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Atom

Aus AnthroWiki
(Weitergeleitet von Valenzschale)

Geboren aus dem dunkelsten Alter
Des Aberglaubens ist das alte Glaubensbekenntnis
Dass Materie der Feind des Guten ist,
Verflucht und verhaßt dem Unendlichen;
Denn jedes Atom ist ein lebendiger Gedanke,
Gefallen aus den Meditationen eines Gottes,
Sein Wesen ist die unsterbliche Liebe
Der fleischgewordenen Gottheit; und all
Die innersten Impulse der materiellen Dinge
Sind Mittel für die Pulse seines Willens.

Alfred Russel Wallace: The World of Life (1914)[1]

Atome (von griech. ἄτομος, átomos, „das Unteilbare“) gelten nach dem gegenwärtigen Verständnis der Materie als die kleinsten Bausteine der chemischen Elemente. Dass sie entgegen ihre Bezeichnung, die ihren Ursprung in der griechischen Naturphilosophe der Antike hat, nicht unteilbar sind, zeigt insbesondere das Phänomen der Radioaktivität. Atome können auch zerfallen, wodurch zugleich andere chemische Elemente gebildet werden und energiereiche Strahlung entsteht. Heute geht man davon aus, dass Atome aus einem sehr kleinen, aber massereichen Kern aus Nukleonen (Protonen und Neutronen) und einer vergleichweise leichten, aber viel größeren Hülle aus Elektronen bestehen, die typischerweise einen Durchmesser in der Größenordnung von 10-10 m (= 1 Å = 100 Pikometer) hat.

Nach Rudolf Steiner sind Atome strukturell nicht als materielle Dinge aufzufassen, sondern vielmehr als ideelle Rauminhalte; das Inhaltliche ist das Ergebnis einander begegnender Kräfterichtungen[2]. Kraft wird dabei verstanden als einseitig räumliche (luziferische[3]) Offenbarung des Geistes.

Anders ausgedrückt: Atome sind, wie auch die moderne Quantentheorie bestätigt, keine materiellen Objekte, sondern eher regulativ wirkende Ideen - nämlich die Summe aller physikalischen Gesetzmäßigkeiten, denen die Naturkräfte gehorchen, die den geordneten Zusammenhang aller wahrnehmbaren bzw. messbaren Erscheinungen im Bereich der kleinsten räumlich fassbaren Einheiten eines spezifischen chemischen Elementes - indeterministisch - regeln. Solche messbaren Erscheinungen bzw. Eigenschaften sind etwa die Atommasse, die chemische Wertigkeit, die Elektronegativität oder das für das jeweilige Element typische Atomspektrum.

„Das Atom ist ein Begriff menschlicher Handlungsmöglichkeiten. Vermutlich gibt es Atome nur für uns. Vielleicht auch nur für uns Physiker am Ende des zweiten Jahrtausends der christlichen Aera.“

Carl Friedrich von Weizsäcker: Der Mensch in seiner Geschichte, S. 102

Die Geschichte der Atomtheorie im Überblick

Die philosophische Grundlage

Eine Hand voll Reis - zur Atomlehre des Kaṇāda.
Demokrit, Kupferstich nach antiker Büste, 18. Jahrhundert
Verschiedene Atome und Moleküle, wie sie in A New System of Chemical Philosophy (1808) von John Dalton abgebildet sind.
Pyrit
Rudjer Josip Bošković, Gemälde von R. Edge Pine, 1760
Fig. 8-1 aus Rugjer Josip Bošković: Theoria philosophiae naturalis redacta ad unicam legem virium in natura existentium, 2. Auflage Venedig 1763
John Dalton, Porträt von Thomas Phillips, 1835
Ölfleckversuch zur Abschätzung der Atom- bzw. Molekülgröße:
Eine kleine Menge Ölsäure wird in Petrolether oder Leichtbenzin aufgelöst und ein Tropfen davon auf die mit Bärlappsporen bedeckte Wasseroberfläche aufgebracht. Das Lösungsmittel verdunstet sehr rasch und der sich ausbreitende Ölfilm verdrängt die Bärlappsporen, sodass die Größe des entstandenen Flecks leicht bestimmt werden kann. Unter der realistischen Annahme, dass sich eine monomolekulare Ölschicht bildet, ergibt sich eine Molekülgröße von etwa 10-10 m.
Josef Loschmidt

Die ersten philosophischen Ansätze des Atomismus bzw. der Atomistik wurden schon kurz nach Beginn der griechisch-lateinischen Zeit, dem Zeitalter der Verstandes- oder Gemütsseele, entwickelt.

Den Gegensatz zum Atomismus bildet das heute als Holismus bezeichnete ganzheitliche Denken, das schon Aristoteles in den Satz von der Übersummativität fasste, wonach das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile:

„Das was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet, ist nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe, das ist offenbar mehr als bloss die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a, und Fleisch ist nicht dasselbe wie Feuer plus Erde.“

Aristoteles: Metaphysik, Buch 8.6. 1045a: 8-10.

Indien

Das erste Atomkonzept der indischen Philosophie geht auf den indischen Weisen Kaṇāda (Sanskrit: कणाद; Korn-Esser) zurück, der vermutlich im 2. Jahrhundert v. Chr., vielleicht auch schon im 6. Jahrhundert v. Chr. [4] [5] [6] lebte und der Begründer der indisch-philosphischen Vaisheshika-Schule war. Nach Kaṇāda gibt es 4 Atomarten mit jeweils ganz charakteristischen Eigenschaften, die den 4 physischen Elemementen Erde (prithivi), Wasser (apa), Feuer (teja) und Luft (vayu) entsprechen. Darüber hinaus nennt Kaṇāda noch als fünftes Element den Äther (akasha), der aber nicht mehr materiell, sondern Träger des Tons (shabda), also des Klangäthers, ist. Alle Atome eines bestimmten Elements gleichen einander dabei aufs Haar. Diese kleinsten dinghaften, noch räumlich fassbaren Einheiten der Materie nannte Kaṇāda Anu (im Sanskrit eine gebräuchliche Vorsilbe mit vielschichtiger Bedeutung [7]: nach, nahe, unter, untergeordnet, immer, leicht, ...; seit Kaṇāda auch im Sinne von Atom gebraucht, als das, was der sichtbaren Materie zugrundeliegt). Kaṇāda geht aber noch weiter, denn eigentlich sind nicht die räumlich fassbaren Anus die kleinsten Einheiten, sondern die sogenannten Paramanus (zusammengesetzt aus param und anu - was soviel bedeutet wie: jenseits des Atoms). Sie entstanden am Anfang der Schöpfung als gestaltlose, punktförmige, nicht-räumliche Ureinheiten. Daraus bildeten sich zunächst Dyaden (dwinuka) aus zwei paramanus oder Tetraden (Chaturanuka) aus 2 Dwinukas oder vier Paramanus - und damit traten erst die räumlich fassbaren anus hervor. Die sind immer noch zu klein, um gesehen werden zu können, aber indem sie sich weiter zu noch größeren Gebilden zusammenlagern, treten sie schließlich in die Sichtbarkeit. Kaṇāda steht damit bereits erstaunlich nahe der modernen physikalischen Atomlehre, nach der alle Materie letztlich aus punktförmig gedachten, nicht dinghaften Elementarteilchen (Leptonen und Quarks) besteht.

Etwa zur selben Zeit bildete Pakudha Katyayana, über dessen Leben kaum etwas bekannt ist, seine atomistische Lehre (skrt. Anuvada) aus, nach der der Mensch aus sieben unzerstörbaren, unveränderlichen, ewig gleich bleibenden Elementen besteht, die eben darum auch unteilbar und in diesem Sinn Atome sind und auch nach dem Tod des Menschen fortbestehen. Die vier grundlegenden Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer bilden dabei den Körper, darüber steht die höhere Dreiheit von Freude, Schmerz und Seele. Katyayana leugnete also keineswegs die Existenz der Seele, war aber entgegen den Grundlehren des Brahmanismus überzeugt, dass diese durch die Handlungen des Körpers, da sie ja unveränderlich sei, in keiner Weise berührt wird. Damit hätten aber auch gute und schlechte Taten keinerlei Einfluss auf ihr künftiges Schicksal. Katyayana wies darum auch die Karma-Lehre entschieden zurück.

Griechenland und Rom

Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde unabhängig davon im antiken Griechenland eine anfängliche Atomvorstellung von dem Philosophen Leukipp formuliert und von seinem Schüler Demokrit systematisch weiterentwickelt. Demokrit führte auch den Begriff átomos für die seiner Ansicht nach "unzerschneidbaren" Grundbausteine der Welt ein, wobei er sich die Atome selbst als regelmäßig geformte geometrische Körper vorstellte, durch deren Bewegung alle Welterscheinungen zustande kommen sollten. Die Seele erschien ihm dabei als zusammengesetzt aus den feinsten kugelförmigen Atomen.

„Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.“

Demokrit: [8]

Worauf schon Aristoteles kritisch bemerkte:

„Die Frage nach der Bewegung aber, woher und wo sie an die Dinge kommt, haben auch sie, ganz ähnlich wie die anderen, ohne sich über sie den Kopf zu zerbrechen, beiseite liegen lassen.“

Aristoteles: [9]

Epikur baute die Atomlehre im 4. Jahrhundert v. Chr. bereits auf rein materialistischer Basis weiter aus. Im 1. Jahrhundert wurde sie in dieser Form dann von dem römischen Philosophen Lukrez aufgegriffen. Lukrez war davon überzeugt, dass die menschliche Seele vergänglich sei und die Götter keine Möglichkeit hätten, in das menschliche Leben einzugreifen; dadurch erst könne der Mensch wahre Gemütsruhe im Sinne Epikurs entwickeln und die Furcht vor dem Tod und vor den Göttern überwinden.

Mittelalter

Im Mittelalter geriet die Atomlehre weitgehend in Vergessenheit und spielte auch noch darüber hinaus bei den Alchemisten keine wesentliche Rolle.

Neuzeit

Erst mit dem Beginn des Bewusstseinsseelenzeitalters und dem damit verbundenen zunehmenden Verlust des ganzheitlichen Denkens wurde der Atomismus allmählich zur führenden Weltanschauung.

„So bis ins 13., 14. Jahrhundert herein legte man gar keinen so großen Wert darauf, im menschlichen Denken ein Ganzes aus seinen Teilen zusammenzusetzen. Das kam erst später auf. Der Baumeister baute viel mehr aus der Idee des Ganzen heraus und gliederte in die Teile, als daß er aus Teilen ein Gebäude zusammengesetzt hätte. Das Zusammensetzen aus Teilen kam eigentlich erst später in die Menschheitszivilisation hinein. Und das hat dann dazu geführt, daß die Menschen überhaupt angefangen haben, alles aus kleinsten Teilen sich zusammengesetzt zu denken. Daraus kam die atomistische Theorie in der Physik. Die kommt nur aus der Erziehung. Unsere hohen Gelehrten würden gar nicht so sprechen von diesen winzigen kleinen Karikaturen von Dämonen - denn es sind Karikaturen von Dämonen -, von den Atomen, wenn man sich nicht in der Erziehung daran gewöhnt hätte, aus Teilen alles zusammenzusetzen. So ist der Atomismus gekommen. Wir kritisieren heute den Atomismus; aber eigentlich sind die Kritiken ziemlich überflüssig, weil die Menschen nicht loskommen von dem, was sie sich seit vier bis fünf Jahrhunderten angewöhnt haben verkehrt zu denken: Statt von dem Ganzen in die Teile hinein zu denken, von den Teilen auf das Ganze zu denken.“ (Lit.: GA 311, S. 84f)

Atomaufbau

Erste experimentelle Befunde

1661 vertrat der irische Naturforscher Robert Boyle (1626-1691) in seinem epochemachenden Werk The Sceptical Chymist [4] die Meinung, dass die Materie nicht aus den alchemistischen vier Elementen, sondern aus verschiedensten Kombinationen kleinster Teilchen (corpuscules) aufgebaut sei. Er wurde damit zum Wegbereiter des modernen Element- und Atombegriffs.

1758 beschrieb der Jesuit Rugjer Josip Bošković (1711-1787), den Werner Heisenberg als „kroatischen Leibniz“ bezeichnete, in seiner in Wien veröffentlichten «Theoria philosophiae naturalis» die Atome als nicht ausgedehnte unteilbare Massepunkte, zwischen denen, abhängig von ihrer Distanz, rhythmisch wechselnde abstoßende und anziehende Kräfte wirken.

1789 formulierte schließlich Antoine Lavoisier (1743-1794) den Begriff des chemischen Elements[10] und 1803 griff der farbenblinde englische Lehrer und Naturforscher John Dalton (1766-1844) auf das Atomkonzept zurück, um das mittlerweile experimentell von Joseph-Louis Proust (1754-1826) bei chemischen Reaktionen entdeckte Gesetz der konstanten Proportionen zu erklären, wonach chemische Elemente immer in ganz bestimmten Mengenverhältnissen miteinander reagieren, wobei einzelne Elementen oft mehrere unterschiedliche Verbindungen bilden, bei denen sich die relativen Mengen des Elements nach dem von Dalton aufgefundenen Gesetz der multiplen Proportionen nur im Verhältnis kleiner ganzer Zahlen voneinander unterscheiden (z.B. Eisensulfid FeS und Pyrit FeS2). Dalton ging dabei davon aus, dass jedes Element aus einer Vielzahl vollkommen identischer Atome gleicher Masse besteht, für die er den Begriff des Atomgewichts einführte. Als Bezugspunkt wählte er den Wasserstoff, dem er willkürlich den Wert 1 zuwies.

Etwa um diese Zeit unterschied Goethe zwischen einer dynamischen und einer atomistischen Vorstellungsart:

„Zweierlei Vorstellungsarten: dynamisch und atomisch [...] Aus verschiedenen Vorstellungsarten entsteht ein neues Resultat; jeder hat die seine; jeder neigt mehr zu der einen oder der anderen herüber. Lukrez, Epikur bekannten sich zu der Vorstellungsart, die wir die atomistische oder chemische nennen möchten; in den realen Stoffen der Materie suchten sie Entstehung und Ordnung durch Hilfe des Zufalls. Andere suchten es in einer unsichtbaren höheren Gewalt, in anregenden Kräften.“

Goethe: Gespräche 1805/1806: Aus den naturwissenschaftlichen Vorträgen für Damen (240) [5]

Noch hatte man aber keine genaue Vorstellung von der tatsächlichen Größe der Atome und der Anzahl der Teilchen in einem gegebenen Gasvolumen. Eine erste grobe Abschätzung hatte bereits 1646 der französische Arzt Johann Chrysostom Magnenus, der in Italien wirkte, versucht. Er bestimmte die Anzahl der noch ganz im demokritschen Sinn gedachten „Atome“ in einem Weihrauchkorn, indem er dieses in einer leeren Kirche verbrannte. Er vertraute dabei auf seinen Geruchsinn und ging davon aus, dass zumindest ein „Atom“ des Weihrauchs in seine Nasenhöhle eintreten müsste, um eine entsprechende Geruchsempfindung auszulösen. Unter der Annahme, dass sich der Weihrauch aus dem winzigen Körnchen gleichmäßig in der Kirche verteilte, schloss er aus dem Verhältnis des Volumens der ganzen Kirche zum Volumen seiner Nasenhöhle auf die Zahl der Atome in dem Körnchen. So kam er zu dem Ergebnis, dass sich in einem erbsengroßen Weihrauchkorn zumindest 777.600.000.000.000.000 (also knapp 1018) Atome befinden müssten.[11][12][13][14]

1811 leitete Amedeo Avogadro (1776-1856) aus dem von Gay Lussac gefundenen Gesetz, das besagt, dass das Volumen idealer Gase bei gleichbleibendem Druck und gleichbleibender Stoffmenge direkt proportional zur Temperatur ist (d.h. V/T = const), ab, dass in einem gleichen Gasvolumen bei gleichem Druck und gleicher Temperatur auch gleich viele Gasteilchen enthalten sein müssen (Avogadrosches Gesetz). Avogadro unterschied dabei zwischen Atomen (molécules élémentaires) und Molekülen (molécules intégrantes) und vermutete, dass die chemischen Elemente in der Gasphase nicht als einzelne Atome, sondern als zweiatomige Moleküle vorliegen. Seine Ansichten gerieten aber für längere Zeit in Vergessenheit. Erst seinem Schüler Stanislao Cannizzaro (1826-1910) gelang der Nachweis, dass Wasserstoff im Gaszustand als H2-Molekül vorliegt. Das gilt analog auch für andere elementare Gase wie Stickstoff (N2) oder Sauerstoff (O2). Nur die erst später erforschten Edelgase sind atomare Gase. Mit dieser Entdeckung konnte die Tabelle der Atomgewichte, die bislang für viel Verwirrung gesorgt hatte, auf konsistente Werte korrigiert werden.

Erst 1866 gelang es dem Wiener Physiklehrer Johann Josef Loschmidt (1821-1895), die Größe der Luftmolecüle genauer zu bestimmen. Er stützte sich dabei auf die von James Clerk Maxwell aus der kinetischen Gastheorie abgeleitete Formel, in die er die von George Gabriel Stokes gemessenen Werte für die innere Reibung der Luft einsetzte.[15] Daraus ergab sich für ideale Gase die Anzahl der Teilchen pro Volumseinheit die später nach ihm benannte Loschmidt-Konstante zu NL = 2,686 7805 (24) · 1025 m−3. Seine Ergebnisse für die Teilchengröße lagen bereits im richtigen Bereich von 0,1 bis 1 nm.

Die Größe von Atomen und Molekülen lässt sich auf einfache und anschauliche Art auch durch den sogenannten Ölfleckversuch näherungsweise abschätzen. Benjamin Franklin (1706–1790) berichtete 1774 von einem solchen Versuch, den er auf dem Mount Pond in Clapham Common durchgeführt hatte. Er goss einen Teelöffel Öl auf die glatte Oberfläche des Sees und stellte fest, das sich das Öl ziemlich rasch auf eine Fläche von einem halben Acre, also auf ca. 2000 m² ausbreitete (1 Acre ≈ 4046,9 m²).[16][17] Unter der plausiblen Annahme, dass die Dicke des Ölfilms der Größe der Ölmoleküle entspricht, kommt man auf eine durchaus realistische Molekülgröße von etwa 0,1 nm. Franklin und seine Zeitgenossen zogen diesen Schluss allerdings noch nicht. Dass es sich tatsächlich um eine monomolekulare Ölschicht handelt lässt sich dadurch zeigen, dass sich bei der doppelten Ölmenge auch die Fläche des Flecks verdoppelt und durch mechanische Manipulationen (z.B. durch kräftiges Pusten) nicht vergrößern lässt. Der Versuch lässt sich auch mit einfachen Mitteln als Schülerversuch nachvollziehen.[18]

Einzelne Atome wurden erstmals mit dem von Erwin Wilhelm Müller entwickelten Feldionenmikroskop sichtbar gemacht. Bilder der Atomstruktur von Wolfram wurden 1951 in der Zeitschrift für Physik veröffentlicht.

