall sind, die dazu geführt haben, daß der Mensch bis zu dieser Reife seiner Entwickelung gebracht wurde.

Wir wissen, daß die Erde im Beginne unserer jetzigen Entwickelung vereinigt war mit der Sonne und mit dem Monde, daß sich dann zunächst die Sonne abgetrennt hat und einen planetarischen Körper zurückgelassen hat, der die heutige Erde und den heutigen Mond zusammengefaßt hat. Wir wissen aber auch, daß, wenn die Erde mit dem Monde zusammengeblieben wäre, alles, was an Menschenwesen da war, verhärtet, mumifiziert worden wäre, in einen verholzten Zustand übergegangen wäre. Um das zu verhüten, mußte alles, was in dem Monde an Substanzen und Wesenheiten war, erst herausgestoßen werden. Dadurch wurde die Menschengestalt vor der Verhärtung gerettet, es wurde dem Menschen möglich, die jetzige Gestalt anzunehmen, und erst nach der Mondentrennung wurde ihm die Möglichkeit gegeben, ein Ich-Träger zu werden.“ (Lit.: GA 114, S. 81f)

Bis zur Abtrennung des Mondes durchlief die Menschheit eine schwierige Phase. Nachdem sich bereits die Sonne von der Erde getrennt hatte, wirkten die noch in der Erde verbliebenen Mondenkräfte immer stärker verhärtend auf die menschlichen Leibeshüllen ein. Es wurde dadurch für die Menschenseelen - die aber das Ich noch nicht in sich trugen - immer schwieriger, sich auf Erden zu verkörpern. Viele konnten nicht mehr geeignete Leiber für ihre Verkörperung finden. Sie mussten zwischenzeitlich auf andere Planeten ausweichen. Im Wesentlichen nur ein Hauptpaar - Adam und Eva - konnte die verhärtete Erdensubstanz in dieser Zeit bezwingen.

„Was geschah nun mit diesen Seelen, welche keine Leiber finden konnten? Sie wurden entrückt nach den anderen Planeten, die sich inzwischen aus der gemeinsamen Substanz herausgebildet hatten. So gab es gewisse Seelen, die nach dem Saturn entrückt wurden, andere, die nach dem Jupiter, Mars, Venus oder Merkur entrückt wurden; so daß es eine Erdenzeit gab, in welcher nur die stärksten Seelen während des großen Erdenwinters auf die Erde kommen konnten. Die schwächeren Seelen mußten von den anderen zu unserem Sonnensystem gehörenden Planeten in Obhut genommen werden.

Während der lemurischen Epoche gab es in der Tat eine Zeit, von der man - wenigstens annähernd - sagen kann: Es war ein einziges Menschenpaar, ein Hauptpaar vorhanden, welches sich die Stärke Behalten hatte, diese widerspenstige Menschensubstanz zu bezwingen und sich auf der Erde zu verkörpern, gleichsam durchzuhalten durch die ganze Erdenzeit. Das war aber auch die Zeit, als sich der Mond von der Erde trennte. Und durch diese Mondentrennung wurde es wieder möglich, daß sich die Menschensubstanz verfeinerte und sich wieder geeignet machte, Menschenseelen aufzunehmen, die schwächer waren, so daß die Nachkommen dieses einen Hauptpaares wieder in der Lage waren, in weicherer Substanz zu sein als diejenigen, welche vor der Mondentrennung gelebt hatten. Da kamen dann nach und nach alle die Seelen, welche nach dem Mars, Jupiter, Venus und so weiter hinauf entrückt waren, wieder auf die Erde zurück, und mit der Vermehrung der Menschen von dem einen Hauptpaare aus geschah das, daß die Seelen nach und nach aus dem Weltenraume auf die Erde zurückkehrten und sich als die Nachkommen des ersten Hauptpaares bildeten.“ (Lit.: GA 114, S. 83)

Mit dem Sündenfall und der Mondenabtrennung kam es auch zur Geschlechtertrennung und zu der damit verbundenen Individualisierung der Menschen. Jetzt erst konnten die Menschen allmählich zu Ich-Trägern heranreifen. Allerdings wurde als Folge des Sündenfalls ein Teil der Adam-Seele und der damit verbundenen reinen Ätherkräfte - der Baum des Lebens - in der geistigen Welt zurückbehalten. Diese Kräfte konnten sich erst zu Zeitenwende durch den nathanischen Jesusknaben erstmals auf Erden verkörpern und dadurch die Inkarnation des Christus auf Erden vorbereiten.

„Das war sozusagen die Adam-Seele, die noch nicht berührt war von der menschlichen Schuld, die noch nicht verstrickt war in das, wodurch die Menschen zu Fall gekommen sind. Diese Urkräfte der Adam-Individualität wurden aufbewahrt. Sie waren da, und sie wurden jetzt als «provisorisches Ich» dahin geleitet, wo dem Joseph und der Maria das Kind geboren wurde, und in den ersten Jahren hatte dieses Jesuskind die Kraft des ursprünglichen Stammvaters der Erdenmenschheit in sich.“ (Lit.: GA 114, S. 89)

Allerdings verfügte dieser nathanische Jesus über kein eigentliches Ich; er bewahrte noch jenen reinen Zustand, der vor der Ich-Entwicklung liegt. Die selben Ich-Kräfte, die dem nathanischen Jesusknaben vorenthalten wurden, konnten sich aber in Johannes dem Täufer, dem wiedergeborenen Elias, inkarnieren.

„Ein solches Ich wie das Ich Johannes des Täufers wird hineingeboren in einen Leib unmittelbar unter der Lenkung und Leitung der großen Mutterloge der Menschheit, der Zentralstätte des irdischen Geisteslebens. Aus derselben Stätte stammte das Johannes-Ich, aus der auch das Seelenwesen für das Jesuskind des Lukas-Evangeliums stammte, nur daß dem Jesus mehr jene Eigenschaften übergeben wurden, die noch nicht durchdrungen waren von dem egoistisch gewordenen Ich, das heißt, eine junge Seele wird dorthin gelenkt, wo der wiedergeborene Adam inkarniert werden soll.

Es wird Ihnen sonderbar erscheinen, daß hier einmal von der großen Mutterloge aus an eine Stätte eine Seele hingelenkt werden konnte ohne ein eigentliches ausgebildetes Ich. Denn dasselbe Ich, das im Grunde genommen dem Jesus des Lukas-Evangeliums vorenthalten wird, das wird dem Körper Johannes des Täufers beschert, und dieses beides, was als Seelenwesen lebt im Jesus des Lukas-Evangeliums und was als Ich im Täufer Johannes lebt, das steht von Anfang an in einer innerlichen Beziehung.“ (Lit.: GA 114, S. 106f)

All diese vorbereitende Schritte waren notwendig, um die eigentliche Ich-Geburt auf Erden vorzubereiten.

Die eigentliche Ich-Geburt durch das Mysterium von Golgatha

Die eigentliche Ich-Geburt auf Erden erfolgte erst durch den Tod des Christus auf Golgatha, durch das Mysterium von Golgatha:

"An einem Freitag, am 3. April des Jahres 33, drei Uhr am Nachmittag fand das Mysterium von Golgatha statt. Und da fand auch statt die Geburt des Ich in dem Sinne, wie wir es oftmals charakterisiert haben. Und es ist ganz gleichgültig, auf welchem Erdenpunkte der Mensch lebt, oder welchem Religionsbekenntnis er angehört, das, was durch das Mysterium von Golgatha in die Welt kam, gilt für alle Menschen. So wie es für alle Welt gilt, daß Cäsar an einem bestimmten Tage gestorben ist, und nicht für die Chinesen ein anderer und für die Inder wieder ein anderer Tag dafür gilt, ebenso ist es eine einfache Tatsache des okkulten Lebens, daß das Mysterium von Golgatha sich an diesem Tage zugetragen hat und daß man es da zu tun hat mit der Geburt des Ich. Das ist eine Tatsache ganz internationaler Art." (Lit.: GA 143, S. 163)

Was genau damit gemeint ist, wird aus dem Vorwort Rudolf Steiners zum Kalender 1912/13 deutlich:

"Dabei ist die Annahme der «Geisteswissenschaft» zu Grunde gelegt, welche in dem angegebenen Jahre den Zeitpunkt sieht, in welchem in die Menschheitentwickelung die Kräfte eingetreten sind, durch welche das Menschen-Ich sich ohne Sinnbild durch die Kräfte des eigenen Vorstellungslebens in sich selbst erfassen und in ein Verhältnis zur Welt bringen kann. Vor diesem Zeitpunkte brauchte der Mensch, um sich zu erfassen und in die Welt hineinzudenken, Vorstellungen, die von der äußeren Wahrnehmung entnommen sind. Die Vorbereitung zu diesem Zeitpunkte liegt einerseits in der althebräischen Kultur, welche zuerst den «Gott im Innern» bildlos zur Erkenntnis brachte; andrerseits im griechischen Geistesleben, das sowohl in seinen Künstlern wie in seinen Weltweisen den Zeitpunkt dadurch vorbereitete, daß es den Menschen durch Vorstellung seiner selbst als Erdenwesen erfaßte und in seiner Philosophie das Weltwerden nicht durch äußere Bilder, sondern durch Vorstellungen charakterisierte, die allein dem Menschen-Innern als denkendem Bewußtsein entstammen (Thales bis Aristoteles). Das christliche Bekenntnis brachte die Empfindung gegenüber dieser Menschheitstatsache dadurch zum Ausdruck, daß es in den entsprechenden Zeitpunkt «Tod und Auferstehung Christi», das «Mysterium von Golgatha» versetzte." (Lit.: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 37/38, S. 39)

Christus und das menschliche Ich

Der Christus ist das makrokosmische Ich, der mit der Kraft, die er vom Vater-Gott empfangen hat, den Kosmos schöpferisch gestaltet hat. Eine Kernaussage der Apokalypse des Johannes ist, dass der Mensch dazu berufen ist, künftig die gleiche Vollmacht des Ich zu erlangen, die der Christus von seinem Vater empfangen hat. Das ist auch der eigentliche Inhalt der Apokalypse des Johannes, der schon aus den ersten Worten deutlich wird: Ἀποκάλυψις Ἰησοῦ Χριστοῦ Apokalypsis Jesou Christou - es geht um die Wesensenthüllung Jesu Christi, des göttlichen makrokosmischen Welten-Ichs, und das ihm gleichgeartete mikrokosmische Ich des Menschen. Im Sendschreiben an die Gemeinde von Thyatira, welche die Griechisch-Lateinische Kulturepoche repräsentiert, in der sich das Mysterium von Golgatha ereignete, wird das ganz klar ausgesprochen. In der Übersetzung von Emil Bock wird dies besonders deutlich:

„Die gleiche Vollmacht des Ich soll ihm eigen sein, die ich von meinem Vater empfangen habe.“

Diese Vollmacht des Ich, von der im Sendschreiben an die Gemeinde von Thyatira gesprochen wird, soll sich der Mensch allmählich erwerben, indem er die Apokalypse oder ähnlich geartete Einweihungsschriften nicht nur studiert und kommentiert, sondern so verinnerlicht und zu eigen macht, dass er durch sein Ich selbst zum Offenbarer Christi wird. Dann wird ihm der Morgenstern gegeben, der für die zukünftige Entwicklung der Erde und der mit ihr verbundenen Menschheit steht, die in unsere Hände gelegt ist. Im Gegensatz zu dem im 5. Kapitel beschriebenen Buch mit den sieben Siegeln ist die Apokalypse selbst nicht versiegelt und nur den Eingeweihten zugänglich, sondern jedem, der guten Willens ist. Dafür zu sorgen, wird Johannes nachdrücklich aufgetragen.
„Und er spricht zu mir: Versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe!“ (Off 22,10 LUT)

Selbst in dieser Weise zum Apokalyptiker zu werden, hat Rudolf Steiner namentlich den Priestern der Christengemeinschaft ans Herz gelegt:

„Es hat gar keine Bedeutung, die Apokalypse so zu nehmen, daß man sie lediglich kommentiert. Es hat einzig und allein einen Sinn, wenn man an der Apokalypse selbst zum Apokalyptiker wird und aus diesem Apokalyptiker-Werden seine Zeit so verstehen lernt, daß man die Impulse dieser Zeit zu Impulsen des eigenen Wirkens machen kann.“ (Lit.: GA 346, S. 125)

Was als Ich im Menschen lebt, das ist das Christus-Wesen

Die Monade, der schöpferische Wesenskern des Menschen, also sein Ich, entstammt dem Nirvanaplan. Dieser Wesenskern trat in der Lemurische Zeit in die irdischen Inkarnation herein - um sich damit aus dem «Nichts» heraus sein individuelles Karma zu schaffen:

„Der Mensch tritt in der Mitte der lemurischen Zeit auf der Erde auf und schafft zum ersten Male eigenes Karma; früher hatte er kein individuelles Karma geschaffen -, so müssen wir nun fragen: Woher kann dieses Karma nur kommen, da es als etwas Neues herein wirkte? - Es kann nur aus dem Nirvana kommen. Damals mußte etwas hereinwirken in die Welt, das aus dem Nirvana kam, aus dem, wo aus dem «Nichts» heraus geschaffen wird. Die Wesen, die damals die Erde befruchteten, mußten bis ins Nirvana hinaufreichen. Was die vierfüßigen Wesen befruchtete, so daß sie Menschen wurden, waren Wesen, die vom Nirvanaplan herunterkamen. Sie nennt man Monaden. Das ist der Grund, warum damals Wesen dieser Art vom Nirvanaplan herunterkommen mußten. Vom Nirvanaplan ist das Wesen, das in uns, im Menschen ist, die Monade.“ (Lit.: GA 93a, S. 125)

Was derart als wirkliches Ich im Menschen in vollständig individualisierter Weise lebt, das ist das Christus-Wesen selbst:

Und endlich halte der Schüler fest in seiner Seele: Stets bleibe bewahrt die Freiheit und Selbständigkeit des Ich. Das ist unser Höchstes! Und aufblickend zum Christus stehe immer in unserer Seele: Der Christus ist das Urbild des Ich, es strebe mein Ich danach, zu werden ein Abbild dieses Urbildes. Und dieses Urbild kann durch keinen andern Namen bezeichnet werden als durch «Ich bin».
Rudolf Steiner (Lit.: GA 266a, S. 456)

„Die Menschheit ist von einer Einheit ausgegangen; aber die bisherige Erdenentwickelung hat zur Sonderung geführt. In der Christus-Vorstellung ist zunächst ein Ideal gegeben, das aller Sonderung entgegenwirkt, denn in dem Menschen, der den Christusnamen trägt, leben auch die Kräfte des hohen Sonnenwesens, in denen jedes menschliche Ich seinen Urgrund findet.“ (Lit.: GA 13, S. 294)

„Kein äußerer Name kann «mich», dieses Wesen, benennen; ein ganz anderer Name nur kann das ausdrücken: «Ich bin der Ich-bin!» Es gibt keine Möglichkeit, woanders den Namen zu finden des Sonnengeistes als in dem Menschen. Das, was als Ich im Menschen lebt, das ist das Christus-Wesen.“ (Lit.: GA 109, S. 154)

„Was Christus für die Welt ist, das ist das Ich für den Menschen. Sein Ich ist ein Teil des Christus, aus seinem Ich gehen alle Kräfte hervor; aber damit sie wachsen und zunehmen können, müssen sie immer wieder in seinem Ich zusammenströmen. Dieses Zusammenströmen der menschlichen Kräfte im Ich geschieht in den Zwischenzeiten zwischen den Inkarnationen. Da sammeln sich die während eines Menschenlebens entfalteten Kräfte und festigen sich, um verstärkt hervorzugehen in einer neuen Inkarnation. Aber wenn der Mensch eine etwas höhere Stufe der Entwicklung erreicht, dann lernt er immer mehr, diesen Prozess auch während des Erdenlebens bewusst vorzunehmen. Er entfaltet seine Kräfte bewusst im Dienste der Welt, und die dadurch gemachten Erfahrungen leitet er bewusst über in sein Ich, in das Zentrum seines Wesens. Sie werden dann schon während des Erdenlebens dem Ich eingepflanzt; er nimmt dadurch die Arbeit vieler Jahre der Zwischenzeit zwischen seinen Inkarnationen voraus, wo dieses Sammeln der entfalteten Kräfte im Ich durch die Hilfe höherer Wesen geschieht.

Sobald der Mensch anfängt, selbst bewusst während des Lebens in dieser Weise Kräfte zu sammeln und neu zu entfalten, da wächst sein Geist in der Geisteswelt, und er verwandelt immer mehr sein ganzes Wesen in ein unsterbliches. Denn was er selbst seinem Wesen einverleibt, das bleibt ihm als dauernder Bestandteil seines Wesens.“ (Lit.: GA 91, S. 255f)

„Christus ist ein Sonnengeist, ein Feuergeist. Sein Geist ist es, der sich uns im Sonnenlicht offenbart. Sein Lebensodem ist es, der in der Luft die Erde umspült und der mit jedem Atemzug in uns eindringt. Sein Leib ist die Erde, auf der wir wohnen [...]

Damit wir uns unseres Selbst, unseres Geistes bewußt würden, damit wir selbst Geistwesen würden, opferte sich dieser hohe Sonnengeist, verließ Seine königliche Wohnung, stieg herab aus der Sonne und nahm physische Gewandung an in der Erde. So ist Er physisch in der Erde gekreuzigt.

Er aber umspannt geistig die Erde mit Seinem Licht und Seiner Liebeskraft, und alles, was darauf lebt, ist Sein Eigentum. Er wartet nur darauf, daß wir Sein Eigen sein wollen. Geben wir uns Ihm ganz zu eigen, so gibt Er uns nicht nur Sein physisches Leben, nein, auch Sein höheres, geistiges Sonnenleben. Dann durchströmt Er uns mit Seinem göttlichen Lichtgeist, mit Seinen wärmenden Liebesstrahlen und mit Seinem schöpferischen Gotteswillen.