Atommasse

Schematische Darstellung des Atoms mit Kern und Elektronenhülle (nicht maßstäblich, sonst wäre der untere Pfeil ca. 50 m lang).
Versuchsaufbau des Rutherfordschen Streuversuchs: 1: Radioaktives Radium, 2: Bleimantel zur Abschirmung, 3: Alpha-Teilchenstrahl, 4: Leuchtschirm bzw. Fotografieschirm 5: Goldfolie 6: Punkt, an dem die Strahlen auf die Folie treffen, 7: Teilchenstrahl trifft den Schirm, nur wenige Teilchen werden abgelenkt.
FIM-Bild einer Wolframspitze in <110>-Orientierung bei 11 kV. Die Ringstruktur resultiert aus der Anordnung der Atome in einem krz-Gitter. Einzelne helle Punkte können als die Bilder einzelner Atome interpretiert werden.
Mittels eines Rastertunnelmikroskops erstelltes Bild einer rekonstruierten Goldoberfläche mit atomarer Auflösung.

Atome verfügen über eine messbare Masse, die Atommasse, die wie jede andere Masse in der SI-Einheit Kilogramm (kg) angegeben werden kann. Meist wird für Berechnungen aber nicht diese absolute Atommasse verwendet, sondern die auf die Atomare Masseneinheit u bezogene relative Atommasse, die früher fälschlich auch als Atomgewicht bezeichnet wurde. Die atomare Masseneinheit ist der zwölfte Teil der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C, die in SI-Einheiten 1,660 538 921(73) × 10−27 kg[19] entspricht. Die erste Tabelle mit relativen Atommassen wurde von John Dalton aus Massenverhältnissen bei chemischen Reaktionen abgeleitet und 1805 veröffentlicht, wobei er den Wasserstoff, das leichteste Atom, als Masseneinheit benutzte. Die Atommassen liegen im Bereich von etwa 1,7 · 10−27 kg (Wasserstoff) bis knapp 5 ·10−25 kg bei den bislang nur künstlich hergestellten schwersten chemischen Elementen.

Rudolf Steiner hat allerdings darauf hingewiesen, dass die Atommassen („Atomgewichte“) keine absolut konstanten Größen seien, sondern periodisch um einen Mittelwert schwankten, da Atome keine starren Objekte seien. In einer Fragenbeantwortung nach einem am 13. März 1920 in Stuttgart gehaltenen Vortrag von Eugen Kolisko sagte er:

"Nicht wahr, wir reden von den Atomgewichten dieser Stoffe. Aber diese Atomgewichte gibt es ja in Wirklichkeit gar nicht. Sie haben das Atomgewicht von Blei aufzufinden: 207. Das ist schon richtig, daß das Atomgewicht von Blei 207 ist, aber wenn Sie es suchen, finden Sie eigentlich nicht 207 in Wirklichkeit, sondern Sie finden eigentlich eine Zahl: 207 + x in unbestimmter Weise. Das, was man wirklich findet, das schwankt hin und her, und die Atomgewichtszahl für unsere Elemente ist eigentlich so, daß man sagen kann: Würde man den Zustand, der die Atomgewichtszahl repräsentiert, festhalten wollen, so müßte man hier eine pendelnde Bewegung, nicht einen Punkt zeigen. Und wir dürften das periodische System auch nicht so beschreiben, wie es ist, sondern in Zitterbewegungen müßten wir es haben, in innerer Zitterbewegung. Es ist so, daß wir durchaus nicht sagen können, aus dem Atomgewicht gehe hervor, daß wir es nun wirklich zu tun haben mit festen Elementen. Diese Vorstellung eines starren Atoms - denken Sie, was das bedeutet, was Herr Dr. Kolisko eben gesagt hat: Wasser ist nicht mehr Wasser bei einer bestimmten Temperaturhöhe. Der Atomist von heute ist aber genötigt, Wasserstoff und Sauerstoff, die im Wasser sind, wenn das Wasser nicht mehr da ist, unverändert vorzustellen, wenn er richtig Atome vorstellt. Also man kommt dazu, solch eine Eigenschaft der Materie als das eigentlich Maßgebende zu betrachten: diese Starrheit, die schon da, wo das Element entsteht, nicht vorhanden ist. Das Element ist noch nicht vorhanden, sondern das Element ist etwas, was einem schon aus der Hand fällt, wenn man es fassen will. Denn Atomgewichte strikte festzustellen, ist ein Unding. Es gibt kein Atomgewicht, sondern es gibt Mittelzustände, um die herum das Atomgewicht variiert, und man sage: im Mittelzustand ist das Atomgewicht so und so. Es gibt geradeso wenig Atomgewichte, wie es beim Weizenkorn eine bestimmte Größe gibt. Es gibt natürlich für das Weizenkorn eine mittlere Größe, aber die Größe schwankt hin und her. So ist es auch mit dem Atomgewicht; es ist nur ein Mittelzustand." (Lit.: GA 73a, S. 490)

Atomkern

Durch den von Ernest Rutherford (1871-1937) und seinen Mitarbeiter von 1909 bis 1913 an der University of Manchester durchgeführten Steuversuch kam man zu der Annahme, dass sich der größte Teil der Atommasse in einem winzigen, elektrisch positiv geladenen Atomkern zusammendrängt, der von einer vergleichsweise riesigen Hülle von leichten Elektronen umgeben ist. Zu diesem Zweck bestrahlte man eine hauchdünne Goldfolie mit (positiv geladener) Alphastrahlung und stelle fest, dass der größte Teil der Strahlung die Folie praktisch ungehindert durchdringt. Nur eine geringer Teil der Strahlung wurde von den im Kern konzentrierten positiven Ladungsträgern zurück reflektiert.

1920 postulierte Rutherford auch die Existenz eines elektrisch neutralen Kernbausteins, bei dem es sich möglicherweise um eine Proton-Elektron-Kombination bzw. um eine Art von „kollabiertem Wasserstoffatom“ handeln sollte.[20] Dieses zunächst noch hypothetische Teilchen bezeichnete William Draper Harkins 1921 als Neutron[21]. 1930 wurde das Neutron von Walther Bothe und seinem Studenten Herbert Becker bei der Bestrahlung von Beryllium mit Alphastrahlen auch erstmals experimentell nachgewiesen. Bothe und Becker erkannten allerdings nicht, dass es sich um ein neues Teilchen handelte und beschrieben nur einen ungewöhnlichen Typ von „Gammastrahlung“. Die Entdeckung des Neutrons gelang erst 1932 James Chadwick, der dafür später den Nobelpreis erhielt. Bei der Reaktion von Beryllium mit Alphastrahlung spielt sich folgende Kernreaktion ab:

Der Atomkern besteht somit im Allgemeinen aus Protonen und Neutronen, die zusammen auch als Nukleonen (von lat. nucleus „Kern“) bezeichnet werden. Gemäß dem später entwickelten Standardmodell der Teilchenphysik sind die Nukleonen ihrerseits aus Quarks aufgebaut.

Der Aufbau des Kerns und die in ihm ablaufenden Prozesse können in der Kernphysik durch verschiedene Modelle beschrieben werden. So modelliert etwa das von Carl Friedrich von Weizsäcker 1935 bzw. von Niels Bohr 1936 entworfene Tröpfchenmodell den Kern als kugelförmiges, elektrisch geladenes Flüssigkeitströpfchen. Das 1949 von Eugene Paul Wigner, Maria Goeppert-Mayer, J. Hans D. Jensen präsentierte Schalenmodell beschreibt den Kern in Analogie zu den Elektronenschalen des Atoms. Darüber hinaus gibt es noch weitere Kernmodelle.

Atomradius

Gemäß der Quantenmechanik haben Atome keine definierte Grenze und somit ist auch der Atomradius keine fest gegebene Größe. Diese bestimmt sich vielmehr erst durch die Wechselwirkung zweier oder mehrerer Atome. Je nach Bindungstyp ergeben sich unterschiedliche effektive Größen, die sich aus dem Abstand der Kerne der beteiligten Atome ergeben. In ionischen Verbindungen (z.B. Kochsalz, NaCl) wird den Atomen ein Ionenradius zugeschrieben, in kovalenten Verbindungen (z.B. Methan CH4) ein Kovalenzradius und in Metallen ein Metallradius. Die Atomradien liegen dabei in der Größenordnung von 10-10 m (= 1 Ångström = 100 pm = 0,1 nm). Die Durchmesser der Atomen bewegen sich im Bereich von etwa 6 · 10−11 m (Helium) bis 5 · 10−10 m (Cäsium).

Atomhülle

Vereinfachtes Schalenmodell der Elektronenhülle, das nur die Hauptquantenzahl berücksichtigt. Die K-, L- und M-Schale enthalten jeweils 2, 8 bzw. 18 Elektronen.
Größenverhältnisse der kovalenten Atomradien der Elemente des Periodensystems (maßstabsgerecht). Die Atomradien liegen in der Größenordnung von 10−10 m (= 1 Ångström = 100 pm = 0,1 nm).
Schematische Darstellung verschiedener Atomorbitale
Elektronendichteverteilung in der Hülle des Wasserstoff-Atoms

Aufgrund der geringen Masse der Elektronen ist die Elektronenhülle eines Atoms enstsprechend der 1927 von Werner Heisenberg formulierten Unbestimmtheitsrelation etwa 10.000 bis 150.000 mal größer als der Atomkern. Gemäß der Quantenhypothese unterliegen die Elektronen dem Welle-Teilchen-Dualismus und können daher weder als genau lokalisierbare materielle Teilchen aufgefasst werden, noch kann ihnen eine definierte Bahn um den Atomkern zugeschrieben werden. Vielmehr halten sie sich nur mit einer quantenmechanisch berechenbaren Aufenthaltswahrscheinlichkeit in bestimmten räumlichen Bereichen auf, den Atomorbitalen, deren Form und Ausdehnung durch verschiedene Quantenzahlen bestimmt ist. Experimentell kann die Verteilung der Elektronendichte bei kristallisierbaren Materialien bis zu einem gewissen Grad mittels Röntgenstrukturanalyse bestimmt werden.

Quantenzahlen

Eine Quantenzahl ist eine diskrete Zahl, die verwendet wird, um bestimmte Eigenschaften von Quantensystemen, wie z.B. Elementarteilchen oder Atome, zu beschreiben. Quantenzahlen sind ein grundlegendes Konzept in der Quantenmechanik und der Quantenfeldtheorie und helfen dabei, die möglichen Zustände und Energieniveaus eines Systems zu klassifizieren.

Die Elektronenkonfiguration der Elektronenhülle wird durch vier Quantenzahlen bestimmt:

  • Die Hauptquantenzahl beschreibt das Hauptenergieniveau bzw. die sog. Schale, in der sich das Elektron aufhält. Die Schalen werden, mit der dem Kern nächsten Schale beginnend, in alphabetischer Reighenfolge mit den Buchstaben K, L, M, N usw. bezeichnet. Sie enthalten jeweils maximal 2n2 = 2, 8, 18, 32 ... Elektronen.
  • Die Nebenquantenzahl oder Drehimpulsquantenzahl charakterisiert die Symmetrie der sog. Atomorbitale, in denen sich die Elektronen aufhalten. Da es sich bei der Elektronenbewegung im Prinzip um Schwingungsvorgänge bzw. um stehende Wellen handelt, die mathematisch durch die Schrödingergleichung beschrieben werden, ähneln sie nicht zufällig den Chladnischen Klangfiguren. Die Orbitale werden dabei üblicherweise mit folgenden Buchstaben bezeichnet, die historisch aus der Spektroskopie übernommen wurden:
    • s für (ursprünglich für ‚scharf‘, z. B. „s-Zustand“) - kugelsymmetrisch
    • p für (ursprünglich für engl. ‚principal‘, ‚Haupt‘-Zustand) - hantelförmig
    • d für (ursprünglich für ‚diffus‘) - gekreuzte Doppelhantel
    • f für (ursprünglich für ‚fundamental‘) - rosettenförmig
    • g für (alphabetische Fortsetzung) - rosettenförmig
    • h für (alphabetische Fortsetzung) - rosettenförmig
  • Die magnetische Quantenzahl oder Richtungsquantenzahl bestimmt die räumliche Orientierung der Orbitale.
  • Die Spinquantenzahl kann für Elektronen nur die Werte und annehmen und charakterisiert den abstrakt-formalen Eigendrehimpuls, den Spin, des Elektrons.

Die Konfiguration der äußersten Elektronenschale, der sogenannten Valenzschale, welche die Valenzelektronen (auch: Außenelektronen) enthält, bestimmt die chemischen Eigenschaften und den Platz im Periodensystem der chemischen Elemente.

Pauli-Prinzip

Nach dem 1925 von Wolfgang Pauli formulierten und für alle Fermionen gültigen Pauli-Prinzip (auch Pauli-Verbot oder Paulisches Ausschließungsprinzip) dürfen dabei die Elektronen der Hülle nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen. Jedes Atomorbital kann daher von maximal zwei Elektronen besetzt werden, die sich durch ihren Spin unterscheiden. Die Elektronen können sich daher nicht im untersten, energieärmsten Atomorbital zusammendrängen, sondern müssen sich auch auf höhere, ausgedehntere und energiereichere Orbitale verteilen und bedingen dadurch die relativ große Ausdehnung der Elektronenhülle, die oben schon durch die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation gerechtfertigt wurde. Das Pauli-Prinzip folgt aus der Tatsache, dass die Elektronen - wie alle gleichartigen Quantenobjekte - prinzipiell ununterscheidbar sind, was nochmals verdeutlicht, dass Elektronen nicht als materielle, sondern als ideelle „Objekte“, also als Ideen aufzufassen sind, die das Auftreten bestimmter messbarer Eigenschaften („Observablen“) wie z.B. der elektrischen Ladungsdichte gesetzmäßig regeln.

Einzig mögliche Kritik der atomistischen Begriffe

Seine fundamentale Kritik des ihm in sich widersprüchlich erscheinenden Atom-Begriffs hat Rudolf Steiner schon als 21-jähriger Student in seinem Aufsatz «Einzig mögliche Kritik der atomistischen Begriffe» dargestellt:

"Wie auch die Meinungen im einzelnen auseinandergehen mögen, zuletzt kommt doch der Atomismus darauf hinaus, alle sinnlichen Qualitäten als: Ton, Wärme, Licht, Geruch usw., ja, wenn man auf die Art und Weise sieht, wie die mechanische Wärmetheorie das Mariottesche Gesetz ableitet, sogar den Druck als bloßen Schein, bloße Funktion der Atomenwelt anzusehen. Das Atom allein gilt als letzter Wirklichkeitsfaktor. Diesem muß man nun folgerichtig jede sinnliche Qualität absprechen, weil sonst ein Ding aus sich selbst erklärt würde. Man hat zwar, wenn man daran ging, ein atomistisches Weltsystem aufzubauen[22], dem Atome allerlei sinnliche Qualitäten, obwohl nur in ganz spärlicher Abstraktion, beigelegt. Bald betrachtet man dasselbe als ausgedehnt und undurchdringlich, bald als bloßes Kraftzentrum usw. Damit beging man aber die größte Inkonsequenz und zeigte, daß man das Obige, welches ganz klar zeigt, daß überhaupt gar keine sinnlichen Merkmale dem Atome beigelegt werden dürfen, nicht bedacht hat. Die Atome müssen eine der sinnlichen Erfahrung unzugängliche Existenz haben. Andrerseits sollen aber auch sie selbst und auch die in der Atomwelt vor sich gehenden Prozesse, speziell Bewegungen, nichts bloß Begriffliches sein. Der Begriff ist ja bloß Allgemeines, das ohne räumliches Dasein ist. Das Atom soll aber, wenn auch nicht selbst räumlich, doch im Raume da sein, doch etwas Besonderes darstellen. Es soll in seinem Begriffe noch nicht erschöpft sein, sondern über denselben hinaus eine Form der Existenz im Raume haben. Damit ist in den Begriff des Atomes eine Eigenschaft aufgenommen, die ihn vernichtet. Es soll analog den Gegenständen der äußeren Wahrnehmung existieren, doch nicht wahrgenommen werden können. In seinem Begriffe ist die Anschaulichkeit zugleich bejaht und verneint.

Außerdem kündigt sich das Atom sofort als ein bloßes Produkt der Spekulation an. Wenn man von den vorhin erwähnten, demselben ganz ungerechtfertigterweise beigelegten sinnlichen Qualitäten absieht, so bleibt für dasselbe nichts mehr übrig als das bloße «Etwas», das natürlich unveränderlich ist, weil an ihm nichts ist, also auch nichts zerstört werden kann. Der Gedanke des bloßen Seins, der in den Raum versetzt wird, ein bloßer Gedankenpunkt, im Grunde nur das beliebig vervielfachte Kantische «Ding an sich» tritt uns entgegen.

Man könnte dagegen etwa einwenden, daß es denn doch ganz gleichgültig sei, was unter Atom verstanden wird, man solle den Naturhistoriker ruhig damit operieren lassen - denn zu vielen Aufgaben der mathematischen Physik sind ja atomistische Vorstellungen doch vom Vorteile - ; der Philosoph wisse ja schließlich doch, daß man es nicht mit einer räumlichen Realität zu tun hat, sondern mit einer Abstraktion gleich andern mathematischen Vorstellungen. Gegen die Annahme des Atomes in dieser Hinsicht sich zu wenden, wäre allerdings verfehlt. Aber darum handelt es sich nicht. Es ist den Philosophen um jenen Atomismus zu tun, dem Atom und Kausalität[23] die einzig möglichen Triebfedern der Welt sind, der entweder alles nicht Mechanische leugnet oder doch als über unser Erkenntnisvermögen hinausgehend für unerklärlich hält[24]. Es ist ein anderes, das Atom als bloßen Gedankenpunkt anzusehen, ein anderes, darinnen das Grundprinzip alles Daseins sehen zu wollen. Der erstere Standpunkt geht mit demselben nie über die mechanische Natur hinaus, der zweite hält alles für eine mechanische Funktion. Wer von der Unschädlichkeit der atomistischen Vorstellungen sprechen wollte, dem könnte man ruhig die Konsequenzen, welche aus denselben gezogen worden sind, vorhalten, um ihn zu widerlegen. Es sind vorzüglich zwei notwendige Konsequenzen: erstens, daß das Prädikat der ursprünglichen Existenz an weiter ganz unbestimmte, gegeneinander schlechthin gleichgültige geistlose Einzelsubstanzen verschwendet wird, in deren Wechselwirkung nur mechanische Notwendigkeit herrscht, so daß die ganze übrige Erscheinungswelt als leerer Dunst derselben besteht und dem bloßenZufall das Entstehen verdankt; zweitens ergeben sich daraus unüberschreitbare Grenzen unseres Erkennens. Für den menschlichen Verstand ist, wie wir gezeigt haben, der Begriff des Atomes etwas ganz Leeres, das bloße «Etwas». Da aber mit diesem Inhalte die Atomisten sich nicht zufrieden geben können, sondern einen tatsächlichen Gehalt verlangen, diesen aber so bestimmen, wie er nirgends gegeben werden kann, so müssen sie die Unerkennbarkeit des eigentlichen Wesens des Atomes proklamieren.