Wir können nur sein, was Er uns gibt, wozu Er uns macht. Alles, was an uns dem göttlichen Plan entspricht, ist Sein Werk. Was können wir dazu tun? Nichts, als Ihn in uns wirken lassen. Nur, wenn wir Seiner Liebe widerstreben, kann Er nicht in uns wirken.

Wie könnten wir aber dieser Liebe widerstreben? Dem, der da spricht: «Ich habe Dich je und je geliebt und habe Dich zu mir gezogen aus lauter Güte.»

Er hat uns geliebt von der Erde Urbeginn an. Wir müssen Seine Liebe in uns zum Wesen werden lassen.

Nur das bedeutet wirkliches Leben; nur da ist wahrer Geist, wahre Seligkeit möglich, wo uns dies Leben ein wesentliches Leben wird, das Christus-Leben in uns.

Nicht von uns aus können wir selbst rein und heilig werden, sondern nur von diesem Christus-Leben aus. All unser Streben und Ringen ist vergebens, solange uns nicht dies höhere Leben erfüllt. Das allein kann wie ein lauterer, reiner Strom alles hinwegspülen aus unserem Wesen, was noch ungeläutert ist.

Es ist der Seelengrund, aus dem dies reinigende Lichtleben aufsteigen kann.

Dort müssen wir unsere Wohnung suchen, zu Seinen Füßen und der Hingabe an Ihn.

Dann wird Er uns selbst umwandeln und uns selbst mit Seinem göttlichen Liebesleben durchströmen, bis wir licht und rein werden wie Er; Ihm ähnlich. Bis Er sein göttliches Bewußtsein mit uns teilen kann.

Durch Sein Licht muß die Seele rein, d. h. weise werden; so kann sie mit Seinem Leben sich vereinigen. Dann ist das die Vereinigung von Christus und Sophia, die Vereinigung des Christus-Lebens mit der durch Sein Licht geläuterten Menschenseele.“ (Lit.: GA 266c, S. 346f)

Das deutsche Wort «Ich»

"Nirgends außer in Mitteleuropa wird «Ich» gesagt, wenn man sein eigenes Ich meint, seine eigene Wesenheit. Es ist durch den Volksgeist, der sich als Sprachgeist manifestiert, die ganze Evolution so gelenkt worden, daß es allmählich dazugekommen ist, die eigene Wesenheit auszudrücken mit dem Wort Ich. Aber Ich, «I-Ch», ist Jesus Christus! Es liegt in Jesus Christus darin. Dadurch, daß in dem «Ich» Jesus Christus in seinen Anfangsbuchstaben ausgesprochen wird, ist das sinnbildlich ausgedrückt, was im mitteleuropäischen Geisteswesen liegt, wie es intim verbunden ist mit dem innerlichsten Erleben. Jedesmal, wenn man «Ich» ausspricht, spricht man die Anfangsbuchstaben «Jesus Christus» aus. Wenn man nur einmal auf solche Dinge, die wirklich heute noch als phantastisch angesehen werden, die geistigen Augen lenken würde, würde man schon finden, wie unbewußt die Geister der höheren Hierarchien in die menschliche Entwickelung immer hineinwirken, und dann Bedeutsames finden in den Dingen, die man heute nur so hinnimmt." (Lit.: GA 159, S. 217)

"Der Christus selber muß im menschlichen Ich wirksam lebendig werden. Daher neigt sich in Mitteleuropa wie in keiner andern europäischen Sprache allmählich die ganze Entwickelung dem zu, daß das «Ich» genannt wird. Und Ich ist «I-C-H». Wie ein mächtiges Symbolum im intimen Zusammenwirken dessen, was dem Gemüte das Heiligste sein kann mit diesem Gemüte selber, steht das da in Mitteleuropa: Ich = I-CH - Jesus Christus! Jesus Christus und zugleich das menschliche Ich. So wirkt der Volksgeist, inspirierend das Volk, um in charakteristischen Worten auszudrücken, was die zugrunde liegenden Tatsachen sind." (Lit.: GA 159, S. 193)

"Der erste christliche Eingeweihte Europas, Ulfilas, hat es in die deutsche Sprache selbst hineingelegt, daß der Mensch in der Sprache das «Ich» fand. Andere Sprachen drücken diese Beziehung zum Ich durch eine besondere Form des Zeitwortes aus, zum Beispiel im Lateinischen «amo», aber die deutsche Sprache setzt das Ich hinzu. «Ich» ist: J.Ch. = Jesus Christus. Das ist mit Absicht in die deutsche Sprache hineingelegt, es ist nicht Zufall. Es sind die Eingeweihten, welche die Sprache geschaffen haben. So wie man im Sanskrit das AUM für die Trinität hat, haben wir für das Innere des Menschen das Zeichen «ICH». Dadurch war ein Mittelpunkt geschaffen worden, durch den die Leidenschaften der Welt sich in Rhythmus verwandeln können. Sie müssen sich durch das Ich rhythmisieren. Dieser Mittelpunkt ist wörtlich der Christus.

Alle westlichen Nationen haben die Tätigkeit, die Leidenschaften entwickelt. Ein Impuls vom Osten muß kommen, um in dieselben Ruhe hineinzubringen. Ein Vorbote davon ist schon Tolstojs Buch «Über das Nichtstun». In der Tätigkeit des Westens finden wir vielfach ein Chaos. Das vermehrt sich immer noch. Die Spiritualität des Ostens soll in das Chaos des Westens einen Mittelpunkt bringen. Was lange Zeit hindurch geübt wird als Karma, das geht in Weisheit über. Weisheit ist die Tochter von Karma. Alles Karma findet seinen Ausgleich in Weisheit. Ein Weiser, der auf einer bestimmten Stufe angekommen ist, heißt ein Sonnenheld, weil sein Inneres rhythmisch geworden ist. Sein Leben ist ein Abbild der Sonne, die in rhythmischen Bahnen den Himmel durchwandert.

Das Wort «AUM» ist der Atem. Der Atem verhält sich zum Wort, wie der Heilige Geist zu Christus, wie das Atma zu dem Ich." (Lit.: GA 93a, S. 29f)

Der unaussprechliche Name Gottes

"Das eigentliche Wesen des «Ich» ist von allem Äußeren unabhängig; deshalb kann ihm sein Name auch von keinem Äußeren zugerufen werden. Jene religiösen Bekenntnisse, welche mit Bewußtsein ihren Zusammenhang mit der übersinnlichen Anschauung aufrechterhalten haben, nennen daher die Bezeichung «Ich» den «unaussprechlichen Namen Gottes». Denn gerade auf das Angedeutete wird gewiesen, wenn dieser Ausdruck gebraucht wird. Kein Äußeres hat Zugang zu jenem Teile der menschlichen Seele, der hiermit ins Auge gefaßt ist. Hier ist das «verborgene Heiligtum» der Seele. Nur ein Wesen kann da Einlaß gewinnen, mit dem die Seele gleicher Art ist. «Der Gott, der im Menschen wohnt, spricht, wenn die Seele sich als Ich erkennt.»" (Lit.: GA 13, S. 66f)

"Die Anschauung des eigenen Selbst im Sinne Fichtes ist deshalb so bedeutsam, weil in bezug auf dieses «Selbst» der Mensch überhaupt ohne allen Gedankeninhalt bleibt, wenn er sich einen solchen nicht von Innen heraus gibt. Für den ganzen übrigen Weltinhalt, für alles Wahrnehmen, Empfinden, Wollen und so weiter, welche den Inhalt des gewöhnlichen Daseins ausmachen, erfüllt die Außenwelt den Menschen. Er braucht - nach Fichtes Worten - im Grunde nichts zu sein als die «Maschine der Natur», welche «ohne sein Zutun seine Geschäfte leitet»[8]. Das «Ich» aber bleibt leer, keine Außenwelt erfüllt es mit Inhalt, wenn dieser nicht aus dem Innern kommt. Die Erkenntnis «Ich bin» kann daher niemals etwas anderes sein, als des Menschen intimstes Innen-Erlebnis. Es spricht also in diesem Satze etwas innerhalb der Seele, das nur von innen sprechen kann. Aber so wie diese scheinbar ganz leere Bejahung des eigenen Selbst auftritt, so spielen sich alle höheren okkulten Erlebnisse ab. Sie werden Inhalt- und lebensvoller, aber sie haben dieselbe Form. Man kann durch das Ich-Erlebnis, wie es Fichte darstellt, den Typus aller okkulten Erlebnisse zunächst auf rein gedanklichem Gebiete kennenlernen. Es ist daher richtig gesprochen, wenn man sagt, daß mit dem «Ich bin» der Gott in dem Menschen zu sprechen beginnt. Und nur weil das in rein gedanklicher Form geschieht, wollen es so viele Menschen nicht anerkennen." (Lit.: GA 35, S. 57f)

Was als Ich im Menschen lebt, ist das Wesen des «Ich-bin», des Christus:

„Das israelitische Volk sollte sich kein Bild von seinem Gotte machen - warum das? Kein äußerer Name kann «mich», dieses Wesen, benennen; ein ganz anderer Name nur kann das ausdrücken: «Ich bin der Ich-bin!» Es gibt keine Möglichkeit, woanders den Namen zu finden des Sonnengeistes als in dem Menschen. Das, was als Ich im Menschen lebt, das ist das Christus-Wesen.“ (Lit.: GA 109, S. 154)

Das Wesen des Ich

Falsch wäre es, das individuelle Ich durch seine Abgrenzung von anderen Ichen oder vom Insgesamt des Kosmos zu definieren. Als rein schöpferisches Prinzip entzieht sich das Ich jeder Abgrenzung oder Definition. In einer ganz spezifischen Weise ist das Ich eins mit dem Ganzen, dessen individueller Ausdruck es ist. Bildhaft darf man sich die Iche der Menschen als eine Vielzahl übereinandergelegter unendliche großer Kreise vorstellen, die alle bis an die Unendlichkeit reichen und von denen doch jeder seine eigene Färbung und seinen eigenen unverwechselbaren Mittelpunkt hat, in dem sich die Unendlichkeit in einzigartiger Weise spiegelt. Dieses Bild ist ein geeignetes Meditationsobjekt, um sich über die wahre Natur des Ichs aufzuklären.

„Ein weiteres solches Wort ist das Wort ‹Ich›. Dieses Wort nimmt ja unter allen Worten der menschlichen Sprache eine besondere Stellung ein. Ungefähr im dritten Lebensjahr lernt der Mensch dieses Wort gebrauchen. Das ist aber ein Alter, in welchem noch kein eigentliches Ich-Bewußtsein vorhanden ist. Daher lernt man dieses Wort zunächst nur automatisch sprechen. Erst im 21. Lebensjahr findet die Geburt des Ich statt. Was da zum Vorschein kommt, ist dann aber immer noch das ganze Leben hindurch nicht das wahre Ich. Ihm begegnet man als gewöhnlicher Mensch erst wieder nach dem Tode. So gebraucht jeder Mensch bis zu seinem Tode das Wort ‹Ich› doch immer nur provisorisch. Dieses provisorischen Gebrauches des Wortes ‹Ich› muß sich der Meditant ganz besonders bewußt werden. Er muß lernen, daß er erst allmählich den Weg zu dem wahren Ich finden muß, indem er zunächst lernt, es durch alle seine drei Hüllen hindurch zu erleben.“ (Lit.: GA 266c, S. 471)

Entwicklungsgeschichtlich ist das Ich das jüngste aller Wesensglieder und daher noch entsprechend wenig ausgereift. Es wurde erst während unserer irdischen planetaren Entwicklungsstufe veranlagt. Blicken wir derart von unserem Ich auf zur göttlichen Welt, so muss uns das mit rechter Bescheidenheit erfüllen, zugleich aber - aus freiem Entschluss - die Verpflichtung in uns erwecken, das eigene Selbst immer weiter zu entwicklen und zu einem schöpferischen Quell im Dienste der künftigen Weltentwicklung zu machen. Denn auch das ist untrennbar mit dem Wesen des Geistes verbunden: sich selbst beständig an die Welt verschenken zu müssen. Geist ist tätig sich hinopfernde Liebe. Nur aus der unermeßlichen göttlichen Liebe konnte die ganze Schöpfung entspringen, und nur wenn der Mensch einen Funken dieser Liebe in sich rege macht, kann er sein individuelles Ich verwirklichen.

„Man muß schon sein Erden-Ich verlieren, um sein wirkliches wahres Ich in der Anschauung zu bekommen. Und derjenige, der nicht diese Hingabe entwickeln würde, der kann eben an dieses wahre Ich nicht herankommen. Man möchte sagen: Das wahre Ich will nicht gesucht sein, wenn es erscheinen soll, wenn es sich offenbaren soll; und es verbirgt sich, wenn es gesucht wird. Denn es wird nur in der Liebe gefunden. Und Liebe ist Hingabe des eigenen Wesens an das fremde Wesen. Daher muß das wahre Ich wie ein fremdes Wesen gefunden werden.

Und in demselben Augenblicke, in dem man eintritt in dieses Ansichtigwerden des eigenen wahren Ichs, wird man zugleich ansichtig dessen, was nunmehr in einer weiteren Welt lebt, in der eigentlichen Geistwelt. Man trifft zusammen mit den Wesen der ersten Hierarchie: Seraphime, Cherubime, Throne.“ (Lit.: GA 84, S. 142)

Reinkarnation und Karma

Das Ich entwickelt sich durch die Taten, die es auf Erden setzt. Diese Entwicklung kann unmöglich während eines einzigen Erdenlebens vollendet werden, sondern vollzieht sich in einer ganzen Reihe aufeinander folgender irdischer Inkarnationen. Darauf hat schon Lessing in seiner Erziehung des Menschengeschlechts (§ 92 - § 100) hingewiesen. Die Taten des einen Lebens bedingen dabei die veranlagten Fähigkeiten und das künftige Schicksal des Ichs in den weiteren Erdenleben. Das menschliche Ich untersteht damit den Gesetzen von Reinkarnation und Karma.

Unser gegenwärtiges Selbstbewusstsein ahnt noch wenig von der wahren geistigen Natur unseres Ichs. Schicksalsschläge scheinen den Menschen völlig ungewollt und unerwartet wie zufällig von aussen zu treffen - und entspringen doch dem freien Entschluss unseres wahren höheren Ichs, das durch diese Prüfungen und Herausforderungen nach geeigneten Wegen für seine weitere Entwicklung sucht. Je weiter die wahre Selbsterkenntnis des Menschen voranschreitet, desto mehr kann er aus der Einsicht in die geistigen Entwicklungsnotwendigkeiten seines individuellen Wesens zum bewussten Vollstrecker seines Schicksals werden. Das aus den unbewussten Tiefen der Seele wirkende Schicksal, das Karma, wird dadurch nach und nach zum bewussten Gesetz der Seele, das sich der individuelle Menschengeist selbst gibt. Dieses bewusste Gesetz der menschlichen Seele wird mit einem indischen Ausdruck auch als Dharma bezeichnet. Das nächste Ziel der menschlichen Entwicklung ist es, im Zuge der wiederholten Erdenleben Karma immer mehr in Dharma zu verwandeln. Ist dieses Ziel einmal erreicht, bedarf der Mensch, wie es Buddha erstmals ausgesprochen hat, für seine künftige Entwicklung keiner weiteren irdischen Verkörperungen mehr, sondern schreitet von da an auf einem rein geistigen Entwicklungspfad fort.

Der Gedanke, dass sich das menschliche Ich durch die Taten, die es aus freiem Willensentschluss setzt, weiterentwickelt, liegt schon Rudolf Steiners Philosophie der Freiheit zugrunde. Als Grundmaxime des freien Menschen gilt ihm:

"Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen." (Lit.: GA 4, S. 166)

Ich und Selbstsucht

"... die orientalische Weisheit ging darauf hinaus, das Ich nur ja nicht zu erleben, sondern es zu überwinden, auszulöschen. [...] Ja, meine lieben Freunde, wer sein Heil im Ich sucht, dem ist Selbstsucht Gebot, dem ist Selbstsucht Gottheit. Die Selbstsucht, die Ichsucht, liegt nämlich vor dem Finden des Ich. Solange man sucht das Ich, solange entwickelt man die Selbstsucht, und von der Selbstsucht befreit nur die Findung, das Finden des Ichs. Hat man es gefunden, dann kann man nicht mehr von der Selbstsucht, von der Ichsucht gequält werden. In dem Finden des Ich liegt die einzig wirkliche Überwindung der Selbstsucht. Und wer heute, nach dem Mysterium von Golgatha, noch fliehen will das Ich, wer heute noch dasselbe sagt, wie man im alten Indien gesagt hat, der wird zurückgeworfen aus dem Ich in die Sucht nach dem Ich, der pflegt gerade die Selbstsucht. [...] Solange das Ich nicht eingezogen war in die Entwickelung der Menschheit, das heißt vor dem Mysterium von Golgatha, mußte man die Ichsucht veredeln. Da war die orientalische Weisheit am Platze. Heute so zu sprechen, heißt: scheinbar vorn vor sich wegzustoßen das Ich, und hinten packt einen Luzifer und stößt einen erst recht in die Selbstsucht hinein; und das merkt man nicht!" (Lit.: GA 167, S. 281f)

Das Ich als zweischneidiges Schwert

Erstes apokalyptisches Siegel

Das Ich ist ein zweischneidiges Schwert und wird in der Apokalypse des Johannes durch das scharfe, zweischneidige Schwert dargestellt, das aus dem Munde des Menschensohnes geht.