Bezüglich der anderen Grenze des Wissens ist folgendes zu bemerken. Wenn man das Denken auch als eine Funktion der Wechselwirkung gleichgültig gegeneinander bleibender Atomkomplexe ansieht, so ist durchaus nicht zu verwundern, warum der Zusammenhang zwischen Bewegung der Atome einer-, Denken und Empfindung andrerseits nicht zu begreifen ist[25], welches der Atomismus daher als eine Grenze unserer Erkenntnis ansieht. Allein zu begreifen ist nur da etwas, wo ein begrifflicher Übergang besteht. Wenn man aber vorher die Begriffe so begrenzt, daß in der Sphäre des einen sich nichts findet, was den Übergang in die Sphäre des andern ermöglichen würde, so ist das Begreifen von vorneherein ausgeschlossen. Außerdem müßte dieser Übergang ja nicht bloß spekulativer Natur, sondern er müßte ein realer Prozeß sein, sich also demonstrieren lassen. Dies wird aber wieder durch die Unsinnlichkeit der atomistischen Bewegung verhindert. Mit dem Aufgeben des Atombegriffes fallen diese Spekulationen über die Grenze unseres Wissens von selbst weg. Man muß sich vor nichts mehr als solchen Grenzbestimmungen hüten, denn jenseits der Grenze ist dann für alles mögliche Platz. Der vernunftwidrigste Spiritismus ebensosehr wie das unsinnigste Dogma könnte sich hinter solchen Annahmen verstecken. Dieselben sind in jedem einzelnen Falle ganz leicht zu widerlegen, indem man zeigt, daß immer der Fehler zugrunde liegt, eine bloße Abstraktion für mehr anzusehen als sie ist, oder bloß relative Begriffe für absolute zu halten und ähnliche Irrtümer. Eine große Anzahl falscher Vorstellungen ist namentlich durch die unrichtigen Begriffe von Raum und Zeit in Umlauf gekommen[26]." (Lit.: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 63, S. 7ff)

Verfehlt schien Steiner dabei auch, Raum und Zeit als von den sinnlichen Dingen und Prozessen abgesonderte Entitäten zu betrachten:

„Der Raum, abgesehen von den Dingen der Sinnenwelt, ist ein Unding. Wie der Raum nur etwas an den Gegenständen, so ist auch die Zeit nur an und mit den Prozessen der Sinnenwelt gegeben. Sie ist denselben immanent. An sich sind beide bloße Abstraktionen. Konkrete Gebilde der Sinnenwelt sind nur die sinnlichen Dinge und Prozesse. Sie stellen Begriffe und Gesetze in Form äußeren Daseins vor. Daher müssen sie in ihrer einfachsten Form Grundpfeiler der empirischen Naturlehre sein. Die einfache sinnliche Qualität und nicht das Atom, die Grundtatsache und nicht die hinterempirische Bewegung sind die Elemente derselben. Damit ist ihr eine Richtung gegeben, welche die einzig mögliche ist. Wenn man sich darauf stützt, wird man gar nicht versucht werden, von Grenzen des Erkennens zu sprechen, weil man es nicht mit Dingen zu tun hat, denen man willkürliche negative Merkmale wie übersinnlich und dergleichen beilegt, sondern mit wirklich gegebenen konkreten Gegenständen.“ (Lit.: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 63, S. 10)

Die Atomistik und ihre Widerlegung

Rudolf Steiner (1861-1925)

In dem 1890 geschriebenen Aufsatz «Die Atomistik und ihre Widerlegung» hat sich Rudolf Steiner noch schärfer gegen die Auffassung gewendet, dass die Atome real existierende Objekte seien, wohingegen die unmittelbar erlebbaren Sinnesqualitäten bloß subjektive Erscheinungen wären: In Wahrheit wäre es genau umgekehrt.

"Wir sehen also, worauf diese ganze Lehre hinaus will. Alles, was wir in der Welt mit den Sinnen wahrnehmen: Farben, Töne usw. soll nicht wirklich existieren, sondern nur in unserem Gehirne auftreten, wenn in der Außenwelt bestimmte schwingende Bewegungsformen vorhanden sind. Wenn ich Hitze wahrnehme, so ist dies nur deshalb, weil der Äther um mich herum in Bewegung ist und die Atheratome an meine Hautnerven anschlagen; wenn ich Licht empfinde, weil dieselben Ätheratome an meinen Sehnerven herankommen usw.

Daher sagt der moderne Physiker: Es gibt in Wirklichkeit nichts als schwingende, sich bewegende Atome; alles übrige ist nur ein Geschöpf meines Gehirnes, das sich dieses bildet, wenn es von der Bewegung in der Außenwelt berührt wird [...]

Die Sache hat aber eine noch viel bedenklichere Seite. Wenn es in der wirklichen Welt überhaupt nichts gibt als schwingende Atome, dann kann es auch keine wahrhaft objektiven Ideen und Ideale geben. Denn wenn ich eine Idee fasse, so kann ich mich fragen: was bedeutet diese Idee außer meinem Bewußtsein. Nichts weiter als eine Bewegung meiner Hirnmoleküle. Weil meine Hirnmoleküle in diesem Momente so und so schwingen, gaukelt mir mein Gehirn irgend eine Idee vor. Alles Wirkliche in der Welt wäre Bewegung, das andere leerer Dunst, Erzeugnis dieser Bewegung [...]

Der Fehler, der den Schlüssen dieser Naturwissenschaft zu Grunde liegt, ist so einfach, daß man in der Tat nicht begreifen kann, wie die ganze gelehrte Welt der Gegenwart in diesen grenzenlosen Irrtum verfallen konnte.

Wir können durch ein einfaches Beispiel die Sache klar machen. Nehmen wir einmal an, jemand gibt in dem Orte A ein Telegramm an mich auf. Wenn mir das Telegramm überbracht wird, habe ich nichts vor mir als Papier und Schriftzeichen. Indem ich diese Dinge mir aber gegenüberhalte und zu lesen verstehe, erfahre ich wesentlich mehr, als was Papier und Schriftzeichen sind, nämlich einen ganz bestimmten Gedankeninhalt. Kann ich nun sagen: ich habe diesen Gedankeninhalt erst in meinem Gehirne erzeugt, und das einzig Wirkliche seien nur Papier und Schriftzeichen? Gewiß nicht. Denn der Inhalt, den ich jetzt in mir habe, ist genau ebenso auch im Orte A enthalten. Dieses Beispiel ist sogar das treffendste, das man wählen kann. Denn es ist doch auf sichtbare Weise nicht das Allergeringste von A herüber zu mir gekommen. Wer wollte behaupten, daß die Telegraphendrähte wirklich die Gedanken von einem Orte zum andern tragen? Genau ebenso ist es mit unseren Sinnesempfindungen. Wenn eine Reihe von Ätherteilchen, die in einer Sekunde 589 billionenmal hin- und herschwingen, an mein Auge kommen und den Sehnerv erregen, so tritt bei mir allerdings z. B. die Empfindung des Grün auf. Aber die Ätherwellen sind, wie oben beim Telegramm Papier und Schriftzeichen, nur die Träger des Grün, das an dem Körper wirklich ist. Der Vermittler ist ja doch nicht das Wirkliche der Sache. So wie beim Telegramm Draht und Elektrizität, so wird hier der schwingende Äther als Vermittler benützt. Man darf aber deshalb, weil wir durch und vermittelst des schwingenden Äthers das Grün erfassen, nicht sagen: Grün sei einfach dasselbe wie der schwingende Äther.

Diese grobe Verwechslung von Vermittler und Inhalt, der vermittelt wird, liegt der ganzen modernen Naturwissenschaft zu Grunde.

Man muß annehmen, das Grün sei eine Eigenschaft der Körper; dieses Grün errege eine schwingende Bewegung von 589 Billionen Schwingungen in der Sekunde, diese Bewegung kommt an den Sehnerv und dieser sei so eingerichtet, daß er weiß: wenn 589 Billionen Schwingungen ankommen, dann können diese nur von einer grünen Fläche ausgegangen sein. Ebenso ist es mit allen unsern andern Vorstellungen beschaffen. Wenn ich einen bestimmten Gedanken, Idee, Ideal habe, so muß derselbe natürlich auch auf reale Weise in unserem Gehirne gegenwärtig sein. Dies ist nur so möglich, daß die Gehirnteile in einer bestimmten Weise sich bewegen. Denn ein im Raume ausgedehntes Wesen kann keine anderen Veränderungen als Bewegungen erleiden. Aber es wäre eine arge Verwechslung von dem Inhalte der Idee und der Art, wie sie im Körper auftritt, wenn man sagen wollte: die Bewegung selbst sei die Idee. Nein, die Bewegung bietet nur die Möglichkeit, daß die Idee Gestalt, räumliches Dasein, gewinnt.

Wir können aber die Sache noch von einer ganz anderen Seite anfassen. Es gibt für uns Menschen überhaupt nichts, worinnen wir so ganz gegenwärtig sind, wie unsere Ideen, Ideale und Vorstellungsmassen. In ihnen leben und weben wir. Wenn wir im Dunkeln, in lautloser Stille sind, so daß wir gar keine Sinneseindrücke haben, was ist das, wessen wir uns da ganz und voll bewußt sind? Unsere Gedanken und Ideen. Nach diesen kommt dann alles, was ich durch die Sinne wahrnehme. Dieses habe ich gegeben, wenn ich meine Sinnesorgane der Außenwelt gegenüber offen und empfänglich halte. Außer Ideen, Idealen und Sinneseindrücken ist mir aber nichts gegeben. Alles übrige könnte nur erschlossen, d. h. auf Grund der Sinneseindrücke und Ideen als bestehend angenommen werden.

Darf ich eine solche Annahme in bezug auf bewegte Atome machen? Wenn Bewegung stattfindet, so muß doch etwas da sein, welches sich bewegt. Woher kenne ich die Bewegung? Doch nur daher, daß ich sehe, daß die Körper ihren Ort im Raume verändern. Was aber sich da vor mir bewegt, das sind Körper mit allen Eigenschaften von Farbe usw, Was will also der Physiker erklären? Sagen wir die Farbe. Er sagt: sie sei Bewegung. Was bewegt sich? Ein farbloser Körper. Oder er will die Wärme erklären. Er sagt wieder: sie ist Bewegung usf. Was bewegt sich? Ein wärmeloser Körper. Kurz: wenn wir alle Eigenschaften der Körper durch Bewegung erklären, so müssen wir zuletzt doch annehmen, daß jenes, was sich bewegt, keine Eigenschaften habe. Denn alle Eigenschaften entstehen ja erst aus der Bewegung.

Wir rekapitulieren: Der Physiker erklärt alle durch die Sinne wahrzunehmenden Eigenschaften durch Bewegung. Was sich bewegt, kann somit noch keine Eigenschaften haben. Was aber keine Eigenschaften hat, kann sich überhaupt nicht bewegen. Folglich ist das Atom, das die Physiker annehmen wollen, ein Ding, das vor der scharfen Beurteilung in Nichts zerfließt.

Die ganze Erklärungsweise zerfällt damit. Wir müssen den Farben sowie der Wärme, den Tönen usw. geradeso eine objektive Existenz zuschreiben wie der Bewegung. Damit haben wir die Physiker widerlegt und die objektive Realität der Erscheinungs- und Ideenwelt nachgewiesen." (Lit.: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 063, S. 15ff)

Atome als Gedankenbilder - der materialistische Aberglaube

„Die Ursachen, welche die Physiker und Chemiker zu den Erscheinungen hinzudenken, sind aber nichts anderes als Gedankenbilder. Denn bewegte Atome, Molekulatkräfte usw. sind Vorstellungen, welche aus der gewöhnlichen Sinnenwelt entlehnt und in eine nicht sinnlieh wahrnehmbare Welt hineingedichtet sind. Wenn der Physiker an solche Erdichtungen glaubt als an wahre Wirklichkeiten, so huldigt er einem Aberglauben, der in vieler Hinsicht tiefer steht als die Fetischanbetung niederer sogenannter Naturvölker. Unsere gegenwärtige Naturwissenschaft, sofern sie Theorien baut und sich nicht auf die bloße Beobachtung beschränkt, ist voll von Götzendienst und Aberglauben. Nichts weiter als Aberglaube ist die Atomtheorie, wenn sie als mehr genommen wird denn als eine vorläufige, brauchbare Arbeitshypothese.

Der Geheimforscher aber vermag von den sogenannten Naturkräften zu den wirklichen Ursachen der sinnlichen Tatsachen aufzusteigen. Er findet dann, daß elektrische Erscheinungen nichts weiter sind als die Ergebnisse der Handlungen gewisser Wesen, welche in höheren Welten ihr Dasein haben. Wie das Tier einen Tisch sieht, ohne weiter über den Verfertiger des Tisches eine zutreffende Vorstellung sich machen zu können, so hat der auf die Sinnenwelt beschränkte Beobachter die elektrischen Tatsachen vor sich, ohne sich einen rechten Begriff von den höheren Wesenheiten bilden zu können, deren Taten diese Erscheinungen sind. Es entsprechen wirklich den Wärmeerscheinungen gewisse die Wärme erzeugende Wesenheiten. Ebenso gibt es Lichtwesen, von denen die Licht- und Farbenwelt und so weiter geregelt wird. Man kann zur Erkenntnis dieser Wesenheiten nicht durch Spekulation kommen, sondern nur durch Entwickelung eigener höherer Fähigkeiten, welche dann denjenigen der höheren Wesen ähnlich sind, so wie auch das Tier die Natur des Menschen nur begreifen könnte, wenn es sich eben selbst einen menschlichen Verstand aneignete.

Zugeben wird das der Mensch allerdings erst in dem Augenblicke, in dem er sich die Einsicht angeeignet hat, daß eine Höherentwickelung des Menschen möglich ist. Vorher wird er naturgemäß das Sprechen von Licht-, Wärme- und Elektrizitätsgeistern für ein « Zurückfallen in die abergläubischen Vorstellungen der Mythologie» ansehen. Wer aber sich wirkliehe Erkenntnis erwirbt, der muß eben umgekehrt die Atomtheorie usw. gleichstellen mit der Anbetung eines Holz- oder Steinklotzes. Die afrikanischen Neger haben den Götzendienst in der Religion, wir im Abendlande haben den Götzendienst in der materialistischen Wissenschaft. Der Mystiker spottet über den letzteren Götzendienst und Aberglauben sowenig wie über den ersteren, sondern er begreift das eine so wie das andere. Wie gewisse Völker notwendig auf einer Entwickelungsstufe zum Fetischismus kommen mußten, so die europäischen wissenschaftlichen Materialisten zum Atomismus.“ (Lit.: GA 34, S. 383ff)

Materie und Zeit

Die Annahme einer ewigen, unzerstörbaren Materie, wie sie etwa von Isaac Newton postuliert wurde, beruht auf einem verfehlten Zeitbegriff.

"Aber nur einer ganz verfehlten Auffassung des Zeitbegriffes verdankt der Begriff der Materie seine Entstehung. Man glaubt die Welt zum wesenlosen Schein zu verflüchtigen, wenn man der veränderlichen Summe der Geschehnisse nicht ein in der Zeit Beharrendes, ein Unveränderliches untergelegt dächte, das bleibt, während seine Bestimmungen wechseln. Aber die Zeit ist ja nicht ein Gefäß, in dem die Veränderungen sich abspielen; sie ist nicht vor den Dingen und außerhalb derselben da. Die Zeit ist der sinnenfällige Ausdruck für den Umstand, daß die Tatsachen ihrem Inhalte nach voneinander in einer Folge abhängig sind. Nehmen wir an, wir hätten es mit dem wahrzunehmenden Tatsachenkomplex a1 b1 c1 d1 e1 zu tun. Von diesem hängt mit innerer Notwendigkeit der andere Komplex a2 b2 c2 d2 e2 ab; ich sehe den Inhalt dieses letzteren ein, wenn ich ihn ideell aus dem ersteren hervorgehen lasse. Nun nehmen wir an, beide Komplexe treten in die Erscheinung. Denn was wir früher besprochen haben, ist das ganz unzeitliche und unräumliche Wesen dieser Komplexe. Wenn a2 b2 c2 d2 e2 in der Erscheinung auftreten soll, dann muß a1 b1 c1 d1 e1 ebenfalls Erscheinung sein, und zwar so, daß nun a2 b2 c2 d2 e2 auch in seiner Abhängigkeit davon erscheint. D. h. die Erscheinung a1 b1 c1 d1 e1 muß da sein, der Erscheinung a2 b2 c2 d2 e2 Platz machen, worauf diese letztere auftritt. Hier sehen wir, daß die Zeit erst da auftritt, wo das Wesen einer Sache in die Erscheinung tritt. Die Zeit gehört der Erscheinungswelt an. Sie hat mit dem Wesen selbst noch nichts zu tun. Dieses Wesen ist nur ideell zu erfassen. Nur wer diesen Rückgang von der Erscheinung zum Wesen in seinen Gedankengängen nicht vollziehen kann, der hypostasiert die Zeit als ein den Tatsachen Vorhergehendes. Dann braucht er aber ein Dasein, welches die Veränderungen überdauert. Als solches faßt er die unzerstörbare Materie auf. Damit hat er sich ein Ding geschaffen, dem die Zeit nichts anhaben soll, ein in allem Wechsel Beharrendes. Eigentlich aber hat er nur sein Unvermögen gezeigt, von der zeitlichen Erscheinung der Tatsachen zu ihrem Wesen vorzudringen, das mit der Zeit nichts zu tun hat. Kann ich denn von dem Wesen einer Tatsache sagen: es entsteht oder vergeht? Ich kann nur sagen, daß ihr Inhalt einen andern bedingt, und daß dann diese Bedingung als Zeitenfolge erscheint. Das Wesen einer Sache kann nicht zerstört werden; denn es ist außer aller Zeit und bedingt selbst die letztere. Damit haben wir zugleich eine Beleuchtung auf zwei Begriffe geworfen, für die noch wenig Verständnis zu finden ist, auf Wesen und Erscheinung. Wer die Sache in unserer Weise richtig auffaßt, der kann nach einem Beweis von der Unzerstörbarkeit des Wesens einer Sache nicht suchen, weil die Zerstörung den Zeitbegriff in sich schließt, der mit dem Wesen nichts zu tun hat.