„10 Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen und hörte hinter mir eine Stimme, laut wie eine Posaune. 11 Sie sprach: Schreib das, was du siehst, in ein Buch und schick es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus, nach Smyrna, nach Pergamon, nach Thyatira, nach Sardes, nach Philadelphia und nach Laodizea! 12 Da wandte ich mich um, weil ich die Stimme erblicken wollte, die zu mir sprach. Als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter 13 und mitten unter den Leuchtern einen gleich einem Menschensohn; er war bekleidet mit einem Gewand bis auf die Füße und um die Brust trug er einen Gürtel aus Gold. 14 Sein Haupt und seine Haare waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie Feuerflammen; 15 seine Beine glänzten wie Golderz, das im Schmelzofen glüht, und seine Stimme war wie das Rauschen von Wassermassen. 16 In seiner Rechten hielt er sieben Sterne und aus seinem Mund kam ein scharfes, zweischneidiges Schwert und sein Gesicht leuchtete wie die machtvoll strahlende Sonne.“

Offenbarung des Johannes: 1,10-16 EU

„Wer nicht begreift, daß dieses Ich ein zweischneidiges Schwert ist, der wird kaum den ganzen Sinn der Menschheits- und Weltenentwickelung verstehen. Auf der einen Seite ist dieses Ich die Ursache dessen, daß die Menschen in sich selbst sich verhärten, daß sie alles, was ihnen zur Verfügung stehen kann an äußeren Dingen und inneren Gütern, in den Dienst dieses ihres Ichs einbeziehen wollen. Es ist dieses Ich die Ursache, daß sich alle Wünsche des Menschen darauf richten, dieses Ich als solches zu befriedigen. Wie dieses Ich danach strebt, einen Teil des gemeinsamen Erdenbesitzes an sich heranzubringen als sein Eigentum, wie dieses Ich danach strebt, aus seinem Gebiete alle anderen Iche hinwegzutreiben, sie zu bekriegen, zu bekämpfen: das ist die eine Seite des Ichs. Aber auf der anderen Seite dürfen wir nicht vergessen, daß dieses Ich zugleich dasjenige ist, was dem Menschen seine Selbständigkeit, seine innere Freiheit gibt, was den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes erhöht. In diesem Ich ist seine Würde begründet. Es ist die Anlage zum Göttlichen im Menschen [...]

So wird das Ich das Unterpfand sein des höchsten Zieles des Menschen. So ist es aber zu gleicher Zeit, wenn es nicht die Liebe findet, wenn es sich in sich verhärtet, der Verführer, der ihn in den Abgrund stürzt. Dann ist es dasjenige, was die Menschen voneinander trennt, was sie aufruft zum großen Krieg aller gegen alle, nicht nur zum Krieg der Völker gegen die Völker — denn der Volksbegriff wird dann gar nicht mehr die Bedeutung haben, die er heute hat —, sondern zum Kriege des einzelnen gegen den einzelnen auf den mannigfaltigsten Gebieten des Lebens, zum Kriege der Stände gegen die Stände, der Kasten gegen die Kasten, der Geschlechter gegen die Geschlechter. Auf allen Gebieten des Lebens wird also das Ich zum Zankapfel werden, und daher dürfen wir sagen, daß das Ich auf der einen Seite zum Höchsten und auf der anderen zum Tiefsten führen kann. Deshalb ist es ein scharfes, zweischneidiges Schwert. Und derjenige, der da den Menschen gebracht hat das volle Ich-Bewußtsein, der Christus Jesus, er wird, wie wir gesehen haben, symbolisch in unserer Apokalypse mit Recht dargestellt als derjenige, der das scharfe, zweischneidige Schwert im Munde hat.

Wir haben es ja als hohe Errungenschaft des Menschen hingestellt, daß er zu diesem freien Ich-Begriff gerade durch das Christentum hat aufsteigen können. Der Christus Jesus hat dieses Ich in vollem Umfange gebracht. Daher muß dieses Ich gerade durch das scharfe, zweischneidige Schwert ausgedrückt werden, das Sie aus dem einen unserer Siegel kennen. Und daß dieses scharfe, zweischneidige Schwert aus dem Munde des Menschensohnes geht, das ist wieder begreiflich, denn als der Mensch mit vollem Bewußtsein aussprechen gelernt hat das Ich, da war es ihm gegeben, auf das Höchste hinaufzusteigen, in das Tiefste hinunterzusinken. Das scharfe, zweischneidige Schwert ist eines der wichtigsten Symbole, die uns in der Apokalypse entgegentreten. (Erstes Siegel.)“ (Lit.: GA 104, S. 156ff)

Der Ich-Leib oder Ich-Träger

Die Aura des Menschen mit Ich-Leib bzw. Ich-Träger
Hauptartikel: Ich-Träger

Der Ich-Träger ist das vierte Wesensglied des irdisch verkörperten Menschen und damit der irdische Ausdruck für das wahre göttliche Ich. Dem Hellseher erscheint der Ich-Träger als eine an der Nasenwurzel hinter der Stirne gelegene, etwas in die Länge gezogene eiförmige bläuliche Kugel.

„Der Ich-Leib zeigt sich dem Hellseher als eine blaue Hohlkugel zwischen den Augen, hinter der Stirn. Wenn der Mensch anfängt, daran zu arbeiten, so gehen Strahlen von diesem Punkte aus.“ (Lit.: GA 95, S. 154)

„Wiederum drückt sich dies für den Seher in einer eigentümlichen Weise aus. Wenn er den Astralleib untersucht, ist alles in fortwährender Bewegung bis auf einen einzigen kleinen Raum; der bleibt, wie eine etwas in die Länge gezogene eiförmige bläuliche Kugel, etwas hinter der Stirne, bei der Nasenwurzel. Sie findet sich nur beim Menschen. Bei dem Gebildeten ist sie nicht mehr so wahrnehmbar wie bei dem Ungebildeten; am deutlichsten ist sie bei den in der Kultur tiefstehenden Wilden. An dieser Stelle ist in Wahrheit nichts, ein leerer Raum. Wie die Mitte der Flamme, die leer ist, durch den Lichtkranz blau erscheint, so erscheint auch diese dunkle leere Stelle blau, weil das aurische Licht ringsherum strahlt. Das ist der äußere Ausdruck für das Ich.“ (Lit.: GA 95, S. 17)

„Der Ich-Träger, das vierte Glied der menschlichen Wesenheit, ist gleich einer Art Ovalfigur, deren Ursprung bis hinein in das Vorderhirn zu verfolgen ist. Dort ist dieselbe für den Hellseher als eine bläulich- leuchtende Kugel sichtbar. Von der strömt aus in Ovalform, wie ein Raum-Ei, könnte man sagen, das in den Menschen hineinspielt, eine Art von Bläue. Wie ist dieser Ich-Träger zu sehen? Erst wenn der Hellseher imstande ist, sich auch den Astralleib des Menschen abzusuggerieren, erst dann vermag er den Ich-Träger wahrzunehmen. Die drei andern Leiber hat der Mensch mit den drei Reichen der Natur, dem Mineralreich, Pflanzen- und Tierreich gemeinsam. Durch den Ich-Träger aber unterscheidet er sich von diesen, dadurch ist er die Krone der Schöpfung.“ (Lit.: GA 109, S. 183)

Der Ich-Träger ist erst um das 21. Lebensjahr ausgereift. Nach dem ursprünglichen Schöpfungsplan sollte das Ich-Bewusstsein erst in diesem Lebensalter erwachen. Tatsächlich erwacht es aber durch den luziferischen Einfluss bereits viel früher, nämlich etwa um das 3. Lebensjahr. Dadurch ensteht eine oft schmerzliche Disharmonie zwischen dem inneren seelischen Erleben und der äußeren Organisation des Menschen.

„Was liegt denn dann vor, wenn wir die beiden Tatsachen zusammenhalten: Diejenige, daß der eigentliche Ich-Träger des Menschen geboren wird im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahre, mit derjenigen, daß wir uns seelisch als ein Ich bezeichnen vom dritten und vierten Jahre an? Da liegt vor, daß der Mensch im gegenwärtigen Zyklus seiner Entwickelung über sich selbst ein Meinen, ein Gefühl hat, das nicht seiner inneren Organisation, so wie diese geworden ist, entspricht. Denn das Bewußtsein des Ich tritt mit dem dritten und vierten Jahre auf, die Organisation für das Ich aber erst im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahr. Diese Tatsache ist von fundamentaler Wichtigkeit für das Verstehen des Menschen. Wenn man diese Tatsache abstrakt hinstellt als geisteswissenschaftliche Erkenntnis, dann wird man darüber nicht besonders aufgeregt sein; aber weil diese Tatsache wahr ist, sind zahlreiche Erlebnisse vorhanden, die der Mensch sehr gut kennt, aber nicht im Lichte dieser Tatsache schaut. Alles, was der Mensch erleben kann an Zwiespalt zwischen äußerlicher Organisation und innerer Erfahrung, an Leiden und Schmerzen im Leben dadurch, daß ihm gewisse Dinge vermöge seiner Organisation nicht möglich sind, an Disharmonie zwischen dem, was er wünschen und wollen und dem, was er ausführen kann, die Tatsache, daß er Ideale haben kann, die über seine Organisation hinausführen, all das führt zurück auf die Tatsache, daß das Bewußtsein unseres Ich einen ganz anderen Weg geht als der Träger unseres Ich. In dieser Hinsicht sind wir ein zweifacher Mensch: ein äußerer Mensch, der darauf hinorganisiert ist, seine Ichheit im zwanzigsten oder einundzwanzigsten Jahre zu entwickeln, und ein innerer Seelenmensch, der sich schon im vierten und fünften Jahre auf sein Seelenleben hin von seiner äußeren Organisation emanzipiert. Emanzipation des Ich-Bewußtseins von der äußeren Organisation findet statt im Kindesalter.“ (Lit.: GA 143, S. 120f)

Blut und sympathisches Nervensystem (Gangliensystem)

Das warme Blut ist der unmittelbare physische Ausdruck des menschlichen Ich. Es entstand in der lemurischen Zeit im Zusammenhang mit der luziferischen Verführung. Voraussetzung für die Entstehung des roten Blutes war das Eisen, das der Mars der Erde in ihrer ersten Entwicklungshälfte gab. Luzifer hat unmittelbaren Einfluss auf das Blut (Blut ist ein ganz besonderer Saft - Faust) und verführt den Menschen zum Egoismus, ermöglicht ihm dadurch aber auch seine Selbstständigkeit.