Nach diesen Ausführungen können wir sagen: Das sinnenfällige Weltbild ist die Summe sich metamorphosierender Wahrnehmungsinhalte ohne eine zugrunde liegende Materie." (Lit.: GA 1, S. 272ff)

Materie und Sinnesqualitäten

"Das, was vor dreißig Jahren noch ein sicherer Begriff war, wie Äther, Materie, das zerstiebt heute vor den weiteren Forschungen. Und was bleibt uns übrig von dem, was in der Außenwelt an uns herantritt? Das, was wir sehen und hören, Ton, Farbe, Wärme und so weiter: das, was wir wahrnehmen. So gut wir nur können, sollen wir uns aufschwingen zu der Anschauung, daß hinter der Wärme, hinter dem Ton, hinter dem Licht nichts ist von diesem schrecklich brutalen Wirbeln von Atomen, das während der langen Zeit des Materialismus das einzig Wirkliche war. Wirklich ist in diesem Sinne das, was wir sehen, was wir hören, was wir als Wärme empfinden. Und wenn wir hinter die Farbe, hinter den Ton, hinter die Wärme, wie wir sie empfinden, schauen, was finden wir dahinter? Wir finden dahinter, wenn wir den Ton nehmen, solange er in der sinnlichen Welt bleibt, bewegte Luft. Aber wir dürfen nicht hinter die sinnliche Welt gehen mit unseren Spekulationen. Wir müssen in der Sinneswelt stehenbleiben. Ein gewaltiges Wort hat wiederum einer ausgesprochen, der von den Gelehrten nicht für voll genommen wird, der nicht nur Dichter, sondern auch Denker war, das große Wort: «Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre.»

Wenn wir hinter den Ton, hinter das Licht gehen, so finden wir nicht materielle Atome, welche in unsere Netzhaut eintauchen, sie imprägnieren und durch dieses Imprägnieren die Vorstellung der Farbe und des Lichtes hervorbringen. Wenn wir wirklich dahinterschauen, was finden wir da? - Geist! Farbe verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser. Ton verhält sich zum Geist wie Eis zu Wasser. Statt jener phantastischen Welt von durcheinanderwirbelnden Atomen findet der wahre Denker und Geistesforscher hinter dem, was er sieht und hört, Geist, geistige Wirklichkeit, so daß die Frage nach dem Wesen der Materie allen Sinn verliert. Denn wie beantwortet sidi die Frage nach dem Wesen der Materie für den Geistesforscher? Was ist dasjenige, dem Wesen nach, was uns draußen in der Welt umgibt und uns als Materie erscheint? Geist ist es! Und den Geist kennen wir! Wir müssen sein Wesen in uns selbst aufsuchen. Was wir selbst sind in unserem innersten Wesen, das sind alle Dinge draußen in der Welt, nur in anderer Form. Sie sind es in solcher Form, daß man sie von außen ansehen kann, wenn der Geist sich eine Oberfläche gibt. Lassen Sie mich ein Wort aussprechen, das jeder Naturforscher als Tollheit ansehen wird: Wenn der Geist nach außen geht, dann erscheint er als Farbe, als Ton. Nichts anderes ist Farbe und Ton als lauter Geist, ganz dasselbe, was wir in uns selber finden, wenn wir uns richtig verstehen. So ist uns in der Geisteswissenschaft ein jedes Mineral Geist. Das niederste Glied der menschlichen Wesenheit, das, was wir den physischen Leib oder den physischen Körper nennen, ist für uns in seiner wahren Wesenheit nichts anderes als Geist in der Form, in der er eben auch vorhanden ist in der scheinbar leblosen Natur." (Lit.: GA 056, S. 69ff)

"Sobald man ausgeht von atomistischen Vorstellungen, steckt man schon in einem in den Untergang hineinführenden Materialismus darinnen. Zurecht kommt man mit der Wahrnehmungswelt nur, wenn man sie als Phänomen, als Erscheinungswelt auffaßt. Was uns durch die Sinne entgegentritt, ist etwas, worinnen die Materie gar nicht ist. Also die Empfindung müssen wir in uns entwickeln - und wir können sie entwickeln durch die Ergebnisse, die niedergelegt sind in unserer anthroposophischen Literatur -, daß wir, wenn wir hinausschauen durch unsere Augen und den gesamten Sternenhimmel erblicken, die Wolkenkonfiguration erblicken, die Inhalte der drei Reiche, des Mineralischen, Pflanzlichen und Tierischen, aber auch des vierten Reiches, des Menschenreiches erblicken, daß wir in alledem, was wir so wahrnehmungsgemäß an uns herantreten finden, nicht suchen dürfen irgend etwas von Materie. Dahinter steckt keine Materie! Das sind durchaus solche Erscheinungen, solche Phänomene, wie zum Beispiel der Regenbogen selbst, wenn sie auch sonst derber auftreten als dieser Regenbogen. So wie niemand den Regenbogen als irgendeine äußere Realität - als eine wirkliche Brücke meinetwegen, die da gespannt ist in sieben Farben - anschauen soll, sondern als ein Phänomen, als eine Erscheinung, so soll jeder dasjenige, was ihm äußerlieh entgegentritt durch die Sinne, als ein Phänomen, als eine Erscheinung auffassen, wenn es auch noch so derb auftritt. Auch beim Quarzkristall, wenn wir ihn auch greifen können - beim Regenbogen würden wir ja durchgreifen -, wenn auch der Gefühlssinn dabei affiziert ist, so müssen wir doch auch beim Quarzkristall nur sprechen von einem Phänomen; wir dürfen nicht hineinphantasieren irgendeine materielle Realität, gleichgültig wie es sich auch die heute auf Abwegen wandelnde Naturanschauung vorstellt. Also was wir als «materielle» Erscheinungen vorfinden, sind gar keine materiellen Erscheinungen, ist gar keine Materie in Wirklichkeit. Das sind eben nur Erscheinungen; sie sind das, was kommt und geht aus einer andern Wirklichkeit heraus, die wir nicht fassen, wenn wir sie uns nicht geistig denken können. Das ist die eine Empfindung, die wir entwickeln müssen: nicht die Materie in der äußeren Welt zu suchen!

Daher verfehlen das wirkliche Ziel anthroposophischer Entwickelung gerade diejenigen am allermeisten, die die äußere Materialität verachten, die sagen: Ach, das, was man äußerlich wahrnimmt, ist ja nur Materie, darüber muß man sich erheben! - Das ist eben gerade falsch." (Lit.: GA 197, S. 98f)

Der Atombegriff als Ausdruck der Erkenntnisgrenzen des sinnlich-verstandesmäßigen Bewusstseins

Das sinnlich-verstandesmäßige Bewusstsein, das die Grundlage der modernen Naturwissenschaft bildet, stößt notwendig an zwei Erkenntnisgrenzen. Die äußere Grenze ist durch die sinnliche Erscheinung der Welt gezogen, hinter der Immanuel Kant das der Erkenntnis unzugängliche „Ding an sich“ vermutete; die innere Grenze bildet das Gedächtnis, aus dem auch die laut Kant vor aller Erfahrung a priori gegebenen Denknotwendigkeit entspringen. Diese beiden Grenzen sind aber nicht unverrückbar gegeben, sondern bilden die beiden Tore, die in die übersinnliche Welt führen, wozu allerdings eine entsprechende geistige Schulung notwendig ist. Das sinnlich-verstandesmäßige Bewusstsein muss nach außen zu zwangsläufig an ein letztes elementares „Ding an sich“ stoßen - und gerade daraus resultiert der Atombegriff bzw. der des Elementarteilchens im modernen Sinn. Kann man diese Grenze durchstoßen, findet man keine Atome, sondern die leuchtende Geisteswelt, aus der die sinnliche Erscheinungswelt entspringt.

„Man würde richtiger über diese Erkenntnisgrenzen des Menschen sprechen, wenn man vielleicht sagen würde: Der Mensch ist genötigt, indem er die Welt betrachtet, gewisse Begriffe sich festzusetzen, welche er mit seinem naturwissenschaftlichen Erkennen, auch mit seinem gewöhnlichen Philosophenerkennen nicht durchdringt. Sie brauchen ja nur zu denken an solche Betrachtungen wie den Begriff des Atoms. Vom Atom redet die Naturwissenschaft. Aber das Atom hat natürlich nur dann einen Sinn, wenn man eigentlich nicht davon reden kann, wenn man nicht sagen kann, was ein Atom ist; denn in dem Augenblicke, wo man anfangen würde, das Atom zu beschreiben, wäre es nicht mehr ein Atom. Es ist ein schlechthin Unnahbares. Und so ist es eigentlich schon die Materie, der Stoff selber. Es müssen gewisse Begriffe festgesetzt werden, an die man nicht herankommt. So ist es mit dem Erkennen der Außenwelt. Es müssen Begriffe festgesetzt werden, wie Materie, Kraft und so weiter, an die man nicht herankommt.

Daß solche Begriffe festgesetzt werden müssen, das beruht einfach darauf, daß jenes innerlich geistig-seelisch Leuchtende des Menschen hier nach außen in ein Dunkles hinein sich erstreckt. Das, was da konstatiert wird als Erkenntnisgrenze, das kann man, ich möchte sagen, aurisch wirklich richtig sehen. Es liegt hier dem Menschen eine Grenze vor.“ (Lit.: GA 183, S. 33)

Zusammenbruch des klassischen Materiebegriffs

„Wenn auch die wenigsten Menschen das heute noch beachten, so muß man doch sagen: die letzten zwanzig Jahre haben eigentlich gerade auf dem Gebiete der Physik die denkbar größte Revolution hervorgerufen. Vorstellungen, die vor dreißig Jahren noch als unerschütterlich galten, sind heute durchaus revolutioniert. Man braucht nur den Namen Einstein zu nennen oder den Namen Lorentz, des holländischen Physikers, und man kann, indem man diese Namen nennt, hinweisen auf eine ganze Fülle von Tatsachen und Auseinandersetzungen, welche die Physik, wie sie noch vor dreißig Jahren war, durchaus revolutioniert, erschüttert haben. Es kann das, was hier vorliegt, natürlich von mir nicht in den Einzelheiten ausgeführt werden. Aber auf diese Tatsache der Revolutionierung der Physik, die ja in gewissen Kreisen schon bekannt genug ist, muß doch hingewiesen werden. Nun aber kann man sagen: Während zum Beispiel etwas so Bedeutsames vorliegt wie die Revolutionierung des alten Masse- und Materiebegriffes durch die neuere Strahlungstheorie der Elektrizität, finden unsere wissenschaftlichen Vorstellungsarten keine Möglichkeit, zurechtzukommen mit dem, was da eigentlich durch die Fülle der Experimente dem Menschen entgegengetreten ist. Aus der Anschauung der strahlenden Materie im Glasvakuum konnte man sehen, daß dieselben Eigenschaften, die man früher der Materie beigelegt hat, zum Beispiel eine gewisse Geschwindigkeit und Beschleunigung, man nunmehr genötigt ist, der strahlenden Elektrizität beizulegen; man hat also sozusagen den Materiebegriff unter den Fingern verloren. Das stellte sich aus der Anschauung der Fülle von Experimenten heraus, daß nicht irgend etwas hätte gesetzt werden können an die Stelle des alten Materiebegriffes; und aus der Einsteinschen Relativitätstheorie mit ihren furchtbar kalten Abstraktionen läßt sich auch so etwas nicht herausgewinnen wie eine wirkliche Anschauung desjenigen, mit dem man es eigentlich in der äußeren Natur zu tun hat.“ (Lit.: GA 73a, S. 30)

Atome sind nicht winzige materielle Dinge, sondern das Ergebnis von gestaltbildenden Kräften

Max Planck um 1930
Werner Heisenberg 1933, im Jahr zuvor hatte er den Nobelpreis für Physik erhalten.
Erwin Schrödinger (1933)
Rudolf Steiner: Das Atom als Ergebnis einander begegnender Kräfterichtungen
Sir Roger Penrose (2011)

Die moderne Quantenmechanik, deren Grundlagen im Jahre 1900 von Max Planck entdeckt wurden, hat deutlich gezeigt, dass Atome keine winzig kleinen materiellen Dinge sind. So bekannte schon Planck selbst:

"Meine Herren, als Physiker, der sein ganzes Leben der nüchternen Wissenschaft, der Erforschung der Materie widmete, bin ich sicher von dem Verdacht frei, für einen Schwarmgeist gehalten zu werden.

Und so sage ich nach meinen Erforschungen des Atoms dieses: Es gibt keine Materie an sich.

Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält. Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt - es ist der Menschheit nicht gelungen, das heißersehnte Perpetuum mobile zu erfinden - so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten intelligenten Geist annehmen. Dieser Geist ist der Urgrund aller Materie. Nicht die sichtbare, aber vergängliche Materie ist das Reale, Wahre, Wirkliche - denn die Materie bestünde ohne den Geist überhaupt nicht - , sondern der unsichtbare, unsterbliche Geist ist das Wahre! Da es aber Geist an sich ebenfalls nicht geben kann, sondern jeder Geist einem Wesen zugehört, müssen wir zwingend Geistwesen annehmen. Da aber auch Geistwesen nicht aus sich selber sein können, sondern geschaffen werden müssen, so scheue ich mich nicht, diesen geheimnisvollen Schöpfer ebenso zu benennen, wie ihn alle Kulturvölker der Erde früherer Jahrtausende genannt haben: Gott! Damit kommt der Physiker, der sich mit der Materie zu befassen hat, vom Reiche des Stoffes in das Reich des Geistes. Und damit ist unsere Aufgabe zu Ende, und wir müssen unser Forschen weitergeben in die Hände der Philosophie." (Lit.: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft)

Auch nach Erwin Schrödinger, der 1926 die nach ihm benannte Schrödingergleichung zur Berechnung quantenmechanischer Phänomene formulierte, sind Atome keine stofflichen Gebilde, sondern reine Form:

„Bis in die jüngste Zeit haben, soviel mir bekannt, die Atomtheoretiker aller Jahrhunderte die in Rede stehende Charakteristik von den sichtbaren und greifbaren Teilen der Materie auf die Atome übertragen, welche sie weder sehen, noch tasten, noch sonstwie einzeln beobachten konnten. Heute sind wir in der Lage, einzelne Elementarteilchen zu beobachten, wir sehen ihre Bahnspuren in der Nebelkammer sowie - bei Versuchen, von denen oben nicht die Rede war - in einer photographischen Emulsion, wir stellen die praktisch gleichzeitigen Entladungen fest, die ein einzelnes schnelles Teilchen in zwei oder drei Geigerschen Zählrohren auslöst, welche in mehreren Metern Entfernung hintereinander aufgestellt sind. Dennoch sind wir genötigt, dem Teilchen die Würde eines schlechthin identifizierbaren Individuums abzuerkennen. Wenn früher ein Physiker gefragt wurde, aus welchem Stoff denn die Atome selbst bestünden, durfte er lächeln und ausweichend antworten. Wenn aber der Frager durchaus wissen wollte , ob er sie sich als kleine unveränd erliche Stückchen von gewöhnlicher Materie vorstellen dürfe, so wie sie sich dem vorwissenschaftlichen Denken darstellten, durfte man ihm sagen, das habe zwar wenig Sinn, aber es könne nichts verschlagen. Die ehedem bedeutungslose Frage hat heute Sinn bekommen. Die Antwort ist ein entschiedenes Nein. Dem Atom fehlt das allerprimitivste Merkmal, an das wir bei einem Stück Materie im gewöhnlichen eben denken. Manche ältere Philosophen würden, wenn ihnen der Fall vorgelegt werden könnte, sagen: eure neumodischen Atome bestehen überhaupt aus keinem Stoff, sie sind reine Form.“ (Lit.: Schrödinger, S. 135f)

Der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr, ein langjähriger enger Mitarbeiter von Werner Heisenberg, einem der Pioniere der modernen Quantenmechanik, bringt es auf den Punkt:

«In der schwerer begreifbaren Tiefe sind in der Welt des Kleinsten die "Dinge" überberhaupt keine Dinge - deshalb will die Revolution nicht in die Köpfe: "Es gibt keine Dinge, es gibt nur Form und Gestaltveränderung: Die Materie ist nicht aus Materie zusammengesetzt, sondern aus reinen Gestaltwesen und Potentialitäten. Das ist wie beim Geist", schließt Dürr etwas riskant: "Im Grunde gibt es nur Geist, aber er verkalkt, und wir nehmen nur den Kalk wahr, als Materie."» (Lit.: Dürr 1998)

Sehr ähnlich drückt sich auch Rudolf Steiner aus:

"Und dann wird man noch weitergehen müssen, daß man in allem verdichteten und gebildeten Geist zu sehen hat. Materie gibt es nicht! Was Materie ist, verhält sich zum Geist wie Eis zum Wasser. Lösen Sie das Eis auf, so gibt es Wasser. Lösen Sie Materie auf, so verschwindet sie als Materie und wird Geist. Alles, was Materie ist, ist Geist, ist die äußere Erscheinungsform des Geistes." (Lit.: GA 056, S. 59)

"Das wird diese Menschheit gegen die Zukunft hin aufnehmen. Dann wird sie nicht begreifen können, wie einmal ein Zeitalter hat dazu kommen können, zu sagen: Da breitet sich eine Sinneswelt aus, in dieser Sinneswelt wirken Atome, wirken Moleküle, kleine Körperchen, deren Aneinanderstoßen durch gewisse Bewegungen des Lichtes oder der Elektrizität hervorgerufen werden sollen. — Nein, da wirken nicht Atome und Moleküle, da wirken geistige Kräfte! Hinter dem, was sinnlich ist, wirkt der Geist. Das wird der große Umschwung sein, daß der Mensch nicht mehr glauben wird, er ginge durch eine Nebelwolke von Atomen und Molekülen, sondern daß er sich bewußt sein wird, er geht mit jedem Schritt durch geistige Welten, und geistige Welten sind es, die in ihm leben, geistige Welten sind es, die ihn aufbauen, die ihn umgestalten." (Lit.: GA 199, S. 289f)

Im Einklang damit sieht Steiner Atome als das Ergebnis einander begegnender formbildender Kräfte an:

"z.B. Kräfterichtung a b c wirken im Raume; durch ihre Begegnung wird eine Kräfteresultante bewirkt, die als Atom von tetraedrischem Charakter wirkt.

Elemente sind der Ausdruck bestimmter Kraftbegegnungen; dass sie sich als solche offenbaren, beruht darauf, dass die eine Kraft in ihrer Begegnung mit einer andern eine Wirkung hervorbringt; während andere Kraftwirkungen gegen einander unwirksam sind.

Krystalle sind die Ergebnisse complizierterer Kraftbegegnungen; Atome die der einfacheren.

Amorphe Massen ergeben sich durch die Neutralisierung der Kraftrichtungen." (Lit.: GA 320, S. 192)

Oskar Schmiedel berichtete von einem am 16. Februar 1920 mit Rudolf Steiner geführten Gespräch. In den Notizen dazu heißt es:

"Atome - was man so nennen kann - sind Kreuzungspunkte von Kraftlinien." (Lit.: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe Nr. 122, S. 25)
Das Atom als Kreuzungspunkt von Kraftlinien
Das Atom als Kreuzungspunkt von Kraftlinien
Wolfgang Pauli (1900 - 1958)

Hinter der physischen Wirklichkeit stehen also nicht Atome im räumlich-dinglichen Sinn, wie man noch zur Zeit des klassischen Materialismus im 19. Jahrhundert dachte, sondern man kann hier im Sinne Steiners nur von einer objektiven kräftewirksamen Gedankenwelt sprechen, die den Naturerscheinungen zugrunde liegt. Werner Heisenberg meinte:

"Die Elementarteilchen können mit den regulären Körpern in Platos "Timaios" verglichen werden. Sie sind die Urbilder, die Ideen der Materie." (Lit.: Heisenberg, S 281)

Für den englischen Mathematiker und theoretischen Physiker Sir Roger Penrose (* 1931) ist die primäre und höchste Wirklichkeit der platonisch-mathematische Logos, von dem die Welt der uns gegebenen physikalischen Realität nur eine kleine Teilmenge sei, da auch noch ganz andere Naturgesetze denkbar wären. Die Fähigkeit, diesen Logos - in Form geometrisch-mathematischer Ideen - zumindest prinzipiell im menschlichen Bewusstsein erfassen zu können, erscheint Penrose dabei besonders wichtig.