Im Blut tobt ein fortwährender Kampf zwischen Leben und Tod. Der blaue Blutstrom ertötet in jedem Augenblick das Leben, das im roten Blut dahinströmt. Nur dadurch, indem sich das Blut ständig erzeugt und wieder vernichtet, kann sich unser Ich im physischen Dasein verankern. Das Blut vermittelt dem Menschen das Bewusstsein seines Ich, indem es nur für einen kurzen Moment physisch wird und dann wieder zurückschießt ins Geistige. In diesen Prozess greift Luzifer störend ein.

Durch das Blut wurde es dem Menschen ermöglicht, sich immer mehr in das materielle Dasein einzuleben. Es musste aber der Zeitpunkt kommen, wo das überschüssige Blut und damit der überschüssige Egoismus geopfert werden musste. Das geschah durch das Opfer des Christus auf Golgatha. Dem hellsichtigen Blick zeigt sich, wie sich das Blut in seinen feinsten Teilen im Herzen beständig ätherisiert, d.h. wieder in den ätherischen Zustand übergeht, aus dem es sich ursprünglich verdichtet hat. Dieses ätherisierte Blut strömt fortwährend vom Herzen nach dem Kopf hin.

Siehe auch: Ätherisation des Blutes

Ich-Natur und Sonnengeflecht

Der Hauptangriffspunkt des Ich im Nervensystem des physischen Leibes ist das Sonnengeflecht bzw. das damit verbundene sympathische Nervensystem (Gangliensystem); das Ich wird dadurch an die Unterleibsorgane gefesselt. Das Ich wird sich dessen aber nur ganz, ganz dumpf unterschwellig bewusst. Da das Gangliensystem die ganze Zirkulation des Blutes mitbedingt, so widerspricht das auch nicht der Tatsache, daß das Ich im Blut seinen Ausdruck hat.

Sonnengeflecht und Sonnengeflecht
Sonnengeflecht und Sonnengeflecht

„Nehmen wir also zunächst an, wir hätten es zu tun mit der Ich-Natur des Menschen, mit jenem Gliede der menschlichen Wesenheit, das wir als Ich bezeichnen. Diese Ich-Natur ist selbstverständlich ganz übersinnlich; sie ist ja das Übersinnlichste, was wir zunächst haben, aber sie wirkt durch das Sinnliche. Dasjenige, wodurch das Ich sich hauptsächlich im intellektualistischen Sinne in der menschlichen physischen Natur auswirkt, ist das als das Gangliensystem bezeichnete Nervensystem, das Nervensystem, das vom Sonnengeflecht ausgeht. Schematisch können wir dieses Nervensystem, dieses Gangliensystem, dieses Sonnengeflechtsystem so (siehe Zeichnung, schwarz) andeuten. Das entfaltet eine Tätigkeit, die ja zunächst mit dem, was man im materialistischen Sinne Nervenleben nennen könnte, nichts besonderes zu tun zu haben scheint. Dennoch ist es der eigentliche Angriffspunkt für die wirkliche Ich-Tätigkeit. Daß der Mensch, wenn er beginnt, okkult sich selbst zu schauen, das Zentrum des Ich im Haupte zu empfinden hat, das widerspricht dem nicht, da wir es ja bei dem Ich-Gliede des Menschen zu tun haben mit etwas Übersinnlichem, und der Punkt, in dem der Mensch das Ich erlebt, ein anderer ist als der Angriffspunkt, durch den das Ich im Menschen vorzugsweise wirkt.

Die Bedeutung des Wortes: Das Ich wirkt durch den Angriffspunkt des Sonnengeflechtes - muß man sich völlig klarmachen. Diese Bedeutung liegt in folgendem: Das Ich des Menschen selbst ist eigentlich mit einem sehr dumpfen Bewußtsein ausgestattet. Der Ich-Gedanke ist etwas anderes als das Ich. Der Ich-Gedanke ist gewissermaßen dasjenige, was als eine Welle heraufschlägt ins Bewußtsein, aber der Ich- Gedanke ist nicht das wirkliche Ich. Das wirkliche Ich greift als bildsame Kraft durch das Sonnengeflecht in die ganze Organisation des Menschen ein.

Gewiß kann man sagen, das Ich verteilt sich über den ganzen Leib. Aber sein Hauptangriffspunkt, wo es besonders in die menschliche Bildsamkeit, in die menschliche Organisation eingreift, ist das Sonnengeflecht, oder besser gesagt, weil alle die Zweigungen dazugehören, das Gangliensystem, dieser im Unterbewußtsein lebende Nervenprozeß, der sich im Gangliensystem abspielt. Da das Gangliensystem die ganze Zirkulation des Blutes mitbedingt, so widerspricht das auch nicht der Tatsache, daß das Ich im Blute seinen Ausdruck hat. In diesen Dingen muß man das Gesagte eben ganz genau nehmen. Es ist etwas anderes, wenn gesagt wird: Das Ich greift durch das Gangliensystem in die Bildungskräfte und in die ganzen Lebensverhältnisse des Organismus ein, als wenn davon gesprochen wird, daß das Blut mit seiner Zirkulation der Ausdruck für das Ich im Menschen ist. Die menschliche Natur ist eben kompliziert.

Um nun die Bedeutung dessen, was da gesagt wird, voll vor die Seele zu rücken, ist es gut, sich die folgende Frage zu beantworten: Wie ist denn eigentlich das Verhältnis des Ich zu diesem Gangliensystem und allem, was damit zusammenhängt? Wie ist denn dieses Ich gewissermaßen in den Unterleibsorganen des Menschen verankert? Es ist so, daß, wenn der Mensch im normal-gesunden Zustande lebt, dieses Ich wie gefesselt ist im Sonnengeflechte und allem, was damit zusammenhängt. Es ist gebunden durch dieses Sonnengeflecht. Was heißt das? Dieses menschliche Ich, das dem Menschen im Verlaufe der Erdenevolution als eine Gabe der Geister der Form zugekommen ist, war ja, wie wir wissen, der luziferischen Versuchung ausgesetzt. So wie der Mensch dieses Ich hat, würde es eigentlich, da es infiziert ist von luziferischen Kräften, der Träger böser Kräfte sein. Das muß unbedingt wahrheitsgemäß erkannt werden. Nicht durch seine Natur ist das Ich der Träger böser Kräfte; aber dadurch, daß das Ich durch die luziferische Verführung mit luziferischen Kräften infiziert ist, ist es an sich der Träger von wirklich bösen Kräften, von Kräften, welche durch die luziferische Infektion geneigt sind, dasjenige, was das Gedankenleben des Ich bedeutet, ins Böse zu verzerren. Der Mensch kann, seit er ein Ich erhalten hat, denken. Wenn es keine luziferische Versuchung gegeben hätte, würde er über alle Dinge gut denken. Da es aber die luziferische Versuchung gegeben hat, denkt das Ich nicht gut, sondern luziferisch infiziert, so wie es nun einmal in der Erdenevolution ist: tückisch, heimtückisch. Es denkt so, daß es überall sich selbst ins Licht und alles andere in den Schatten stellen möchte. Es ist infiziert mit allen möglichen Egoismen. So ist das Ich nun einmal, da es luziferisch infiziert ist. Was nun als Gangliensystem, als Sonnengeflecht im Menschen lebt, ist schon von der Mondenentwickelung herübergekommen und stellt gewissermaßen das Haus für das Ich dar; da paßt das Ich in einer gewissen Weise hinein. Es kann daher darin gebunden, gefesselt werden. Und so liegt folgende Tatsache vor: Das Ich hat durch seine luziferische Infektion fortwährend die Tendenz, sich tückisch, lügenhaft zu gebärden, sich selbst ins Licht, das andere in den Schatten zu stellen; aber es wird gefesselt durch das Nervensystem des Unterleibes. Da muß es parieren. Durch das Nervensystem des Unterleibes zwingen die regelrecht fortschreitenden Mächte, die durch Saturn-, Sonnen- und Mondenentwickelung heraufgekommen sind, das Ich, nicht ein Dämon im bösen Sinne des Wortes zu sein. So daß wir also unser Ich so in uns tragen, daß es gefesselt ist an die Unterleibsorgane.“ (Lit.: GA 174, S. 126ff)

Das Ich macht die Entwicklung des physischen Leibes nicht mit

Das Ich macht in gewissem Sinn unsere Erdenwanderung während der irdischen Inkarnation nicht mit, sondern bleibt in dem Moment in der geistigen Welt stehen, bis zu dem wir uns bewusst zurückerinnern können. Dieser Moment liegt etwa im 3. Lebensjahr. Erst nach dem Tod, wenn wir im Kamaloka rückschreitend durch die Zeit an diesem Moment angelangt sind, treffen wir unser wahres Ich wieder an. Während unseres Erdendaseins erleben wir gar nicht unser wahres Ich, sondern nur dessen schattenhaftes irdisches Abbild:

"Wir lernen unser Ich aussprechen zu einer gewissen Zeit unseres Kindesalters. Wir gewinnen ein Verhältnis zu diesem Ich von der Zeit an bis zu der wir uns in späteren Jahren zurückerinnern. Wir wissen es aus den verschiedensten geisteswissenschaftlichen Betrachtungen: bis zu dem Zeitpunkt hat das Ich selber formend und gestaltend an uns gewirkt, bis zu dem Moment, da wir ein bewußtes Verhältnis zu unserem Ich haben. Beim Kind ist dieses Ich auch da, aber es wirkt in uns, es bildet in uns erst den Leib aus. Zunächst schafft es mit übersinnlichen Kräften der geistigen Welt. Wenn wir durch die Empfängnis und die Geburt gegangen sind, schafft es sogar noch einige Zeit, die Jahre dauert, an unserem Leibe, bis wir unseren Leib als Werkzeug so haben, daß wir uns bewußt als ein Ich erfassen können. Es ist ein tiefes Geheimnis mit diesem Hineintreten des Ich in die menschliche Leibesnatur verbunden. Wir fragen den Menschen, wenn er uns entgegentritt: Wie alt bist du? - Er gibt uns als sein Alter an die Jahre, die verflossen sind seit seiner Geburt. Wie gesagt, wir berühren hier ein gewisses Geheimnis der Geisteswissenschaft, das uns im Laufe der nächsten Zeit immer klarer werden wird, das ich aber heute nur erwähnen will, gleichsam mitteilen will. Was uns der Mensch also als sein Alter angibt zu einer bestimmten Zeit seines Lebens, das bezieht sich auf seinen physischen Leib. Er sagt uns nichts anderes als; sein physischer Leib ist so und so lange in der Entwickelung gewesen seit seiner Geburt. Das Ich macht diese Entwickelung dieses physischen Leibes nicht mit. Das Ich bleibt stehen.

Und das ist das schwer zu fassende Geheimnis, daß das Ich eigentlich in dem Zeitpunkte, bis zu dem wir uns zurückerinnern, stehenbleibt. Es wird nicht mit dem Leibe geändert, es bleibt stehen. Gerade dadurch haben wir es immer vor uns, daß es uns, indem wir hinschauen, unsere Erlebnisse entgegenspiegelt. Das Ich macht unsere Erdenwanderung nicht mit. Erst wenn wir durch die Pforte des Todes gegangen sind, müssen wir den Weg, den wir Kamaloka nennen, wiederum zurück machen bis zu unserer Geburt, um unser Ich wieder anzutreffen, und es dann auf unserer weiteren Wanderung mitzunehmen. Der Körper schiebt sich in den Jahren vor - das Ich bleibt zurück, das Ich bleibt stehen. Schwierig zu begreifen ist es aus dem Grunde, weil man sich nicht vorstellen kann, daß in der Zeit etwas stehenbleibt, während die Zeit weiterrückt. Aber es ist doch so. Das Ich bleibt stehen, und zwar bleibt es aus dem Grunde stehen, weil dieses Ich eigentlich sich nicht verbindet mit dem, was vom Erdendasein an den Menschen herankommt, sondern weil es verbunden bleibt mit denjenigen Kräften, die wir in der geistigen Welt die unsrigen nennen. Das Ich bleibt da, das Ich bleibt im Grunde in der Form, wie es uns verliehen ist, wie wir wissen, von den Geistern der Form. Dieses Ich wird in der geistigen Welt gehalten. Es muß in der geistigen Welt gehalten werden, sonst könnten wir niemals als Menschen während unserer Erdenentwickelung der Erde ursprüngliche Aufgabe und ursprüngliches Ziel wieder erreichen. Was der Mensch hier auf der Erde durch seine Adamsnatur durchgemacht hat, wovon er eine Abprägung in das Grab trägt, wenn er als Adam stirbt, das ist haftend am physischen Leibe, Ätherleib und Astralleib, kommt von diesem. Das Ich wartet, wartet mit alledem, was in ihm ist, die ganze Zeit, die der Mensch auf der Erde durchmacht, sieht nur hin auf die weitere Entwickelung des Menschen - wie der Mensch es sich wieder holt, wenn er durch die Pforte des Todes gegangen ist, indem er den Weg zurück macht. Das heißt, wir bleiben - in einem gewissen Sinne ist das gemeint - mit unserem Ich gewissermaßen in der geistigen Welt zurück. Dessen soll sich die Menschheit bewußt werden. Und sie konnte sich dessen nur dadurch bewußt werden, daß in einer gewissen Zeit aus jenen Welten, denen der Mensch angehört, aus den geistigen Welten, der Christus herunterkam und sich in dem Leibe des Jesus vorbereitete, in der Weise, wie wir es wissen - doppelt —, das, was als Leib ihm auf der Erde dienen sollte." (Lit.: GA 165, S. 15ff)

"Nun werden Sie sagen: Aber wir haben doch unser Ich. Unser Ich ist mit uns alt geworden. Unser astralischer Leib, unser Denken, Fühlen und Wollen sind auch mit uns alt geworden. Wenn einer sechzig Jahre alt geworden ist, so ist doch sein Ich auch sechzig Jahre alt geworden. - Wenn wir in dem Ich, von dem wir täglich reden, unser wahres, unser wirkliches Ich vor uns hätten, dann wäre der Einwand berechtigt. Aber wir haben in dem Ich, von dem wir täglich reden, gar nicht unser wirkliches Ich vor uns, sondern unser wirkliches Ich steht am Ausgangspunkte unseres Erdenlebens. Unser physischer Leib wird, sagen wir sechzig Jahre alt. Er spiegelt zurück, indem durch den Ätherleib die Spiegelung vermittelt wird, immer von dem betreffenden Zeitpunkt, in dem der physische Leib lebt, das Spiegelbild des wahren Ichs. Dieses Spiegelbild des wahren Ichs, das wir in jedem Augenblicke von unserem physischen Leibe zurückbekommen, das in Wahrheit von etwas herrührt, das gar nicht ins Erdendasein mitgegangen ist, sehen wir. Und dieses Spiegelbild nennen wir unser Ich. Dieses Spiegelbild wird natürlich älter, denn es wird dadurch älter, daß der Spiegelapparat, der physische Leib, allmählich nicht mehr so frisch ist, wie er im frühen Kindesalter war, dann zuletzt klapperig wird und so weiter. Aber daß das Ich, das eigentlich nur das Spiegelbild des wahren Ichs ist, sich auch als alt zeigt, kommt nur davon, daß der Spiegelungsapparat nicht mehr so gut ist, wenn wir mit dem physischen Leibe alt geworden sind. Und der Ätherleib ist das, was sich nun von der Gegenwart immer so hindehnt, wie perspektivisch, nach unserem wahren Ich und nach unserem astralischen Leib, die gar nicht in die physische Welt heruntergehen." (Lit.: GA 226, S. 14f)

Sonne und Ich

„Das Sonnenlicht ist nicht nur physisch, es ist auch seelisch-geistig; als letzteres löste es sich los vom Kosmischen und wurde Ich. Ein Extrakt des Mondenlichtes ist der menschliche astralische Leib. Es ist alles sehr weise eingerichtet. Wenn das Menschen-Ich noch immer an die Sonne gebunden wäre, könnten die Menschen auch nur so wie die Pflanzen zwischen Schlafen und Wachen wechseln. Dem Einfluß der Sonne nach würden wir niemals schlafen können bei Tag, würden immer schlafen müssen bei Nacht; aber das ganze Kulturleben beruht auf dieser Emanzipation. Wir tragen unsere eigene Sonne in uns: das Ich ist ein Extrakt der Sonnenwirkung; das, was im Menschen als astralischer Leib lebt, ist ein Extrakt der Mondenwirkung. So sind wir im Schlaf in der geistigen Welt nicht angewiesen auf die kosmische Sonnenwirkung; unser Ich verrichtet, was sonst die Sonne tut; wir werden beschienen von unserem eigenen Ich und Astralleib.“ (Lit.: GA 140, S. 153)

„Ja, das brachte es dahin, daß der Grieche sich schon einfach mit seiner Leiblichkeit nicht nur als ein Ergebnis der Erde fühlte, sondern als ein Ergebnis des äußeren Kosmos [...]