Auch der österreichische Physiker und Mitbegründer der Quantentheorie Wolfgang Pauli hat sehr deutlich etwas davon geahnt, wenn er schreibt:

„Wenn man die vorbewusste Stufe der Begriffe analysiert, findet man immer Vorstellungen, die aus «symbolischen» Bildern mit im allgemeinen starkem emotionalen Gehalt bestehen. Die Vorstufe des Denkens ist ein malendes Schauen dieser inneren Bilder, deren Ursprung nicht allgemein und nicht in erster Linie auf Sinneswahrnehmungen ... zurückgeführt werden kann ....

Die archaische Einstellung ist aber auch die notwendige Voraussetzung und die Quelle der wissenschaftlichen Einstellung. Zu einer vollständigen Erkenntnis gehört auch diejenige der Bilder, aus denen die rationalen Begriffe gewachsen sind. ... Das Ordnende und Regulierende muss jenseits der Unterscheidung von «physisch» und «psychisch» gestellt werden - so wie Platos «Ideen» etwas von Begriffen und auch etwas von «Naturkräften» haben (sie erzeugen von sich aus Wirkungen). Ich bin sehr dafür, dieses «Ordnende und Regulierende» «Archetypen» zu nennen; es wäre aber dann unzulässig, diese als psychische Inhalte zu definieren. Vielmehr sind die erwähnten inneren Bilder («Dominanten des kollektiven Unbewussten» nach Jung) die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles Naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müssten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen. ... Es sollte dann jedes Naturgesetz eine Entsprechung innen haben und umgekehrt, wenn man auch heute das nicht immer unmittelbar sehen kann.“ (Lit.: Meyenn, S 496; zit. nach Atmanspacher, S 219)

„Wer über die Philosophie Platos meditiert, weiß, daß die Welt durch Bilder bestimmt wird.“ (Lit.: Heisenberg, S 287)

Für den Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer sind Atome keine mit den Alltagsdingen vergleichbare gewöhnliche Körper oder Objekte, sondern bilden eine Sphäre dynamischer Möglichkeiten, die das Potential haben, die Erscheinungen des Wirklichen, d. h. die Phänomene, in einem beständigen Werden hervorzubringen.

„Atome und ihre Teile – die elementaren Teilchen – bilden weniger ein Ensemble aus festen realen Dingen und mehr eine Sphäre aus dynamischen Möglichkeiten. Atome enthalten das Potential, die Erscheinungen des Wirklichen – die Phänomene – hervorzubringen und somit werden zu lassen, und zwar unentwegt. In ihrem Innersten zeigt sich die Welt vor allem als wirksame Energie voller Wandlungskünste, und das Ganze zeigt sich als Werden, das ebenso wenig an ein Ende kommen wird wie das Werden des Wissen, das sich dabei entwickelt. Alles ist im Fluss, wie bereits in der Antike spekuliert wurde und wie die Physik jetzt zeigen und mit ihren Mitteln genauer verfolgen kann. Es gibt nur Bewegung, im Wirklichen und im Wissen und Denken der Welt. Und überall hält die Energie mit ihren Wendefähigkeiten und Wandlungsmöglichkeiten das Geschehen in Gang.“ (Lit.: E. P. Fischer. Die Stunde der Physiker, S. 17)

Die Zweiteilung der Welt in Subjekt und Objekt, die für die klassische Physik unhinterfragt vorausgesetzt wurde, ist im Bereich der Atome und subatomaren Strukturen nicht mehr anwendbar. Durch den für Quantenobjekte typischen Welle-Teilchen-Dualismus tut sich dafür eine andere Zweiteilung auf. Welche Antwort die Natur liefert - Welle oder Teilchen - hängt dabei aber ganz von dem vom Experimentator gewählten Versuchsbedingungen ab. Er ist nicht mehr unbeteiligter Beobachter, sondern aktiver Mitgestalter und damit Teil des Geschehens. Damit zeichnet sich aber eine neue Einheit ab, nämlich die von Ich und Welt. Fischer schreibt daher weiter:

„Zweiteilungen gehören von Anfang an zur Wissenschaft, die in klassischen Zeiten ein Ich kannte, das als Subjekt vor ein Objekt der Welt trat. Ihm konnte es dann als Gegenstand wortwörtlich gegenüberstehen, um es aus dieser Position heraus mit einer Beschreibung zu erfassen, in der das Ich selbst nicht vorkam. Diese gewohnte Welt ohne ein Ich muss mit der Quantenmechanik und ihren Sprüngen aufgegeben werden...

Mit der Quantenmechanik und ihrer eigentümlichen Zweiheit tritt neben dem Trennenden zugleich auch eine neue Einheit auf, nämlich die aus Welt und Ich, die man ruhig als das neue und jetzt wahrlich unteilbare Atom verstehen sollte, in dem sich die Welt als ein Ganzes zeigt, zu dem auch ihre Bewohner zählen.“ (Lit.: E. P. Fischer, S. 23)

Atome als ahrimanische Kräfte

"Überall an der Stelle, wo der Mensch Materie hinträumt, da ist in Wahrheit Ahriman. Und die größte Verführung ist die materialistische Theorie der Physik, sind die materiellen Atome; denn diese sind nichts anderes in Wirklichkeit als die Kräfte des Ahriman." (Lit.: GA 145, S. 161)

"Die Stoffler - so nennen wir sie einfach - stellen sich vor, die Welt bestände aus Atomen. Was zeigt uns Geisteswissenschaft? Gewiß, die Naturerscheinungen führen uns auf solche Atome zurück, aber was sind sie, diese Atome? Sobald die erste Stufe der schauenden Erkenntnis eintritt, die allererste Stufe, die imaginative Stufe, da entpuppen sich die Atome als dasjenige, was sie sind. Ich habe ja vor vielen Jahren schon in öffentlichen Vorträgen darauf hingewiesen, als was sie sich entpuppen, in verschiedenen Zusammenhängen. Sie entpuppen sich nämlich in einer ganz eigentümlichen Weise, diese Atome. Nach den Stofflern ist der Raum leer, und da drinnen, da wackeln die Atome herum. Also sie sind das Alierfesteste. Aber so ist es nicht, das Ganze beruht auf Täuschung. Die Atome sind nämlich Blasen vor der imaginativen Erkenntnis, und da, wo der leere Raum ist, da ist die Wirklichkeit; und die Atome bestehen gerade darin, daß sie zu Blasen aufgetrieben sind. Blasen sind das. Da ist gerade nichts, gegenüber ihrer Umgebung. Wissen Sie, wie in einer Selterswasserflasche die Perlen: es ist nichts im Wasser, wo die Perlen sind, aber man sieht dort die Perlen. So sind die Atome Blasen. Da ist der Raum hohl, da ist nichts drinnen. Ja, aber man kann doch darauf stoßen! Das Daraufstoßen, das besteht aber gerade darin, daß man an die Hohlheit stößt, und daß einem die Hohlheit, indem man darauf stößt, eine Wirkung verursacht. Ja, aber das Nichts soll eine Wirkung verursachen? Nehmen Sie einmal den fast luftleeren Raum in dem Luftpumpen-Rezipienten, da können Sie sehen, wie die Luft hineinfließt in das Nichts. Wenn Sie es falsch interpretieren wollen, können Sie das, was in der Glocke der Luftpumpe nicht darinnen ist, eine Substanz nennen und sagen, es schieße die Luft herein.

Gerade dieselbe Täuschung besteht in bezug auf die Atome. Es ist gerade das Gegenteil wahr. Sie sind leer - und doch wiederum nicht leer. Es ist doch etwas darinnen, in diesen Blasen. Was ist in diesen Blasen darinnen? Nun, auch darüber habe ich schon Betrachtungen angestellt, was in diesen Blasen darinnen ist, das ist nämlich die Substanz des Ahriman, da steckt er drinnen, da ist er eigentlich in seinen einzelnen Teilen drinnen, Ahriman. Das ganze Atomsystem ist ahrimanische Substantialität, Ahriman. Denken Sie, zu welcher merkwürdigen Metamorphose der Stoffleridee wir da kommen. Wir müssen an diejenigen Stellen des Raumes, wohin die Stoffler ihren Stoff setzen, den Ahriman setzen. Da ist überall Ahriman." (Lit.: GA 176, S. 237f)

Ganzheitlichkeit und Atomismus

Sehr deutlich hat Rudolf Steiner betont, dass die Atome, ähnlich wie die Zellen eines belebten Organismus, keine ursprünglichen Erscheinungen sind, sondern sich erst nach und nach durch die Einwirkung ätherischer Kräfte und namentlich auch durch den verhärtenden Einfluss der Mondenkräfte, als Mond und Erde noch zu einem Himmelskörper vereinigt waren, aus dem Ganzen herausgegliedert haben:

"Die Materien heben sich als einzelne Stoffe aus der undifferenzierten, großen Materie heraus. Es fangen die Erdenstoffe an zu tanzen unter dem Einfluß der Weltenmusik. Das ist die Differenzierung der Stoffe in lauter organische Stoffe, zum Beispiel in Eiweiß. So entstand organische Materie, das Protoplasma, unter dem Einfluß der Weltenmusik, ähnlich wie heute die Chladnischen Klangfiguren. Diese Stoffe, eiweißartige, leimige Substanz, werden hineingeschoben in die früheren Kraftlinien der Menschenanlage. Die Zellen, die man heute als das erste in der Entwickelungsgeschichte der Organismen ansieht, entstanden viel später. Sie wurden erst geboren von gewissen Wesenheiten. Auch das Atom ist nie das ursprüngliche, ist immer das, was aus dem Ganzen herausfällt. Niemals setzt sich das Ganze aus den Zellen zusammen. Gefördert wurde der ganze Vorgang da durch, daß der Mond noch in dem Erdenkörper darin war." (Lit.: GA 098, S. 215)

In der Physik ist es, wie oben besprochen, üblich geworden, die atomistischen Phänomene mit den Mitteln der Quantenmechanik zu behandeln, was aber nichts anderes bedeutet, als daß diese Erscheinungen als Schwingungsvorgänge oder Klangphänomene im übertragenen Sinn verstanden werden. Der Quantentheorie liegt eigentlich nichts anderes zugrunde als eine simple, passend modifizierte Wellengleichung und es wird gezeigt, wie bestimmte Wirkungen durch Resonanz verstärkt, andere durch eine Art Interferenz ausgelöscht werden. Bemerkenswert ist dabei die nicht-kausale Natur der Phänomene. Der Ausgang entsprechender Experimente läßt sich nicht eindeutig aus den lokal gegebenen Versuchsbedingungen ableiten. Die Quantentheorie liefert immer nur Wahrscheinlichkeitsaussagen, und es wird immer deutlicher, daß das daran liegt, daß wir es im atomaren und subatomaren Bereich niemals mit bloß lokalen Wechselwirkungen innerhalb eines eng beschränkten räumlichen und zeitlichen Bereichs zu tu haben, sondern daß an jedem einzelnen atomistischen Phänomen letztendlich der ganze Kosmos mitbeteiligt ist und umgekehrt jedes lokale Ereignis seinen Widerhall im ganzen Universum findet (Stichwort: EPR-Experimente, Bellsche Ungleichung, GHZ-Experiment usw.). Atome und ihre Bestandteile sind im Sinne der Quantentheorie keine real existierenden Objekte. Ihre Eigenschaften, die durch entsprechende Messinstrumente registriert werden können, bestehen gar nicht vor und unabhängig von der Messung, sondern werden erst durch diese selbst realisiert. Hans-Peter Dürr hat es so formuliert:

"Der Bruch in unserem Verständnis der Wirklichkeit, den die neue Physik fordert, ist radikal. Deutet diese Physik doch darauf hin, daß die eigentliche Wirklichkeit, was immer wir darunter verstehen, im Grunde keine Realität im Sinne einer dinghaften Wirklichkeit ist...

Die <Unschärfe> (d.h. die nichtkausale Natur der atomaren Phänomene) ist Ausdruck einer holistischen, einer ganzheitlichen Struktur der Wirklichkeit...

So steht das Getrennte (etwa durch die Vorstellung isolierter Atome) nach neuer Sichtweise nicht am Anfang der Wirklichkeit, sondern näherungsweise Trennung ist mögliches Ergebnis einer Strukturbildung, nämlich: Erzeugung von Unverbundenheit durch Auslöschung im Zwischenbereich (Dürr 1992). Die Beziehungen zwischen Teilen eines Ganzen ergeben sich also nicht erst sekundär als Wechselwirkung von ursprünglich Isoliertem, sondern sind Ausdruck einer primären Identität von allem. Eine Beziehungsstruktur entsteht also nicht nur durch Kommunikation, einem wechselseitigen Austausch von Signalen, verstärkt durch Resonanz, sondern gewissermaßen auch durch Kommunion, durch Identifizierung...

Die holistischen Züge der Wirklichkeit, wie sie in der neuen fundamentalen Struktur der Materie zum Ausdruck kommen, bieten hierbei die entscheidende Voraussetzung dafür, daß die für uns wesentlichen Merkmale des Lebendigen dabei nicht zu mechanistischen Funktionen verstümmelt werden." (Lit.: Dürr 1997)

Oder an anderer Stelle:

"Aus quantenmechanischer Sicht gibt es also keine zeitlich durchgängig existierende objektivierbare Welt, sondern diese Welt ereignet sich gewissermaßen in jedem Augenblick neu. Die Welt erscheint hierbei als eine Einheit, als ein einziger Zustand, der sich nicht als Summe von Teilzuständen deuten läßt. Die Welt «jetzt» ist nicht mit der Welt im vergangenen Augenblick substantiell identisch. Aber die Welt im vergangenen Augenblick präjudiziert die Möglichkeiten zukünftiger Welten auf solche Weise, daß es bei einer gewissen vergröberten Betrachtung so scheint, als bestünde sie aus Teilen und als bewahrten bestimmte Erscheinungsformen, zum Beispiel Elementarteilchen/Atome, ihre Identität in der Zeit." (Lit.: Dürr 1989)

Diese nicht-lokalen Wirkungen, die keiner direkten räumlichen Vermittlung bedürfen, scheinen aus geisteswissenschaftlicher Sicht sehr deutlich mit astralen Kräften zusammenzuhängen. Nicht nur wird der Begriff "Astral" zurecht mit der Sternenwelt, also mit dem ganzen Kosmos in Beziehung gesetzt, typisch für alle astralen Zusammenhänge ist ja, daß dadurch verschiedene kosmische Regionen untereinander und mit der Erdenwelt unmittelbar über alle räumliche Trennung hinweg verbunden sind.

Es ist natürlich immer sehr heikel, naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit der geisteswissenschaftlichen Forschung zu vermengen. Das sollte man tunlichst vermeiden, aber eine Zusammenschau kann nützlich sein - man lernt dann gleichsam das Phänomen von zwei verschiedenen Seiten her kennen. Und soviel kann man angesichts der modernen Physik jedenfalls sagen, dass hier die submikroskopischen Quantenphänomene in immer stärkerer Beziehung zu den makrokosmischen Gegebenheiten gesehen werden. Was uns als atomistische Materie erscheint, ist dementsprechend nichts anderes als ein lokales Zentrum, als ein Brennpunkt, in dem sich spezifische kosmische Wirkungen widerspiegeln. Und diese Materie ist zugleich wiederum die Quelle der Gravitationskräfte. Die Physiker verstehen zwar noch nicht im Detail, wie Quantenmechanik und Gravitation zusammenhängen, aber daß hier eine notwendige Beziehung besteht, ist schon sehr deutlich. Gravitationskräfte treten gleichsam immer dort auf, wo die nichtlokalen kosmischen Wirkungen in einen engen raumzeitlichen Bereich gefesselt werden.

Wir kommen hier in einen Bereich, der sich nur durch die fortgesetzte Meditation über "Punkt und Umkreis" nach und nach erhellen läßt: wie läßt sich der Punkt, das lokale Zentrum, als Spiegelbild und Wirkung der ganzen kosmischen Peripherie begreifen? Wie sich das auf die materiellen Verhältnisse auswirkt, hat Rudolf Steiner ja an anderer Stelle angedeutet:

"Und jetzt sage ich, selbstverständlich mit vollem Bewußtsein, daß es ein Gesetz von der Erhaltung der Kraft gibt, aber auch im vollen Bewußt sein der jedem Okkultisten bekannten Tatsachen: es drängt sich die Materie gegen den Mittelpunkt immer mehr und mehr zusammen, und das Eigenartige ist, daß die Materie im Mittelpunkte ver schwindet.

Um es ganz anschaulich zu machen: denken Sie sich, Sie hätten ein Stück Materie, das würde immer mehr und mehr in den Mittelpunkt hineingedrängt - im Mittelpunkt verschwindet es; es wird nicht nach der anderen Seite hinübergedrängt, es verschwindet tat sächlich im Mittelpunkt in nichts! So daß Sie sich vorstellen kön nen, daß die ganze Erde einstmals, indem sich die materiellen Teile gegen den Mittelpunkt zusammendrängen, in den Mittelpunkt hin ein verschwindet. Das ist aber nicht alles. In demselben Maße, wie das in den Mittelpunkt hinein verschwindet, in demselben Maße erscheint es im Umkreise. Da draußen tritt es wieder auf. An einer Stelle des Raumes verschwindet die Materie, und von außen tritt sie wieder auf. Alles, was in den Mittelpunkt hinein verschwindet, kommt vom Umkreise wiederum herein, wird herangezogen, und zwar so, daß hineingearbeitet ist jetzt in diese Materie alles das, was die Wesen, die auf dem Planeten gearbeitet haben, der Materie ein geprägt haben; natürlich nicht in seiner heutigen Form, aber in einer Form, wie sie ihm eben durch diese Umwandlung gegeben wird. Sie werden so den Kölner Dom, indem seine materiellen Teilchen in den Mittelpunkt hinein verschwinden, von der anderen Seite wie der ankommen sehen. Nichts, nichts geht verloren von dem, was gearbeitet wird auf einem Planeten, sondern es kommt wieder von der anderen Seite her.

Dasjenige, was da angekommen war im Beginne unserer Erdenentwickelung vor der Saturnentwickelung, das müßten wir auswärts setzen, außerhalb des Tierkreises. Die Urweltweisheit hat es genannt den Kristallhimmel, und in diesem Kristallhimmel waren deponiert die Taten der Wesen einer früheren Evolution. Sie bildeten sozu sagen dasjenige, auf Grund dessen die neuen Wesenheiten zu schaffen begannen.