Ja, das gibt in der Tat wiederum empfindungsgemäß etwas, was den Menschen durchdringt damit, daß er sagt: Ich sehe ja allerdings um mich herum Wesenheiten, die nach mineralischen Gesetzen geformt sind; aber dazu gehöre ich nicht, auch alles das, was Pflanze ist nicht, das Tier schon erst recht nicht. Ich kann nicht auf der Erde sein durch die Kräfte, die bloß aus der Erde herauskommen. Dieses Sich-Fühlen im ganzen Weltenraum, das macht im wesentlichen das aus, was gerade im Griechen lebte, das war bei ihm noch instinktiv. Das Ich wurde dann ebenso gesucht außerhalb des Tierkreises wirkend, außerhalb der Sphäre, durch die nur der Tierkreis ausgespart ist, als etwas durch und durch Geistiges, für das man überhaupt kein sinnliches Korrelat findet außer dem Abbild dieser ganzen Sphäre: der Sonne. Da kommen wir zur Sonnenvorstellung, die man gehabt hat, die eigentlich auch schon in Griechenland etwas dekadent geworden ist, die aber durchaus noch in älteren Zeiten vorhanden war.“ (Lit.: GA 302, S. 115f)

Kristalle, Kristallhimmel und menschliches Ich

Siebentes apokalyptisches Siegel

Das kristalline Erdelement, die höchste Erscheinungsform des Mineralreichs, die erst entstand, als der Mond aus der Erde heraustrat, ist ganz anders geartet als die erstarrende zähflüssige Mondensubstanz, die es bis dahin gegeben hatte. Die kristalline Erdensubstanz ist zwar härter und dichter als die alte mondenhafte Materie, aber sie ist völlig offen und durchsichtig für höchste geistige Kräfte, die aus kosmischen Bereichen kommen, die weit über die Grenzen unseres Planetensystems in den Fixsternhimmel hinausreichen, ja die sogar aus Bereichen kommen, die jenseits von Raum und Zeit liegen. In den mittelalterlichen Mysterien sprach man zurecht vom Kristallhimmel, der die Grenze zur überräumlichen und überzeitlichen Welt bildet.

Die kristallbildenden Kräfte, die aus einem Weltbereich stammen, der jenseits des bereits Geschaffenen, gleichsam außerhalb der Schöpfung, liegt, sind eng verwandt mit den schöpferischen Ich-Kräften, die sich die Menschen von nun an immer mehr zueigen machen konnten. Das Ich ist, hellsichtig betrachtet, ein kristallhaft geometrisch geformtes Wesen.

„Wenn der astralische Leib [aus dem physischen Leib] herausgenommen [betrachtet wird], dann nimmt er komplizierte Pflanzenformen an, und das Ich des Menschen ist ein rein mineralisch, kristallhaft geformtes Wesen, es ist ganz geometrisch geformt. So daß man sagen kann: Der Form nach ist der Mensch im physischen Leib Mensch, im Ätherleib ist er eigentlich tierisch, im Astralischen pflanzenhaft und im Ich mineralhaft geformt.“ (Lit.: GA 342, S. 123)

Dies drückt sich symbolisch auch in der idealen Würfelgestalt des in der Apokalypse des Johannes beschriebenen «Neuen Jerusalem» aus, in dem das Mysterium vom heiligen Gral und damit der eigentliche Sinn der Menschheitsentwicklung enthüllt wird. Es wird damit wird auf die nächste planetarische Inkarnation unserer Erde hingewiesen, deren Gestaltung ganz davon abhängen wird, welche schöpferischen geistigen Kräfte der Mensch während der Erdentwicklung in Verbindung mit dem Christus aus seinem Ich heraus rege gemacht haben wird. Diese neue Verkörperung der Erde nannte nannte Rudolf Steiner auch den „Neuen Jupiter“.

„Siegel VII ist Wiedergabe des «Mysteriums vom heiligen Gral». Es ist dasjenige astralische Erlebnis, welches den universellen Sinn der Menschheitsentwicklung wiedergibt. Der Würfel stellt die «Raumeswelt» dar, die noch von keinem physischen Wesen und keinem physischen Ereignis durchsetzt ist. Für die Geisteswissenschaft ist nämlich der Raum nicht bloß die «Leere», sondern er ist der Träger, der auf noch unsichtbare Art die Samen alles Physischen in sich birgt. Aus ihm heraus schlägt sich gleichsam die ganze physische Welt nieder, wie sich ein Salz niederschlägt aus der noch ganz durchsichtigen Lösung. Und was – in bezug auf den Menschen – sich aus der Raumeswelt herausbildet, das macht die Entwicklung vom Niedern zum Höhern durch. Es wachsen heraus aus den «drei Raumesdimensionen», welche im Würfel ausgedrückt sind, zuerst die niedrigeren Menschenkräfte, veranschaulicht durch die beiden Schlangen, die aus sich wieder die geläuterte höhere geistige Natur gebären, was in den Weltenspiralen sich darstellt. Durch das Aufwärtswachsen dieser höheren Kräfte kann der Mensch Empfänger werden (Kelch) für die Aufnahme der rein geistigen Weltwesenheit, ausgedrückt durch die Taube. Dadurch wird der Mensch Beherrscher der geistigen Weltmächte, deren Abbild der Regenbogen ist. Das ist eine ganz skizzenhafte Beschreibung dieses Siegels, das unermeßliche Tiefen in sich birgt, die sich demjenigen offenbaren können, der es in der hingebungsvollen Meditation auf sich wirken läßt. Umschrieben ist dieses Siegel mit dem Wahrheitsspruch der modernen Geisteswissenschaft: «Ex deo nascimur, in Christo morimur, per spiritum sanctum reviviscimus», «Aus Gott bin ich geboren; in Christo sterbe ich; durch den Heiligen Geist werde ich wiedergeboren». In diesem Spruch ist ja der Sinn der menschlichen Entwicklung voll angedeutet.“ (Lit.: GA 284, S. 94f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. אֲנִי âni entspricht wohl weitgehend dem niederen Ego und אָנֹ֖כִי, "ânokî" dem eigentlichen göttlichen Ich. Wie in den meisten alten Sprachen wird im Hebräischen das Ich allerdings oft nicht selbstständig angeschrieben, sondern als Präfix oder Suffix zur grammatikalischen Kennzeichnung der 1. Person dem Verb hinzugefügt. âni ist der Ursprung für das Präfix Aleph, das dem Verb vorangestellt wird, um anzudeuten, dass ich dabei der Tätige bin; das ebenfall von âni abgeleitete Suffix ni zeigt an, dass ich der passive Gegenstand des Geschehens bin, etwa in dem auf die Psalmen bezüglichen Christus-Wort am Kreuz: hebr. אֵלִ֣י אֵ֭לִי לָמָ֣ה עֲזַבְתָּ֑נִי (Ps 22,1 LUT) griech. ἐλώι ἐλώι λεμὰ σαβαχθανί , "Eloi, Eloi, lema sabachthani" (Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen) (Mt 27,46 EU). Signifikant ist auch das Aleph-Präfix in dem Gottesnamen, den Moses aus dem brennenden Dornbusch vernimmt: אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה , "ähejäh 'aschär 'ähejäh" (Ich bin der Ich-bin) (2 Mos 3,14 ELB); הְיֶ֖ה , "hejäh" bezeichnet das Sein schlechthin und wird durch das Aleph-Präfix zum Ich-Sein. [1]
  2. vgl. Strong's Concordance „Ithiel“
  3. 3,0 3,1 Meister Eckhart: Predigt von der Jungfrau die ein Weib war; vgl. dazu auch: Intravit Iesus in quoddam castellum auf www.eckhart.de
  4. Meister Eckhart: Von der Stadt der Seele. In: Zeno.org., auch als pdf
  5. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophische Schriften, Erster Band, S. 165; vgl. auch den Brief von Rudolf Steiner an Josef Köck vom 13. Januar 1881 (Lit.: GA 38, S. 13)
  6. Alfons Petzold: Pfad aus der Dämmerung, Wien 1947
  7. Emil Bock: Das vollständige Zitat lautet: „Wer überwindet und das Wirken aus meiner Kraft treu weiterpflegt, bis das Ziel erreicht ist, dem will ich eine Vollmacht des Ich geben, die über allem Volkswesen steht, und er wird ein Hirte der Völker sein mit dem ehernen Stabe. Wie Tongefäße wird er sie zerbrechen können. Die gleiche Vollmacht des Ich soll ihm eigen sein, die ich von meinem Vater empfangen habe. Und ich will ihm den Morgenstern geben. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist zu den Gemeinden spricht!“ (Das neue Testament. Übersetzung in der Originalfassung, Urachhaus, Stuttgart 1998, S. 636, ISBN 3-8251-7221-X)
  8. Johann Gottlieb Fichte: Sämtliche Werke, Band 1, Hrsg von I.H.Fichte, 1845, Fußnote S. 175f., google-view: https://books.google.de/books?hl=de&id=jvITAAAAQAAJ