Wie gesagt, das ist für einen Gegenwartsverstand außerordentlich schwer zu fassen, weil der daran gewöhnt ist, nur das Materielle ins Auge zu fassen, weil er nicht gewohnt ist, einzusehen, daß an einer Stelle aus dem dreidimensionalen Raum das Materielle verschwin den kann und an einer anderen Stelle, nachdem es durch andere Dimensionen gegangen ist, wieder zurückkommt. Solange Sie mit Ihrem Vorstellen im dreidimensionalen Raum bleiben, können Sie das nicht fassen, denn das geht aus dem dreidimensionalen Raum heraus. Daher ist es nicht zu sehen, bis es von der anderen Seite in den dreidimensionalen Raum wieder hereinkommt. In der Zwischenzeit ist es eben in einer anderen Dimension. Das ist so eine Sache, die wir auch nunmehr fassen müssen, denn es hängen überhaupt die Dinge unserer Weltentstehung in der mannig faltigsten Weise zusammen, und etwas, was an einem Orte ist, hängt zuweilen recht kompliziert mit etwas anderem zusammen, was sich an einem ganz anderen Orte im dreidimensionalen Raume befindet." (Lit.: GA 110, S. 157ff)

Das Atom als gefrorene Elektrizität

Elektrische Entladung in einer Gasentladungsröhre.

Substanziell sind diese einander begegnenden Kräfterichtungen, von denen Rudolf Steiner spricht, etwas, das sich beschreiben lässt als gefangenes Licht, das als kondensierte Elektrizität erscheint. Dieselbe substanzielle Natur liegt auch den objektiv in der Welt wirksamen Gedanken zugrunde.

"Letztes Mal habe ich Ihnen aus einer Rede des englischen Premierministers Balfour[27] vorgelesen (Lit.: GA 034). Es ist da bereits aufmerksam darauf gemacht, daß gewisse Dinge heute physikalische Wahrheiten sind, die uralte okkulte Erkenntnisse sind. Wenn Sie in Blavatskys «Geheimlehre» nachlesen, werden Sie dort eine Stelle finden über die Elektrizität, welche buchstäblich dasselbe besagt wie das, worauf die Physiker jetzt nach und nach kommen. Was Sie aber finden, ist eine bloße Ahnung von dem, um was es sich handelt. Es handelt sich um das physikalische Atom. Bis vor vier, fünf Jahren ist von aller äußeren - nicht der okkultistischen - Wissenschaft dieses verkannt worden. Man hat es für eine raumerfüllende Masse gehalten. Heute fängt man an, dieses physikalische Atom als dasjenige zu erkennen, was es wirklich ist. Man kommt darauf, daß dieses physikalische Atom sich so verhält zur Kraft der Elektrizität, wie sich ein Klumpen Eis verhält zum Wasser, aus dem es gefroren ist. Wenn Sie sich Wasser vorstellen, das zu Eis gefriert, so ist das Eis auch Wasser. Und so ist das physikalische Atom nichts anderes als gefrorene Elektrizität. Wenn Sie dies ganz begreifen und die Mitteilungen, die bis vor wenigen Jahren in sämtlichen wissenschaftlichen Schriften über die Atome enthalten waren, durchgehen und sie für Blech ansehen, dann werden Sie ungefähr die richtige Vorstellung gewinnen. Erst seit dieser kurzen Zeit kann sich die Physik eine Vorstellung bilden von dem, was das physikalische Atom ist. Es verhält sich nämlich wie ein Eisklumpen zu der Wassermenge, aus der er gefroren ist. Das physikalische Atom ist kondensierte Elektrizität. Die Rede von Balfour betrachte ich als etwas außerordentlich Wichtiges.

Es ist ... [Lücke] etwas, was seit dem Jahr 1875 [1879?] herausgebracht ist. Die Tatsache ist bei den Okkultisten schon seit Jahrtausenden bekannt. Nun fängt man an zu wissen, daß das physikalische Atom kondensierte Elektrizität ist. Aber es handelt sich noch um ein zweites: zu wissen, was Elektrizität selber ist. Das ist noch unbekannt. Sie wissen nämlich eines nicht: wo das Wesen der Elektrizität gesucht werden muß. Dieses Wesen der Elektrizität kann nicht gefunden werden durch irgendwelche äußere Experimente oder durch äußere Anschauung. Das Geheimnis, welches gefunden werden wird, ist, daß Elektrizität genau dasselbe ist - wenn man auf einem gewissen Plan zu beobachten versteht -, was der menschliche Gedanke ist. Der menschliche Gedanke ist dasselbe Wesen wie die Elektrizität: das eine Mal von innen, das andere Mal von außen betrachtet.

Wer nun weiß, was Elektrizität ist, der weiß, daß etwas in ihm lebt, das in gefrorenem Zustande das Atom bildet. Hier haben Sie die Brücke vom menschlichen Gedanken zum Atom. Man wird die Bausteine der physischen Welt kennenlernen, es sind kleine kondensierte Monaden, kondensierte Elektrizität. In dem Augenblicke, wo die Menschen diese elementarste okkulte Wahrheit von Gedanke, Elektrizität und Atom erkannt haben werden, in dem Augenblicke werden sie etwas erkennen, was das Wichtigste sein wird für die Zukunft und für die ganze sechste Unterrasse. Sie werden mit den Atomen bauen können durch die Kraft des Gedankens.

Dies wird die geistige Strömung sein, die wieder hineingegossen werden muß in die Formen, die seit Jahrtausenden von den Okkultisten geschaffen worden sind. Aber weil die menschliche Rasse die Verstandesentwickelung durchmachen mußte und absehen mußte von der eigentlichen inneren Arbeit, sind sie Hülsen geworden, aber als Formen geblieben, und es wird die richtige Erkenntnis hineingegossen werden müssen.

Der okkulte Forscher gewinnt die Wahrheit von der einen Seite, der physische Forscher von der anderen Seite. Ebenso wie die Maurerei aus der Werkmaurerei, aus dem Dom- und Tempelbau hervorgegangen ist, ebenso wird man künftig bauen müssen mit den kleinsten Bausteinen, mit den kondensierten Elektrizitätsmengen. Das wird eine neue Maurerei nötig haben. Dann wird sich die Industrie nicht mehr so abspielen können wie jetzt. Sie wird so chaotisch werden und nur auf reinen Kampf ums Dasein hinarbeiten können, solange man nicht weiß ... [Lücke]. Dann würde möglich sein, daß in Berlin jemand mit der Droschke in der Stadt fahren kann, während in Moskau stattfindet das Unheil, das er von Berlin aus verursacht hat. Und kein Mensch würde eine Ahnung davon haben, daß dieser Mensch das verursacht hat. Die drahtlose Telegraphie ist ein Anfang davon. Was ich ausgeführt habe, ist Zukunft. Nur zwei Möglichkeiten sind vorhanden: Entweder die Dinge gehen chaotisch weiter, so wie die Industrie und Technik bisher vorgegangen ist. Dann führt es dazu, daß der, welcher im Besitze dieser Dinge ist, großes Unheil anrichten kann, oder es wird in die moralische Form der Maurerei gegossen.*" (Lit.: GA 93, S. 112ff)

* Dieser letzte Satz lautet in den Notizen von Marie Steiner-von Sivers: «Diese Dinge gehen entweder chaotisch so weiter wie bisher Industrie und Technik, oder harmonisch, wie es das Ziel der Maurerei ist, dann wird die höchste Entwickelung erreicht.»

Atom, Elektrizität und Gedanke

„Wir gehen einer Zeit entgegen, in der, wie ich neulich schon andeutete, das Verständnis bis ins Atom hinein kommen wird. Man wird begreifen - auch in der populären Meinung -, daß das Atom nichts anderes ist als geronnene Elektrizität. Der Gedanke selbst ist aus derselben Substanz.

Man wird in der Tat so weit kommen, noch ehe die fünfte Unterrasse zu Ende geht, daß man imstande sein wird, bis ins Atom hineinzuwirken. Wenn man nur erst die Stofflichkeit zwischen dem Gedanken und dem Atom begreifen kann, so wird man auch bald das Hineinwirken ins Atom verstehen. Und nichts wird mehr für gewisse Wirkungsarten verschlossen sein: Ich werde hier stehen und unbemerkt auf einen Knopf, den ich in der Tasche trage, drücken können, um einen Gegenstand in weiter Ferne, sagen wir in Hamburg, in die Luft zu sprengen, so wie Sie jetzt schon drahtlos telegraphieren können, indem Sie hier eine Wellenbewegung hervorbringen und sie an einer anderen bestimmten Stelle in bestimmter Weise zum Ausdruck bringen können. Das wird in dem Momente eintreten können, wo die okkulte Wahrheit, daß Gedanke und Atom aus derselben Substanz bestehen, im praktischen Leben durchgeführt sein wird.“ (Lit.: GA 93, S. 122f)

Licht, Elektrizität, Atome und Moral

"Sehen Sie, als Leute meines Alters noch junge Dachse waren, da ist es keinem Menschen eingefallen, auf dem Gebiete der Physik etwa von Atomen anders zu reden, als daß kleine, unelastische oder auch meinetwillen elastische Kügelchen seien, die sich gegenseitig stoßen und dergleichen, und man hat dann die Ergebnisse dieser Stöße ausgerechnet. Es wäre dazumal noch niemandem eingefallen, das Atom so ohne weiteres vorzustellen, wie man es heute vorstellt: als ein Elektron, als eine Wesenheit, die eigentlich ganz und gar aus Elektrizität besteht.

Der Gedanke der Menschen ist ganz eingesponnen worden von der Elektrizität, und das seit noch gar nicht langer Zeit. Heute reden wir von den Atomen als von etwas, wo sich um eine Art kleiner Sonne, um einen Mittelpunkt herum, die Elektrizität lagert; von Elektronen reden wir. Wenn wir also hineinschauen in das Weltengetriebe, so vermuten wir überall Elektrizität. Da hängt schon die äußere Kultur mit dem Denken zusammen. Menschen, die nicht auf den elektrischen Bahnen fahren würden, würden sich auch die Atome nicht so elektrisch vorstellen.

Und wenn man nun hinschaut auf die Vorstellungen, die man vor dem Zeitalter der Elektrizität gehabt hat, so kann man von ihnen sagen: Sie haben dem Naturdenker noch die Freiheit gegeben, das Geistige in die Natur wenigstens abstrakt hineinzudenken. - Ein kleiner winziger Rest des scholastischen Realismus war noch vorhanden. Aber die Elektrizität ist dem modernen Menschen auf die Nerven gegangen und hat aus den Nerven alles, was Hinlenkung zum Geistigen ist, herausgeschlagen.

Es ist ja noch weiter gekommen. Das ganze ehrliche Licht, das durch den Weltenraum flutet, ist ja nach und nach verleumdet worden, auch so etwas Ähnliches zu sein wie die Elektrizität. Wenn man heute so über diese Dinge redet, dann kommt es natürlich jemandem, der mit seinem Kopf ganz untergetaucht ist in die elektrische Kulturwelle, so vor, als ob man lauter Unsinn redete. Aber das ist deshalb, weil dieser Mensch eben mit dem Kopf, der das als Unsinn anschaut, eben mit herausgehaltener Zunge wie der Hund, dem es ganz warm geworden ist, und mit der Geschichtslast auf dem Buckel, sich hinschleppt und mit historischen Begriffen belastet ist und nicht aus der unmittelbaren Gegenwart heraus reden kann.

Denn sehen Sie, mit der Elektrizität betritt man ein Gebiet, das sich dem imaginativen Anschauen anders darstellt als andere Naturgebiete. Solange man im Licht, in der Welt der Töne, also in Optik und Akustik geblieben war, so lange brauchte man nicht dasjenige moralisch zu beurteilen, was einem Stein, Pflanze, Tier, im Lichte als Farben, in der Gehörwelt als Töne kundgaben, weil man einen wenn auch schwachen Nachklang von der Realität der Begriffe und Ideen hatte. Aber die Elektrizität trieb einem diesen Nachklang aus. Und wenn man auf der einen Seite heute für die Welt der moralischen Impulse nicht imstande ist, die Realität zu finden, so ist man andererseits auf dem Felde dessen, was man heute als das wichtigste Ingrediens der Natur ansieht, erst recht nicht imstande, das Moralische zu finden.

Wenn heute einer den moralischen Impulsen reale Wirksamkeit zuschreibt, so daß sie die Kraft in sich haben, wie ein Pflanzenkeim später sinnliche Realität zu werden, dann gilt er als ein halber Narr. Wenn aber etwa heute jemand kommen würde und Naturwirkungen moralische Impulse zuschreiben würde, dann gälte er als ein ganzer Narr. Und dennoch, wer jemals mit wirklicher geistiger Anschauung den elektrischen Strom bewußt durch sein Nervensystem gehen gefühlt hat, der weiß, daß Elektrizität nicht bloß eine Naturströmung ist, sondern daß Elektrizität in der Natur zu gleicher Zeit ein Moralisches ist, und daß in dem Augenblicke, wo wir das Gebiet des Elektrischen betreten, wir uns zugleich in das Moralische hineinbegeben. Denn wenn Sie Ihren Fingerknöchel irgendwo in einen geschlossenen Strom einschalten, so fühlen Sie sogleich, daß sie Ihr Innenleben in ein Gebiet des Innenmenschen hineinerweitern, wo zugleich das Moralische herauskommt Sie können die Eigenelektrizität, die im Menschen liegt, in keinem andern Gebiete suchen, als wo zugleich die moralischen Impulse herauskommen. Wer die Totalität des Elektrischen erlebt, der erlebt eben zugleich das Naturmoralische. Und ahnungslos haben eigentlich die modernen Physiker einen sonderbaren Hokuspokus gemacht. Sie haben das Atom elektrisch vorgestellt und haben aus dem allgemeinen Zeitbewußtsein heraus vergessen, daß sie dann, wenn sie das Atom elektrisch vorstellen, diesem Atom, jedem Atom einen moralischen Impuls beilegen, es zugleich zu einem moralischen Wesen machen. Aber ich spreche jetzt unrichtig. Man macht nämlich das Atom, indem man es zum Elektron macht, nicht zu einem moralischen Wesen, sondern man macht es zu einem unmoralischen Wesen. In der Elektrizität sind allerdings schwimmend die moralischen Impulse, die Naturimpulse - aber das sind die unmoralischen, das sind die Instinkte des Bösen, die durch die obere Welt überwunden werden müssen.

Und der größte Gegensatz zur Elektrizität ist das Licht. Und es ist ein Vermischen des Guten und des Bösen, wenn man das Licht als Elektrizität ansieht. Man hat eben die wirkliche Anschauung des Bösen in der Naturordnung verloren, wenn man sich nicht bewußt ist, daß man eigentlich die Atome, indem man sie elektrifiziert, zu den Trägern des Bösen macht, nicht nur, wie ich im letzten Kursus ausgeführt habe, zu den Trägern des Toten, sondern zu den Trägern des Bösen. Zu den Trägem des Toten macht man sie, indem man sie überhaupt Atome sein läßt, indem man die Materie atomistisch vorstellt. In dem Augenblicke, wo man diesen Teil der Materie elektrifiziert, in demselben Augenblicke stellt man sich die Natur als das Böse vor. Denn elektrische Atome sind böse, kleine Dämonen." (Lit.: GA 220, S. 189ff)

Radioaktivität

Entgegen der vorherrschenden naturwissenschaftlichen Auffassung trat nach Ansicht Rudolf Steiners das Phänomen des radioaktiven Zerfalls erst verhältnismäßig spät in der Erdentwicklung auf:

"Sieben Formzustände bilden zusammen eine Runde. Die Erde macht jetzt ihre vierte Runde durch, und diese ist die mineralische. Die Aufgabe des Menschen ist es, während dieser Zeit das Mineralreich zu verarbeiten. Es ist schon Arbeit am Mineralreich, wenn der Mensch einen Feuerstein nimmt und einen Keil zurechthämmert, mit dem er andere Dinge bearbeitet. Wenn er Felsen abträgt und aus den Steinen Pyramiden baut, wenn er aus Metallen Werkzeuge macht, wenn er den elektrischen Strom in einem Netz über die Erde führt, bearbeitet der Mensch das Mineralreich. So verwendet der Mensch das ganze Mineralreich in seinem Dienst. Er macht die Erde vollständig zu einem Kunstwerk. Wenn der Maler Farben nach seinem Manas kombiniert, bearbeitet er auch das Mineralreich. Wir sind jetzt in der Mitte dieser Tätigkeit und in den nächsten Rassen (Hauptzeitaltern) wird es ganz umgearbeitet werden, so daß zuletzt kein Atom mehr auf der Erde sein wird, das nicht vom Menschen bearbeitet worden ist. Früher haben sich diese Atome immer mehr verfestigt; jetzt aber treten sie wieder immer mehr auseinander. Die Radioaktivität hat es früher gar nicht gegeben, daher konnte man sie früher gar nicht entdecken. Die gibt es erst seit einigen Jahrtausenden, weil jetzt die Atome sich immer mehr zersplittern." (Lit.: GA 093a, S. 76)

Bei einem Besuch Dr. Steiners auf dem Gut Tannbach bei Gutau, unteres Mühlviertel, das Graf Polzer gehörte, wurde eine nachweislich radioaktive Quelle aufgesucht und geschmacklich gekostet. Im anschließenden Gespräch sagte Rudolf Steiner, dass die Radioaktivität erst seit dem Mysterium von Golgatha in der Erde sei (Lit.: Polzer-Hoditz, 8. Juni 1918).

Kernenergie

Die Versuchsapparaturen, mit denen Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann von 1935 bis 1938 nach Transuranen suchten, und Otto Hahn und sein Assistent Fritz Straßmann am 17. Dezember 1938 die Kernspaltung entdeckten. Deutsches Museum, München.
Explosion von „Fat Man“ über Nagasaki. Die dabei freigesetzte gewaltige Energiemenge entspricht nach der bekannten Einsteinschen Formel E = mc2 dem Energieäquivalent von nur etwa 1 Gramm Materie - kaum mehr als ein erbsengroßes Stück Tafelkreide.

Auf die Frage, ob nach der Einsteinsche Theorie, dass in einem Kilogramm Masse gemäß der Formel E = mc2 eine ungeheure Energie aufgespeichert ist[28], durch Auflösung, also Vergeistigung, der Materie eine neue Kraftquelle erschlossen werden könne, hat Rudolf Steiner geantwortet:

"Hinter diesen Sachen steckt sehr viel, aufzusuchen die Kraft, die man bekommt, wenn man Masse zersplittert. Da handelt es sich dann darum - das Theoretische bietet ja keine besonderen Schwierigkeiten -, ob man diese Kraft technisch ausnützen kann. Und da würde es darauf ankommen, ob man diese Riesenkräfte, wenn man sie bloßlegt, verwerten kann. Denn wenn der Motor, durch den man sie ver­werten will, sogleich durch die Energie dieser Kräfte zersplittert wird, kann man sie nicht verwerten. Es handelt sich darum, daß man die Möglichkeit gewinne, diese Energien auch in mechanischen Maschinensystemen zu verwerten. Dann ist erst der Weg gefunden. Rein theoretisch gedacht, brauchen wir, wenn wir die höchste Strahlungsenergie - oder eine hohe Strahlungsenergie - irgend einer Materie bloßlegen können, um sie verwerten zu können in einem mechanischen System, eine Materie, die einen Widerstand leistet gegen diese Energie. Die Möglichkeit, diese Energie frei­zumachen, ist vorhanden, sie liegt näher, als die Energie auszunützen." (Lit.: GA 324a, S. 146)

Durch thermische Neutronen ausgelöste Spaltung eines 235U-Kerns.

Die Kernspaltung, die 1938 gemeinsam von Otto Hahn und Fritz Straßmann und im Kontakt mit Lise Meitner entdeckt wurde, war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Auf Grundlage der theoretischen Vorarbeiten von Leó Szilárd gelang schließlich Enrico Fermi am 2. Dezember 1942 um 15:25 Uhr an der University of Chicago am weltweit ersten Kernreaktor, dem Chicago Pile No. 1, die erste kontrollierte nukleare Kettenreaktion. Am 16. Juli 1945 wurde beim sogenannten Trinity Test - der Name wurde mit bewusstem Anklang an die christliche Trinität gewählt - die erste Atombombe gezündet und schon am 6. August fiel die Bombe auf Hiroshima und am 9. August eine weitere auf Nagasaki.

Das Atom als verkleinertes und vervielfältigtes Abbild früherer Weltentwicklungszustände

Das Wesen der Atome und ihrer Struktur lässt sich noch umfassender verstehen als (einseitiges) Spiegelbild des ganzen Kosmos. Wir kommen hier in einen Bereich, der sich nur durch die fortgesetzte Meditation über "Punkt und Umkreis" nach und nach erhellen lässt: wie lässt sich der Punkt, das lokale Zentrum, als Spiegelbild und Wirkung der ganzen kosmischen Peripherie begreifen? Wie sich das auf die materiellen Verhältnisse auswirkt, hat Rudolf Steiner ja an anderer Stelle angedeutet:

"So daß Sie sich vorstellen können, daß die ganze Erde einstmals, indem sich die materiellen Teile gegen den Mittelpunkt zusammendrängen, in den Mittelpunkt hinein verschwindet. Das ist aber nicht alles. In demselben Maße, wie das in den Mittelpunkt hinein verschwindet, in demselben Maße erscheint es im Umkreis. Da draußen tritt es wieder auf. An einer Stelle des Raumes verschwindet die Materie, und von außen tritt sie wieder auf. Alles, was in den Mittelpunkt hinein verschwindet, kommt vom Umkreise wiederum herein, wird herangezogen, und zwar so, daß hineingearbeit ist jetzt in diese Materie alles das, was die Wesen, die auf dem Planeten gearbeitet haben, der Materie eingeprägt haben; natürlich nicht in seiner heutigen Form, aber in einer Form, wie sie ihm eben durch diese Umwandlung gegeben wird...

Solange Sie mit Ihrem Vorstellen im dreidimensionalen Raum bleiben, können Sie das nicht fassen, denn das geht aus dem dreidimensionalen Raum heraus. Daher ist es nicht zu sehen, bis es von der anderen Seite in den dreidimensionalen Raum wieder hereinkommt. In der Zwischenzeit ist es eben in einer anderen Dimension. Das ist so eine Sache, die wir auch nunmehr fassen müssen, denn es hängen überhaupt die Dinge unserer Weltentstehung in der mannigfaltigsten Weise zusammen, und etwas, was an einem Orte ist, hängt zuweilen recht kompliziert mit etwas anderem zusammen, was sich an einem ganz anderen Orte im dreidimensionalen Raum befindet." (Lit.: GA 110, S. 158f)

Dabei dürfen wir aber nicht nur auf den gegenwärtigen Kosmos blicken. Laut Rudolf Steiner wird beispielsweise der neue Jupiter seine materielle Grundlage durch "Atome" erhalten, von denen jedes gewissermaßen ein verkleinertes Abbild unserer ganzen jetzigen Erdentwicklung darstellt. Atome sind gleichsam die verkleinerten und vervielfältigten Abbilder der vorangegangenen planetarischen Entwicklungsstufen der Erde. Sie spiegeln also nicht nur so, wie es die Physik heute annimmt, den gegenwärtigen Kosmos wider, sondern vor allem auch vergangene kosmische Entwicklungsstufen, die längst aus der äußeren physischen Erscheinung verschwunden sind. Den Atomen unserer Erdenwelt liegen also Abbilder des alten Mondes, der alten Sonne und des alten Saturn zugrunde. In der Tiefe der atomaren Welt wird so an vergangenen Entwicklungszuständen festgehalten. Hier wirken die Widersachermächte Luzifer, Ahriman und auch die Asuras. Werden die gegenwärtigen Lichtätherkräfte von den alten Mondenkräften Luzifers erfaßt, entsteht derart die Elektrizität. Ahriman raubt sich entsprechend die Klangätherkräfte und zwingt sie auf die alte Sonnenstufe zurück, wodurch der Magnetismus entsteht. Die Asuras schließlich fesseln den Lebensäther in die älteste "archäologische Schicht" der "Atome" im weitesten Sinn und erzeugen jene Phänomene, die mit der von Rudolf Steiner erwähnten "dritten Kraft" zu tun haben.

"Wenn man über das Atom nachdenkt, so fällt uns ein, daß das Atom ein sehr kleines Ding ist. Jedem ist klar, daß das kleine Ding, das man Atom nennt, niemals von irgendeinem Mikroskop, selbst wenn es sehr vollkommen ist, gesehen worden ist. Die okkulten Bücher geben aber Beschreibungen der Atome, Bilder von Atomen. Wo sind diese Bilder hergenommen? Wie kann man nun als Okkultist etwas über die Atome wissen?

Nun, stellen Sie sich vor, wenn es möglich wäre, das, was ein Atom ist, zum Wachsen zu bringen, so daß es immer größer und größer werden würde, bis es so groß ist wie die Erde, dann würde man eine sehr komplizierte Welt finden. Innerhalb dieses kleinen Dinges würde man viele Bewegungen und mancherlei Erscheinungen wahrnehmen. Man halte diesen Vergleich fest, daß das Atom so vergrößert wäre wie die Erde. Wenn es wirklich möglich wäre, das Atom so zum Wachsen zu bringen, so könnten wir alle einzelnen Vorgänge darin beobachten. Nur der Okkultist ist imstande, das Atom so zum Wachsen zu bringen und es im Inneren zu betrachten.

Betrachten wir zweitens alles menschliche Treiben auf der Erde, von den untersten Bildungsstufen des Menschen angefangen, mit seinen Trieben und Leidenschaften, aufsteigend zu sittlichen Idealen, Religionsgemeinschaften und so weiter, so sehen wir, daß die Menschen gleichsam Fäden zwischen sich spinnen, die sich von Mensch zu Mensch schlingen und immer höhere und höhere Gemeinschaften entstehen: die Familie, der Stamm und weiter ethnische und staatliche Gemeinschaften, und schließlich Religionsgemeinschaften. In diesen kommt schon zum Ausdruck die Wirkung der höheren Individualitäten. Solche Gemeinschaften sind aus der Quelle und dem Born der einheitlichen Weltenweisheit heraus entstanden durch einen Religionsstifter. Die Religionen stimmen alle [im tieferen] überein, weil sie Stifter haben, die zu der großen Loge gehören.

Es gibt eine besondere weiße Loge, welche zwölf Mitglieder hat, von denen sieben besonders wirken, und von diesen werden dann Religionsgemeinschaften begründet. Solche waren Buddha, Hermes, Pythagoras und so weiter. Der große Plan der ganzen Menschheitsentwickelung wird tatsächlich spirituell ausgebaut in der weißen Loge, die so alt wie die ganze Menschheit ist. Ein gleichmäßiger Plan der Führung des ganzen Menschheitsfortschrittes tritt uns da entgegen. Alle anderen Gemeinschaften sind nur Verzweigung; auch Familiengemeinschaften und so weiter sind alle verknüpft mit dem großen Plan, der uns hinaufführt in die Loge der Meister. Da wird gesponnen und gewoben der Plan, nach dem sich die ganze Menschheit entwickelt.

Verfolgen wir alles das, was weiter geschieht. Da müssen wir erst einen Spezialplan, nämlich den Plan unserer Erde, kennenlernen. Betrachten wir die vierte Erdenrunde, in der wir stehen. Sie ist dazu bestimmt, das Reich des Minerals immer mehr und mehr menschlich umzuwandeln. Man bedenke, wie der menschliche Verstand die mineralische Welt schon umgewandelt hat, bis zu der Umwandlung hinauf, die wir im Kölner Dom sehen, bis zur technischen Maschine. Unsere Menschheit hat die Aufgabe, die ganze mineralische Welt zu einem reinen Kunstwerk umzugestalten. Die Elektrizität weist uns schon hin in okkulte Tiefen des Stoffes.

Wenn der Mensch die mineralische Welt neu aufgebaut hat aus seinem Inneren heraus, dann wird das Ende unserer Erde gekommen sein; dann ist die Erde ans Ende der physischen Entwickelung gelangt. Der Spezialplan, nach dem das Mineralreich umgewandelt wird, lebt in der Loge der Meister. Heute ist dieser Plan schon fertig, so daß, wenn man diesen einsieht, man sehen kann, was für Wunderbauten, Wundermaschinen und so weiter aus dieser mineralischen Welt noch entstehen werden. Wenn die Erde am Ende des physischen Globus angelangt sein wird, wird die ganze Erde eine innere Struktur, ein inneres Gefüge haben, das der Mensch selbst ihr gegeben hat, so daß sie ein Kunstwerk geworden ist, nach dem Plane der Meister der weißen Loge. Ist das geschehen, dann geht die Erde in ihren astralen Zustand über. Das ist etwas Ähnliches, wie wenn die Pflanze anfängt zu verwelken. Das Physische vergeht; alles geht ins Astrale hinein. Bei dem Hineingehen in die astrale Welt geht das Physische immer mehr zusammen, wird ein immer kleinerer Kern, der umgeben ist vom Astralischen, in den Rupa- und dann in den Arupa-Zustand übergeht und dann verschwindet in einen schlafähnlichen Zustand.

Was ist dann vom Physischen übrig? Wenn die Erde in den Arupa-Zustand übergegangen ist, so ist darin noch ganz zusammengedrängt ein kleiner Abdruck der ganzen physischen Entwickelung von dem, was unter dem Plane der Meister aufgebaut, gleichsam eine ganz kleine Miniaturausgabe dessen, was die mineralische Erde einstmals war. Dies ist das, was [vom Physischen] herübergeht. Das Physische ist da nur als diese kleine Miniaturausgabe früherer Entwickelungen vorhanden, das Arupa aber groß. Wenn dies herübergeht aus dem Devachanzustande, vermehrt es sich in unzählige gleiche Dinge nach außen. Und wenn die Erde wieder in den physischen Zustand herübergeht, dann besteht sie aus unzähligen solcher kleinen Kügelchen, welche ein Abdruck sind dessen, was die Erde früher war. Aber alle sind verschieden geartete Kügelchen, führen jedoch auf dasselbe zurück. So wird die neue physische Erde der fünften Runde aus solchen unzähligen kleinen Teilen bestehen, welche alles das enthalten, was die Meister als Ziel der mineralischen Welt, als Plan in ihrer Loge haben. Jedes Atom der fünften Runde enthält den ganzen Plan der Meister. Heute arbeiten die Meister das Atom der fünften Runde im großen aus. Alles was in der Menschheit vorgeht, das wird zusammengedrängt in ein Resultat: das ist das Atom der fünften Runde.

Daher, wenn wir den Blick richten auf das Atom, das heute besteht, und gehen zurück in der Akasha-Chronik, dann sehen wir, daß das Atom von heute einen Wachstumsprozeß durchmacht. Es wächst immer mehr und mehr; es geht immer mehr und mehr auseinander ... [Lücke im Text] ... und es enthält die in der dritten Runde durcheinanderwogenden Kräfte der Menschheit. Daran können wir den Plan der Meister der dritten Erdenrunde betrachten. Was erst ganz außerhalb ist, das wird ganz innerhalb, und im kleinsten Atom sehen wir ein Spiegelbild des Planes der Meister. Diese kleinen Spezialplane sind nichts anderes als ein Stück des ganzen Menschheitsplanes. Wenn man das so betrachtet, daß der Plan der einen Runde das Atom der nächsten Runde ist, dann sieht man das Gefüge des großen Weltenplanes. So geht der große Weltenplan hinauf in immer höhere Stufen, zu Wesenheiten, die immer höhere Pläne des Weltenbaues haben.

Wenn wir diesen Plan betrachten, so haben wir den dritten Logos. So schlüpft der Logos fortwährend hinein in das Atom. Erst ist er draußen und wird zum Anordnungsplan für das Atom, und dann wird das Atom ein Abbild dieses Planes. Der Okkultist zeichnet einfach den Plan aus der Akasha-Chronik über die früheren Runden auf und erforscht so das Atom.

Woher haben nun höhere Wesen diesen Plan? Darauf bekommen wir eine Antwort, wenn wir bedenken, daß es noch höhere Stufen der Entwickelung gibt, wo die Pläne entworfen werden. Da wird die Weltentwickelung vorgezeichnet. Hingewiesen wird auf die höheren Stufen bei den Alten, zum Beispiel bei Dionysius, dem Schüler des Apostels Paulus, und auch bei Nicolaus Cusanus. Er erkannte: Höher als alles Wissen und Erkennen ist das Nichterkennen. Aber dieses Nichtwissen ist ein Überwissen und dieses Nichterkennen ist ein Übererkennen.

Wenn wir nicht mehr auf das sehen, was wir als Gedanken und Begriffe von der Welt erhalten, sondern uns zu dem wenden, was hinaufsprießt, zu der Kraft im Inneren, dann finden wir etwas noch Höheres. Die Meister können den [dritten] Logos spinnen, weil sie noch höher gestiegen sind, als es die Natur des Denkens ist. Wenn die höheren Kräfte entwickelt sind, dann erscheint das Gedachte bei solchen Wesenheiten als etwas anderes. Es ist dann so wie bei uns das ausgesprochene Wort. Der Gedanke, der für den Meister die innerste Wesenheit ausmacht, kann selbst der Ausdruck einer höheren Wesenheit sein, wie das Wort der Ausdruck des Gedankens ist. Wenn wir selbst den Gedanken ansehen als das Wort eines noch höheren Wesens, dann nähern wir uns dem Begriff des Logos. Das Wissen, aus dem Gedanken herausgeholt, steht auf einem noch höheren Plan.

Auf dem einen Ende der Welt befindet sich das Atom. Es ist ein Abbild des aus der Tiefe des Geistes der Meister hervorgegangenen Planes, der der Logos ist.

Wenn wir nun die Umgestaltung der Menschheit selbst in der großen Weltenperiode suchen, dann werden wir wieder hineingeführt in die Welt.

Wie der Mensch heruntergestiegen ist, hinabgetaucht bis auf den physischen Plan, so ist es auch mit der ganzen Welt. Was das menschliche Selbst vorwärtsbringt, das liegt um den Menschen herum in der Welt.

Dann aber werden wir heruntergeführt in die niederen Pläne, die aber selbst die höheren Pläne enthalten ... die Loge der Meister.

Bei den Meistern lebt heute der Geist der Erde, und dieser Geist der Erde wird sein das physische Kleid des nächsten Planeten. Das Kleinste was wir tun, wird seine Wirkung im kleinsten Atom des nächsten Planeten haben. Dies Gefühl gibt uns erst einen vollen Zusammenhang mit der Loge der Meister. Das soll einen Mittelpunkt der Theosophischen Gesellschaft geben, weil wir wissen, was die Wissenden wissen.

Wenn Goethe vom Erdgeist spricht, so spricht er eine Wahrheit. Der Erdgeist, er webt an dem Kleide des nächsten Planeten. «In Lebensfluten - im Tatensturm» webt der Geist [der Erde] das Kleid der nächsten planetarischen Gottheit." (Lit.: GA 093, S. 189ff)

"Sie alle wissen, daß die Erde geführt wird in einer gewissen Beziehung von der sogenannten weißen Loge, in der hochentwickelte Menschen-Individualitäten und Individualitäten noch höherer Art vereinigt sind. Was tun die da? Sie arbeiten; sie führen die Erdenentwickelung ; während der Führung der Erdenentwickelung arbeiten sie einen ganz bestimmten Plan aus. Das ist tatsächlich der Fall, daß während der Entwickelung eines jeden Planeten von den führenden Mächten ein bestimmter Plan ausgebildet wird. Während sich die Erde entwickelt, wird in der sogenannten weißen Loge der Erde der Plan für das Einzelnste dessen aufgestellt, wie sich der Jupiter entwickeln muß, der die Erde ablöst. Der ganze Plan wird in allen Einzelheiten entwickelt. Und darin besteht der Segen und das Heil der Fortentwickelung, daß im Einklang mit diesem Plan gehandelt wird.

Wenn nun eine planetarische Entwickelung zu Ende geht, wenn also unsere Erde am Ende ihrer planetarischen Entwickelung angelangt sein wird, dann werden auch die Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen fertig sein mit dem Plan, den sie für den Jupiter auszuarbeiten haben. Und jetzt am Ende einer solchen Planetenentwickelung geschieht etwas höchst Eigentümliches.

Dieser Plan wird durch eine Prozedur zu gleicher Zeit unendlich verkleinert und unendlich vervielfältigt. So daß von dem ganzen Jupiterplan unendlich viele Exemplare, aber ganz «en miniature», vorhanden sind. So war es auch auf dem Monde: der Plan der Erdenentwickelung war da, unendlich vervielfältigt und verkleinert. Und wissen Sie, was das ist, dieser verkleinerte Plan, was da im Geistigen ausgearbeitet worden ist? Das sind die wirklichen Atome, die der Erde zugrunde liegen. Und die Atome, die dem Jupiter zugrunde liegen werden, sie werden wiederum der ins Kleinste umgesetzte Plan sein, der jetzt in der führenden weißen Loge ausgearbeitet wird. Nur wer diesen Plan kennt, kann auch wissen, was ein Atom ist.

Wenn Sie dieses Atom, das der Erde zugrunde liegt, nach und nach erkennen wollen, so werden Ihnen zur Erkenntnis dieses Atoms eben diejenigen Weisheiten entgegentreten, die von den großen Magiern der Welt ausgehen.

Nun können wir natürlich über diese Dinge nur andeutungsweise sprechen, aber wir können wenigstens etwas geben, was uns einen Begriff gibt von dem, um was es sich hier handelt.

Die Erde ist in gewisser Weise zusammengesetzt aus diesen ihren Atomen. Ein jedes Wesen, Sie selbst alle sind zusammengesetzt aus diesen Atomen. Und Sie stehen dadurch in Einklang mit der ganzen Erdenentwickelung, daß Sie in unendlicher Zahl den verkleinerten Erdenplan in sich tragen, der früher ausgearbeitet worden ist. Dieser Erdenplan konnte auf dem vorhergehenden planetarischen Zustand unserer Erde, dem Monde, nur dadurch ausgearbeitet werden, daß führende Wesenheiten gewirkt haben in Einklang mit der ganzen planetarischen Entwickelung durch Saturn, Sonne, Mond hindurch. Nun handelte es sich aber darum, den unendlich vielen Atomen das mitzugeben, was sie in die richtigen Verhältnisse bringt, sie in der richtigen Weise zusammenordnet. Ihnen das mitzugeben, war den führenden Geistern des Mondes nur möglich, wenn sie die Erdenentwickelung in eine ganz bestimmte Bahn lenkten, was ich öfter schon gesagt habe.

Als die Erde nach der Mondentwickelung wieder hervortrat, da war sie eigentlich noch nicht «Erde», sondern Erde plus Sonne plus Mond; ein Körper, den Sie erhalten würden, wenn Sie die Erde mit Sonne und Mond zusammenrührten und einen einzigen Körper daraus machten. Das war die Erde zunächst. Dann trennte sich zuerst die Sonne und damit auch alle diejenigen Kräfte, die für den Menschen zu dünn und geistig waren und unter deren Einfluß er sich viel zu schnell vergeistigt haben würde. Wenn der Mensch nur gestanden haben würde unter dem Einfluß der Kräfte, die in diesem Sonnen-Monden-Erdenkörper zusammen enthalten waren, dann hätte er sich nicht bis in die physische Materialität herunterentwickelt und er hätte dann nicht jenes Selbst-, jenes Ich-Bewußtsein erlangen können, das er erlangen mußte." (Lit.: GA 093, S. 194ff, vgl. auch GA 101, S. 133ff)

Die chemischen Elemente als Resultat des Zusammenwirkens früherer und gegenwärtiger kosmischer Zustände

Nach heutiger Definition sind die chemischen Elemente, die die Grundlage unserer materiellen Welt bilden, aus Atomen mit gleicher Kernladungszahl aufgebaut. Die chemischen Elemete stehen dabei in einem gesetzmäßigen Zusammenhang, der sich im Periodensystem der chemischen Elemente widerspiegelt. Diese Gesetzmäßigkeit ist nach Rudolf Steiner ein Ergebnis des Zusammenwirkens früherer und gegenwärtiger kosmischer Zustände:

"Sehen Sie, Sie müssen sich klar sein darüber, daß dasjenige, was in irgendeinem Stoff heute wirksam ist, gestaltbildend ist, Kalium oder Natrium zum Beispiel, das muß nicht notwendigerweise auch heute im Weltall entstehen. Das kann etwas sein, welches irgendwann entstanden ist, gewirkt hat vielleicht vor sehr langer Zeit, und konserviert worden ist, so daß also die ursprünglichen Gestalten, die ursprünglichen Kristallgestalten unserer Elemente - ob es nun ausgesprochene Kristallgestalten sind oder etwas anderes - aus dem Kosmos hereingebildet worden sind in der Vorzeit, nehmen wir an während der Mondperiode, und daß in diesen Elementen die Tendenz geblieben ist, diese Gestalten zu konservieren. Wir müssen uns also klar sein: Auf der einen Seite haben wir es zu tun mit den heutigen, gleichsam in Abdruck erscheinenden Gestalten, die sich gebildet haben in einer sehr frühen Zeit der kosmischen Entwicklung, auf der anderen Seite wiederum mit den Wirkungen desjenigen, was nun aus den um die Erde herum befindlichen Faktoren geworden ist. Wir haben es also nicht etwa zu tun mit unseren Elementgestalten unmittelbar, so daß wir sagen könnten mit einer kosmischen Wirkung.

Hier irgendwo wäre die Erde, hier die Planeten, und die Planeten bewirken etwas durch ihre Konstellation. Wenn wir hier meinetwillen Venus, Mars, Merkur haben, so wird nicht heute die Konstellation Venus, Mars, Merkur, wie sie in gegenseitigen Kräfteerscheinungen auf die Erde wirken, einen tetraedrisch gestalteten Körper unmittelbar bewirken, sondern diese Venus, Mars, Merkur werden etwa während der Mondperiode den Tetraeder gestiftet haben; und daß er heute erscheint, das ist, weil sich konserviert hat die Mondenwirkung. Während, wenn heute Merkur und so weiter wirken aus dem Kosmos, so wirken sie gewissermaßen gemäß den Gesetzen der Imponderabilien; sie wirken eigentlich den Ponderabilien entgegen. Die Gestaltung hat also schon ihren kosmischen Ursprung, aber jede Gestaltung, die auftritt auf der Erde, wird gewissermaßen entgestaltet durch dasjenige, was heute ausgeht von denselben kosmischen Planeten, die früher die Gestalten hervorgerufen haben; so daß wir also zum Beispiel eine Verflüchtigung als eine heute existierende kosmische Wirkung auffassen müssen, eine Kristallisation jedoch als eine solche, wo sich das Frühere wiederum herstellt gegen das Heutige. Da haben wir zeitliche Wirkungen, die auseinandergehen.

Nun brauchen Sie das, was ich jetzt gewissermaßen schematisch herausgerissen dargestellt habe, nicht so zu denken natürlich, daß gewissermaßen nur ein paar Konstellationen da sind, sondern es sind sehr viele Konstellationen da. Wenn Sie sich das vorstellen, so bekommen Sie natürlich ein kompliziertes System, etwa ein kompliziertes Kurvensystem, das Sie im Kosmos und in der Erde sich vorstellen können.

Wenn Sie in der Erde die ursprünglichen Stätten, wo sich die Metallgestalten bilden, zusammenfassen durch Kurven - diese Kurven müssen im Innern der Erde vorgestellt werden, weil da der Mittelpunkt ist; die Metalle kommen ja allerdings in späteren Epochen an die Oberfläche, aber es sind eigentlich im Innern der Erde die Kräfte, durch die die Konservierung stattfindet -, und draußen im Kosmos die Kräfte, die zu den Kristallgestalten führen, dann können wir diese Kräfte in der Umgebung ebenso durch Kurven fassen. Und da haben wir, wenn Sie sich dies jetzt bildhaft vorstellen, eine Kugel und sich in der verschiedensten Weise ineinander verschlingende Kugelschalen und die Resultierende, die daraus entstehen würde, wenn ich die Kräftedifferenz mir bilde zwischen dem, was da konserviert ist, und dem, was heute im Kosmos ist. Wenn ich mir nun die Differenzen der Kräfte in diesen beiden Kräftesystemen denke, bekomme ich eigentlich das, was den gegenwärtigen Zustand der kosmischen Wirkung auf der Erde vorstellt. Und in diesem drinnen muß alles das stecken, was dann im periodischen System zum Vorschein kommt. Das periodische System ist nichts anderes als ein Aufeinanderwirken eines vorirdischen Zustandes mit einem gegenwärtigen, die Erde umspielenden kosmischen Zustand. Es sind dies nur Andeutungen zur Beantwortung, aber ich glaube, man kann es verstehen." (Lit.: GA 073a, S. 426ff)

Die chemischen Elemente als untersinnliche Spiegelung der Sphärenharmonie

"In der Welt sind eine Anzahl Substanzen, die verbindbar und trennbar sind. Was wir Chemismus nennen, ist hineinprojiziert in die physische Welt aus der Welt des Devachan, der Sphärenharmonie. So daß in der Verbindung zweier Stoffe nach ihren Atomgewichten wir die Abschattung haben zweier Töne der Sphärenharmonie. Die chemische Verwandtschaft zweier Stoffe in der physischen Welt ist eine Abschattung aus der Welt der Sphärenharmonie. Die Zahlenverhältnisse der Chemie sind wirklich die Ausdrücke für die Zahlenverhältnisse der Sphärenharmonie. Diese letztere ist stumm geworden durch die Verdichtung der Materie. Würde man die Stoffe tatsächlich bis zur ätherischen Verdünnung bringen und die Atomzahlen als innerlich formendes Prinzip wahrnehmen können, so würde man die Sphärenharmonie hören. Man hat die physische, die astralische Welt, das untere Devachan und das obere Devachan. Wenn man nun einen Körper noch weiter hinunterdrückt als zur physischen Welt, dann kommt man in die unterphysische Welt, in die unterastralische Welt, das untere oder schlechte Unterdevachan und das untere oder schlechte Oberdevachan. Die schlechte Astralwelt ist das Gebiet des Luzifer, das schlechte untere Devachan ist das Gebiet des Ahriman und das schlechte obere Devachan ist das Gebiet der Asuras. Wenn man den Chemismus noch weiter hinunterstößt als unter den physischen Plan, in die schlechte untere devachanische Welt, entsteht Magnetismus, und wenn man das Licht ins Untermaterielle stößt, also um eine Stufe tiefer als die materielle Welt, entsteht die Elektrizität. Wenn wir das, was lebt in der Sphärenharmonie, noch weiter hinabstoßen bis zu den Asuras, dann gibt es eine noch furchtbarere Kraft, die nicht mehr lange wird geheim gehalten werden können. Man muß nur wünschen, daß wenn diese Kraft kommt, die wir uns viel, viel stärker vorstellen müssen als die stärksten elektrischen Entladungen, und die jedenfalls kommen wird - dann muß man wünschen, daß, bevor diese Kraft der Menschheit durch einen Erfinder gegeben wird, die Menschen nichts Unmoralisches mehr an sich haben werden!" (Lit.: GA 130, S. 102f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelhinweise

  1. Born from the darkest age
    Of superstition is that ancient creed
    That matter is the enemy of good,
    Accursed and hateful to the Infinite ;
    For every atom is a living thought,
    Dropped from the meditations of a God,
    Its every essence an immortal love
    Of the incarnate Deity ; and all
    The inmost pulses of material things
    Are mediums for the pulses of His will.
                    Alfred Russel Wallace: The World of Life (1914) [1]

  2. vgl. GA 320, S. 192
  3. vgl. GA 176, S. 239f
  4. Anu and Parmanu - Indian ideas about Atomic physics, http://www.newsfinder.org/site/more/anu_and_parmanu_indian_ideas_about_atomic_physics/
  5. "Kaṇāda," Dilip M. Salwi, http://www.4to40.com/legends/index.asp?id=183
  6. nach anderen Quellen lebte Kanada erst im 2. Jahrhundert v. Chr.; vgl. dazu: Oliver Leaman, Key Concepts in Eastern Philosophy. Routledge, 1999, page 269.
  7. vgl. z.B. → http://srimadbhagavatam.com/a/anu
  8. Wilhelm Capelle: Die Vorsokratiker, Fragmente und Quellenberichte - Leipzig: Kröner, 1935. (Kröners Taschenausgabe Band 119) - S. 399
  9. Aristoteles: Metaphysik, Erste Abteilung, Einleitung, II. Die Lehre von den Prinzipien bei den Früheren, A: Die älteren Philosophen, letzter Absatz.
  10. Lavoisier's Elements of Chemistry. In: Elements and Atoms. Le Moyne College, Department of Chemistry, abgerufen am 18. Dezember 2007 (english).
  11. Johann Chrysostomus Magnenus: Democritus reviviscens sive vita et philosophia Democriti, Leiden 1646, S. 206f. [2]
  12. Alfred Stückelberger: Antike Atomphysik: Texte zur Antiken Atomenlehre und ihrer Wiederaufnahme in der Neuzeit, München 1979, S. 282-285
  13. Christoph Meinel: Das letzte Blatt im Buch der Natur - Die Wirklichkeit der Atome und die Antinomie der Anschauung in den Korpuskulartheorien der frühen Neuzeit pdf
  14. Martin Quack: Modelle in der Chemie pdf
  15. Loschmidt: Zur Grösse der Luftmoleküle. In: Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien. Band 52, 1866, Abt. II, S. 395–413. [3]
  16. Franklin, Philosophical Transactions of the Royal Society, Band 64, 1774, S. 445 pdf
  17. Der Versuch von Franklin wurde am Originalort von Charles Giles wiederholt. Giles, Chem. Ind., 1969, S. 1616. Mit Fotos.
  18. Ölfleckversuch (Schülerexperiment) auf leifiphysik.de
  19. 2010 CODATA recommended values, abgerufen am 12. Dezember 2011.
  20. Arthur I. Miller (Hrsg.): Early Quantum Electrodynamics. A Sourcebook. Cambridge University Press 1995. ISBN 9780521568913. Fußnote 48
  21. Nils Wiberg (Hrsg.): Lehrbuch der Anorganischen ChemieLehrbuch der Anorganischen Chemie. Walter de Gruyter 2007 (102. Auflage). ISBN 9783110206845. doi:10.1515/9783110177701 S. 83
  22. Hierher gehören die Andeutungen, welche Du Bois-Reymond über ein solches System gibt, sowie die ausgeführten Versuche von Wießner, Schrann u. a.
  23. * Vergleiche Vischer, Altes und Neues, 2. Teil.
  24. Diese Ansicht vertritt Du Bois-Reymond in «Über die Grenzen des Naturerkennens» und «Die sieben Welträtsel», Leipzig 1882.
  25. Du Bois-Reymond: «Ober die Grenzen des Naturerkennens (s. S. 7, Fußnote).
  26. Friedrich Theodor Vischer sprach wiederholt von der Notwendigkeit einer Korrektur unseres Zeitbegriffes. So schreibt er etwa in einer Besprechung des Buches „Der alte und der neue Glaube“ von David Friedrich Strauß bezüglich der Evolutionslehre Darwins:

    „Wird die Ansicht Darwins auf alles Werden von Arten im Pflanzen- und Tierreich ausgedehnt, so ist der Begriff der Entwicklung und inneren Zweckmäßigkeit aufgehoben. Denn durch Anpassung, Zuchtwahl und Kampf ums Dasein entsteht Zweckmäßiges nur hinten nach; die Vorstellung ist im Grunde mechanisch, es werden nach ihr nur durch eine Art Reibung Formen hervorgebracht, die sich, nachdem sie da sind, als zweckmäßig erweisen. Von Entwicklung kann man nur dann sprechen, wenn man die Natur als unbewusste Künstlerin betrachtet, welcher ein Bild dessen, was entstehen soll, irgendwie vorschwebt, ehe es entsteht. Soll mit jener Ansicht der Begriff der Entwicklung, der immanenten Zweckmäßigkeit vereinbar sein, so müsste das durch eine ganz neue Untersuchung des Begriffs der Zeit bewiesen, d. h. es müsste auf die zeitlose Zeit rekurriert und daraus abgeleitet werden, dass Vorher und Nachher in dieser Frage ungültige Kategorien seien, dass also, wenn Zweckmäßiges nur aposteriorisch, ohne einen Geist in der Natur entsteht, der durch eine Intuition von vornherein darauf hinarbeitet, dies doch auch ebenso gut apriorisch heißen könne; - eine Untersuchung von höchster Schwierigkeit, von der ich zweifle, ob sie beweisen würde, was zu beweisen ist.“ (Lit.: Friedrich Theodor Vischer: Der alte und der neue Glaube, in: Kritische Gänge, Erster Band, Herausgegeben von Robert Vischer, Zweite, vermehrte Ausgabe, Meyer & Jessen Verlag, München 1922, S. 289f. archive.org)

  27. In der von Steiner erwähnten Rede Balfours heißt es:

    "Wir stehen vor einer ganz außerordentlichen Umwälzung. Vor zweihundert Jahren schien Elektrizität nichts weiter als ein Gelehrtenspielzeug. Und heute wird sie schon von vielen für das Wesen der Dinge angesehen, deren sinnlich wahrnehmbarer Ausdruck die Materie ist. Kaum ein Jahrhundert ist vergangen, seit auch der Äther von ernster Seite einen Platz im Weltall zugewiesen erhielt. Und gegenwärtig wird schon die Möglichkeit diskutiert, daß er geradezu der Urstoff ist, aus welchem sich die ganze Welt zusammensetzt. Auch die weiteren, aus dieser Auffassung des Weltalis sich ergebenden Schlüsse lauten nicht minder frappierend. Man hielt beispielsweise Masse bis her für eine Grundeigenschaft der Materie, die sich weder erklären ließ, noch der Erklärung bedurfte; die ihrem Wesen nach unveränderlich war, weder Zuwachs noch Einbuße erfuhr, mochte welche Kraft immer auf sie einwirken; und die untrennbar jedem, auch dem kleinsten Teil der Materie, anhaftete, ohne Rücksicht auf dessen Gestalt, Volumen, chemische oder physische Beschaffenheit.

    Akzeptiert man aber die neue Theorie, dann müssen auch diese Doktrinen berichtigt werden. Masse wird dann nicht nur einer Erklärung fähig, sondern diese findet sich vielmehr ohne Verzug. Masse ist keine der Materie anhaftende Ureigenschaft. Sie entspringt vielmehr, wie bereits gesagt, den Wechselbeziehungen, die zwischen den elektrischen Monaden, aus denen sich die Materie zusammensetzt, und dem Ather bestehen, in den erstere wie in ein Bad getaucht sind. Sie ist keineswegs unveränderlich. Im Gegenteil ist sie, wenn sie überaus rasch fortbewegt wird, bei jedem Wechsel in ihrer Geschwindigkeit Veränderungen unterworfen. - Die elektrische Theorie, die wir besprochen haben, führt uns . . . auf ein völlig neues Gebiet . . . . Sie löst . . . die Materie, mag sie nun molare oder molekulare Gestalt besitzen, in etwas auf, was gar nicht mehr Materie ist. Das Atom ist jetzt nichts weiter als der relativ weite Raum, in dem winzige Monaden ihren geordneten Kreislauf vollziehen; die Monaden selbst gelten nicht mehr als Substanzeinheiten, sondern als elektrische Einheiten, so daß diese Theorie die Materie nicht nur erklärt, sondern sie sofort hinwegexpliziert." (Lit.: Balfour, S 15f und 27)

  28. Mit der Lichtgeschwindigkeit c = 3 x 105 km/s = 3 x 108 m/s folgt daraus für eine Masse von 1 kg die Energie E = 9 x 1016 J. Für 1 g ist demgemäß die Energie E = 9 x 13 J. Mit dem TNT-Äquivalent von 1 kT (Kilotonne TNT) = 4,184 · 1012 J entspricht damit 1 g Materie, also etwa ein erbsengroßes Stück Tafelkreide, einer Sprengkraft von ungefähr 21,5 Kilotonnen TNT. Etwa diese Sprengkraft hatte auch die am 9. August 1945 über Nagasaki abgeworfene AtombombeFat Man“. Die erste, „Little Boy“ genannte Atombombe, die bereits am 6. August 1945 über Hiroshima abgeworfen worden war, hatte „nur“ eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT. Die bislang stärkste, in Russland erstmals 2007 getestete konventionelle chemische Bombe, „Vater aller Bomben“ genannt, erreicht vergleichsweise bescheidene 44 Tonnen TNT.
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